VwGH vom 26.02.2015, 2011/07/0181
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Beschwerde des F E in Z, vertreten durch Dr. Edmund Kitzler und Mag. Martin Wabra, Rechtsanwälte in 3950 Gmünd, Stadtplatz 43, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. RU4-B-217/003-2010, betreffend Vorauszahlung der Kosten für eine Ersatzvornahme in einer Angelegenheit des AWG 2002, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Bezirkshauptmannschaft Z (BH) ordnete mit Bescheid vom nach vorheriger Androhung die Ersatzvornahme zur Entfernung von 52 Altautos auf einem näher genannten Grundstück in der KG M an. Der Beschwerdeführer sei der ihm mit Bescheid der BH vom , bestätigt mit Bescheid des Landeshauptmannes vom , auferlegten Verpflichtung zur Entfernung der Altautos nur teilweise nachgekommen.
Mit gesondertem Bescheid der BH vom wurde dem Beschwerdeführer darüber hinaus aufgetragen, die Kosten der Ersatzvornahme in der Höhe von EUR 780,-- als Vorauszahlung zu hinterlegen. Es seien drei Angebote bezüglich der Entfernung bzw. Entsorgung der Altautos bei konzessionierten Betrieben eingeholt worden, wobei das günstigste Angebot dem Kostenvorauszahlungsauftrag zu Grunde gelegt worden sei.
Gegen letztgenannten Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung an den Landeshauptmann (belangte Behörde), in der zusammengefasst gerügt wurde, es sei bei der Einholung der Angebote nicht darauf Bedacht genommen worden, dass ein allfälliger, die Entsorgungskosten übersteigender Verwertungserlös vom Entsorgungsunternehmen dem Beschwerdeführer auszufolgen sei. Man habe darüber hinaus das Parteiengehör missachtet, weil dem Beschwerdeführer weder die Ausschreibung noch die eingeholten Angebote zugestellt worden seien.
Mit Schreiben der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer über das Ergebnis des zweitinstanzlichen Ermittlungsverfahrens mit der Möglichkeit zur Stellungnahme zur erstinstanzlichen Kostenschätzung sowie allenfalls zur Vorlage eines eigenen Kostenvoranschlages informiert.
In seiner Stellungnahme vom wiederholte der Beschwerdeführer - abgesehen von der Rüge der Verletzung des Parteiengehörs - im Wesentlichen das Berufungsvorbringen.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass den Parteien im Vollstreckungsverfahren nach § 4 Abs. 2 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG) ein Recht auf Parteiengehör zukomme, welches von der ersten Instanz im konkreten Fall verletzt worden sei. Dieser Verfahrensmangel sei aber durch die Einräumung des Parteiengehörs seitens der belangten Behörde saniert worden. Der Beschwerdeführer habe zur Kostenschätzung der Behörde Stellung beziehen können und er hätte auch die Möglichkeit gehabt, einen eigenen Kostenvoranschlag vorzulegen. Die Berücksichtigung eines etwaigen Verwertungserlöses der betreffenden Altautos ergebe sich schon aus der gesetzlichen Bestimmung des § 4 Abs. 2 VVG. Diese ordne die Vorauszahlung gegen nachträgliche Verrechnung an, was bedeute, dass höhere Entsorgungskosten nachzuzahlen seien, aber auch ein etwaiger verbleibender Überschuss zurückzuerstatten sei. Im Übrigen trage der zur Vorauszahlung Verpflichtete die Beweislast für eine preisliche Unangemessenheit des Kostenauftrages. Im konkreten Fall seien vom Beschwerdeführer keine konkreten Umstände vorgebracht worden, die die Richtigkeit der Kostenschätzung der belangten Behörde widerlegen hätten können.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom , B 752/11-3, die Behandlung der vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid der belangten Behörde vom erhobenen Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In der Beschwerdeergänzung beantragt der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.
Gemäß § 4 Abs. 2 VVG kann die Vollstreckungsbehörde dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme gemäß § 4 Abs. 1 VVG gegen nachträgliche Verrechnung auftragen.
Wie die belangte Behörde im bekämpften Bescheid richtig ausführt, bedeutet die gesetzliche Determinierung der Nachverrechnung nicht nur, dass dem Verpflichteten eine allfällige Nachzahlung bei Anfall höherer Kosten aufgetragen werden kann, sondern auch, dass eine allfällige Kostenminderung bei der tatsächlichen Durchführung der Ersatzvornahme in die Nachverrechnung miteinzubeziehen ist. Die Differenz zwischen dem gemäß Vorauszahlungsauftrag bezahlten Betrag und den tatsächlich angefallenen Kosten ist dem Verpflichteten somit kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung zu erstatten (zur Zurückerstattung eines verbleibenden Überschusses vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/05/0132). Dem Beschwerdevorbringen, wonach § 4 Abs. 2 VVG die Herausgabe eines allfälligen Verwertungserlöses nicht vorsehe, kann daher auf Grund des unmissverständlichen Gesetzeswortlauts ("gegen nachträgliche Verrechnung") nicht gefolgt werden.
Ferner wird in der Beschwerde gerügt, die belangte Behörde habe es verabsäumt, sich vorab mit dem zu erwartenden Verwertungserlös der Altautos auseinanderzusetzen. Da die Verwertung durch Private erfolge, sei die seriöse Ermittlung des Restwerts sowie dessen Refundierung an den Verpflichteten nicht sichergestellt. Hätte sich die belangte Behörde vor Erlassung des angefochtenen Bescheides mit dem zu erwartenden, die Kosten der Ersatzvornahme übersteigenden Verwertungserlös befasst, wäre sie zum Ergebnis gekommen, dass ein Kostenvorauszahlungsauftrag gar nicht notwendig gewesen wäre.
Diesem Vorbringen ist zu entgegen, dass mit der Durchführung der Ersatzvornahme zunächst jedenfalls Kosten anfallen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bestehen keine Bedenken, sich den voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme im Wege einer Schätzung anzunähern (vgl. erneut das Erkenntnis, Zl. 2004/05/0132, mwN). Entgegen dem Beschwerdevorbringen war es nicht erforderlich, ein Gutachten zum Verkehrswert der zu entsorgenden Altautos einzuholen. Vielmehr erscheint der Umstand, dass die Verrechnung der eingehobenen, bloß geschätzten Kosten der Ersatzvornahme mit den tatsächlich angefallenen Kosten unter Berücksichtigung eines etwaigen Erlöses erst nach Durchführung der Ersatzvornahme zwischen Behörde und Verpflichteten erfolgt, im Hinblick darauf, dass erst zu diesem Zeitpunkt ein allfälliger Verwertungserlös betragsmäßig feststeht bzw. sich kostenmindernd auswirken kann, als praktikabel und sinnvoll.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom , Nr. 7.401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom , Nr. 17.912 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal habe, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlicher Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche Fragen betrifft. In seinem Urteil vom , Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein), hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung aufträten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/07/0005, mwN).
Der hier entscheidungswesentliche Sachverhalt ist geklärt und wurde in der Beschwerde insoweit nicht bestritten. Darin wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art. 6 EMRK steht somit der Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Die Entscheidung konnte daher gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II. Nr. 8/2014, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
BAAAE-85653