VwGH vom 11.09.2014, 2013/16/0070

VwGH vom 11.09.2014, 2013/16/0070

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Beschwerde der i GmbH in L, vertreten durch die Anwaltgmbh Rinner Teuchtmann in 4040 Linz, Hauptstraße 33, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , Zl. RV/0512-L/09, betreffend Gesellschaftsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Gesellschaft mbH (Beschwerdeführerin) wurde mit Gesellschaftsvertrag vom mit auszugsweise wie folgt lautendem Inhalt gegründet:

"III. Stammkapital

1. Das Stammkapital beträgt EUR 1.000.000,00 (Euro eine Million), welches ausschließlich durch Bareinlagen voll aufgebracht wird.

2. Die (A GmbH) übernimmt eine Bareinlage in Höhe von EUR 165.000,00 (...). Sie verpflichtet sich gegenüber der Gesellschaft, die von ihr übernommene Stammeinlage, zuzüglich eines Agios in Höhe von EUR 1.485.000,00 (...), das auf freie Rücklage zu verbuchen ist und keine Gesellschaftsrechte gewährt (...) einzuzahlen.

3. Herr (B) übernimmt eine Bareinlage in Höhe von EUR 100.000,00 (...). Er verpflichtet sich gegenüber der Gesellschaft, die von ihm übernommene Stammeinlage, zuzüglich eines Agios in Höhe von EUR 900.000,00 (...), das auf freie Rücklage zu verbuchen ist und keine Gesellschaftsrechte gewährt (...) einzuzahlen.

4. Die (C GmbH) übernimmt eine Bareinlage in Höhe von EUR 50.000 (...). Sie verpflichtet sich gegenüber der Gesellschaft, die von ihr übernommene Stammeinlage, zuzüglich eines Agios in Höhe von EUR 450.000,00 (...), das auf freie Rücklage zu verbuchen ist und keine Gesellschaftsrechte gewährt (...) einzuzahlen.

5. Die (D GmbH) übernimmt eine Bareinlage in Höhe von EUR 490.000,00 (...). Sie verpflichtet sich gegenüber der Gesellschaft, die von ihr übernommene Stammeinlage, zuzüglich eines Agios in Höhe von EUR 4.410.000,00 (...), das auf freie Rücklage zu verbuchen ist und keine Gesellschaftsrechte gewährt (...) einzuzahlen.

6. Die (E GmbH) übernimmt eine Bareinlage in Höhe von EUR 195.000,00 (...). Sie verpflichtet sich gegenüber der Gesellschaft, die von ihr übernommene Stammeinlage, zuzüglich eines Agios in Höhe von EUR 1.755.000,00 (...), das auf freie Rücklage zu verbuchen ist und keine Gesellschaftsrechte gewährt (...) einzuzahlen."

Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde ausgehend vom auszugsweise zitierten Gesellschaftsvertrag und einer Bemessungsgrundlage von 10,000.000 EUR gegenüber der Beschwerdeführerin im Instanzenzug Gesellschaftsteuer in Höhe von 100.000 EUR fest und führte dazu aus:

Nach § 7 Abs. 1 Z 1 lit a KVG sei die Gesellschaftsteuer beim Erwerb von Gesellschaftsrechten im Sinne des § 2 Z 1 KVG, wenn eine Gegenleistung zu bewirken ist, von deren Wert zu berechnen. Zur Gegenleistung gehöre dabei alles, was der Erwerber tatsächlich für die Gesellschaftsrechte aufwenden müsse, wie zum Beispiel auch Kosten der Gesellschaftsgründung. Zu den vom Erwerber übernommenen Kosten zähle auch das Agio.

Im Beschwerdefall hätten sich die Gesellschafter anlässlich der Gründung der Beschwerdeführerin mit Gesellschaftsvertrag vom unbedingt verpflichtet, die Stammeinlage zuzüglich Agio einzuzahlen. Dadurch stehe fest, dass die Beschwerdeführerin gar nicht entstanden wäre, wenn sich die Gründer nicht zur Leistung des Agios verpflichtet hätten.

Aus dem Gesellschaftsvertrag ergebe sich keine wie auch immer geartete Widmung, Einschränkung, Bedingung oder Befristung in Bezug auf das ausdrücklich als solches bezeichnete Agio. Zudem hätten alle Gesellschafter jeweils das Neunfache ihrer Stammeinlage als Agio zu leisten gehabt, damit sich die Beteiligungen an der Gesellschaft anteilsmäßig nicht verschieben würden. Gegen eine schuldrechtliche Zuzahlung spräche überdies die Regelung im Gesellschaftsvertrag, wonach ein allfälliger Abtretungspreis zuzüglich anteiliger Rücklagen festzusetzen sei. Im Übrigen habe nach den Jahresabschlüssen 2005 bis 2011 das Agio in diesem Zeitraum trotz erheblicher Gewinnausschüttungen unangetastet als Kapitalrücklage bestanden, was gegen eine kurzfristige Finanzierungsabsicht spräche.

