VwGH vom 20.02.2014, 2011/07/0080

VwGH vom 20.02.2014, 2011/07/0080

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde des Dr. GT in S, vertreten durch Loimer Scharzenberger-Preis Rechtsanwälte Partnerschaft in 5020 Salzburg, Johann Wolf Straße 13, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. UR-2009-96037/47- Hr/Fb, betreffend Behandlungsauftrag nach § 73 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B (BH) vom wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 1 iVm § 15 Abs. 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) aufgetragen, auf einer Fläche von ca. 70 m2 auf dem Grst. Nr. X/Y, KG W (Burg W), abgelagerten und vergrabenen Bauschutt, bestehend aus Ziegel, Beton, Fliesen sowie Alteisen, Rohrinstallationen etc. bis spätestens auf eigene Kosten einer ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen und den Entsorgungsnachweis der Behörde bis zu diesem Zeitpunkt vorzulegen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung an die belangte Behörde.

Am führte die belangte Behörde eine mündliche Verhandlung an Ort und Stelle durch. Anlässlich dieser Verhandlung gaben der Amtssachverständige für Natur- und Landschaftsschutz, der Vertreter des Bundesdenkmalamtes und der abfalltechnische Amtssachverständige Stellungnahmen ab.

Mit Schreiben vom teilte der abfalltechnische Amtssachverständige der belangten Behörde mit, dass im Zeitraum von 2006 bis September 2009 im Bereich der Zufahrtsstraße zur Burg W Aufschüttungen mit Bodenaushubmaterialien und Baurestmassen getätigt worden seien. Grund der Aufschüttung bzw. Baumaßnahme sei eine Verbreiterung der im Bereich der Zufahrtsstraße und des Burggrabens befindlichen Parkplatzfläche gewesen. Die für die Aufschüttung herangezogenen Materialien seien im Zuge von Abbruch- und Baumaßnahmen im Bereich der Burg sowie bei Aushubarbeiten für einen Parkplatz, welcher sich in unmittelbarer Nähe zur Burg befinde, angefallen. Anhand einer groben Berechnung seien die Kubaturen der für die Aufschüttung herangezogenen Materialien bestimmt worden. Laut Berechnung seien im Zuge der Baumaßnahmen etwa 513 m3 Bodenaushub und rund 87 m3 Baurestmassen, somit insgesamt rund 600 m3 angefallen. Ziegelsteine, die bei den Abbrucharbeiten unbeschädigt geblieben seien, seien im Bereich der Burg für Umbauarbeiten wiederverwendet worden.

Die erweiterte Parkplatzfläche sei mit Steinen und Sand befestigt. Zudem sei entlang der Böschungskante ein Geländer aus Holz errichtet worden. Im Bereich der etwa 4 bis 6 m hohen Böschung sei das aufgeschüttete Material noch ersichtlich, da die Böschung noch nicht humusiert und bepflanzt worden sei. Bei der Besichtigung der Böschungsfläche seien aus abfalltechnischer Sicht verschiedenste Arten von Baurestmassen (großteils Ziegelbruch und Naturstein sowie Betonbruch) vorgefunden worden. Nicht mineralisierte Bestandteile (wie etwa Eisenteile) seien nur geringfügig festgestellt worden.

Zu den für die Aufschüttung verwendeten Materialien sei aus abfalltechnischer Sicht anzuführen, dass sich die Aufbereitung der Baurestmassen auf die Trennung von mineralischen und nicht mineralischen Bestandteilen beschränkt habe. Eine entsprechende Aufbereitung und Zerkleinerung der mineralischen Fraktion mittels mobiler Brecheranlage sei nicht erfolgt. Zudem sei vor Durchführung der Baumaßnahme keine Qualitätssicherung anhand einer chemisch-bautechnischen Untersuchung durchgeführt worden. Eine zulässige Verwertung der angefallenen Baurestmassen setze nicht nur die oben angeführte Aufbereitung und Qualitätssicherung, sondern auch eine konkrete bautechnische Funktion im Rahmen einer übergeordneten Baumaßnahme voraus.

