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VwGH vom 29.01.2015, 2013/16/0191

VwGH vom 29.01.2015, 2013/16/0191

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Beschwerde des F N in B, vertreten durch Mag. Alfred Hütteneder und Mag. Michaela Hütteneder-Estermann, Rechtsanwälte in 5630 Bad Hofgastein, Salzburger Straße 3, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom , Zl. Jv 5222/12f-33, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer brachte im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs am eine Mahnklage mit einem bezifferten Streitwert von 190,90 EUR beim Bezirksgericht ein, wofür die Pauschalgebühr nach TP 1 GGG in Höhe von 19,00 EUR entrichtet wurde.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom schlossen die Streitteile einen Vergleich. Die Übertragung des Tonbandprotokolles über die mündliche Streitverhandlung vom lautet auszugsweise wie folgt:

"Die Parteien schließen nachstehenden

Vergleich:

Die beklagte Partei verpflichtet sich, der klagenden Partei zu Handen des Klagevertreters bis EUR 125,-- (inklusive pauschalierter Zinsen) sowie der Prozesskosten in Betrag von EUR 112,31 (darin enthaltene EUR 15,55 USt. und EUR 19,-- Barauslagen) zu bezahlen.

Festgehalten wird, dass der Mietvertrag bis Ende Juli 2007 besteht und bis zu diesem Zeitpunkt auch der Hauptmietzins bezahlt ist. Für den Fall einer vorzeitigen Räumung des Mietobjektes durch die beklagte Partei können die Zahlungen der beklagten Partei mit den anteiligen restlichen Mietkosten vorbehaltlich der durchzuführenden Abrechnung gegenverrechnet werden. Dies erfolgt im Korrespondenzweg.

Die Parteien verzichten auf Abfassung des Vergleiches in Langschrift."

Die Vergleichsausfertigung vom beinhaltet hingegen lediglich den ersten Absatz des oben zitierten Inhaltes.

Nach erfolgloser Zahlungsaufforderung vom forderte der Kostenbeamte des Bezirksgerichtes mit Zahlungsauftrag vom von dem Beschwerdeführer eine restliche Pauschalgebühr nach § 18 iVm TP 1 GGG für den Vergleich in Höhe von 78 EUR samt Einhebungsgebühr gemäß § 6 Abs. 1 GEG von 8 EUR.

Im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs brachte der Beschwerdeführer dagegen am einen Berichtigungsantrag ein, weil nicht ersichtlich sei, auf welcher Grundlage die restliche Pauschalgebühr eingehoben werde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Berichtigungsantrag ab. Eine Berichtigung des Zahlungsauftrages erfolgte lediglich dahingehend, dass unter Berücksichtigung der bereits entrichteten Pauschgebühr in Höhe von 19 EUR ein zu zahlender Gesamtbetrag von 76 EUR samt Einhebungsgebühr gemäß § 6 Abs. 1 GEG von 8 EUR verbleibe. Die Pauschalgebühr sei unter Zugrundlegung eines höheren Streitwertes zu berechnen, wenn Gegenstand eines Vergleiches eine Leistung sei, deren Wert das Klagebegehren übersteigen würde. Aus den Prozessakten ergebe sich, dass der betreffende Vergleich vom einerseits ein Leistungsbegehren von 125 EUR und anderseits eine nach § 16 Abs. 1 Z 1 lit c GGG gebührenpflichtige Vereinbarung über den Weiterbestand eines Mietvertrages bis Ende Juli 2007, die mit einem Betrag in Höhe von 694 EUR zu berechnen sei, enthalte.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom , B 791/2013-5, die Behandlung der vor ihm gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetreten.

In dem die Beschwerde ergänzenden Schriftsatz vom erachtet sich der Beschwerdeführer gerade noch ersichtlich im Recht verletzt, keine weiteren Pauschalgebühren als die von ihm anlässlich der Klagseinbringung entrichteten bezahlen zu müssen.

Die belangte Behörde legte Akten des Verfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG - gebildeten Senat erwogen:

Im Beschwerdefall sind gemäß § 8 VwGbk-ÜG die Bestimmungen des B-VG und des VwGG in der jeweils bis zum Ablauf des geltenden Fassung weiterhin anzuwenden.

