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VwGH vom 23.05.2012, 2008/22/0904

VwGH vom 23.05.2012, 2008/22/0904

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 19, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 149.367/7-III/4/08, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, beantragte am bei der Bundespolizeidirektion Wien die Erteilung eines Aufenthaltstitels als Familienangehöriger (Ehegatte) einer Österreicherin. Nachdem dieser Antrag am zuständigkeitshalber an den Landeshauptmann von Wien übermittelt worden war, wies ihn dieser mit Bescheid vom gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 19 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) mit der Begründung zurück, dass bestimmte Urkunden und Nachweise nicht vorgelegt worden seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobene Berufung des Beschwerdeführers ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dem Beschwerdeführer sei mit Schreiben der erstinstanzlichen Behörde vom ein Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG unter Hinweis auf die Säumnisfolgen erteilt worden. Verlangt worden seien ein aktueller Personenstandsregisterauszug, aus dem ersichtlich sei, ob die Ehe mit der österreichischen Ehegattin noch aufrecht sei, der Nachweis des Rechtsanspruchs auf eine ortsübliche Unterkunft, der Nachweis über einen in Österreich leistungspflichtigen und alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz und der Nachweis des gesicherten Lebensunterhalts.

Dem Verbesserungsauftrag sei innerhalb der gewährten Frist (bis ) "nicht in geeigneter Weise" entsprochen worden. Zwar seien mit Schreiben vom Unterlagen übermittelt worden, "wie zum Beispiel" ein Auszug aus dem türkischen Familienbuch aus dem Jahre 2001, woraus jedoch nicht auf ein aktuelles Bestehen der Ehe geschlossen werden könne, ein Mietvertrag lautend auf einen Ali Ö. bzw. eine Fatma Ö., womit jedoch kein Rechtsanspruch des Beschwerdeführers auf eine ortsübliche Unterkunft bescheinigt worden sei, eine Ablichtung der e-card, womit kein bestehendes Versicherungsverhältnis nachgewiesen worden sei, sowie eine Haftungserklärung eines Halit Ö. und, nachgereicht mit Fax vom , eine Haftungserklärung eines Ibrahim Ö, welche jedoch für den Nachweis des gesicherten Lebensunterhalts bei dem beantragten Aufenthaltstitel nicht zulässig seien.

Dadurch sei eine "geschäftsmäßige Behandlung" des Antrags "nicht möglich" gewesen, da wesentliche Unterlagen, zu denen der Nachweis einer ortsüblichen Unterkunft, eines Krankenversicherungsschutzes sowie des Unterhalts zählen, trotz Verbesserungsauftrags nicht vorgelegt worden seien.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Die Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 1 des am in Kraft getretenen Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) sieht vor, dass Verfahren auf Erteilung von Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen, die bei Inkrafttreten des NAG anhängig sind, nach den Bestimmungen des NAG zu Ende zu führen sind. Durch das NAG - im Verhältnis zum Fremdengesetz 1997 - neu eingeführte, zusätzliche Formalvoraussetzungen, die für einen Antrag zu erfüllen sind, dagegen dürfen nicht zu Ungunsten des Antragstellers zu einer Zurückweisung seines Antrags aus diesen formalen Gründen führen.

Da der gegenständliche Antrag des Beschwerdeführers bereits am , somit noch während der Geltung des Fremdengesetzes 1997, gestellt und am , dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des NAG und damit auch der auf das NAG gestützten Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung (NAG-DV), BGBl. II Nr. 451/2005, noch nicht erledigt worden war, gelten die §§ 6 bis 9 NAG-DV, die die Vorlage-Erfordernisse bestimmter Urkunden und Nachweise für die Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen regeln, für das Verfahren über diesen Antrag nicht (vgl. die Übergangsbestimmung des § 12 NAG-DV, der zufolge die §§ 6 bis 9 NAG-DV auf Verfahren, die vor dem Inkrafttreten der Verordnung bereits anhängig waren, aber noch nicht rechtskräftig entschieden waren, nicht anzuwenden sind).

Die von der Erstbehörde auf diese Bestimmungen gestützten Aufträge erweisen sich daher als verfehlt und die auf die Nichterfüllung dieser Aufträge gegründete Antragszurückweisung, die mit dem angefochtenen Bescheid bestätigt wurde, schon deshalb als rechtswidrig (vgl. zum Ganzen ausführlich das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0357, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird).

Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grund wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am