Um die Zulässigkeit der Verwertung im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit feststellen zu können, sei es aus abfalltechnischer Sicht notwendig, die Qualität der aufgeschütteten Materialien zu ermitteln. Die auf Grst. Nr. X/Y, KG W, aufgeschütteten Materialien im Bereich der noch nicht rekultivierten Böschungsfläche seien daher repräsentativ zu beproben und zu analysieren. Die Probenahme und Analytik habe durch eine hiezu befugte Fachperson oder Fachanstalt zu erfolgen.

Betreffend Parameterumfang und Grenzwerte seien zumindest die Vorgaben der Richtlinie "Die Richtlinie für Recycling-Baustoffe" des österreichischen Baustoff-Recycling-Verbandes heranzuziehen. Die für die getätigte Aufschüttung eventuell erforderlichen und behördlichen Bewilligungen würden bei der Beurteilung aus abfalltechnischer Sicht nicht berücksichtigt.

Am wurde - nach vorheriger Benachrichtigung des Beschwerdeführers - auf dem Grst. Nr. X/Y, KG W, eine stichprobenartige Beprobung des aufgeschütteten Aushubmaterials durchgeführt.

Der Amtssachverständige für Abfalltechnik erstattete mit Schreiben vom ein Gutachten.

Darin führte er aus, dass im Bereich der aufgeschütteten Böschung insgesamt sechs qualifizierte Stichproben gezogen worden seien. Dazu seien mittels Handschaufel auf der betroffenen Böschungsfläche (rund 240 m2) sechs Probenahmestellen hergestellt worden. Im Zuge der Probenahme seien ein Probenahmeprotokoll, eine Probenahmeskizze und eine Fotodokumentation erstellt worden. Die qualifizierten Stichproben (P 1 bis P 6) seien jeweils aus zumindest zehn Stichproben hergestellt und in einen Kunststoffkübel mit Deckel eingefüllt worden. Aus den qualifizierten Stichproben seien wiederum drei Mischproben bzw. Feldproben (MP 1 bis MP 3) hergestellt worden. Die Probenahme sei in Anlehnung an die ÖNORM S 2121 durchgeführt worden.

Wie anhand der beiliegenden Fotodokumentation ersichtlich sei, seien bei der Probenahme neben Bodenaushubmaterial und mineralischen Baurestmassen auch nichtmineralische Baurestmassen wie Heraklit, Bodenbeläge aus PVC, Kunststofffolien und Installationsmaterial (Abwassersifon) vorgefunden worden. Bei den mineralischen Baurestmassen handle es sich um Ziegel- und Betonbruch sowie Bodenbeläge aus Naturstein. Zumindest im Bereich der Probenahmestellen Nr. 5 und Nr. 6 seien augenscheinlich keine Verunreinigungen mit mineralischen oder nichtmineralischen Baurestmassen festgestellt worden.

Die neun Probenahmegefäße (sechs qualifizierte Stichproben und drei Mischproben) seien unmittelbar nach Abschluss der Probenahme dem chemisch-physikalischen Labor des Landes Oberösterreich überbracht worden. Für die analytischen Untersuchungen seien die drei Mischproben (MP 1 bis MP 3) herangezogen worden. Die sechs qualifizierten Stichproben seien als Rückstellproben aufbewahrt worden.

Die Untersuchungsergebnisse seien mit Prüfbericht vom übermittelt worden. Die Übermittlung der Ergebnisse der Nachuntersuchung sei mit Prüfbericht vom erfolgt.

Bei der Durchführung der Probenahme bei den Probenahmestellen Nr. 1, 2 und 4 seien Verunreinigungen des abgelagerten Bodenaushubmaterials festgestellt worden. Konkret seien dabei mineralische und nicht mineralische Baurestmassen vorgefunden worden. Zudem seien im Rahmen der analytischen Untersuchung Überschreitungen des Grenzwertes des Parameters Benzapyren und des Summenparameters PAK festgestellt worden. Zumindest ein Teil der abgelagerten Materialien entspreche nicht den Mindestanforderungen für Verfüllungsmaßnahmen.

