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VwGH vom 19.12.2019, Ra 2019/21/0238

VwGH vom 19.12.2019, Ra 2019/21/0238

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des A H in S, vertreten durch die Kopp - Wittek Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Moosstraße 58c, gegen Spruchpunkt A.I. des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom , G313 1213404-3/7E, betreffend Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Nebenaussprüchen und eines befristeten Einreiseverbotes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl),

Spruch

1. den Beschluss gefasst:

Die Revision wird, soweit sie sich gegen die mit dem angefochtenen Spruchpunkt A.I. auch vorgenommene Abweisung der Beschwerde gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 richtet, zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Im Übrigen wird der angefochtene Spruchpunkt A.I. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Der Revisionswerber ist ein aus Novi Sad stammender serbischer Staatsangehöriger; er ist Angehöriger der Volksgruppe der Roma (Ashkali). Er kam Anfang Mai 1999 im Alter von 21 Jahren nach Österreich und hält sich seit damals durchgehend hier auf. Mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom wurde seinem nach der Einreise gestellten Asylantrag stattgegeben und festgestellt, dass ihm gemäß § 7 AsylG 1997 die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

2 Der Revisionswerber wurde beginnend ab April 2012 wie folgt rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt:

1. mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom wegen § 144 Abs. 1 StGB (Erpressung), § 135 Abs. 1 StGB (dauernde Sachentziehung), § 229 Abs. 1 StGB (Urkundenunterdrückung), § 127; 15 StGB (teilweise versuchter und teilweise vollendeter Diebstahl) und wegen § 241e Abs. 3 StGB (Entfremdung unbarer Zahlungsmittel) zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von acht Monaten, wobei die Probezeit nachträglich auf fünf Jahre verlängert wurde;

2. mit Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom wegen § 229 Abs. 1 StGB (Urkundenunterdrückung), § 127 StGB (Diebstahl) und § 135 Abs. 1 StGB (dauernde Sachentziehung) zu einer Geldstrafe;

3. mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom wegen § 15, 229 Abs. 1 StGB (versuchte Urkundenunterdrückung), § 135 Abs. 1 StGB (dauernde Sachentziehung), § 229 Abs. 1 StGB (Urkundenunterdrückung), § 15, 241e Abs. 3 StGB (versuchte Entfremdung unbarer Zahlungsmittel), § 127; 15 StGB (teilweise versuchter und teilweise vollendeter Diebstahl) und wegen § 241e Abs. 1 erster Fall StGB (Entfremdung unbarer Zahlungsmittel) zu einer bedingt nachgesehenen Zusatz-Freiheitsstrafe von acht Monaten, wobei die Probezeit nachträglich auf fünf Jahre verlängert wurde;

4. mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom wegen § 297 Abs. 1 zweiter Fall StGB (Verleumdung) und § 288 Abs. 1 und 4 StGB (falsche Beweisaussage) zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten;

5. mit Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom wegen § 15, 127 StGB (versuchter Diebstahl) zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Monaten. 3 Im Hinblick auf diese strafgerichtlichen Verurteilungen leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) ein Verfahren zur Aberkennung des Flüchtlingsstatus ein, das dazu führte, dass dem Revisionswerber mit Bescheid der genannten Behörde vom gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten aberkannt (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt wurde (Spruchpunkt II.). Unter einem sprach das BFA aus, dass dem Revisionswerber ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 (von Amts wegen) nicht erteilt werde, erließ gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen eingeräumt (Spruchpunkt IV.). Schließlich erließ das BFA gegen den Revisionswerber noch gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 FPG ein mit fünf Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt V.). 4 Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am mit Erkenntnis vom hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. keine Folge. Es ging dabei davon aus, im Ermittlungsverfahren sei nicht hervorgekommen, dass der Revisionswerber bei einer Rückkehr nach Serbien einer aktuellen asylrelevanten Verfolgung oder Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte.

5 Das BVwG gab der Beschwerde aber insofern Folge, als es die Spruchpunkte III., IV. und V. des Bescheides vom aufhob und die Angelegenheit in diesem Umfang gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwies. Dabei bezog sich das BVwG auf den - vom BFA außer Acht gelassenen - Tatbestand des § 9 Abs. 4 Z 1 BFA-VG (in der damals geltenden Fassung des FrÄG 2015). Danach durfte gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich aufgrund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 StbG hätte verliehen werden können, es sei denn, eine der - im vorliegenden Fall allerdings nicht in Betracht kommenden - Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG läge vor. Dazu vertrat das BVwG die Auffassung, ein Drittstaatsangehöriger, dem die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden sei, wäre zur Vermeidung eines Wertungswiderspruchs wie ein Drittstaatsangehöriger, der sich aufgrund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, zu behandeln. Vor diesem rechtlichen Hintergrund unterstellte das BVwG in der weiteren Begründung, der Revisionswerber habe sich vor Begehung der ersten maßgeblichen Straftat, die der Verurteilung vom zugrunde lag, im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 1 StbG (in der Fassung BGBl. I Nr. 37/2006) bereits mindestens zehn Jahre rechtmäßig und ununterbrochen in Österreich aufgehalten. Demzufolge hätte das BFA ermitteln müssen, ob der Revisionswerber zu diesem Zeitpunkt die (weiteren) Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1 StbG (in der genannten Fassung) erfüllt habe und ob damit - so sind die Ausführungen des BVwG zu verstehen - § 9 Abs. 4 Z 1 BFA-VG der Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes von vornherein entgegengestanden wäre.

