VwGH vom 28.10.2010, 2006/15/0295

VwGH vom 28.10.2010, 2006/15/0295

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde des A in G, vertreten durch die BDO Graz GmbH, Wirtschaftsprüfungs und Steuerberatungsgesellschaft in 8010 Graz, Hartenaugasse 34, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom , Zl. RV/0353-G/03, betreffend Haftung für Lohnsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Beim Beschwerdeführer wurde eine Lohnsteuerprüfung für den Zeitraum Jänner 1990 bis Dezember 1997 durchgeführt. Der Prüfer stellte fest, dass der Beschwerdeführer für die im Ausland tätige Dienstnehmerin Annelie H ein Spesenkonto eingerichtet habe, über welches, gegen Nachweis, alle Aufwendungen der Dienstnehmerin verrechnet worden seien. Annelie H habe zudem Repräsentationskostenzuschläge erhalten, die nach Ansicht des Prüfers zu versteuern seien. Der Prüfer stellte weiters fest, dass der Beschwerdeführer einmalige Zuwendungen an aus dem Amt ausgeschiedene Bürgermeister steirischer Gemeinden geleistet und diese als Abfertigungen im Sinne des § 67 Abs. 3 EStG 1988 versteuert habe. Diese Zuwendungen stellten nach Auffassung des Prüfers keine gesetzliche Abfertigung im Sinne des § 67 Abs. 3 EStG 1988 dar und seien wie ein laufender Bezug zu besteuern. Auch die Begünstigung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 komme nicht zum Tragen, weil die Empfänger der Zuwendungen vom Beschwerdeführer keine laufenden Bezüge erhalten hätten.

Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ entsprechende Haftungs- und Abgabenbescheide.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung und brachte u.a. vor, gemäß § 2 des Gesetzes über die Ruhebezüge der Bürgermeister der steirischen Gemeinden mit Ausnahme der Städte mit eigenem Statut, LGBl. Nr. 16/1976 (im Folgenden nur: RuhebezügeG Stmk), stehe einem Bürgermeister nach dem Ausscheiden aus seinem Amt eine einmalige Zuwendung zu, sofern er das Amt eines Bürgermeisters durch mindestens fünf Jahre innegehabt habe und weder eine Anwartschaft noch ein Anspruch auf Ruhebezug bestehe.

Die einmalige Zuwendung betrage nach § 2 Abs. 2 RuhebezügeG Stmk nach einer Amtszeit von mindestens fünf Jahren ein Drittel, nach einer Amtszeit von mindestens sieben Jahren die Hälfte der Bemessungsgrundlage nach § 3 Abs. 5 leg. cit. Gemäß § 2 Abs. 5 RuhebezügeG Stmk gelte als Bemessungsgrundlage für den Ruhebezug die dem Bürgermeister jährlich zustehende Aufwandsentschädigung.

Den Aufwand für die zur Auszahlung gelangenden einmaligen Zuwendungen trage nach § 7 Abs. 3 RuhebezügeG Stmk das Land. Gemäß § 8 Abs. 4 leg. cit. hätten die Gemeinden einen monatlichen Ruhebezugsbeitrag von 10 v. H. und die im Amt befindlichen Bürgermeister einen solchen von 13 v. H. der Bemessungsgrundlage nach § 3 Abs. 5 leg. cit., geteilt durch 12, zu entrichten. Der Ruhebezugsbeitrag des Bürgermeisters sei von der Gemeinde einzubehalten und gemeinsam mit dem Beitrag der Gemeinde jährlich, spätestens bis 31. Dezember, an den Beschwerdeführer abzuführen.

Gemäß § 9 Abs. 1 RuhebezügeG Stmk gebühre die einmalige Zuwendung auf Antrag, der schriftlich bei der Gemeinde einzubringen sei, in der der Bürgermeister zuletzt sein Amt ausgeübt habe. Die Gemeinde habe über den Antrag mit Bescheid abzusprechen, der dem Beschwerdeführer zur aufsichtsbehördlichen Genehmigung vorzulegen sei.

Die Abfindungszahlungen an die Bürgermeister seien im Wesentlichen mit den Abfertigungen anderer Dienstnehmer vergleichbar. Die Finanzierung erfolge durch Beiträge der Bürgermeister, der Gemeinden und des Landes. Über den Anspruch auf eine Abfindungszahlung spreche die Gemeinde mit Bescheid ab.

