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VwGH vom 29.06.2006, 2006/16/0009

VwGH vom 29.06.2006, 2006/16/0009

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der B in W, vertreten durch die Puttinger, Vogl & Partner Rechtsanwälte GmbH in 4910 Ried im Innkreis, Claudistraße 5, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , Zl. RV/0712-L/05, betreffend Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Erblasserin und die Beschwerdeführerin schlossen mit Notariatsakt vom einen "Übergabsvertrag und Übergabsvertrag auf den Todesfall" mit nachstehendem Inhalt:

"(Die Erblasserin) übergibt hiemit ihrer Schwiegertochter (Beschwerdeführerin) und diese übernimmt von der Ersteren die ihr

gehörige Hälfte der Liegenschaft ... bestehend aus den Grundstücken ... Garten und ... Baufläche ... um den beiderseits

vereinbarten Übergabspreis von S 40.750,-- ... sowie gegen Leistung der nachstehenden Pflege und Betreuung zugunsten der Übergeberin auf deren Lebensdauer.

Die Übergabe erfolgt hinsichtlich eines Einviertelanteiles mit sofortiger Wirkung und hinsichtlich des restlichen Viertelanteiles auf den Todesfall der Übergeberin."

Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern der Beschwerdeführerin betreffend "Übergabsvertrag v. u. Übergabsvertrag auf den Todesfall" ausgehend von der Bemessungsgrundlage von insgesamt S 54.720,-- die Grunderwerbsteuer mit S 1.094,-- vor. Die Erblasserin verstarb am .

Mit Erbschaftssteuerbescheid vom schrieb das Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr der Beschwerdeführerin ausgehend von einem steuerpflichtigen Erwerb von EUR 7.793,99 Erbschaftssteuer von EUR 980,14 vor.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, die Gesamtgegenleistung sei lt. Bescheid vom mit S 54.720,-- bewertet und die daraus resultierende Grunderwerbsteuer bereits vorgeschrieben und eingezahlt worden. In dieser Berufung wurde eine eigene Berechnung für die Erbschaftssteuer vorgenommen, die zu dem Ergebnis kam, dass insgesamt nur das Grunderwerbsteueräquivalent von EUR 69,45 vorzuschreiben sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde die Höhe der Vorschreibung der Erbschaftssteuer auf EUR 462,88. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, die Vertragsparteien hätten einen aus zwei Teilen bestehenden Vertrag geschlossen, einen zum Teil sofort wirksamen über "Einviertelanteil" der Liegenschaft, während der zweite "Einviertelanteil" erst nach dem Ableben der Übergeberin auf die Erwerberin übergehen sollte. Das Finanzamt habe die Grunderwerbsteuer von der vereinbarten, von der Übernehmerin sofort zu erbringenden Gegenleistung festgesetzt. In diesem Verfahren sei daher die Steuer für den Erwerb festzusetzen, der auf den Todesfall erfolgt sei. Als Erwerb von Todes wegen gelte gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 ErbStG der Erwerb durch Schenkung auf den Todesfall sowie jeder andere Erwerb, auf den die für Vermächtnisse geltenden Vorschriften des bürgerlichen Rechtes Anwendung fänden. Als solche würden auch so genannte Übergabsverträge auf den Todesfall behandelt, weshalb die Bestimmungen des Erbschaftssteuergesetzes über das Entstehen der Steuerschuld sowie die Bewertung anzuwenden seien. Die Bewertung sei auf den Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld vorzunehmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem "Recht auf Festsetzung von Erbschaftssteuer auf Basis einer Bemessungsgrundlage von EUR 3.472,74 im Sinne der §§ 18 f ErbStG unter der weiteren Berücksichtigung von Begräbnis- und Grabrenovierungskosten von EUR 6.518,88 als Abzugsposten im Sinne des § 20 ErbStG und eines Freibetrages von EUR 440,00 im Sinne des § 14 ErbStG sowie auf Nichtfestsetzung von Erbschaftssteuer im Ausmaß von EUR 462,88 sowie in dem Recht auf ein gesetzliches Verfahren oder auf eine nachvollziehbare Bescheidbegründung verletzt".

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Grunderwerbsteuer unterliegen gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen, ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet.

Von der Besteuerung sind gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG der Grundstückserwerb von Todes wegen und Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955, BGBl. Nr. 141, in der jeweils geltenden Fassung ausgenommen. Schenkungen unter einer Auflage sowie Rechtsgeschäfte unter Lebenden, die teils entgeltlich und teils unentgeltlich sind, sind nur insoweit von der Besteuerung ausgenommen, als der Wert des Grundstückes den Wert der Auflage oder der Gegenleistung übersteigt.

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 ErbStG unterliegt der Steuer nach diesem Bundesgesetz der Erwerb von Todes wegen.

Als Erwerb von Todes wegen gilt gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 ErbStG der Erwerb durch Schenkung auf den Todesfall sowie jeder andere Erwerb, auf den die für Vermächtnisse geltenden Vorschriften des bürgerlichen Rechtes Anwendung finden.

Die Erblasserin hat der Beschwerdeführerin mit dem "Übergabsvertrag und dem Übergabsvertrag auf den Todesfall" insgesamt die Hälfte einer Liegenschaft übergeben. Als Übergabepreis für diese Hälfte der Liegenschaft wurde neben der Pflege und Betreuung ein Betrag von S 40.750,-- vereinbart. Es liegt demnach ein entgeltliches Rechtsgeschäft über die Hälfte der Liegenschaft vor.

Inhalt dieses Vertrages war nicht, dass für einen Viertelanteil ein entgeltliches Rechtsgeschäft gegeben war und der andere Viertelteil unentgeltlich als Schenkung übergehen sollte. Vielmehr wurde mit dem "Übergabsvertrag und Übergabsvertrag auf den Todesfall" ein einheitliches Verpflichtungsgeschäft über die Hälfte der Liegenschaft abgeschlossen und die tatsächliche Übergabe, nämlich die Erfüllung dieser eingegangenen Verpflichtung sollte bezüglich des einen Viertelanteiles sofort und bezüglich des anderen Viertelanteiles erst mit dem Todesfall der Übergeberin erfolgen.

Der Erwerbsvorgang wird gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG bereits durch das Verpflichtungsgeschäft und nicht erst durch das Erfüllungsgeschäft verwirklicht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 97/16/0047, 0048).

Im Beschwerdefall lag entgegen der im angefochtenen Bescheid vertretenen Ansicht keine "Schenkung" auf den Todesfall vor, sondern ein nur der Grunderwerbsteuer unterliegender Rechtsvorgang, bei dem die Erfüllung der eingegangenen Verpflichtung zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgen sollte.

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern hat mit Bescheid vom , wie dies aus der Bescheideinleitung und der Bemessungsgrundlage abgeleitet werden kann, den gesamten Erwerbsvorgang bereits der Grunderwerbsteuer unterworfen.

Da die belangte Behörde dies verkannte und in der rechtswidrigen Annahme, der "Übergabsvertrag und Übergabsvertrag auf den Todesfall" enthalte neben dem der Grunderwerbsteuer unterliegenden Erwerbsvorgang auch eine der Erbschaftsteuer unterliegende Schenkung auf den Todesfall, auch Erbschaftssteuer vorschrieb, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am