VwGH vom 23.01.2014, 2011/07/0179

VwGH vom 23.01.2014, 2011/07/0179

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. N. Bachler und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde der A GmbH in S, vertreten durch die NH Niederhuber Hager Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Wollzeile 24, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom , Zl. BMLFUW-UW.2.1.2/0263- VI/1/2011-Ga, betreffend Feststellung nach § 6 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit dem bei der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung (im Folgenden: BH) am eingelangten Schreiben stellte die beschwerdeführende Partei den Antrag, bescheidmäßig festzustellen, dass die in ihrem Betrieb bei der industriellen Produktion von Phthalsäureanhydrid nach der Destillationsanlage anfallenden organischen Substanzgemische kein Abfall im Sinne des AWG seien.

Die BH holte das Gutachten des Amtssachverständigen für Chemie-Abfalltechnik Mag. Dr. M. ein, der zur Auffassung kam, dass es sich beim antragsgegenständlichen Substanzgemisch auf Grund dessen Zusammensetzung sowie des vergleichbaren Schadstoffgehaltes von konventionellen Brennstoffen (zB Erdgas, Heizöl extra leicht) um einen Sonderbrennstoff und keinen Abfall im Sinn der abfallrechtlichen Bestimmungen handle.

Mit Bescheid vom stellte die BH gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 - AWG 2002 fest, dass die bei der industriellen Produktion von Phthalsäureanhydrid nach der Destillationsanlage anfallenden organischen Substanzgemische, bestehend aus Benzoesäure, Maleinsäure, Maleinsäureanhydrid und Phthalsäureanhydrid, keinen Abfall darstellten.

Dieser Bescheid samt den zugehörigen Akten wurde der belangten Behörde im Wege des Landeshauptmannes von Niederösterreich gemäß § 6 Abs. 4 AWG 2002 vorgelegt.

Die belangte Behörde holte das Gutachten des Amtssachverständigen Mag. A. zur Frage, ob ein "Produkt" oder ein "Produktionsrückstand" (im Sinn der abfallrechtlichen Regelungen) vorliege und welche im Gutachtensauftrag vom näher definierten Kriterien erfüllt seien, ein.

Dieser Amtssachverständige führte in seinem Gutachten vom (u.a.) aus, dass das gesuchte Produkt einer Phthalsäureanhydridproduktion ausschließlich PSA und nicht auch der anfallende Destillations- und Reaktionsrückstand sei und dessen gezielte Herstellung als Brennstoff wirtschaftlichen Überlegungen widerspreche, da die Herstellung von Brennstoffen unmittelbar aus Erdöl einfacher und kostengünstiger sei. Es handle sich daher dabei eindeutig um einen Produktionsrückstand aus der Synthese von PSA. Der Destillationsrückstand sei zwar integraler Bestandteil des Produktionsprozesses, werde für die Produktion jedoch nicht benötigt. Das gegenständliche Gemisch müsse thermisch behandelt werden, wobei es, wenn eine betriebsinterne Verbrennung nicht möglich sei, in einer Verbrennungsanlage für gefährliche Abfälle behandelt werden müsse. Die Verwendung dieses Gemisches sei "gewiss", weil dessen unmittelbarer Einsatz in der betriebseigenen Verbrennungsanlage geplant sei. Eine weitere Bearbeitung für die thermische Behandlung sei nicht erforderlich, und bei seiner Verbrennung seien keine spezifischen Emissionen zu erwarten. Beim Einsatz in einer geeigneten und genehmigten Anlage sei jedenfalls von einer zulässigen Verwendung auszugehen. Das Material habe an sich ein wesentlich höheres Gefährdungspotenzial als potenziell substituierte Brennstoffe, sein Einsatz als Ersatzbrennstoff habe jedoch keine größeren Umweltauswirkungen als der von potenziell substituiertem Erdöl. Zusammenfassend gelangte der Amtssachverständige zur Auffassung, dass die Kriterien für das Vorliegen eines Nebenproduktes nicht erfüllt seien. Der Leitfaden der Kommission (gemeint: "Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament zur Mitteilung zu Auslegungsfragen betreffend Abfall und Nebenprodukte", KOM (2007) 59 endgültig, vom ") sei nämlich so zu verstehen, dass ein Nebenprodukt in Form eines Rohstoffes und nicht lediglich als Mittel der Energieerzeugung im Produktionsprozess eingesetzt werde, weil andernfalls alle brennbaren Rückstände (zB auch Lösemittelabfälle oder Hausmüll) auf Grund der Möglichkeit, sie ohne weitere Vorbehandlung in einer geeigneten Verbrennungsanlage zu behandeln, zu Nebenprodukten würden, was den weit auszulegenden Abfallbegriff extrem verengen würde. Es handle sich beim gegenständlichen Produktionsrückstand um ein (gefährliches) Stoffgemisch, dessen sich der Erzeuger entledigen müsse.