Auf Grund von ergänzenden Beweisfragen erging mit Schreiben des abfalltechnischen Amtssachverständigen vom eine weitere Stellungnahme.

Darin wurde ausgeführt, dass bei der analytischen Untersuchung bei mehreren Proben erhöhte Messwerte bei dem Parameter Benzapyren und dem Summenparameter PAK festgestellt worden seien. Dies ergebe sich aus den übermittelten Prüfberichten. Die Messwerte seien sowohl den Grenzwerten des Bundesabfallwirtschaftsplanes 2006 (BAWP 2006) als auch den Grenzwerten der BRV-Richtlinie gegenübergestellt worden. Da diese Mindestanforderungen in Bezug auf die Materialqualität auf Grund von Grenzwertüberschreitungen nicht vollständig eingehalten worden seien, sei jedenfalls von einer Bodenverunreinigung auszugehen.

Zudem könne nach Rücksprache mit Chemikern und Hydrogeologen jedenfalls aktuell und auch langfristig eine Gewässerverunreinigung durch belastete Sickerwässer nicht ausgeschlossen werden.

Die Verunreinigungen des abgelagerten Materials stellten einerseits mineralische und andererseits nicht mineralische Baurestmassen dar. Bei den mineralischen Baurestmassen seien Ziegel- und Betonbruch sowie Bodenbeläge aus Naturstein festgestellt worden. Bei den nicht mineralischen Baurestmassen handle es sich um Heraklit, Bodenbeläge aus PVC und Installationsmaterial (Abwassersifon).

Bei Bodenaushubmaterial dürfe der Anteil an bodenfremden Bestandteilen - so etwa mineralische Baurestmassen - nicht mehr als 5 Volumenprozente betragen. Es dürften auch keine mehr als geringfügigen Verunreinigungen insbesondere mit organischen Abfällen (Kunststoffe, Holz, Papier etc.) vorliegen.

So sei bei den durchgeführten Erhebungen festgestellt worden, dass die Verunreinigungen dem Bodenaushubmaterial erst im Zuge der Aufschüttungsarbeiten zugeführt worden seien. In diesem Zusammenhang werde nochmals darauf hingewiesen, dass es sich bei den zur Verfüllung herangezogenen mineralischen Baurestmassen, entgegen den Vorgaben des Baustoff-Recycling-Verbandes, um keine Recyclingbaustoffe, sondern um Abfälle gehandelt habe.

Auf Grund der unzulässigen Verwertung von unaufbereiteten mineralischen Baurestmassen und der unzureichenden Abtrennung von nicht mineralischen Baurestmassen könne jedenfalls von einer Bodenverunreinigung ausgegangen werden.

Die im aufgeschütteten Material vorgefundenen Schadstoffe PAK (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe) entstünden beispielsweise bei unvollständiger Verbrennung von organischem Material (Kohle, Heizöl, Holz etc.). PAK würde sich dabei etwa auf Mauerwerk (z.B. Kaminmauerwerk) ablagern. PAK sei in Verbrennungsrückständen (Asche) enthalten. Aus fachlicher Sicht bestehe daher der Verdacht, dass die angesprochenen Schadstoffbelastungen von den Verunreinigungen im Bodenaushubmaterial stammten.

Da die Beprobung in Form von Stichproben durchgeführt worden sei, könne eine genaue Abgrenzung von kontaminierten und verunreinigten sowie von nicht verunreinigten Bereichen nicht erfolgen. Um kontaminierte und verunreinigte Bereiche weitgehend eingrenzen zu können, wäre zumindest eine repräsentative Beprobung des aufgeschütteten Materials durch eine autorisierte Fachanstalt notwendig. Eine genaue Abgrenzung bzw. Trennung von kontaminierten und verunreinigten sowie von nicht verunreinigten Bereichen könne vielfach aber erst im Zuge einer Räumung erfolgen.

