TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 27.06.2013, 2011/07/0086

VwGH vom 27.06.2013, 2011/07/0086

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. N. Bachler und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde der R AG in R, vertreten durch Dr. Erich Moser, Rechtsanwalt in 8850 Murau, Schwarzenbergsiedlung 114, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , Zl. FA13A- 39.40-16/2009-6, betreffend Feststellung nach § 10 Abs. 1 Altlastensanierungsgesetz (mitbeteiligte Partei: Bund, vertreten durch das Zollamt F), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

I.

Mit Eingabe vom stellten die A. GmbH und die beschwerdeführende Partei an die Bezirkshauptmannschaft G (im Folgenden: BH) gemäß § 10 Abs. 1 Altlastensanierungsgesetz (AlSAG) den Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides, dass die auf näher bezeichneten Grundstücken vorgenommenen Befestigungsmaßnahmen keine beitragspflichtige Tätigkeit darstellten bzw. die verwendeten Befestigungsmaterialien nicht dem Altlastenbeitrag unterlägen. Dazu brachten sie vor, dass die beschwerdeführende Partei als Bestandnehmerin der A. GmbH die in Bestand genommenen Grundstücksflächen als Lagerplatz für mobile (in der Baubranche verwendete) Silos verwenden werde, weshalb die beschwerdeführende Partei einem näher genannten Unternehmen den Auftrag erteilt habe, den Bestandgegenstand zu befestigen. Für die Befestigungsmaßnahmen seien Baurestmassen verwendet worden.

Der abfalltechnische Amtssachverständige Dipl. Ing. S. erstattete in der Verhandlung der BH vom ein Gutachten, dem zufolge auf den gegenständlichen Flächen eine Befestigung mittels 40 cm Ziegelrecyclingmaterial und darüber liegend 20 cm Betonrecyclingmaterial eingebracht worden sei. Den Prüfberichten sei zu entnehmen, dass die Materialien als für den vorgesehenen Zweck der Befestigung eines Lagerplatzes zur Ablagerung von Silos für Fertigputze ausreichend anzusehen seien. Besondere Anforderungen für eine Tragschicht seien in diesem Fall nicht erforderlich, weil keine umfangreichen Manipulationen und häufigen Fahrfrequenzen mit schweren LKW zu erwarten seien. Eine wasserrechtliche Bewilligung sei nicht erforderlich. Die gegenständliche Befestigung der Grundstücke im Ausmaß von 3.000 m2 sei der Gemeinde P im Sinne des Steiermärkischen Baugesetzes angezeigt worden, und eine Bewilligungspflicht für diese Maßnahme -

ohne Geländeveränderung - sei nicht gegeben. Aus fachlicher Sicht könne die durchgeführte Befestigung als ausreichend und entsprechend ausgeführt angesehen werden.

Das Zollamt G gab als Vertreterin der mitbeteiligten Partei (MP) in dieser Verhandlung die Stellungnahme ab, dass der durchgeführte Bodenaustausch keine übergeordnete Baumaßnahme im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 2 AlSAG darstelle und zu keiner beitragsfreien Handlung führe, weil es sich dabei um eine Geländeverfüllung handle.

Mit Bescheid der BH vom wurde gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 AlSAG und § 10 leg. cit. festgestellt, dass die Befestigungsmaßnahme auf den Grundstücken nicht als Abfall dem Altlastenbeitrag unterliege.

Nachdem dieser Bescheid infolge Berufung des Zollamtes G mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark (im Folgenden: LH) vom gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit an die BH zur Klärung der Antragslegitimation der A. GmbH und der Zuständigkeit des Zollamtes G zur Abgabenfestsetzung sowie zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen worden war, holte die BH (u.a.) zur Frage, ob die Geländeaushebung eine konkrete bautechnische Funktion im Zusammenhang mit einer übergeordneten Maßnahme erfülle, das Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen Dipl. Ing. W. vom ein.