Mit Schreiben vom brachte die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei dieses Gutachten mit Hinweis darauf, dass die Ausführungen des Amtssachverständigen, wonach ein Nebenprodukt in Form eines Rohstoffes und nicht lediglich als Mittel der Energieerzeugung eingesetzt werden dürfe, in dieser Allgemeinheit aus rechtlicher Sicht nicht zutreffend seien, zur Kenntnis. Ferner brachte die belangte Behörde mit diesem Schreiben der beschwerdeführenden Partei ihre Auffassung zur Kenntnis, dass die gegenständlichen Substanzgemische dennoch als Abfall einzustufen seien, weil kein Markt für die gegenständlichen Materialien existiere und das Kriterium der "Gewissheit der Verwendung" nicht erfüllt sei. Im Falle, dass die betriebsinterne Verwendung des gegenständlichen Gemisches als Ersatzbrennstoff nicht möglich wäre, müsste es in einer Verbrennungsanlage für gefährliche Abfälle eingesetzt werden. Der Aktenlage sei zu entnehmen, dass erst Einreichunterlagen betreffend den für den vorgesehenen Einsatz notwendigen Austausch des Brenners vorgelegt worden seien und der Nachweis der Einhaltung der maßgeblichen Grenzwerte erst nach Übergabe der Anlage und Inbetriebnahme dokumentiert werde, sodass auch das Kriterium der "zulässigen und unbedenklichen Verwendung" gemäß § 2 Abs. 3a Z. 4 AWG 2002 nicht erfüllt sei.

Die beschwerdeführende Partei nahm mit dem am bei der belangten Behörde eingelangten Schreiben dazu Stellung, worin sie ausführte, dass keine Entledigungsabsicht bestehe. Auf Grund des Heizwertes der gegenständlichen Stoffe würden 30 % der Gesamtanlagenheizkosten abgedeckt, weshalb durch die thermische Verwertung dieser Substrate wertvolle Energieressourcen geschont würden und die CO2-Bilanz der Anlage verbessert werde. Die Verbrennungsanlage diene nicht der Abfallentsorgung, sondern der Energiegewinnung, weshalb die thermische Nutzung im Vordergrund stehe. Die Substanzgemische fielen in der definierten Zusammensetzung an und enthielten keine Schadstoffe. Die thermische Verwertung in einer Anlage mit gängiger Feuerungstechnologie nach dem Stand der Technik (siehe separate Einreichunterlagen bei der BH) stelle sicher, dass eine Freisetzung von Schadstoffen in die Umwelt oder eine Umlagerung in ein anderes Umweltkompartiment ausgeschlossen sei. Die Bauweise der bestehenden gewerbebehördlich genehmigten Produktionsanlage stelle auch sicher, dass eine Vermischung der zur thermischen Verwertung anstehenden Produkte mit Abfällen im Sinne des AWG, wie Altölen, Lösemitteln, Abfällen aus anderen Industrieanlagen oder Ähnlichem, ausgeschlossen sei. Die Substanzgemische bestünden aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff und wiesen daher eine große Ähnlichkeit mit konventionellen Brennstoffen auf, weshalb es bei der Verwendung auch zu keinen erhöhten Emissionen kommen könne. Die Einhaltung der in der Feuerungsanlagenverordnung festgelegten Grenzwerte sei vom Anlagenlieferanten zugesichert worden und werde nach der Übergabe der Anlage und Inbetriebnahme durch eine unabhängige Stelle überprüft und dokumentiert werden. Der zeitliche Vorgang, zuerst technische Unterlagen zur Genehmigung bei der Verwaltungsbehörde einzureichen und erst nach erfolgter Genehmigung die Anlage zu errichten, sei ein durch die Gewerbeordnung vorgeschriebener Vorgang. Selbstverständlich könne von einer errichteten Anlage erst durch eine Abnahmemessung der Nachweis der Einhaltung von Grenzwerten erbracht werden, vorher könne dies der Anlagenerzeuger lediglich vertraglich zusichern. Daraus konstruieren zu wollen, dass das Kriterium der zulässigen und unbedenklichen Verwendung nicht erfüllt sei, verstoße gegen jegliche Grundsätze eines objektiven Ermittlungs- und Entscheidungsverfahrens. Die Destillationssumpfprodukte seien niemals in einer "üblichen" Verbrennungsanlage eingebracht worden, sondern sie seien ausschließlich in einer extra für diesen Zweck errichteten und betriebenen gewerbebehördlich genehmigten Betriebsanlage eingesetzt worden und würden dort eingesetzt, was der belangten Behörde bekannt sei. Auch seien dieser sämtliche technischen Unterlagen zur Verfügung gestellt worden, die zeigten, dass die neu zu genehmigende Anlage den neuesten Stand der Verbrennungstechnik darstelle und die Einhaltung der Grenzwerte der Feuerungsanlagenverordnung sichergestellt sei. Der Amtssachverständige ziehe Heizöle als Substitutionsbrennstoff heran, wohingegen der belangten Behörde durch den Anlagenbetreiber bekanntgegeben worden sei, dass Erdgas der Hauptbrennstoff sei.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom änderte die belangte Behörde als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 6 Abs. 4 Z. 2 AWG 2002 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes mit folgendem Spruch ab:

"Die in der Anlage der (beschwerdeführenden Partei) bei der industriellen Produktion von Phthalsäureanhydrid (PSA) nach der Destillation anfallenden Substanzgemische, bestehend aus Benzoesäure, Maleinsäure, Maleinsäureanhydrid und möglichen Resten von Phthalsäureanhydrid, stellen Abfall im Sinne des § 2 AWG 2002 dar."

