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VwGH 24.05.2012, 2011/07/0100

VwGH 24.05.2012, 2011/07/0100

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
VwGG §34 Abs1;
WRG 1959 §117;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §15 Abs1;
RS 1
Die Frage, ob dem Grunde nach eine Entschädigung nach § 15 Abs 1 WRG 1959 gebührt, ist dem (wasserrechtlichen) Bewilligungsbescheid vorbehalten (Hinweis E , 2003/07/0105 und 0106). Mangels gesetzlicher Ermächtigung im WRG 1959 ist es der Behörde verwehrt, eine Bewilligung unter Berücksichtigung einer angemessenen Entschädigung nach § 15 Abs 1 WRG 1959 rückwirkend zu erteilen (Hinweis B , 2006/05/0156; E , 89/03/0200; B , 92/18/0013).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2009/07/0199 B RS 3
Normen
VwGG §34 Abs1;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §15 Abs1;
RS 2
Das WRG 1959 begründet keinerlei Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörden zur Entscheidung über den Ersatz von Schäden, die Fischereiberechtigten aus der Erfüllung eines gegenüber Dritten von Amts wegen erteilten wasserpolizeilichen Auftrages im öffentlichen Interesse nach § 138 Abs 1 lit a WRG 1959 entstanden sind (vgl E , 91/07/0007, zum Ersatz von Schäden, die durch eigenmächtige Neuerungen oder Unterlassungen entstanden sind).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2009/07/0199 B RS 4
Normen
VwRallg;
WRG 1959 §111 Abs1;
WRG 1959 §15 Abs1;
RS 3
Einen Anspruch auf Versagung der Bewilligung für ein wasserrechtlich zu bewilligendes Projekt hat der Fischereiberechtigte nicht (Hinweis E , 93/07/0058, E , 92/07/0160).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 98/07/0031 E RS 2
Normen
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §15 Abs1;
RS 4
Die Rechtsstellung des Fischereiberechtigten in einem Wasserrechtsverfahren unterscheidet sich von jener eines Trägers wasserrechtlich geschützter Rechte iSd § 12 Abs 2 WRG 1959.
Normen
VwRallg;
WRG 1959 §117;
WRG 1959 §15 Abs1;
WRG 1959 §72 Abs1;
RS 5
Den Fischereiberechtigten kommt ein Entschädigungsanspruch nach § 117 WRG 1959 im Zusammenhang mit der in § 72 Abs 1 legcit zitierten Duldungspflicht zu. Diese Duldungspflicht der Fischereiberechtigten beschränkt sich jedoch auf die Entnahme von Proben, einschließlich der Entnahme von Fischen, sonstigen Wassertieren und Pflanzen zu Zwecken der Überwachung.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde

1.

der Gemeinschaft der Fischereiberechtigten T in S,

2.

des Mag. CH in K, 3. der H Liegenschaftsverwaltung in S,

4.

des Mag. JH in L und 5. des FM in F, alle vertreten durch Dr. Gerhard Richter und Dr. Rudolf Zahlbruckner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Bürgergasse 13, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom , Zl. BMLFUW-UW./0017-I/6/2011, betreffend Abweisung und Zurückweisung eines Devolutionsantrages in einer Wasserrechtsangelegenheit (mitbeteiligte Partei: V AG in W, vertreten durch Kaan Cronenberg & Partner Rechtsanwälte in 8010 Graz, Kalchberggasse 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 sowie der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In Ansehung der Vorgeschichte, des Sachverhaltes und der Rechtslage dieses Beschwerdefalles ist auf den hg. Beschluss vom heutigen Tag, Zl. 2009/07/0199, zu verweisen. Mit diesem hat der Verwaltungsgerichtshof eine Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom , mit welchem die Berufung der Beschwerdeführer gegen den wasserpolizeilichen Auftrag des Landeshauptmannes von Steiermark (LH) vom zurückgewiesen worden war, gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückgewiesen.

Mit an die belangte Behörde gerichtetem Devolutionsantrag vom beantragten die Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 2 AVG den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über ihre Anträge vom , und an die belangte Behörde.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde in Spruchpunkt 1. den Antrag der Beschwerdeführer auf Übergang der Entscheidungspflicht bezüglich des Verfahrens "Entschädigungsantrag der Fischereiberechtigten im noch anhängigen wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren" Kraftwerk F., Teilabsenkungen des Stauraums zum Hochwasserschutz ab.

In Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides wies die belangte Behörde einen Antrag der Beschwerdeführer auf Übergang der Entscheidungspflicht bezüglich des Verfahrens, in welchem Schadensersatz im Zusammenhang mit dem "wasserpolizeilichen Auftrag, Spülung des Kraftwerkes F." gefordert worden sei (Bescheid des LH vom ), zurück.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass sich der vorliegende Devolutionsantrag aus zwei unterschiedlichen Anträgen zusammensetze. Zum einen sei dies ein Entschädigungsantrag der Beschwerdeführer als Fischereiberechtigte im noch anhängigen wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren betreffend Teilabsenkungen des Stauraums des Kraftwerkes F. zum Hochwasserschutz. Zum anderen betreffe der Devolutionsantrag den Entschädigungsantrag der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem wasserpolizeilichen Auftrag des LH vom . Es handle sich dabei um den Antrag vom .

Zum Antrag auf "fischereiliche Entschädigung im Bewilligungsverfahren" verwies die belangte Behörde auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach in einem anhängigen Bewilligungsverfahren nur der Konsenswerber eine Entscheidungspflicht geltend machen könne.

Zum Antrag auf Schadenersatz der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem wasserpolizeilichen Auftrag des LH vom führte die belangte Behörde begründend aus, dass es sich dabei nicht um ein Entschädigungsbegehren sondern um einen Antrag auf Leistung eines Schadenersatzes handle. Da der wasserpolizeiliche Auftrag bereits "durchgeführt" worden sei, richte sich das Begehren eben auf den Ersatz eines hieraus bereits entstandenen Schadens. Ersatzansprüche nach § 26 Abs. 1 bis 3 WRG 1959 seien jedoch gemäß Abs. 6 im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen. Sollte der Schadensfall nicht unter § 26 WRG 1959 subsumierbar sein, so ändere dies nichts an der Tatsache, dass der Schadenersatz bei den ordentlichen Gerichten geltend gemacht werden müsse.

Im Zusammenhang mit § 72 WRG 1959 führte die belangte Behörde begründend aus, dass Fischereiberechtigte von der Regelung des § 72 Abs. 1 lit. d WRG 1959 (Instandhaltung von Wasserbauten und Anlagen) nicht erfasst seien. Es werde nur lit. h leg. cit, der sich auf Überwachungsmaßnahmen und Tätigkeiten im Zuge der Gewässeraufsicht beziehe, genannt. Bei der gegenständlichen Absenkung des Stauraumes handle es sich aber ohne Zweifel um eine Instandhaltungsmaßnahme. Das WRG 1959 enthalte in Bezug auf den gegenständlichen Fall keine Bestimmung, welche diesen Sachverhalt, nämlich Schadenersatz an den Fischereiberechtigten im Zuge eines Schadensfalls durch eine Instandhaltungsmaßnahme, berücksichtige. Das Fischereirecht sei nicht dem Grundeigentum zuzurechnen und sei auch entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kein Wasserrecht. Anzuwenden seien daher die zivilrechtlichen Vorschriften und die Landes-Fischereigesetze.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Stellungnahme, in der sie beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig "zurück- oder abzuweisen".

Zur Stellungnahme der mitbeteiligten Partei nahmen die Beschwerdeführer erneut Stellung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 73 Abs. 1 erster Satz AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlagen den Bescheid zu erlassen.

Wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht nach § 73 Abs. 2 AVG auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden konnte, auf diesen über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Der Devolutionsantrag der Beschwerdeführer vom bezieht sich auf die Anträge vom , und vom .

Damit ist es erforderlich, den Inhalt dieser Anträge zu ermitteln.

In der Verhandlung am erstatteten die Beschwerdeführer eine Stellungnahme zu der dort von der Verhandlungsleiterin ins Auge gefassten Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages, welcher dann mit Bescheid des LH vom auch tatsächlich erlassen wurde. Zu dieser beabsichtigten Erlassung des wasserpolizeilichen Auftrages hielten die Beschwerdeführer durch ihren Vertreter fest, dies werde "massive Schädigungen des Lebensraumes M insbesondere des Fischbestandes verursachen, welche den Fischereiberechtigten zu ersetzen sein werden".

In der Verhandlung am beantragten die Beschwerdeführer, den Bewilligungsantrag der mitbeteiligten Partei vom "zurückzuweisen/abzuweisen".

In ihrer Eingabe vom stellten die Beschwerdeführer folgenden Antrag:

"Unter Verweis auf den, bereits anlässlich der Verhandlungen vom und begehrten Ersatz der durch die Spülung (Absenkung des Stauzieles) den Einschreitern verursachten Schäden, begehren die Einschreiter unter Wiederholung der gestellten Anträge die Zuerkennung/Leistung eines Ersatzes für die erlittenen Beeinträchtigungen."