Diesem Gutachten zufolge sei der Zweck der Befestigung der Grundstücke mit Recyclingmaterial verschiedenster Qualitäten gewesen, die Tragfähigkeit für Abstellflächen von Zementsilos bzw. den LKW-Verkehr herzustellen. Dass es sich dabei um eine konkrete Baumaßnahme handle, untermauere auch der Bescheid der Gemeinde P vom , wonach der A. GmbH eine Baubewilligung für die gegenständliche Maßnahme erteilt worden sei. Das eingebrachte Material sei durch Untersuchungen am auf seine Eignung überprüft worden, und über die Tragfähigkeitsprüfung bei Bodenaustausch sei von Dipl. Ing. Dr. Sch. ein Gutachten erstellt worden. Dabei seien am Gelände Lastplattenversuche durchgeführt und die Tragfähigkeit festgestellt worden. Auf Grund dieser Unterlagen könne geschlossen werden, dass es sich dabei um eine konkrete übergeordnete Baumaßnahme im unbedingt erforderlichen Ausmaß handle. Das Material sei auch für das Grundwasser unbedenklich.

Mit Bescheid vom traf die BH gemäß § 2 Abs. 4 bis 6, § 3 Abs. 1 Z 2, § 4 Z 3 und 4, § 10 Abs. 1 Z 2 und § 21 AlSAG den folgenden Ausspruch:

"1. Der Antrag der (A. GmbH) auf Feststellung (…) wird mangels Antragslegitimation zurückgewiesen.

2. Auf Antrag der (beschwerdeführenden Partei) wird festgestellt, dass die im Zeitraum bis zur Befestigung der (angeführten Grundstücke) verwendeten recycelten Baurestmassen nicht als Abfall dem Altlastenbeitrag unterliegen."

Dazu führte die BH (u.a.) aus, dass die Befestigung der angeführten Grundstücke mit Ziegel- und Betonrecyclingmaterial von der beschwerdeführenden Partei in Auftrag gegeben und diese daher in Betracht kommender Beitragsschuldner im Sinn des § 4 Z 3 AlSAG sei. Im Hinblick darauf sei das Zollamt F zuständig. Aus den eingeholten Amtssachverständigengutachten vom und ergebe sich, dass die gegenständliche Befestigungsmaßnahme eine konkrete bautechnische Funktion im Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme erfülle, das verwendete Ziegel- und Betonrecyclingmaterial für den angestrebten Zweck geeignet sei und dessen Verwendung unbedenklich sei. Für diese Befestigungsmaßnahme sei eine wasser- und naturschutzrechtliche Bewilligung nicht erforderlich gewesen. Aus dem Schreiben der Gemeinde P vom gehe hervor, dass die gegenständliche Maßnahme der Anzeigepflicht gemäß § 21 Steiermärkisches Baugesetz unterliege und diese Anzeige am - somit vor Durchführung der Maßnahme - bei der Gemeinde P erstattet worden sei. Sämtliche Voraussetzungen für die Erfüllung des Ausnahmetatbestandes des § 3 Abs. 1 Z 2 AlSAG seien daher gegeben.

Gegen diesen Bescheid erhob die MP Berufung.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid des LH vom wurde der erstinstanzliche Bescheid vom im Umfang des Spruchpunktes 2. gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 3 Abs. 1 Z 2 und § 10 Abs. 1 Z 2 AlSAG wie folgt abgeändert:

"2.) Die im Zeitraum bis zur Befestigung der Grundstücke Nr. (…) verwendeten recyclierten Baurestmassen unterliegen als Abfall dem Altlastenbeitrag."