Dazu führte die belangte Behörde nach Hinweis auf die §§ 1, 2, 5 und 6 AWG 2002 (u.a.) aus, dass die belangte Behörde in ihrer Anlage durch katalytische Oxidation Phthalsäureanhydrid (PSA) erzeuge, welches insbesondere zur Herstellung von Weichmachern für PVC verwendet werde. Das Reaktionsgemisch werde danach durch Destillation gereinigt, wobei das PSA abgetrennt werde und die antragsgegenständlichen Verbindungen als Destillationsrückstand zurückblieben. Da es sich im gegenständlichen Fall um Stoffe handle, die im Zusammenhang mit einem Produktionsprozess anfielen, fänden die relevanten, vom EuGH entwickelten Abgrenzungskriterien gemäß der (oben genannten) Mitteilung der Kommission vom Anwendung, deren Ziel es sei, den Unterschied zwischen Abfall und Nicht-Abfall im Rahmen von Produktionsprozessen herauszuarbeiten. Wie in der Stellungnahme des Amtssachverständigen (Mag. A.) schlüssig ausgeführt worden sei, sei das gesuchte Produkt einer PSA-Produktion ausschließlich PSA und fielen die gegenständlichen Gemische dabei zwangsläufig an. Handle es sich bei dem gegenständlichen Material jedoch nicht um ein absichtlich erzeugtes Produkt, so stelle es gemäß der Mitteilung der Kommission einen Produktionsrückstand dar, dessen man sich entledigen müsse, es sei denn, dieser erfülle die vom EuGH entwickelten Kriterien eines Nebenproduktes, welche kumulativ vorliegen müssten, nämlich:

"1) Die spätere Verwendung des Materials muss mit Gewissheit erfolgen;

2) Vor seiner Weiterverwendung ist keine weitere Bearbeitung erforderlich;

3) Es entsteht im Rahmen eines kontinuierlichen Produktionsprozesses;

4) Die weitere Verwendung muss rechtmäßig sein."

Diese Kriterien für das Vorliegen eines Nebenproduktes seien nunmehr in die seit geltende Richtlinie 2008/98/EG und in das AWG 2002 durch die mit in Kraft getretene Novelle BGBl. I Nr. 9/2011, so in § 2 Abs. 3a leg. cit., übernommen worden.

Aus den Ausführungen des Amtssachverständigen gehe schlüssig hervor, dass die Bedingungen 2) und 3) für das Vorliegen eines Nebenproduktes (im oben genannten Sinn) erfüllt seien, weshalb darauf nicht näher einzugehen sei.

Hinsichtlich der übrigen Bedingungen habe der Amtssachverständige dargelegt, dass die Verwendung des gegenständlichen Gemisches gewiss sei, weil dessen unmittelbarer Einsatz in der betriebseigenen Verbrennungsanlage geplant und beim Einsatz in einer geeigneten und genehmigten Anlage von einer zulässigen Verwendung auszugehen sei. Weiters habe er ausgeführt, dass die gegenständlichen Substanzgemische thermisch behandelt werden müssten und die verfahrensgegenständlichen Rückstände an sich ein wesentlich höheres Gefährdungspotenzial als potenziell substituierte konventionelle Brennstoffe hätten, aber davon auszugehen sei, dass der Einsatz als Ersatzbrennstoff keine größeren Umweltauswirkungen nach sich ziehe als der konventioneller Brennstoffe. Entscheidend sei, dass die Kriterien für das Vorliegen eines Nebenproduktes gemäß der Mitteilung der Kommission (vom ) flächendeckend zu erfüllen seien und nur dann von einer gewissen (und nicht nur möglichen) Weiterverwendung auszugehen sei, wenn es für das betreffende Material gemeinschaftsweit einen Markt, das heiße, vertraglich abgesicherte Abnehmer, welche ein Entgelt leisteten, das dem Marktpreis entspreche oder ihn übersteige, gebe. Auch in den Erläuterungen zu den Ziffern 16 bis 22 der AWG-Novelle 2010 finde sich, dass ein Element der sicheren Verwendung ein bestehender Markt sei. Dies treffe auf die gegenständlichen Substanzgemische jedoch nicht zu. Deren einzige Verwendung bestehe in der beabsichtigten thermischen Nutzung in der projektierten Anlage der beschwerdeführenden Partei. Gegenteiliges sei von dieser auch in der im Rahmen des Parteiengehörs abgegebenen Stellungnahme nicht behauptet worden.

