VwGH vom 29.05.2013, 2013/16/0042

VwGH vom 29.05.2013, 2013/16/0042

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der K GmbH (in Liquidation) in V, vertreten durch Dr. Helmut Grubmüller, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Weyrgasse 5/7, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , Zl. RV/0883- L/12, miterledigt RV/0887-L/12, betreffend Rechtsgebühren und Erhöhung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zu Darstellung des Verwaltungsgeschehens wird zunächst in sinngemäßer Anwendung des § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das in dieser Sache ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/16/0148, verwiesen, mit dem der Bescheid der belangten Behörde vom , in dem sie Bescheide der Abgabenbehörde erster Instanz über die Festsetzung von Rechtsgebühren und Erhöhung für den Abschluss von Sportwetten in den Jahren 2007 und 2008 (ersatzlos) aufgehoben hatte, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben wurde.

Mit dem angefochtenen Ersatzbescheid wies die belangte Behörde die Berufungen der ehemals mitbeteiligten und nunmehr beschwerdeführenden Partei als unbegründet ab. Begründend führte sie nach Wiedergabe aus dem zitierten Erkenntnis vom aus, gegenständlich sei von folgendem Sachverhalt auszugehen:

"…

Nach den Feststellungen des Finanzamtes werden 'in Österreich keine Wetten abgeschlossen'; dh., die Berufungswerberin betreibt in Österreich kein Wettlokal oder Wettbüro. In Deutschland wurden mit verschiedenen Personen Wettvermittlungsverträge geschlossen, wodurch diese Wettvermittler verpflichtet waren, Wettaufträge zwischen dem Wetthalter und Wettkunden zu vermitteln.

Durch die Verwendung des Begriffes Vermittler im Wettermittlungsvertrag und auch in den Allgemeinen Wettbestimmungen ist davon auszugehen, dass für den Buchmacher ein Vermittler tätig ist.

Maßgebend ist also, wie die Tätigkeit des Vermittlers rechtlich einzuordnen ist, wobei von der tatsächlichen Tätigkeit und den rechtlichen Befugnissen (laut Wettbedingungen und Allgemeine Wettbestimmungen) auszugehen ist.

Eine Person, die nur beauftragt ist, für einen anderen Geschäfte mit Dritten zu vermitteln, ist kein Stellvertreter. Der Vermittler weist nur Abschlussgelegenheiten nach und bringt potentielle Kontrahenten zusammen. Die Tätigkeit besteht also in der Einziehung von Erkundigungen und im Erteilen von Auskünften. Er bereitet den Geschäftsabschluss vor, tätigt ihn aber nicht selbst. Ein Vermittler ist also eine Person, die jemand anderem 'hilft', ein Geschäft abzuschließen, indem er für jemanden eine interessierte Person sucht, mit der der Auftraggeber sodann in Kontakt tritt oder eine Sache sucht, die der Auftraggeber zu erwerben, mieten, oder dgl. will. Keinesfalls ist der Vermittler Bote oder Stellvertreter des Geschäftsherren.

Nach den Feststellungen des Finanzamtes wird der Vermittler in Deutschland dadurch tätig, dass er die die Wetten begründenden Wettangebote (Erklärungen der Wettteilnehmer) an den Buchmacher vermittelt, er leitet die Angebote ins Inland weiter, wo sie angenommen werden. (Anm.: Sofern vom Buchmacher eine Wette (präzise: ein Wettangebot) nach den Allgemeinen Wettbedingungen abgelehnt wird, ist die Sache insofern rechtlich nicht von Bedeutung, als kein Vertrag zustande kommt).

Nach dem Zivilrecht kommt ein Vertrag, so auch ein Wettvertrag dort zustande, wo ein entsprechendes Angebot angenommen wird, dies ist im Inland. Die Aushändigung des Wettscheines an den Kunden (im Ausland) bestätigt das Zustandekommen des Vertrages und ist nur als Ausführungshandlung (Bestätigung) zu werten.

…"

Die gegen diesen Ersatzbescheid gerichtete Beschwerde begehrt die Aufhebung dessen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die vorliegende Beschwerde sieht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Ersatzbescheides zusammengefasst darin, aus der von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gepflogenen rechtlichen Wertung eines Vermittlers und seiner Aufgaben lasse sich konkret nichts gewinnen. Vielmehr sei der tatsächliche Sachverhalt zu eruieren und die anstehende Rechtsfrage nicht anhand einer abstrakten Definition von Tätigkeiten zu lösen.

Im Übrigen wiederholt die Beschwerdeführerin ihr in ihrer Berufung erstattetes Vorbringen, welches bereits im zitierten Erkenntnis vom näher wiedergegeben ist.

