VwGH vom 22.10.2015, 2013/16/0101
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma, die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner und den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klammer, über die Beschwerde des Dr. F Z, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/2940-W/12, betreffend Gebühren gemäß § 17a VfGG und Gebührenerhöhung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Rechtsanwalt, brachte am beim Verfassungsgerichtshof namens eines von ihm vertretenen (damaligen) Beschwerdeführers eine Beschwerde gegen einen Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt samt Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ein. Mit Beschluss vom hat der Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abgewiesen, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Da beim Verfassungsgerichtshof kein Nachweis über die Entrichtung der Eingabengebühr nach § 17a Z 4 VfGG einlangte, nahm dieser am einen amtlichen Befund über eine Verkürzung von Stempel- und Rechtsgebühren auf und leitete ihn dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel weiter.
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Gebühr für die Überreichung der erwähnten Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof mit EUR 220 und darüber hinaus gemäß § 9 Abs. 1 des Gebührengesetzes eine Gebührenerhöhung in Höhe von 50 % der nicht entrichteten Gebühr, somit in Höhe von EUR 110, gegenüber dem nunmehrigen Beschwerdeführer fest .
Die dagegen erhobene Berufung begründete der Beschwerdeführer damit, dass sein Mandant die Gebühr für die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof "bereits" am zur Einzahlung gebracht habe, und zum Nachweis dessen schloss er eine Belegkopie an.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab.
In dem daraufhin gestellten Vorlageantrag führte der Beschwerdeführer aus, er habe mit Blick auf den Verfahrenshilfeantrag bis zu einer diesbezüglichen negativen Entscheidung davon ausgehen können, dass seinem Klienten die beantragte Verfahrenshilfe bewilligt werde. Zeitgleich mit der "Zurückweisung" der Beschwerde und der Abweisung des Verfahrenshilfeantrages habe ihn eine Note des Verfassungsgerichtshofes erreicht, mit der er zur Einzahlung der Eingabengebühr binnen einer Woche aufgefordert worden sei. Fristgerecht habe der Mandant des Beschwerdeführers die "Beschwerdegebühr" am zur Einzahlung gebracht, es allerdings versehentlich unterlassen, das Original des Zahlscheines dem Verfassungsgerichtshof zu übermitteln. Dieses Versäumnis könne nicht zu einer Gebührenerhöhung gegenüber dem Beschwerdeführer führen, vielmehr sei anzunehmen, dass das Finanzamt bei ihm erfolgte Einzahlungen an den Verfassungsgerichtshof melde. Darüber hinaus stellte der Beschwerdeführer den Eventualantrag, die vorgenommene Gebührenerhöhung auf Grund der dargestellten Umstände nachzusehen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach Schilderung des Verwaltungsgeschehens und rechtlichen Ausführungen zu § 17a VfGG, §§ 63 f ZPO und § 34 Abs. 1 des Gebührengesetzes hielt die belangte Behörde fest, der Umstand, dass die in Rede stehende Gebühr "in der Zwischenzeit" auf das Konto des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien überwiesen worden sei, ändere nichts daran, dass die Abgabe nicht "vorschriftsmäßig" entrichtet worden sei, zumal der Originaleinzahlungsbeleg nicht beim Verfassungsgerichtshof vorgelegt worden sei.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich der Beschwerdeführer im Recht, "dass die Berufung nicht als unbegründet abgewiesen wäre, insbesondere in seinem Recht auf Unterbleiben einer rechtswidrigen Gebührenerhöhung und in seinem Recht, nicht durch unrichtige Anwendung gebührenrechtlicher Bestimmungen einen Vermögensnachteil zu erleiden," verletzt erachtet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.