Hinsichtlich der (oben genannten) Bedingung 4) habe die beschwerdeführende Partei sowohl in ihrem Antrag als auch in ihrer Stellungnahme (zum Amtssachverständigengutachten) auf die Einreichunterlagen für den Austausch des Brenners verwiesen, woraus zu schließen sei, dass neben dem gegenständlichem Feststellungsverfahren auch ein Anlagengenehmigungsverfahren anhängig sei. Darüber hinaus habe die beschwerdeführende Partei im Antrag dargelegt, dass die Bauweise der Anlage geeignet sei, Gesundheitsgefährdungen sowie Brand- und Explosionsgefahren auszuschließen. Gemäß § 2 Abs. 3a AWG 2002 sei ein weitere Verwendung nur dann zulässig, wenn der Stoff oder Gegenstand unbedenklich für den beabsichtigten sinnvollen Zweck einsetzbar sei, keine Schutzgüter im Sinn des § 1 Abs. 3 AWG 2002 durch die Verwendung beeinträchtigt und alle relevanten Rechtsvorschriften eingehalten würden. Auf Grund seines Heizwertes möge das gegenständliche Substanzgemisch für einen sinnvollen Zweck einsetzbar sein. Für die Beantwortung der Frage, ob dieser Einsatz auch unbedenklich sei, weil keine Schutzgüter im Sinne des § 1 Abs. 3 leg. cit. beeinträchtigt würden, reiche eine Einschätzung der beschwerdeführenden Partei allein nicht aus. Solche möglichen Beeinträchtigungen von Schutzgütern gelte es vielmehr im Rahmen des anhängigen Anlagengenehmigungsverfahrens zu ermitteln und in weiterer Folge allenfalls durch geeignete Maßnahmen bzw. Auflagen hintanzuhalten. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt könne daher (noch) nicht von einer Zulässigkeit der beabsichtigten Verwendung ausgegangen werden.

Wenn die beschwerdeführende Partei wiederholt betone, sich der gegenständlichen Rückstände nicht entledigen, sondern diese auf Grund deren Heizwertes thermisch nutzen zu wollen, übersehe sie, dass Produktionsrückstände, die nicht alle Bedingungen für das Vorliegen eines Nebenproduktes kumulativ erfüllten, der Überwachung durch das Abfallrecht bedürften, um deren ordnungsgemäße Behandlung sicherzustellen. Bei Produktionsrückständen gelte nämlich der abfallrechtliche Entledigungswille generell als indiziert, sofern sie nicht innerbetrieblich wieder demselben Zweck zugeführt würden. Nur dann, wenn alle in § 2 Abs. 3a AWG 2002 genannten Kriterien erfüllt seien, sei (ausnahmsweise) nicht von einer Entledigungsabsicht bei Produktionsrückständen auszugehen. Wie bereits dargelegt, erfüllten die verfahrensgegenständlichen Produktionsrückstände, die nicht innerbetrieblich demselben Zweck, nämlich der Herstellung von PSA, sondern einer thermischen Behandlung zugeführt würden (werden sollten), weder das Kriterium der Gewissheit der weiteren Verwendung im Sinne der Mitteilung der Kommission noch das Kriterium der zulässigen und unbedenklichen weiteren Verwendung im Sinn des § 2 Abs. 3a AWG 2002, weshalb von der Entledigungsabsicht ausgegangen werden müsse. Da die gegenständlichen Substanzgemische damit den subjektiven Abfallbegriff gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. erfüllten, sei auf deren allfällige objektive Abfalleigenschaft im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. nicht weiter einzugehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Die beschwerdeführende Partei replizierte mit Schriftsatz vom darauf.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

Die §§ 1, 2 und 6 AWG 2002 in der (bei Erlassung sowohl des erstinstanzlichen Bescheides als auch des angefochtenen Bescheides geltenden) Fassung der AWG-Novelle 2010, BGBl. I Nr. 9/2011, lauten auszugsweise:

" Ziele und Grundsätze

§ 1. (...)

(...)

(3) Im öffentlichen Interesse ist die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls

1. die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können,

2. Gefahren für Wasser, Luft, Boden, Tiere oder Pflanzen und deren natürlichen Lebensbedingungen verursacht werden können,

3. die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,

4. die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,


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5.
Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,
6.
Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,
7.
das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,
8.
die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder
9.
Orts- und Landschaftsbild sowie Kulturgüter erheblich beeinträchtigt werden können.
(...)"
"
Begriffsbestimmungen

§ 2. ( 1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen,

1. deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder

2. deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.

(2) Als Abfälle gelten Sachen, deren ordnungsgemäße Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich ist, auch dann, wenn sie eine die Umwelt beeinträchtigende Verbindung mit dem Boden eingegangen sind. Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse kann auch dann erforderlich sein, wenn für eine bewegliche Sache ein Entgelt erzielt werden kann.

(3) Eine geordnete Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist jedenfalls solange nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, solange


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1.
eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder
2.
sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht.
Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung von Mist, Jauche, Gülle und organisch kompostierbarem Material als Abfall ist dann nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, wenn diese im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs anfallen und im unmittelbaren Bereich eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs einer zulässigen Verwendung zugeführt werden.