Zur Darstellung der im Beschwerdefall maßgebenden Rechtslage ist gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das Erkenntnis vom zu verweisen; in diesem führte der Verwaltungsgerichtshof für das fortzusetzende Verfahren aus:

"Weder den Abgabenbescheiden erster Instanz noch dem angefochtenen Bescheid sind - von der Behörde nachvollziehbar begründete - Sachverhaltsfeststellungen über das Zustandekommen der gegenständlichen Wetten zu entnehmen, womit auch die Rechtsansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand nach § 33 TP 17 Abs. 1 Z. 6 GebG keinesfalls erfüllt sei, einer Grundlage entbehrt, weshalb der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften nach § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben ist.

Dem Vorbringen der Mitbeteiligten im Abgabenverfahren zufolge seien aber die gebührengegenständlichen Wetten 'immer nach demselben Schema' abgewickelt worden, dass der Kunde die Wette mit dem in Deutschland ansässigen 'Vermittler' abgeschlossen habe. In Ansehung dieses Vorbringens, dass die Wette wirksam zwischen Kunden und 'Vermittler' im Ausland abgeschlossen worden sei, wäre im Zuge des fortzusetzenden Verfahrens daher primär zu prüfen, ob die in Deutschland ansässigen 'Vermittler' lediglich die die Wette begründenden Erklärungen zwischen Kunden und Buchmacher vermittelten, d.h. weiterleiteten, oder, wie von der Mitbeteiligten behauptet, in Vertretung der Mitbeteiligten die Wetten mit den Kunden in Deutschland bereits abschlossen (zur Abgrenzung des Boten vom Bevollmächtigten vgl. etwa Strasser in Rummel , Kommentar zum ABGB, 1. Band3, Rz. 53 zu § 1002, sowie die in Dittrich/Tades , MGA ABGB36, unter E 92 ff zu § 1002 ABGB wiedergegebene zivilgerichtliche Judikatur).

Sollte den in Deutschland ansässigen 'Vermittlern' allerdings tatsächlich nur die Rolle zugekommen sein, die rechtsgeschäftlichen Erklärungen der Vertragsparteien weiterzuleiten, liegt nach dem Gesagten ein Abschluss der Wette im Inland vor, weil die Annahmeerklärung des Kunden dem Buchmacher im Inland zugeht.

Würde dagegen ein Kunde in Deutschland das Offert auf Abschluss der Wette stellen und daraufhin eine Annahmeerklärung des Buchmachers im Wege des 'Vermittlers' dem Kunden in Deutschland zugehen, läge nach allgemeinen rechtsgeschäftlichen Grundsätzen ein Abschluss im Ausland vor, der von der Fiktion des § 33 TP 17 Z. 6 iVm § 28 Abs. 3 letzter Satz GebG, der lediglich von der Annahme und der Weiterleitung von Wetteinsätzen (d.h. des Wettpreises) spricht, nicht erfasst ist. Anderes mag nach § 33 TP 17 Abs. 2 GebG idF der Glückspielgesetz-Novelle 2008 gelten."

Die Beschwerde weist zutreffend auf den Mangel an tragfähigen Sachverhaltsfeststellungen über das Zustandekommen der gegenständlichen Wetten im angefochtenen Ersatzbescheid hin. Der Verwaltungsgerichtshof hatte im zitierten Erkenntnis vom bemängelt, dass weder den Abgabenbescheiden erster Instanz noch dem damals angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom solche Sachverhaltsfeststellungen zu entnehmen seien, und der belangten Behörde für das fortzusetzende Verfahren seine Rechtsanschauung und damit auch die Notwendigkeit substantiierter Sachverhaltsfeststellungen überbunden.

Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Ersatzbescheid ihrerseits auf "Feststellungen des Finanzamtes" verweist, die aber bereits im zitierten Erkenntnis vom keine Billigung gefunden hatten, stellt dies per se keine tauglichen Sachverhaltsfeststellungen her.

Im Übrigen hatte sich die Beschwerdeführerin schon in ihrer Berufung unter Schilderung des Abschlusses der Wetten aus ihrer Sicht gegen die Annahmen der Abgabenbehörde erster Instanz gewandt, sodass, wollte man auf Feststellungen der Abgabenbehörde erster Instanz zurückgreifen, die belangte Behörde gehalten wäre, im Rahmen einer nachvollziehbaren Beweiswürdigung darzulegen, weshalb sie entgegen den Einwänden der Beschwerdeführerin die Überzeugung der Abgabenbehörde erster Instanz teile.

Soweit die belangte Behörde in ihrer nunmehrigen Gegenschrift auf "Feststellungen im Prüfungsbericht" verweist, vermag auch dies nachvollziehbar begründete Feststellungen nicht zu ersetzen.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Damit erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am