§ 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 - VfGG in der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, lautet auszugsweise:
" § 17a. Für Anträge gemäß § 15 Abs. 1 einschließlich der Beilagen ist nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen eine Eingabengebühr zu entrichten:
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1. | Die Gebühr beträgt 220 Euro. ... |
2. | ... |
3. | Die Gebührenschuld entsteht im Zeitpunkt der Überreichung der Eingabe; die Gebühr wird mit diesem Zeitpunkt fällig. |
4. | Die Gebühr ist unter Angabe des Verwendungszwecks durch Überweisung auf ein entsprechendes Konto des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten. Die Entrichtung der Gebühr ist durch einen von einer Post-Geschäftsstelle oder einem Kreditinstitut bestätigten Zahlungsbeleg in Urschrift nachzuweisen. Dieser Beleg ist der Eingabe anzuschließen. Die Einlaufstelle hat den Beleg dem Beschwerdeführer (Antragsteller) auf Verlangen zurückzustellen, zuvor darauf einen deutlichen Sichtvermerk anzubringen und auf der im Akt verbleibenden Ausfertigung der Eingabe zu bestätigen, dass die Gebührenentrichtung durch Vorlage des Zahlungsbeleges nachgewiesen wurde. Für jede Eingabe ist die Vorlage eines gesonderten Beleges erforderlich. Rechtsanwälte können die Entrichtung der Gebühr auch durch einen schriftlichen Beleg des spätestens zugleich mit der Eingabe weiterzuleitenden Überweisungsauftrages nachweisen, wenn sie darauf mit Datum und Unterschrift bestätigen, dass der Überweisungsauftrag unter einem unwiderruflich erteilt wird. |
5. | Für die Erhebung der Gebühr ist das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel in erster Instanz zuständig. |
6. | |
§ 203 BAO ordnet an, dass bei Abgaben, die nach den Abgabenvorschriften in Wertzeichen (Stempelmarken) zu entrichten sind, ein Abgabenbescheid nur zu erlassen ist, wenn die Abgabe in Wertzeichen nicht vorschriftsmäßig entrichtet worden ist. | |
Gemäß § 3 Abs. 2 Z 1 des Gebührengesetzes 1957 (GebG) gilt u. a. § 203 BAO sinngemäß für die festen Gebühren, die durch Barzahlung, durch Einzahlung mit Erlagschein, mittels Bankomat- oder Kreditkarte oder durch andere bargeldlose elektronische Zahlungsformen zu entrichten sind. | |
Wird eine feste Gebühr, die nicht vorschriftsmäßig entrichtet wurde, mit Bescheid festgesetzt, so ist gemäß § 9 Abs. 1 GebG eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 vH der verkürzten Gebühr zu erheben. | |
Gemäß § 13 Abs. 1 Z 1 GebG ist zur Entrichtung der Stempelgebühren bei Eingaben und deren Beilagen derjenige verpflichtet, in dessen Interesse die Eingabe eingebracht wird. Nach § 13 Abs. 3 GebG ist zur Entrichtung der Stempelgebühren mit den in § 13 Abs. 1 leg. cit. genannten Personen zur ungeteilten Hand verpflichtet, wer im Namen eines anderen eine Eingabe oder Beilage überreicht. | |
Gemäß § 34 Abs. 1 GebG sind Organe der Gebietskörperschaften verpflichtet, die bei ihnen anfallenden Schriften und Amtshandlungen auf die Einhaltung der Vorschriften des GebG zu überprüfen. Stellen sie hiebei eine Verletzung der Gebührenvorschriften fest, so haben sie hierüber einen Befund aufzunehmen und diesen dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu übersenden. | |
Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid darauf, dass der Nachweis über die Entrichtung der Gebühr dem Verfassungsgerichtshof nicht vorgelegt worden sei, weshalb die Eingabengebühr nicht "vorschriftsmäßig" entrichtet worden sei. | |
Dazu ist klarzustellen, dass das Unterlassen des Nachweises der Entrichtung der Eingabengebühr durch Vorlage des in § 17a Z 4 VfGG bezeichneten Beleges allein nicht bewirkt, dass die Eingabengebühr nicht vorschriftsgemäß entrichtet wurde (vgl. das zur insofern inhaltsgleichen Bestimmung des § 24 Abs. 3 Z 5 VwGG ergangene hg. Erkenntnis vom , 2011/16/0097). | |