(3a) Ein Stoff oder Gegenstand, der das Ergebnis eines Herstellungsverfahrens ist, dessen Hauptziel nicht die Herstellung dieses Stoffes oder Gegenstands ist, kann nur dann als Nebenprodukt und nicht als Abfall gelten, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

1. es ist sicher, dass der Stoff oder Gegenstand weiterverwendet wird;

2. der Stoff oder Gegenstand kann direkt ohne weitere Verarbeitung, die über die normalen industriellen Verfahren hinausgeht, verwendet werden;

3. der Stoff oder Gegenstand wird als integraler Bestandteil eines Herstellungsprozesses erzeugt und

4. die weitere Verwendung ist zulässig, insbesondere ist der Stoff oder Gegenstand unbedenklich für den beabsichtigten sinnvollen Zweck einsetzbar, es werden keine Schutzgüter (vergleiche § 1 Abs. 3) durch die Verwendung beeinträchtigt und es werden alle einschlägigen Rechtsvorschriften eingehalten.

(...)"

" Feststellungsbescheide

§ 6. ( 1) Bestehen begründete Zweifel,


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1.
ob eine Sache Abfall im Sinne dieses Bundesgesetzes ist,
2.
welcher Abfallart diese Sache gegebenenfalls zuzuordnen ist oder
3.
ob eine Sache gemäß den unionsrechtlichen Abfallvorschriften, insbesondere der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 über die Verbringung von Abfällen (im Folgenden: EG-VerbringungsV), ABl. Nr. L 190 vom S. 1, bei der Verbringung notifizierungspflichtiger Abfall ist,
hat die Bezirksverwaltungsbehörde dies entweder von Amts wegen oder auf Antrag des Verfügungsberechtigten mit Bescheid festzustellen. Ein Feststellungsbescheid gemäß Z 2 darf nur beantragt werden, sofern nicht § 7 zur Anwendung kommt.

(2) Im Fall des § 70 Abs. 3 hat die Bezirksverwaltungsbehörde den Bescheid von Amts wegen innerhalb einer Frist von zwei Werktagen nach ihrer Befassung zu erlassen. Der Bescheid gilt als zugestellt, wenn er dem Lenker des Beförderungsmittels oder demjenigen, der eine gleichwertige Tätigkeit ausübt, ausgefolgt wurde. In diesem Fall hat die Bezirksverwaltungsbehörde den Transporteur von der Ausfolgung des Bescheides unverzüglich zu verständigen.

(3) Örtlich zuständige Behörde erster Instanz für Feststellungsbescheide gemäß Abs. 1 ist die Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Wirkungsbereich sich die Sache zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens befindet.

(4) Die Behörde hat den Bescheid samt einer Kopie der diesbezüglichen Akten gleichzeitig mit der Zustellung an die Partei an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde zu übermitteln. Unbeschadet des § 68 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, kann ein Feststellungsbescheid von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde innerhalb von sechs Wochen nach Erlassung abgeändert oder aufgehoben werden, wenn

1. der dem Bescheid zugrunde liegende Sachverhalt unrichtig festgestellt oder aktenwidrig angenommen wurde oder

2. der Inhalt des Bescheides rechtswidrig ist. Die Zeit des Parteiengehörs ist nicht in die Frist einzurechnen.

(5) Bestehen begründete Zweifel, ob oder inwieweit eine Sache einer Verordnung gemäß § 14 Abs. 1 unterliegt, hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf Antrag eines Verpflichteten oder von Amts wegen innerhalb von drei Monaten einen Feststellungsbescheid zu erlassen.

(6) Der Landeshauptmann hat auf Antrag eines Projektwerbers oder des Umweltanwaltes oder von Amts wegen innerhalb von drei Monaten festzustellen, ob

1. eine Anlage der Genehmigungspflicht gemäß § 37 Abs. 1 oder 3 oder gemäß § 52 unterliegt oder eine Ausnahme gemäß § 37 Abs. 2 gegeben ist,


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2.
eine Anlage eine IPPC-Behandlungsanlage ist,
3.
eine Änderung einer Behandlungsanlage der Genehmigungspflicht gemäß § 37 Abs. 1 oder 3 unterliegt oder gemäß § 37 Abs. 4 anzeigepflichtig ist.
Ein ordentliches Rechtsmittel ist nicht zulässig. Parteistellung hat neben dem Projektwerber der Umweltanwalt.