Gemäß § 2 Z 1 lit b GGG wird der Anspruch des Bundes auf die Gebühr hinsichtlich der Pauschalgebühren für das zivilgerichtliche Verfahren, wenn das Klagebegehren erweitert wird, mit dem Zeitpunkt der Überreichung des Schriftsatzes begründet; wird das Klagebegehren erweitert, ohne dass vorher die Klagserweiterung mit einem Schriftsatz dem Gericht mitgeteilt worden ist, so entsteht eine allfällige zusätzliche Pauschalgebühr mit dem Beginn der Protokollierung.

Gemäß § 18 Abs. 1 des Gerichtsgebührengesetzes (GGG) bleibt die Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren gleich. Hievon tritt gemäß § 18 Abs. 2 Z 2 leg. cit. die Ausnahme ein, dass dann, wenn der Wert des Streitgegenstandes infolge einer Erweiterung des Klagebegehrens geändert wird, die Pauschalgebühr unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen ist; die bereits entrichtete Pauschalgebühr ist einzurechnen.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 lit c GGG, in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung BGBl. II Nr. 252/2006, beträgt die Bemessungsgrundlage bei Bestandstreitigkeiten, soweit nicht ein Geldbetrag - sei es in einem Leistungs- oder in einem sonstigen Begehren, etwa einem Feststellungs- oder Unterlassungsbegehren - Gegenstand der Klage ist, sowie Streitigkeiten über Räumungs- und Besitzstörungsklagen, 694 EUR.

Schließen die Parteien im Zuge eines zivilgerichtlichen Verfahrens einen Vergleich, so richtet sich die Bemessungsgrundlage nach dem Wert der Leistung, zu der sich die Parteien verpflichtet haben. Wesentlich ist - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - allein die gerichtlich protokollierte Vereinbarung, die eine Verfügung über materielle Rechte enthält und zum Zweck der Beendigung des Rechtsstreites getroffen wurde. Die Verwendung des Wortes "verpflichtet" ist zur Auslösung der Gebührenpflicht nicht erforderlich. Die Verpflichtung kann auch durch eine andere Formulierung ausgedrückt werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2008/16/0178, mwN). Dass die Vergleichsausfertigung von der gerichtlich protokollierten Vereinbarung insoweit abweicht, als eine den Streitwert erhöhende Vergleichsvereinbarung nicht abgedruckt wird, vermag an der bereits nach § 2 Z 1 lit b GGG entstandenen Gerichtsgebühr nichts zu ändern. Den fraglichen Wortlaut als Teil des geschlossenen Vergleiches zu sehen, lässt sich auch daraus entnehmen, dass der Satz "Die Parteien verzichten auf Abfassung des Vergleiches in Langschrift" auf der Übertragung des Tonbandprotokolls erst nach dem fraglichen Wortlaut aufscheint, worauf die belangte Behörde in der Gegenschrift zutreffend hinweist.

Sofern der Beschwerdeführer vorbringt, die Textierung im Verhandlungsprotokoll beinhalte von ihrem rechtlichen Wesen her keine Feststellung im Sinne eines Anerkenntnisses oder eines Feststellungsurteiles, weil dadurch kein tauglicher Exekutionstitel geschaffen werde, ist dem zu entgegnen, dass es nach ständiger hg. Judikatur für einen gebührenpflichtigen Vergleich im Sinne des GGG darauf ankommt, ob die betreffende Vereinbarung eine Verfügung über materielle Rechte enthält. Dabei ist irrelevant, ob die im Vergleich enthaltenen Punkte zwischen den Parteien überhaupt strittig waren; ebenso wenig maßgeblich ist es, ob die im Vergleich übernommene Verpflichtung vorher nicht ohnehin schon bestanden hat und im Vergleich nur neuerlich (bekräftigend) übernommen wird; schließlich kommt es auch nicht darauf an, ob mit dem Vergleich überhaupt ein exekutionsfähiger Titel geschaffen wird; auch Vergleiche, die lediglich zur Klarstellung dienen, sind gebührenrechtlich relevant (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/16/0169, mwN).

Das Gerichtsgebührengesetz knüpft bewusst an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Die Erforschung eines vom Wortlaut des Vergleichs abweichenden Parteiwillens kommt daher nicht in Betracht (vgl. für viele beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , 2013/16/0172).

Damit stellt die Festhaltung über das Bestehen des Mietverhältnisses bis Ende Juli 2007 einen den Streitgegenstand erweiternden eigenen Vergleichspunkt dar, der gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 lit c GGG als Bestandstreitigkeit zu bewerten war.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der im Beschwerdefall noch anwendbaren VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am