6 Mit dem sodann im zweiten Rechtsgang erlassenen Bescheid vom sprach das BFA neuerlich aus, dass dem Revisionswerber ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 (von Amts wegen) nicht erteilt werde (Spruchpunkt I.). Unter einem erließ es gegen den Revisionswerber gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt II.) und es stellte wiederum gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt III.). Des Weiteren erließ das BFA gegen den Revisionswerber neuerlich gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein mit fünf Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt IV.). Schließlich setzte es gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt V.).

7 Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das BVwG mit dem angefochtenen Spruchpunkt A.I. des Erkenntnisses vom - dessen Spruchpunkt A.II. bezieht sich auf die hier nicht gegenständliche Abweisung des vom minderjährigen Sohn des Revisionswerbers gestellten Antrags auf internationalen Schutz und die gegen ihn erlassene Rückkehrentscheidung - nur insofern Folge, als die Dauer des "Aufenthaltsverbotes" auf drei Jahre herabgesetzt wurde. Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Des Weiteren sprach das BVwG gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

8 Über die dagegen gerichtete außerordentliche Revision hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Durchführung eines Vorverfahrens - eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet - erwogen:

9 Hat das Verwaltungsgericht - wie hier - in seinem Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist, hat die Revision zufolge § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen sie entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes für zulässig erachtet wird. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision hat der Verwaltungsgerichtshof dann im Rahmen dieser vorgebrachten Gründe zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

10 In Bezug auf die Entscheidung nach § 57 AsylG 2005 fehlt es an einem entsprechenden Vorbringen in der vorliegenden Revision. Es ist auch nicht zu sehen, dass - entgegen der diesbezüglichen Meinung des BVwG - die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der genannten Bestimmung im gegenständlichen Fall gegeben sein könnten. Insoweit war die Revision daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG - in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat - als unzulässig zurückzuweisen. 11 Im Übrigen, die Rückkehrentscheidung und die damit im Zusammenhang stehenden Aussprüche sowie das Einreiseverbot betreffend, erweist sich die Revision aber aus nachstehenden Gründen als zulässig und berechtigt.

12 Weder das BFA noch das BVwG entsprachen dem in der aufhebenden und zurückverweisenden Entscheidung vom erteilten Auftrag des BVwG, ergänzende Ermittlungen zur Frage der Verwirklichung des Rückkehrentscheidungs-Verbotstatbestandes nach § 9 Abs. 4 Z 1 BFA-VG anzustellen. Das gründet sich offenbar darauf, dass § 9 Abs. 4 BFA-VG durch das FrÄG 2018 mit Ablauf des aufgehoben wurde. Dazu hielt der Gesetzgeber in den Gesetzesmaterialien (RV 189 BlgNR 26. GP 27 f) ausdrücklich fest, § 9 Abs. 4 Z 1 BFA-VG erweise sich "lediglich als Konkretisierung bzw. Klarstellung dessen, was sich unter Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur ohnehin bereits aus Abs. 1 iVm Abs. 2 ergibt". Vor diesem Hintergrund hat der Verwaltungsgerichtshof schon zum Ausdruck gebracht, dass ungeachtet des Außerkrafttretens des § 9 Abs. 4 BFA-VG die Wertungen dieser ehemaligen Aufenthaltsverfestigungstatbestände im Rahmen der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG weiter beachtlich seien (vgl. , Rn. 9, mit dem Hinweis auf , Rn. 20), ohne dass es aber einer ins Detail gehenden Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Anwendung des ehemaligen § 9 Abs. 4 BFA-VG bedürfe (siehe neuerlich , Rn. 20). Es ist also weiterhin darauf Bedacht zu nehmen, dass für die Fälle des bisherigen § 9 Abs. 4 BFA-VG allgemein unterstellt wurde, diesfalls habe die Interessenabwägung - trotz einer vom Fremden ausgehenden Gefährdung - regelmäßig zu seinen Gunsten auszugehen und eine aufenthaltsbeendende Maßnahme dürfe in diesen Konstellationen grundsätzlich nicht erlassen werden. Durch die Aufhebung dieser Bestimmung wollte der Gesetzgeber erkennbar nur bei Begehung besonders verwerflicher Straftaten und einer daraus abzuleitenden spezifischen Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen einen fallbezogenen Spielraum einräumen (vgl. dazu noch einmal RV 189 BlgNR 26. GP 27, wo diesbezüglich von "gravierender Straffälligkeit" bzw. "schwerer Straffälligkeit" gesprochen wird). Dazu zählen jedenfalls die schon bisher in § 9 Abs. 4 Z 1 BFA-VG normierten Ausnahmen bei Erfüllung der Einreiseverbotstatbestände nach den Z 6, 7 und 8 des § 53 Abs. 3 FPG, aber auch andere Formen gravierender Straffälligkeit (siehe zu solchen Fällen der Sache nach zuletzt , betreffend Vergewaltigung, und , betreffend grenzüberschreitenden Kokainschmuggel).