(7) Bestehen begründete Zweifel über den Umfang


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1.
einer Erlaubnis gemäß § 24a oder
2.
einer Genehmigung gemäß den §§ 37, 52 oder 54, insbesondere hinsichtlich der Abfallarten, Abfallmengen oder der Anlagenkapazität,
hat der Landeshauptmann auf Antrag des Inhabers der Berechtigung oder der Anlagengenehmigung oder von Amts wegen einen Feststellungsbescheid zu erlassen."
Die Beschwerde bringt vor, dass die gegenständlichen organischen Substanzgemische den subjektiven Abfallbegriff nicht erfüllten, weil keine Entledigungsabsicht der beschwerdeführenden Partei vorliege. Von dieser werde nämlich nicht beabsichtigt, die organischen Substanzgemische im Sinne einer Dereliktion loszuwerden, sondern beabsichtigt, sie vielmehr als Rohstoffersatz in der Betriebsanlage einzusetzen. Da die beschwerdeführende Partei die organischen Substanzgemische als Brennstoffe einsetze, um keine gleichwertigen Brennstoffe erwerben zu müssen, sei die Weiterverwendung des Materials (im Sinne der Judikatur des EuGH bzw. der Mitteilung der Kommission) gewiss. Wenn die belangte Behörde die Auffassung vertrete, die Tatsache, dass der Einsatz der gegenständlichen Substanzgemische wirtschaftliche Vorteile für die beschwerdeführende Partei bringe, sei für die Frage, ob es sich bei den Substanzgemischen um Abfälle oder Nebenprodukte handle, belanglos, so stehe diese Auffassung zur Judikatur des EuGH in Widerspruch. Das Bestehen eines Marktes könne ein Kriterium für eine gewisse Verwendung, müsse es jedoch nicht sein. Es sei daher schlicht nicht vertretbar, anzunehmen, dass die Gewissheit der Verwendung bereits dann nicht gegeben sei, wenn kein Markt vorhanden sei.
Was die vierte Voraussetzung (rechtmäßige Verwendung des Nebenerzeugnisses) anlange, so habe die belangte Behörde nicht aufgezeigt, gegen welche Rechtsvorschriften die Verfeuerung der organischen Substanzgemische verstoße. Die beschwerdeführende Partei verfüge über eine gewerbebehördlich genehmigte Betriebsanlage, die den Einsatz der gegenständlichen organischen Substanzgemische erlaube, was im Übrigen seit über 20 Jahren auch behördenseits zu keinem früheren Zeitpunkt in Zweifel gezogen worden sei. Da die beabsichtigte Verwendung nach EU-Recht oder innerstaatlichem Recht nicht verboten sei und die beschwerdeführende Partei über eine rechtskräftige gewerbebehördliche Genehmigung für die Verfeuerung der organischen Substanzgemische verfüge, seien auch die vierte Voraussetzung und wegen des Vorliegens einer umweltschutzbezogenen Genehmigung auch § 2 Abs. 3a Z. 4 AWG 2002 erfüllt. Diese Gesetzesbestimmung sei textlich anders gestaltet als die vierte Voraussetzung im Sinn der vom EuGH entwickelten Kriterien für das Vorliegen eines Nebenproduktes und enthalte mehrere unbestimmte Gesetzesbegriffe. Diese seien jedoch richtlinienkonform auszulegen.
Dazu ist Folgendes auszuführen:
Mit der AWG-Novelle 2010, BGBl. I Nr. 9/2011, wurde in das AWG 2002 - in Umsetzung der Richtlinie 2008/98/EG (Abfallrahmenrichtlinie) - (u.a.) § 2 Abs. 3a eingefügt. Die diesbezüglichen Gesetzesmaterialien (RV 1005 BlgNR 24. GP, 16) enthalten dazu folgende Ausführungen:
"(...)
Sind die Voraussetzungen gemäß der Definition für Nebenprodukte in Art. 5 der Abfallrahmenrichtlinie gegeben, so wird keine Entledigungsabsicht angenommen. (...)
Ob ein Gegenstand oder Stoff nun als Nebenprodukt oder als Abfall zu qualifizieren ist, ist eine Einzelfallentscheidung.
Eine umfangreiche Ausarbeitung des Abgrenzungsproblems von Abfall und Nebenprodukt findet sich in der Mitteilung der Kommission vom (KOM (2007) 59 endgültig/2), die für die Auslegung, ob es sich bei einem Material um Abfall oder um ein Nebenprodukt handelt, herangezogen wird.
Die Definition für Nebenprodukte gemäß Art. 5 der Abfallrahmenrichtlinie wird im AWG 2002, nach einer textlichen Anpassung an die Diktion des AWG 2002 und der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, ergänzt. Demnach sind Voraussetzungen für die Qualifikation als Nebenprodukt die sichere Verwendung (Ein Element der sicheren Verwendung ist der Markt.), dass diese Verwendung ohne weitere Verarbeitung, die einer abfallspezifischen Abfallbehandlung entspricht, erfolgen kann, die Erzeugung des Nebenproduktes integraler Bestandteil eines Herstellungsprozesses ist sowie, dass die Verwendung zulässig und unbedenklich ist.
Unter 'normale industrielle Verfahren' gemäß Z 2 sind solche Verfahren zu verstehen, die nicht abfallspezifisch sind.
Beispiele für Nebenprodukte bzw. Nicht-Abfälle:
-
Sägespäne und Holz aus der Be- und Verarbeitung von ausschließlich mechanisch behandeltem Frischholz, die in handelsüblicher Form zB als Einstreu oder Brennmaterial für Öfen in Verkehr gesetzt werden (dies gilt auch für die Produktion von Pellets und Briketts);
-
Verschnitte im Rahmen der Produktion, die gesichert wieder dem selben Produktionszweck zugeführt werden (zB Kreislaufmaterial beim Eisen- und Nichteisenmetallguss; Abfälle aus der spanabhebenden Bearbeitung von Eisen- und Nichteisenmetallen;
Endstücke, Randabschnitte, Stanzrückstände und Stanzgitter aus Kunststoff; Produktionsabschnitte von Kunststoffrohren;
Produktionsrückstände beim Kunststoff- Spritzgussverfahren;
Scherben in der Glaserzeugung; Verschnitte in der Spanplatten- und Leimholzerzeugung);
-
Qualitätsgesicherte Aluminatlösungen aus der Aluminiumoberflächenbehandlung, dessen Qualität technischen Chemikalien entspricht und welche zB als Fällungshilfsmittel in Kläranlagen verwendet werden;
-
Eisenoxide (Farbpigment) aus der Rückgewinnung von Salzsäuren aus der eisenhaltigen Salzsäurebeizen (Ruthner-Verfahren), sofern die Qualität konstant und prozessgesteuert ist und als Eisenpigment eingesetzt wird;
-
Eisen(II)sulfat aus der Oberflächenbehandlung von Eisen, sofern eine Qualitätssicherung vorliegt, die Qualität technischer Chemikalien eingehalten (insbesondere Fremdmetallgehalt, Ni, Co, Mn, Cr, etc.) und es eingesetzt wird."
Die im angefochtenen Bescheid genannte Mitteilung der Kommission vom zu den Auslegungsfragen betreffend Abfall und Nebenprodukte ist auf dem Boden der Judikatur des EuGH (u.a.) zur Richtlinie 75/442/EWG (geändert u.a. durch die Richtlinie 91/156/EWG) sowie der Richtlinie 2006/12/EG, die mit Wirkung vom durch die zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretene Richtlinie 2008/98/EG aufgehoben wurde, ergangen.
Artikel 5 der Richtlinie 2008/98/EG lautet:
"Artikel 5
Nebenprodukte

