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VwGH vom 20.11.2014, 2013/16/0012

VwGH vom 20.11.2014, 2013/16/0012

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger, die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma, Hofrätin Mag. Dr. Zehetner sowie Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Beschwerde des Dr. C G in W, vertreten durch Dr. Gottfried Bischof, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilerstätte 18-20, gegen den Bescheid des Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , Zl. Jv 3391/12 d - 33, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erhob in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien mit einem per Post übermittelten, am bei Gericht eingelangten Schriftsatz eine außerordentliche Revision gegen ein Urteil des Oberlandesgerichtes Wien, womit seiner Berufung gegen das klagsabweisende Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien betreffend ein Leistungsbegehren von EUR 1.818,60 brutto s.A. nicht Folge gegeben wurde.

Aus der im Kostenakt der belangten Behörde vorhandenen Kopie der außerordentlichen Revision des Beschwerdeführers vom ergibt sich, dass dort auf Seite 1 unten neben dem im angefochtenen Bescheid zitierten ADVM-Code der Text aufscheint: "(AEV)".

Mit Zahlungsauftrag vom schrieb der Kostenbeamte des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien dem Beschwerdeführer für die außerordentliche Revision neben der Pauschalgebühr nach TP 3 GGG eine Einhebungsgebühr gemäß § 6 Abs. 1 GEG im Ausmaß von EUR 8,-- vor und forderte gemäß § 31 Abs. 1 und 2 GGG einen Mehrbetrag von EUR 92,50 an.

Dem dagegen erhobenen Berichtigungsantrag, der mit dem auf dem Revisionsschriftsatz befindlichen Hinweis auf die Abbuchungs- und Einziehungsverordnung (AEV) begründet wird und der sich gegen die Vorschreibung der Einhebungsgebühr gemäß § 6 Abs. 1 GGG und gegen die Festsetzung des Mehrbetrages gemäß § 31 GGG wendet, gab die belangte Behörde keine Folge. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass in der Revision zwar der ADVM-Code des einbringenden Rechtsanwaltes angeführt sei, jedoch der postalisch eingebrachten Eingabe der gemäß § 6 Abs. 1 AEV erforderliche Hinweis auf die erteilte Abbuchungsermächtigung fehle und es dem Kostenbeamten deshalb nicht möglich gewesen sei, die angefallene Pauschalgebühr einzuziehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens und Kopien aus dem Gerichtsakt vor, verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift und beantragte, die Beschwerde als unbegründet kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

Gemäß § 2 Z 1 lit. c GGG entsteht der Anspruch des Bundes auf die Gebühr für das zivilgerichtliche Verfahren zweiter und dritter Instanz mit der Überreichung der Rechtsmittelschrift.

Nach § 4 Abs. 4 GGG in der im Beschwerdefall noch maßgeblichen Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2009, BGBl. I Nr. 52 können sämtliche Gebühren auch durch Abbuchung und Einziehung entrichtet werden, wenn die kontoführende Stelle (Kreditinstitut, Postsparkasse) zur Abbuchung der Gebühren auf das dafür bestimmte Justizkonto ermächtigt ist und die Eingabe einen Hinweis auf die erteilte Abbuchungsermächtigung, die Angabe des Kontos, von dem die Gebühren einzuziehen sind, und allenfalls den höchstens abzubuchenden Betrag enthält.

Die Verordnung des Bundesministers für Justiz vom über die Abbuchung und Einziehung der Gerichtsgebühren (Abbuchungs- und Einziehungsverordnung - AEV), BGBl. 599/1989 (§ 5 idF der VO BGBl. II Nr. 481/2005), lautet auszugsweise:

"§ 5. Der Gebührenentrichter hat in der Eingabe das Konto, von dem die Gerichtsgebühren einzuziehen sind, oder den Anschriftcode (§ 7 ERV 2005, BGBl. II Nr. 481/2005), unter dem ein Konto zur Einziehung der Gerichtsgebühren gespeichert ist, anzugeben. Gibt aber der Gebührenentrichter sowohl den Anschriftcode, unter dem ein Konto zur Einziehung der Gerichtsgebühren gespeichert ist, als auch ein Konto zur Einziehung der Gerichtsgebühren an, so sind die Gerichtsgebühren von diesem Konto einzuziehen.

§ 6. (1) Außerhalb des elektronischen Rechtsverkehrs hat der Gebührenentrichter in der Eingabe zusätzlich (neben den Angaben nach § 5) auf die erteilte Abbuchungsermächtigung (etwa durch die Vermerke 'Gebühreneinzug!' oder 'AEV!') und allenfalls auf den höchstens abzubuchenden Betrag hinzuweisen. Wenn auch andere Gerichtsgebühren als Pauschal- und Eingabengebühren, insbesondere Eintragungsgebühren, abgebucht und eingezogen werden sollen, so hat der Gebührenentrichter darauf zusätzlich hinzuweisen.

(2) Die Hinweise nach Abs. 1 sowie die Angaben nach § 5 sind auf der ersten Seite der für das Gericht bestimmten Eingabe deutlich ersichtlich zu machen. Sofern der Gebührenentrichter über einen Anschriftcode verfügt, hat er auch diesen dort anzuführen.

..."

§ 6 Abs. 1 GEG in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2007, BGBl. I Nr. 24, bestimmt unter anderem, dass für die Einhebung von Gerichtsgebühren vom Zahlungspflichtigen eine Einhebungsgebühr von EUR 8,-- zu entrichten ist.

§ 31 Abs. 1 GGG in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2007, BGBl. I Nr. 24, lautet:

"(1) Wird der Anspruch des Bundes auf eine Gebühr mit der Überreichung der Eingabe (§ 2 Z 1 lit. a bis c, e, h, Z 2 und 7) begründet und ist die Gebühr nicht oder nicht vollständig beigebracht worden oder die Einziehung erfolglos geblieben, so ist von den zur Zahlung verpflichteten Personen neben der fehlenden Gebühr ein Mehrbetrag von 50 % des ausstehenden Betrages zu erheben; der Mehrbetrag darf jedoch 400 Euro nicht übersteigen. Gleiches gilt im Fall des § 4 Abs. 6 letzter Halbsatz, wenn die Einziehung erfolglos geblieben ist."

Die belangte Behörde ging evident davon aus, dass die Erklärung des Gebührenentrichters über die Erteilung der Abbuchungsermächtigung nur ausdrücklich erfolgen könne. Diese Rechtsansicht kann nicht geteilt werden, weil gemäß § 6 Abs. 1 AEV dieser Hinweis auch auf andere Weise, etwa durch die Vermerke "Gebühreneinzug!" oder "AEV!" erfolgen kann. Dem entspricht die vom Vertreter des Beschwerdeführers in der außerordentlichen Revision auf der Seite 1 neben den ADVM-Code geschriebene Wendung "(AEV)". Das Fehlen eines Rufzeichens vermag daran nichts zu ändern, weil die Aufzählung der zulässigen Vermerke laut § 6 Abs. 1 AEV nur demonstrativ (arg.: "etwa") ist und die dort angegebene Buchstabenfolge "AEV" verwendet wurde. Dieser Hinweis im Revisionsschriftsatz hätte den Kostenbeamten ermächtigt, die Pauschalgebühr nach TP 3 GGG vom Konto des Rechtsanwalts einzuziehen, bevor dem Beschwerdeführer der Erhöhungsbetrag gemäß § 31 GGG und die Einhebungsgebühr nach § 6 Abs. 1 GEG vorgeschrieben wird.

Damit erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, was gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG zu seiner Aufhebung führen musste.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der im Beschwerdefall noch anwendbaren VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am