Im Hinblick auf das ( Energie Steiermark Holding AG ) würde es sich bei gegenständlichem Agio eindeutig um einen unabdingbaren Teil der Gesellschaftsgründung und somit jedenfalls um eine Gegenleistung für den Erwerb der Beteiligungen anlässlich der Gründung handeln.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf "Nichtberücksichtigung des Agiobetrages in Höhe von EUR 9.000.000,00 bei der Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Gesellschaftschaftssteuer" sowie auf "nicht überhöhte Festsetzung der Gesellschaftsteuer in Höhe von EUR 100.000,00 durch Einbeziehung des Agiobetrages in die Bemessungsgrundlage" verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

Nach § 2 Z 1 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KVG) unterliegt der Gesellschaftsteuer der Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer inländischen Kapitalgesellschaft durch den ersten Erwerber.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 lit. a KVG wird die Steuer beim Erwerb von Gesellschaftsrechten (§ 2 Z 1), wenn eine Gegenleistung zu bewirken ist, vom Wert der Gegenleistung berechnet. Zur Gegenleistung gehören auch die von den Gesellschaftern übernommenen Kosten der Gesellschaftsgründung oder Kapitalerhöhung, dagegen nicht die Gesellschaftsteuer, die für den Erwerb der Gesellschaftsrechte zu entrichten ist.

Im Beschwerdefall ist strittig, ob ein im Gesellschaftsvertrag vereinbartes und in keiner Weise zweckgewidmetes Agio, welches proportional zu den jeweiligen Stammeinlagen vereinbart wurde, als Gegenleistung im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 1 lit. a KVG zu qualifizieren und damit in die Berechnung der Gesellschaftsteuer für den Erwerb von Gesellschaftsrechten einzubeziehen ist.

Die Beschwerdeführerin trägt vor, es würde sich bei dem Agio ausdrücklich um keine Gegenleistung im Sinne des § 7 KVG handeln, weil die Absicht, den Betrag nicht dauerhaft in der Gesellschaft zu belassen, durch die Verbuchung auf eine freie Rücklage zum Ausdruck gebracht worden sei. Daher hätte das Agio, entgegen den Feststellungen der belangten Behörde, keine Gründungsvoraussetzung dargestellt, sondern als Finanzierungsinstrument gedient. Dass die Leistung an die Beschwerdeführerin mangels Ausschüttungssperre in einfacher Art und Weise durch Parteiendisposition "rückgängigmachbar" sei, spräche ebenfalls gegen das Vorliegen einer im Sinne des § 7 KVG maßgebenden Gegenleistung. Auf die tatsächliche Rückgängigmachung sei nicht Bedacht zu nehmen.

Dem ist entgegenzuhalten, dass zur Gegenleistung alles gehört, was der Erwerber eines Gesellschaftsanteiles aufzuwenden hat, um das Gesellschaftsrecht zu erhalten, wozu auch das Agio zählen kann (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2004/16/0061, mwN, vom , 2002/16/0239, und vom , 90/15/0074, VwSlg 6.642/F).

Schon aus dem vertraglichen Zusammenhang ergibt sich, dass die jeweiligen Agios unzweifelhaft zur Gesamtheit der Leistungen zu zählen sind, welche die Gesellschafter vereinbarungsgemäß zu erbringen hatten, um einen Geschäftsanteil zu erhalten (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 95/16/0110). Dass das Beteiligungsverhältnis der Gesellschafter dem Verhältnis der jeweiligen Agios zum Gesamtbetrag der Agios entspricht, zeigt das Naheverhältnis der Leistungen zum Erwerb der Gesellschaftsrechte.

Wie die Beschwerdeführerin selbst ins Treffen führt, sei die Leistung des Agios "in keinster Weise zweckgewidmet", somit ohne Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zwischen der Leistung der Gesellschafter und einem bestimmten Aufwand erfolgt. Der damit aufgezeigte preisgestaltende Charakter des Agios ist jedoch vielmehr als Indiz für eine Qualifikation als Gegenleistung zu werten (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 92/16/0187, VwSlg 6.889/F). Der bloße Umstand, dass die Agios auf freie Rücklage gebucht wurden, steht ihrer Eigenschaft als Gegenleistung dabei nicht schädlich entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/16/0088).

Die Beschwerdeführerin vermisst exakte Feststellungen der belangten Behörde zu den Motiven der Gesellschafter betreffend das Agio und bringt dazu vor, das Agio habe als Finanzierungsinstrument bis auf weiteres gedient. Schon angesichts der nicht bestrittenen Feststellung der belangten Behörde, wonach das jeweilige Agio trotz erheblicher Gewinnausschüttungen seit mittlerweile sechs Jahren unangetastet als Kapitalrücklage bestehe, zeigt die Beschwerdeführerin keine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde auf, welche zum Ergebnis gelangte, dass eine bloß vorübergehende, kurzfristige Finanzierung nicht beabsichtigt gewesen sei.

Im Übrigen verstrickt sich die Beschwerde zur Frage einer ausreichenden und aktenmäßig gedeckten Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes durch die belangte Behörde in unauflösbare Widersprüche. Einerseits bemängelt die Beschwerdeführerin als Verletzung von Verfahrensvorschriften das Fehlen von Feststellungen und die aktenwidrige Annahme von Beweisergebnissen, führt allerdings sodann weiter aus, da der Sachverhalt hinreichend geklärt erscheine und nur eine Rechtsfrage vorliege, sei es für den Gerichtshof zulässig und möglich, gemäß § 42 Abs. 3a VwGG meritorisch zu entscheiden. Dagegen beantragt die Beschwerdeführerin allerdings wieder, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, "damit alle noch unklaren Sachverhaltselemente direkt erhoben werden können."

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, weil der nach der zitierten Rechtsprechung entscheidungswesentliche Sachverhalt unbestritten war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der im Beschwerdefall noch anwendbaren VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am