(1) Ein Stoff oder Gegenstand, der das Ergebnis eines Herstellungsverfahrens ist, dessen Hauptziel nicht die Herstellung dieses Stoffes oder Gegenstands ist, kann nur dann als Nebenprodukt und nicht als Abfall im Sinne des Artikels 3 Nummer 1 gelten, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

a) es ist sicher, dass der Stoff oder Gegenstand weiter verwendet wird,

b) der Stoff oder Gegenstand kann direkt ohne weitere Verarbeitung, die über die normalen industriellen Verfahren hinausgeht, verwendet werden,

c) der Stoff oder Gegenstand wird als integraler Bestandteil eines Herstellungsprozesses erzeugt und

d) die weitere Verwendung ist rechtmäßig, d.h. der Stoff oder Gegenstand erfüllt alle einschlägigen Produkt-, Umwelt- und Gesundheitsschutzanforderungen für die jeweilige Verwendung und führt insgesamt nicht zu schädlichen Umwelt- oder Gesundheitsfolgen.

(2) Auf der Grundlage der Voraussetzungen nach Absatz 1 können Maßnahmen getroffen werden, um die Kriterien zu bestimmen, nach denen bestimmte Stoffe oder Gegenstände als Nebenprodukt und nicht als Abfall im Sinne des Artikels 3 Nummer 1 anzusehen sind. Diese Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Richtlinie durch Ergänzung, werden nach dem in Artikel 39 Absatz 2 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen."

In seinem Urteil vom , C-113/12 (Donal Brady gegen Environmental Protection Agency), hat der EuGH in Bezug auf die Voraussetzungen, ob in einem Schweinemastbetrieb anfallende und dort gelagerte Gülle, bis sie an Landwirte abgegeben wird, die sie zur Düngung ihrer Flächen verwenden, als Abfall oder als Nebenprodukt einzustufen ist, (u.a.) - unter Hinweis auf seine Vorjudikatur - ausgeführt, es könne auch sein, dass in bestimmten Fällen ein Gegenstand, ein Material oder ein Rohstoff, der oder das bei einem nicht hauptsächlich zu seiner Gewinnung bestimmten Abbau- oder Herstellungsverfahren entstehe, keinen Rückstand, sondern ein Nebenerzeugnis darstelle, dessen sich der Besitzer nicht entledigen wolle, sondern das er unter für ihn vorteilhaften Umständen in einem späterem Vorgang - einschließlich für Zwecke anderer Wirtschaftsteilnehmer als des Erzeugers des fraglichen Gegenstands - nutzen oder vermarkten möchte, sofern diese Wiederverwendung nicht nur möglich, sondern ohne vorherige Bearbeitung in Fortsetzung des Gewinnungsverfahrens gewiss sei (vgl. in diesem Urteil RN 44; ferner in diesem Zusammenhang insbesondere RN 50, 57, 58).