Dazu führte der LH (u.a.) aus, dass für die Erfüllung des Ausnahmetatbestandes gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 AlSAG Voraussetzung sei, dass die verwendeten Abfälle für den angestrebten Zweck geeignet seien und in dem für die Beurteilung des Vorliegens der Beitragsfreiheit relevanten Zeitpunkt bereits mit ausreichender Sicherheit feststehe, worin die übergeordnete Baumaßnahme bestehe, für die die Verfüllung eine konkrete bautechnische Funktion erfülle. Unbekämpft sei die Feststellung der BH, dass die verwendeten Baurestmassen für den angestrebten Zweck geeignet seien und deren Verwendung unbedenklich sei. Auch sei für die gegenständliche Maßnahme keine Bewilligung erforderlich. Aus den vorgelegten Gutachten und deren Beurteilung durch den beigezogenen Amtssachverständigen ergebe sich zweifelsfrei, dass die verwendeten Abfälle eine konkrete bautechnische Funktion, nämlich die Befestigung einer Fläche zur Lagerung von Silos, erfüllten. Allerdings stelle das Lagern von Silos keine übergeordnete Baumaßnahme dar. Der Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme habe daher nicht nachgewiesen werden können, weshalb die Tatbestandsvoraussetzungen für die Inanspruchnahme der Beitragsbefreiung nicht vorlägen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Auch die MP hat eine Gegenschrift erstattet.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AlSAG hat die Behörde in begründeten Zweifelsfällen auf Antrag (u.a.) des in Betracht kommenden Beitragsschuldners durch Bescheid festzustellen, ob ein Abfall dem Altlastenbeitrag unterliegt.

Nach ständiger hg. Judikatur (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2007/07/0090, mwN) hat die Behörde jene Rechtslage anzuwenden, die in dem Zeitpunkt galt, in dem der die Beitragspflicht auslösende Sachverhalt verwirklicht wurde.

Im Beschwerdeverfahren besteht zwischen dessen Parteien Übereinstimmung darüber, dass die Befestigung der angeführten Grundstücke mit recyclierten Baurestmassen im Zeitraum vom bis vorgenommen worden ist.

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 AlSAG in der im Jahr 2005 geltenden Fassung (vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 71/2003) unterliegt dem Altlastenbeitrag das Verfüllen von Geländeunebenheiten oder das Vornehmen von Geländeanpassungen mit Abfällen einschließlich deren Einbringung in geologische Strukturen, ausgenommen jene Geländeverfüllungen oder - anpassungen, die im Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme eine konkrete bautechnische Funktion erfüllen (z.B. Dämme und Unterbauten für Straßen, Gleisanlagen oder Fundamente, Baugruben- oder Künettenverfüllungen).

Der LH hat im vorliegenden Beschwerdefall die Altlastenbeitragspflicht nur aus dem Grund angenommen, dass mit dem Lagern von Silos keine übergeordnete Baumaßnahme im Sinn des § 3 Abs. 1 Z 2 AlSAG vorliege. Die übrigen Voraussetzungen für eine Altlastenbeitragsfreiheit im Sinn dieser Gesetzesbestimmung hat der LH im angefochtenen Bescheid hingegen als verwirklicht angesehen. Das Beschwerdevorbringen, wonach es für die Beurteilung der Bodenbefestigungsmaßnahmen weder auf die Voraussetzung einer Gütesicherung noch auf die Voraussetzungen der Abfallverzeichnisverordnung oder der Deponieverordnung (1996) ankomme, geht daher ins Leere.

Die beschwerdeführende Partei wendet sich gegen die im angefochtenen Bescheid vertretene Auffassung, dass im Beschwerdefall die Judikatur im Sinn des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 2006/17/0290, übernommen werden könne, und bringt vor, dass der diesem Erkenntnis zugrunde liegende Fall mit dem vorliegenden Beschwerdefall nicht vergleichbar sei. So werde im Beschwerdefall der Lagerplatz mit LKW befahren, sodass diesem die Qualifikation auch einer Weganlage zukomme. Außerdem habe, wie festgestellt worden sei, die beschwerdeführende Partei das baugesetzliche Anzeigeverfahren gemäß § 21 Steiermärkisches Baugesetz rechtzeitig vor den Befestigungsmaßnahmen eingeleitet. Die belangte Behörde hätte feststellen müssen, dass der Lagerplatz für das Befahren mit LKW und das Aufstellen von mobilen Siloeinheiten eingerichtet worden sei.

Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

Im genannten Erkenntnis, Zl. 2006/17/0290, hat der Verwaltungsgerichtshof in einem Fall, in dem durch Schüttung von Bau- und Ziegelschutt, Asphaltbruch und Asphalt sowie Bruchschotter ein Lagerplatz errichtet worden war, in Bezug auf § 3 Abs. 1 Z 2 AlSAG ausgeführt, dass die erwähnten Materialien zwar schichtweise auf dem Grundstück aufgebracht worden seien, daraus jedoch noch nicht abzuleiten sei, dass die Verfüllung der Geländeunebenheit einer übergeordneten Baumaßnahme gedient habe. Es sei nämlich insbesondere nicht festgestellt worden, dass eine als bauliche Maßnahme nach dem Baugesetz oder Straßengesetz geplante und durchgeführte Maßnahme vorliege (vgl. das Beispiel des Unterbaus für eine Straße im demonstrativen Ausnahmenkatalog des § 3 Abs. 1 Z 2 AlSAG). Der Verwaltungsgerichtshof habe zum Begriff der übergeordneten Baumaßnahme für den Fall der Nutzung einer Fläche zur gelegentlichen Lagerung von Rohren in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2005/17/0220, ausgesprochen, dass durch die zeitweise Verwendung als gelegentliche Lagerstätte kein Bauwerk im Sinn des § 3 Abs. 1 Z 2 leg. cit. errichtet werde. Ähnliches gelte jedoch auch für Maßnahmen, mit denen die Absicht verbunden sei, die betroffene Grundfläche künftig als Holzlagerplatz verwenden zu können, ohne dass die Maßnahmen als bewilligungspflichtige Herstellung im Sinne des Bau- oder Straßenrechts zu qualifizieren wären.

Allen diesen Fällen ist gemeinsam, dass nach dem Verfüllen bzw. Planieren des Abbruchmaterials zu einer Fläche keine weitere -

dem übergeordnete - bauliche Maßnahme, für die diese vorangegangene Geländeverfüllung eine konkrete bautechnische Funktion erfüllt hätte, folgte. Das Erfordernis einer solchen weiteren Baumaßnahme im Sinn des § 3 Abs. 1 Z 2 AlSAG ergibt sich bereits aus der Wendung "Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme" wie auch aus der beispielsweisen Aufzählung von "Unterbauten für Straßen, Gleisanlagen oder Fundamente" in dieser Gesetzesbestimmung.

Entgegen der Beschwerdeansicht sind diese Grundsätze auf den vorliegenden Beschwerdefall übertragbar. Auch hier ist von einer übergeordneten baulichen Maßnahme, so zum Beispiel der Herstellung einer tragfähigen Asphalt- oder Betonschicht zur Herstellung einer Fahrbahn oder Straße, keine Rede. Der von der Beschwerde behauptete Umstand, dass mit der Verfüllung eine für Kraftfahrzeuge befahrbare Fläche gewonnen worden sei und der Lagerplatz somit auch als Weganlage zu qualifizieren sei, ändert nichts daran, dass keine weitere, übergeordnete bauliche Anlage hergestellt oder derartige bauliche Maßnahme gesetzt wurde. Im Hinblick darauf begegnet die Auffassung des LH, dass der in § 3 Abs. 1 Z 2 AlSAG normierte Ausnahmetatbestand im Beschwerdefall nicht verwirklicht ist, keinem Einwand.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Der MP war für ihre Gegenschrift kein Schriftsatzaufwand zuzuerkennen, weil sie diesen Schriftsatz nicht durch einen Rechtsanwalt eingebracht hat (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/07/0125, mwN).

Wien, am