VwGH vom 13.11.2012, 2008/22/0810
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des Z, vertreten durch Mag. Wilfried Embacher, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Schleifmühlgasse 5/8, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 151.460/2-III/4/08, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den bei der Österreichischen Botschaft Islamabad eingebrachten und von dieser mit Schreiben vom an die erstinstanzliche Niederlassungsbehörde (Landeshauptmann von Wien) weitergeleiteten Antrag des Beschwerdeführers, eines 1976 geborenen pakistanischen Staatsangehörigen, auf erstmalige Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Aufrechterhaltung der Familiengemeinschaft mit seinen die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden Wahleltern gemäß § 47 Abs. 3 Z 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) sowie § 6 Abs. 1 und § 9 Z 5 lit. d und e NAG-Durchführungsverordnung (NAG-DV) ab.
In der Begründung ging die belangte Behörde - anders als noch die Erstbehörde - nicht mehr davon aus, dass die vorhandenen finanziellen Mittel der Wahleltern des Beschwerdeführers für die Bestreitung des Lebensunterhaltes nicht ausreichend seien. Es sei jedoch nicht nachgewiesen, dass der Beschwerdeführer - wie unter § 47 Abs. 3 Z 3 lit. a oder lit. b NAG verlangt - von seinen Wahleltern als Zusammenführende bereits im Herkunftsstaat Unterhalt bezogen habe oder mit diesen im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt und Unterhalt bezogen habe. Dazu führte die belangte Behörde des Näheren aus, der Beschwerdeführer habe im Zuge einer Urkundenvorlage vom neben einer Haftungserklärung seines Wahlvaters den Nachweis zweier Unterhaltsleistungen vom und vorgelegt. Aus den Überweisungsdaten gehe eindeutig hervor, dass die finanziellen Unterstützungen erst mit Oktober 2007, somit nahezu 16 Monate nach der Antragstellung, begonnen hätten. Für eine Familienzusammenführung gemäß § 47 Abs. 3 NAG sei es jedoch erforderlich, dass der unterhaltsabhängige Verwandte des Zusammenführenden den bereits geleisteten Unterhalt vor dem Zeitpunkt der Antragsstellung zur Deckung der Grundbedürfnisse im Herkunftsland benötigt habe. Die Voraussetzungen des § 47 Abs. 3 Z 3 NAG seien somit nicht nachgewiesen worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen hat:
Der für den vorliegenden Fall maßgebliche § 47 NAG (idF BGBl. I Nr. 99/2006) lautete auszugsweise:
"§ 47. (1) Zusammenführende im Sinne der Abs. 2 bis 4 sind Österreicher oder EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und denen das Recht auf Freizügigkeit nicht zukommt.
…
(3) Angehörigen von Zusammenführenden im Sinne des Abs. 1 kann auf Antrag eine quotenfreie 'Niederlassungsbewilligung - Angehöriger' erteilt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und
1. Verwandte des Zusammenführenden oder seines Ehegatten in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen tatsächlich Unterhalt geleistet wird;
2. Lebenspartner sind, die das Bestehen einer dauerhaften Beziehung im Herkunftsstaat nachweisen und ihnen tatsächlich Unterhalt geleistet wird; oder
3. sonstige Angehörige des Zusammenführenden sind,
a) die vom Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat Unterhalt bezogen haben;
b) die mit dem Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben und Unterhalt bezogen haben oder
c) bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege durch den Zusammenführenden zwingend erforderlich machen.
Unbeschadet eigener Unterhaltsmittel hat der Zusammenführende jedenfalls auch eine Haftungserklärung abzugeben."
Die belangte Behörde ging aufgrund der zwei vorgelegten Überweisungskopien davon aus, dass die Wahleltern des Beschwerdeführers diesem erst seit Oktober 2007 Unterhalt gewährten, und verneinte darauf aufbauend die Erfüllung der Voraussetzungen des § 47 Abs. 3 Z 3 NAG, weil diese Unterhaltsleistungen erst nach Antragstellung erfolgt seien.
Entgegen der Ansicht der belangten Behörde kommt es aber in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem sich der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung nicht in Österreich, sondern in seinem Heimatland aufhält, bei der Beurteilung nach § 47 Abs. 3 Z 3 lit. a NAG hinsichtlich der Unterhaltsleistungen im Herkunftsstaat auf jenen Sachverhalt an, wie er sich bei Erlassung des angefochtenen Bescheides präsentierte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/22/0217).
Indem die belangte Behörde ausgehend von ihren Feststellungen demgegenüber nur auf die vor dem Zeitpunkt der Antragstellung gegebenen Verhältnisse abstellte, belastet sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Dass die Unterstützungsleistungen der Wahleltern an den zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides wieder im Heimatland aufhältigen Beschwerdeführer etwa nicht als Unterhalt anzusehen wären, hat sie dagegen nicht festgestellt.
Da der angefochtene Bescheid schon nach dem oben Gesagten an Rechtswidrigkeit seines Inhaltes leidet, war er aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
IAAAE-85441