Daraus geht hervor, dass eine Weiterverwendung des Stoffes oder Gegenstandes nicht nur dann "gewiss" bzw. "sicher" (im Sinn des Art. 5 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2008/98/EG bzw. des § 2 Abs. 3a Z. 1 AWG 2002) ist, wenn es für das betreffende Material gemeinschaftsweit einen Markt, d.h. vertraglich abgesicherte Abnehmer, welche ein dem Markpreis entsprechendes oder ihn übersteigendes Entgelt leisten, gibt. Vielmehr ist eine Weiterverwendung in diesem Sinn auch dann gegeben, wenn der Erzeuger des Stoffes oder Gegenstandes diesen tatsächlich unter für ihn wirtschaftlich vorteilhaften Bedingungen nutzen will, sofern diese Wiederverwendung ohne vorherige Bearbeitung gewiss ist. Insoweit hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt, sodass sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG belastet hat.

Dies würde an der Beurteilung, dass es sich bei den gegenständlichen Substanzgemischen um kein Nebenprodukt im Sinn des § 2 Abs. 3a AWG 2002 handle, dann nichts ändern, wenn die weitere Verwendung, wie von der belangten Behörde angenommen, im Sinn des § 2 Abs. 3a Z. 4 leg. cit. nicht zulässig wäre, weil ein Anlagengenehmigungsverfahren für den Austausch des Brenners anhängig ist.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

Nach der zur Frage, unter welchen Bedingungen Produktionsrückstände nicht als Abfall anzusehen sind, ergangenen Judikatur des EuGH muss die Verwendung, für die das Nebenerzeugnis bestimmt ist, rechtmäßig sein, das heißt, das Nebenerzeugnis darf kein Material sein, dessen sich der Hersteller entledigen muss oder dessen beabsichtigte Verwendung nach EU-Recht oder innerstaatlichem Recht verboten ist (vgl. dazu die genannte Mitteilung der Kommission vom , 3.3. auf S. 7, mwN).

Gemäß § 2 Abs. 3a Z. 4 AWG 2002 ist die weitere Verwendung (u.a.) nur dann zulässig, wenn alle einschlägigen Rechtsvorschriften eingehalten werden.

Dies setzt daher nicht nur voraus, dass das Material für den angestrebten Zweck unbedenklich verwendet werden kann, sondern auch, dass die für diese Verwendung allenfalls erforderlichen Bewilligungen (Anzeigen gegenüber der oder Nichtuntersagungen durch die Behörde) vorliegen (vgl. in diesem Zusammenhang etwa die zum Begriff der Zulässigkeit einer Verwendung im abfallwirtschaftsrechtlichen Sinn ergangenen hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2003/07/0173, und vom , Zl. 2011/07/0163, mwN).

Die beschwerdeführende Partei hat im Berufungsverfahren in ihrer am bei der belangten Behörde eingelangten Stellungnahme (u.a.) vorgebracht, dass seit Jahrzehnten eine gewerberechtlich genehmigte Anlage zur Verbrennung der Destillationssumpfprodukte mit Nutzung der Heizenergie betrieben werde und diese Produkte ausschließlich in einer extra für diesen Zweck errichteten und betriebenen gewerbebehördlich genehmigten Betriebsanlage eingesetzt worden seien sowie die neu zu genehmigende Anlage den neuesten Stand der Verbrennungstechnik darstelle. Die belangte Behörde zog aus dem Umstand, dass von der beschwerdeführenden Partei auf Einreichunterlagen für den Austausch eines Brenners hingewiesen worden sei, die Schlussfolgerung, dass mangels eines Abschlusses dieses Genehmigungsverfahrens und einer diesbezüglichen Bewilligung "noch nicht" von einer Zulässigkeit der beabsichtigten Verwendung ausgegangen werden könne.

In den vorgelegten Verwaltungsakten sind die gewerbebehördlichen Bewilligungsunterlagen nicht enthalten.

Auf Grund der im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen kann nicht verlässlich beurteilt werden, ob die der beschwerdeführenden Partei erteilte gewerbebehördliche Bewilligung schon bisher den Einsatz der gegenständlichen Substanzgemische als Brennstoffe erlaubte und es sich daher beim genannten Austausch des Brenners lediglich um eine - rechtlich nicht zwingend gebotene - Modernisierung der Anlage handelt oder ob erst nach einem für die beschwerdeführende Partei günstigen Abschluss des von der belangten Behörde ins Treffen geführten Genehmigungsverfahrens die Verfeuerung der Substanzgemische in der Betriebsanlage rechtlich zulässig sein wird.

Damit erweist sich der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt als ergänzungsbedürftig und der angefochtene Bescheid als mangelhaft begründet, sodass diesem auch eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG anhaftet.

Der angefochtene Bescheid war somit aus den oben dargestellten Erwägungen wegen - prävalierender - Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stütz sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, idF BGBl. II Nr. 8/2014 iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am