13 Dem hat das BVwG bei der nach § 9 BFA-VG vorgenommenen Interessenabwägung nicht ausreichend Rechnung getragen. Es hat zwar den Aufenthalt des Revisionswerbers in Österreich von mittlerweile zwanzig Jahren, der bis zur rechtskräftigen Aberkennung seines Flüchtlingsstatus Mitte 2018 rechtmäßig war, berücksichtigt, ihm aber nicht die gebotene Bedeutung beigemessen. Insbesondere hätte das BVwG unter Zugrundelegung seiner für das weitere Verfahren bindenden Rechtsansicht im ersten Rechtsgang von einem bis zur Begehung der ersten Straftat rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt von mindestens zehn Jahren ausgehen müssen, sodass damals grundsätzlich die Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft vorgelegen wären. Dagegen sprechende Anhaltspunkte hat das BVwG nicht aufgezeigt und liegen fallbezogen auch nicht auf der Hand. Nach dem Gesagten müsste somit vom Revisionswerber eine besondere Gefährdung ausgehen, um bei einer derartigen Aufenthaltsdauer eine Rückkehrentscheidung (samt Einreiseverbot) noch für verhältnismäßig anzusehen. 14 In Bezug auf Gefährdungsprognosen ist es ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa , Rn. 8 und 10, mwN), dass bei deren Erstellung das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen ist, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen.

15 Obwohl das BVwG diese Judikatur in seinem Erkenntnis wiedergab, traf es zum persönlichen Verhalten des Revisionswerbers - außer betreffend seine vorletzte Verurteilung - keine näheren Feststellungen, sondern beschränkte sich im Wesentlichen auf die (in Rn. 2 wiedergegebene) zusammenfassende, der Strafregisterauskunft folgende Beschreibung der strafgerichtlichen Verurteilungen. Das ist - wie die Revision zu Recht bemängelt - nach der eben dargestellten Judikatur nicht ausreichend (vgl. dazu auch , Rn. 10, mwN), zumal die genannten Delikte nicht schon für sich genommen jedenfalls und zwingend eine solche Schwere aufweisen, dass sie die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes gegen den Revisionswerber für gerechtfertigt erscheinen lassen. Dass der Revisionswerber "jederzeit - auf besonders verwerfliche Art - zu kriminellen Handlungen bereit" sei, kann nämlich, anders als das BVwG lediglich unter Bezugnahme auf die wiederholten Verurteilungen in den Jahren 2012 und 2013 wegen Urkundenunterdrückung meint, für sich genommen noch nicht abgeleitet werden. Vielmehr wäre vom BVwG darauf Bedacht zu nehmen gewesen, dass die Probezeiten bei allen (ausgenommen der letzten) bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafen abgelaufen sind und es bisher zu keinem Widerruf kommen musste. Zu Recht führt das BVwG zwar ins Treffen, dass dem Revisionswerber das Verbrechen der Verleumdung und das Vergehen der falschen Beweisaussage zur Last liegen und er "nicht davor scheut", bei einer förmlichen Vernehmung vor Polizeibeamten falsche Aussagen zu treffen. Jedoch verübte der Revisionswerber diese letzte maßgebliche Straftat, die zur Verurteilung vom führte, bereits am und er hat sich - abgesehen von einem versuchten Ladendiebstahl Ende Oktober 2016 - seither wohlverhalten, worauf die Revision zutreffend verweist. Im Übrigen ist die Annahme des BVwG, die dreijährige Probezeit betreffend diese Verurteilung sei noch offen, aktenwidrig und die darauf gegründete Unterstellung, es müsse danach mit weiteren strafbaren Handlungen des Revisionswerbers gerechnet werden, unschlüssig. Insgesamt kann daher auf Basis der im angefochtenen Erkenntnis getroffenen Feststellungen - entgegen der Meinung des BVwG - nicht gesagt werden, die Interessenabwägung habe zu Lasten des hier langjährig rechtmäßig aufhältigen Revisionswerbers auszufallen. Das macht die Revision im Ergebnis zutreffend geltend.

16 Demzufolge war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. 17 Aufwandersatz war dem Revisionswerber nicht zuzuerkennen, weil dessen Zuspruch entgegen § 59 Abs. 2 Z 1 VwGG in der Revision nicht begehrt wurde.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019210238.L00
Schlagworte:
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Besondere Rechtsgebiete

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