Der Beschwerdeführer trägt vor, Sinn und Zweck des Rechtsinstitutes der Verfahrenshilfe, den Parteien durch die einstweilige Befreiung von den Gerichtsgebühren den Zugang zum Recht zu erleichtern, stünden einer Pflicht zur Entrichtung der Eingabengebühr bereits mit Einbringung der Eingabe entgegen, weshalb das Entstehen der Gebührenpflicht bis zur Beschlussfassung über den gestellten Verfahrenshilfeantrag aufgeschoben werde. | |
Es treffen zwar die in der Beschwerde aufgezeigten Überlegungen zu, dass im Fall der Bewilligung der Verfahrenshilfe gemäß § 64 Abs. 3 ZPO iVm § 35 VfGG die Befreiung von den Gerichtsgebühren und anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen Gebühren mit dem Tag eintreten, an dem sie beantragt worden sind, und dass im Fall der Abweisung des Verfahrenshilfeantrages die Beschwerdefrist gemäß §§ 73 Abs. 2, 85 Abs. 2 ZPO iVm § 35 VfGG mit der meritorischen Erledigung (Stattgebung oder Abweisung) des Verfahrenshilfeantrages neu zu laufen beginnt (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 329/2014). Allerdings ergibt sich daraus keine Abweichung von der in § 17a Z 3 VfGG enthaltenen gesetzlichen Anordnung, dass die Gebührenschuld im Zeitpunkt der Überreichung der Eingabe entsteht und die Gebühr mit diesem Zeitpunkt fällig wird. Ähnliches gilt auch für die Gerichtsgebühren, wo etwa nach § 2 Z 1 lit a GGG der Anspruch des Bundes auf die Pauschalgebühr für das zivilgerichtliche Verfahren erster Instanz mit der Überreichung der Klage begründet wird, und die Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag keine (abzuwartende) Voraussetzung für die Entscheidung über die Vorschreibung der Gerichtsgebühren darstellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2003/16/0144). Daraus folgt, dass der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe - weil er vom Verfassungsgerichtshof abgewiesen wurde - nicht den Zeitpunkt des Entstehens der Gebührenschuld für die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof aufschieben konnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2011/16/0132). Da sohin die Eingabengebühr nicht spätestens zum Fälligkeitszeitpunkt entrichtet wurde, sondern erst später, ist die Abgabe nicht vorschriftsmäßig entrichtet (vgl. das erste schon zitierte hg. Erkenntnis vom ). Damit erweist sich die vom Revisionspunkt allein umfasste Festsetzung der Gebührenerhöhung, welche eine objektive Säumnisfolge darstellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 97/16/0446), als rechtens. | |
Damit kommt es auf die in der Mängelrüge behauptete Pflicht des Finanzamtes zur Verständigung des Verfassungsgerichtshofes über die bereits erfolgte Entrichtung der Eingabengebühr nicht mehr an, weil eine feste Gebühr dann nicht vorschriftsmäßig entrichtet ist, wenn sie im Zeitpunkt des Entstehens der Gebührenschuld nicht bezahlt wurde (vgl. | Fellner , Stempel- und Rechtsgebühren10, Rz 7 zu § 9 GebG). |
Ein Ermessensmissbrauch kann schon deshalb nicht erkannt werden, weil nach § 13 Abs. 3 GebG ein abgabenrechtliches Gesamtschuldverhältnis normiert wird und dem Gesetz über eine Vorrangigkeit eines der in Betracht kommenden Abgabenschuldner nichts entnommen werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2001/16/0306). | |
Der Beschwerdeführer hat um Nachsicht von der Festsetzung der Gebührenerhöhung erst im Vorlageantrag angesucht. Da das Finanzamt keine Entscheidung gemäß § 236 BAO getroffen hatte, war die belangte Behörde nach § 289 Abs. 1 und 2 BAO nicht zuständig über den Nachsichtantrag des Beschwerdeführers (im Ergebnis erstmals) einen Sachbescheid zu erlassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 97/17/0456). | |
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. | |
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der im Beschwerdefall noch anwendbaren VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. | |
Wien, am |