Sowohl die Ausführungen in der Verhandlung vom als auch der mit Eingabe vom gestellte Antrag beziehen sich auf Schäden, die nach Ansicht der Beschwerdeführer durch den von der mitbeteiligten Partei bereits erfüllten wasserpolizeilichen Auftrag des LH vom eingetreten sind. Für den Ersatz solcher Schäden bietet jedoch das WRG 1959 keine gesetzliche Grundlage. In diesem Zusammenhang genügt es gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Begründungsausführungen im hg. Beschluss vom heutigen Tag, Zl. 2009/07/0199, zu verweisen. In diesem Umfang war daher der Devolutionsantrag der Beschwerdeführer zurückzuweisen.

Im Zusammenhang mit dem von den Beschwerdeführern in der Verhandlung vom gestellten Antrag bleibt festzuhalten, dass ein Anspruch auf Versagung der Bewilligung für ein wasserrechtlich zu bewilligendes Projekt dem Fischereiberechtigten nicht zukommt (vgl. die bei Bumberger/Hinterwirth, WRG 2008, zu § 15 E 2 bis 5 zitierte hg. Judikatur). Auch diesbezüglich wäre der Devolutionsantrag daher zurückzuweisen gewesen.

Durch die verfehlte Spruchgestaltung des angefochtenen Bescheides konnten die Beschwerdeführer jedoch in keinen Rechten verletzt werden (vgl. die bei Hengstschläger/Leeb, AVG (2007) zu § 66 Rdn 53 zitierte hg. Judikatur).

Die Beschwerdeführer meinen aus § 72 Abs. 1 WRG 1959 einen Erledigungsanspruch ableiten zu können.

Diese Bestimmung lautet in der Fassung BGBl. I Nr. 82/2003 wie folgt:

"§ 72. (1) Die Eigentümer von Grundstücken und die Wasserberechtigten haben

a)

zu Instandhaltungsarbeiten an Gewässern,

b)

zur Ausführung und Instandhaltung von Wasserbauten und Anlagen,

c)

zur Durchführung letztmaliger Vorkehrungen,

d)

zur Ermittlung einer Gewässergefährdung,

e)

zur Durchführung von Maßnahmen zur Vermeidung und Bekämpfung einer Gewässerverunreinigung,

f)

zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes,

g)

zur Errichtung, Erhaltung und für den Bestand von staatlichengewässerkundlichen Einrichtungen sowie zur Vornahme von Beobachtungen und Messungen sowie

h) zur Durchführung der Gewässeraufsicht

das Betreten und Benutzen ihrer Grundstücke insbesondere zur Zu- und Abfuhr und zur Ablagerung von Baustoffen, Geräten, Werkzeugen und dgl., zur Zubereitung der Baustoffe, zur Vornahme von Erhebungen und Untersuchungen sowie zur Entnahme von Proben, einschließlich der Entnahme von Fischen, sonstigen Wassertieren und Pflanzen zu Zwecken der Überwachung und zur Einrichtung von Untersuchungs- und Überwachungseinrichtungen insoweit zu dulden, als sich dies als unbedingt notwendig erweist; die Wasserberechtigten sind in gleicher Weise gehalten, eine vorübergehende Einschränkung oder Einstellung der Wasserbenutzung zu dulden. Desgleichen sind die Fischereiberechtigen in gleicher Weise gehalten, die oben genannten Entnahmen zu Zwecken der Überwachung zu dulden. Die ihnen hiedurch verursachten vermögensrechtlichen Nachteile sind zu ersetzen (§ 117), soweit nicht ein Anspruch auf unentgeltliche Gestattung besteht. Die Vorschriften über das Betreten von Eisenbahngrundstücken werden nicht berührt."

Wie bereits ausgeführt unterscheidet sich die Rechtsstellung des Fischereiberechtigten in einem Wasserrechtsverfahren von jener eines Trägers wasserrechtlich geschützter Rechte im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 (vgl. dazu etwa die bei Bumberger/Hinterwirth, WRG 2008, unter § 12 E 75 zitierte hg. Judikatur).

Den Fischereiberechtigten kommt ein Entschädigungsanspruch nach § 117 WRG 1959 im Zusammenhang mit der in § 72 Abs. 1 leg. cit. zitierten Duldungspflicht zu. Diese Duldungspflicht der Fischereiberechtigten beschränkt sich jedoch auf die Entnahme von Proben, einschließlich der Entnahme von Fischen, sonstigen Wassertieren und Pflanzen zu Zwecken der Überwachung. Aus dieser Vorschrift ist somit für das gegenständliche Verfahren nichts zu gewinnen.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §111 Abs1;
WRG 1959 §117;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §15 Abs1;
WRG 1959 §72 Abs1;
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde
subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Wasserrecht
Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht
Anfechtungsrecht VwRallg9/2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2012:2011070100.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
PAAAE-85456