Im Rahmen einer Berufungsergänzung wurde weiters eine Stellungnahme der Dienstnehmerin Annelie H zu den Repräsentationskostenzuschlägen vorgelegt. In dieser wird ausgeführt, Annelie H sei aufgrund ihrer Funktion verpflichtet gewesen, aktive Öffentlichkeitsarbeit und Kontaktpflege zu betreiben, und habe dafür einen Repräsentationskostenzuschlag erhalten. Die Pflicht, eine Belegaufzeichnung über den Repräsentationskostenzuschlag zu führen, habe nicht bestanden. Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und als Zeichen des guten Willens werde eine Gästeliste für den Streitzeitraum überlassen. Die Liste umfasse rund 1100 Personen. Bei durchschnittlichen Repräsentationskosten von 1.040 S pro Person würden sich für den Streitzeitraum Repräsentationskosten von 1,140.000 S ergeben. Der Repräsentationskostenzuschlag in diesem Zeitraum habe 720.000 S betragen. Ein wesentlicher Teil der Repräsentationskosten sei gar nicht gefordert, abgerechnet oder ersetzt worden.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab, woraufhin vom Beschwerdeführer die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragt wurde. Im Vorlageantrag wurde ergänzend vorgebracht, dass die Abfindungszahlungen an die Bürgermeister insbesondere mit den in § 67 Abs. 3 EStG 1988 angeführten Entschädigungen im Sinne des § 14 des Bezügegesetzes vergleichbar seien.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung abgewiesen.

Gemäß § 26 Z 2 EStG 1988 gehörten Beträge, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erhalte, um sie für ihn auszugeben (durchlaufende Gelder), und Beträge, die Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ersetzten (Auslagenersätze), nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

Derartige Beträge müssten nach herrschender Auffassung einzeln abgerechnet werden. Zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbarte Pauschalabgeltungen seien selbst dann keine durchlaufenden Gelder oder Auslagenersätze, wenn sie für im § 26 EStG 1988 genannte Zwecke bestimmt seien.

§ 67 Abs. 3 EStG 1988 sei auf Abfertigungen, aber auch auf Bezüge und Entschädigungen im Sinne des § 14 des Bezügegesetzes sowie gleichartige Bezüge und Entschädigungen auf Grund landesgesetzlicher Regelungen anzuwenden. Nach § 14 Abs. 2 des Bezügegesetzes erhielten Mitglieder des Nationalrates, wenn sie diese Funktion mindestens drei Jahre ausgeübt hätten, nach Beendigung der Funktionsausübung eine einmalige Entschädigung, die bis zum Zwölffachen des ihnen im Monat des Ausscheidens gebührenden Bezuges betrage. Die nach dem Bezügegesetz des Bundes gebührende einmalige Entschädigung stelle auf die Dauer der Funktionsausübung ab, und nicht auf einen Pensionsanspruch. Demgegenüber gebührten die Abfindungen der Bürgermeister nur, wenn kein Pensionsanspruch bestehe. Die Abfindungen der Bürgermeister stellten pauschale Rückzahlungen der von diesen gezahlten Pensionsbeiträge dar und seien nach dem Lohnsteuertarif zu versteuern.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Strittig ist die steuerliche Behandlung der Repräsentationskostenzuschläge und der Abfindungen für Bürgermeister.

1. Repräsentationskostenzuschläge

Soweit die Beschwerde die Auffassung vertritt, die an Annelie

H pauschal ausbezahlten Repräsentationskostenzuschläge stellten Auslagenersätze im Sinne des § 26 Z 2 EStG 1988 dar, ist auf das hg. Erkenntnis vom , 87/13/0183, mwN, zu verweisen, von dem abzuweichen auch im gegenständlichen Verfahren keine Veranlassung besteht. Im angeführten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof - zur vergleichbaren Rechtslage des EStG 1972 - ausgesprochen, dass die Zahlung nicht verrechnungspflichtiger Pauschalien durch den Arbeitgeber, mögen sie auch für die im § 26 EStG angeführten Zwecke gedacht sein, stets dazu führt, dass es sich beim Arbeitnehmer um Arbeitslohn im Sinne des § 25 EStG handelt. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die abgegoltenen Aufwendungen vom Arbeitnehmer gegebenenfalls als Werbungskosten abziehbar sind.

2. Abfindungen für Bürgermeister

Gemäß § 67 Abs. 3 EStG 1988 wird die Lohnsteuer von Abfertigungen, deren Höhe sich nach einem von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängigen Mehrfachen des laufenden Arbeitslohnes bestimmt, so berechnet, dass die auf den laufenden Arbeitslohn entfallende tarifmäßige Lohnsteuer mit der gleichen Zahl vervielfacht wird, die dem bei der Berechnung des Abfertigungsbetrages angewendeten Mehrfachen entspricht. Ist die Lohnsteuer bei Anwendung des Steuersatzes des Abs. 1 niedriger, so erfolgt die Besteuerung der Abfertigungen nach dieser Bestimmung. Unter Abfertigung ist die einmalige Entschädigung durch den Arbeitgeber zu verstehen, die an einen Arbeitnehmer bei Auflösung des Dienstverhältnisses auf Grund gesetzlicher Vorschriften, Dienstordnungen von Gebietskörperschaften, aufsichtsbehördlich genehmigter Dienst- (Besoldungs)ordnungen der Körperschaften des öffentlichen Rechts, eines Kollektivvertrages oder der für Bedienstete des Österreichischen Gewerkschaftsbundes geltenden Arbeitsordnung zu leisten ist. Die vorstehenden Bestimmungen sind auf Bezüge und Entschädigungen im Sinne des § 14 des Bezügegesetzes sowie gleichartige Bezüge und Entschädigungen auf Grund landesgesetzlicher Regelungen, Bezüge und Entschädigungen im Sinne des § 5 des Verfassungsgerichtshofgesetzes und Abfertigungen durch die Urlaubs- und Abfertigungskasse auf Grund des Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes, BGBl. Nr. 414/1972, anzuwenden.

Gemäß § 14 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Bezüge und Pensionen der obersten Organe des Bundes und sonstiger Funktionäre, BGBl. Nr. 273/1972, (im Folgenden nur: Bezügegesetz) erhalten die Mitglieder des Nationalrates, wenn sie diese Funktion mindestens drei Jahre ausgeübt haben, nach Beendigung dieser Funktionsausübung eine einmalige Entschädigung. Diese Entschädigung beträgt das Zweifache und erhöht sich nach 5 Jahren auf das Dreifache, nach 10 Jahren auf das Vierfache, nach 15 Jahren auf das Sechsfache, nach 20 Jahren auf das Neunfache und nach 25 Jahren auf das Zwölffache des ihnen im Monat des Ausscheidens gebührenden Bezuges unter anteilsmäßiger Berücksichtigung von Sonderzahlungen.

Gemäß § 2 Stmk RuhebezügeG steht dem Bürgermeister nach dem Ausscheiden aus seinem Amt eine einmalige Zuwendung zu, sofern er das Amt eines Bürgermeisters durch mindestens fünf Jahre innegehabt hat und weder eine Anwartschaft noch ein Anspruch auf Ruhebezug besteht. Die einmalige Zuwendung beträgt nach einer Amtszeit von mindestens fünf Jahren ein Drittel, nach einer Amtszeit von mindestens sieben Jahren die Hälfte der dem Bürgermeister jährlich zustehenden Aufwandsentschädigung (§ 2 Abs. 2 iVm § 3 Abs. 5 leg. cit.).

Die Beschwerde trägt - wie im Verwaltungsverfahren - vor, dass die Abfindung für Bürgermeister nach § 2 des RuhebezügeG Stmk als Abfertigung im Sinne des § 67 Abs. 3 EStG 1988 zu behandeln sei, weil diese Bestimmung auch auf Bezüge und Entschädigungen im Sinne des § 14 des Bezügegesetzes sowie gleichartige Bezüge und Entschädigungen aufgrund landesgesetzlicher Regelungen anzuwenden sei.

Diesem Vorbringen kommt Berechtigung zu.

Gemäß § 14 Abs. 2 des Bezügegesetzes erhalten die Mitglieder des Nationalrates, wenn sie diese Funktion mindestens drei Jahre ausgeübt haben, nach Beendigung dieser Funktionsausübung eine einmalige Entschädigung, die bis zum Zwölffachen des ihnen im Monat des Ausscheidens gebührenden Bezuges betragen kann. Dem Bürgermeister steht gemäß § 2 des RuhebezügeG Stmk nach dem Ausscheiden aus seinem Amt eine einmalige Zuwendung bis zur Hälfte der ihm jährlich zustehenden Aufwandsentschädigung zu, sofern er das Amt eines Bürgermeisters durch mindestens fünf Jahre innegehabt hat. Voraussetzung für die einmalige Entschädigung/Zuwendung ist demnach, dass die Funktion über einen Mindestzeitraum ausgeübt wurde und der jeweilige Funktionär aus der Funktion ausgeschieden ist, wobei sich die Höhe der Entschädigung/Zuwendung da wie dort an der Dauer der Funktionsausübung bemisst. Es trifft zu, dass die einmalige Zuwendung gemäß § 2 des RuhebezügeG Stmk nur zur Auszahlung gelangt, wenn weder eine Anwartschaft noch ein Anspruch auf Ruhebezug besteht. Dies ändert aber nichts an der grundsätzlichen Vergleichbarkeit der hier in Rede stehenden Bestimmungen, weil der Anspruch auf die einmalige Zuwendung nach § 2 des RuhebezügeG Stmk nur von einer zusätzlichen Bedingung abhängig gemacht und insoweit eingeschränkt wird. Auch der Umstand, dass die einmalige Zuwendung (teilweise) aus Ruhebezugsbeiträgen der Bürgermeister und Gemeinden resultiert, hindert deren Subsumtion unter die Bestimmung des § 67 Abs. 3 EStG 1988 nicht.

Die belangte Behörde ging davon aus, dass § 67 Abs. 3 EStG 1988 auf die hier strittigen Zuwendungen nicht anwendbar sei und hat ihren Bescheid insoweit mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am