Das Gutachten und die ergänzende fachliche Stellungnahme wurden dem Beschwerdeführer in das Parteiengehör übermittelt.

Mit Eingabe vom legte der Beschwerdeführer der belangten Behörde ein Gutachten des Univ.-Prof. Dr. Peter L. vom vor.

Darin wird festgehalten, dass die Anschüttung größtenteils aus mineralischen Baurestmassen bestehe. Ein geringer Anteil an unaufbereiteten mineralischen Baurestmassen sei zwar erkennbar. Die Masse der abbaubaren organischen Substanz sei jedoch insgesamt so gering, dass "ab sofort keine Verunreinigung des Grundwassers" zu befürchten sei. Das Alter der Anschüttung betrage vier bis ca. sieben Jahre. In dieser Zeit seien die biologischen Abbauvorgänge, die zur Belastung des Grundwassers führen könnten, bereits "weitestgehend abgelaufen".

Auf Grund des geringen Anteiles an abbaubaren Komponenten und der geringen Schütthöhe sowie Dimension der Anschüttung seien anaerobe Abbauvorgänge in der Schüttung sehr unwahrscheinlich. Dies werde auch durch die gute Entwicklung der Vegetation - keine Schäden durch Methangasbildung - bekräftigt. Damit lägen aerobe Bedingungen vor, die einen Transport von Ammonium-Stickstoff und BSB in den Untergrund minimierten. Weiters sei ein Grundwasserabstand von etwa 15 m vorhanden, der weitere Filter- und Abbauwirkungen im Untergrund garantiere.

Daraus sei zu schließen, dass eine lokale Räumung (so etwa das Entfernen von Asche, Grillkohle-Resten und unmittelbar angrenzendem Material) am Probenahmepunkt P 4 oder die lokale Abdeckung des Materials mittels Lehm am Probenahmepunkt P 4 eine ausreichende Maßnahme zum Schutz der Umwelt darstelle.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen. Unter einem wurden die Fristen zur ordnungsgemäßen Entsorgung und Vorlage der entsprechenden Entsorgungsnachweise neu festgelegt.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der objektive Abfallbegriff dann erfüllt sei, wenn die Erfassung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse geboten sei. Dabei sei zu prüfen, ob bei normalem Umgang mit diesen beweglichen Sachen auf Grund der stoffspezifischen Eigenschaften sowie der Menge der Inhaltsstoffe eine Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen eintreten könne. Durch die Aussagen und Darlegungen betreffend Boden- und Gewässerverunreinigung im Gutachten des abfalltechnischen Amtssachverständigen vom sei das abgelagerte Material auf dem Grst. Nr. X/Y, KG W, jedenfalls als Abfall im objektiven Sinne zu qualifizieren. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer weder im erstinstanzlichen noch im Berufungsverfahren die Entledigungsabsicht verneint.

Zum Einwand des Beschwerdeführers, wonach § 16 Abs. 7 AWG 2002 im Zusammenhang mit § 1 Abs. 3 AWG 2002 im Gegenstand einschlägig wäre, sei anzumerken, dass hier primär die Bestimmung des § 1 Abs. 1 Z 4 AWG 2002 in Zusammenschau mit § 16 Abs. 7 Z 1 AWG 2002 heranzuziehen sei. Daraus ergebe sich, dass eine stoffliche Verwertung von Baurestmassen im Sinne der Bestimmung des § 16 Abs. 7 AWG 2002 nur zulässig sei, wenn der eingesetzte Abfall oder die aus ihm gewonnenen Stoffe kein höheres Gefährdungspotenzial aufwiesen als vergleichbare Stoffe der Produkte aus Primärrohstoffen. Eine diesbezügliche Prüfung der Stoffqualität vor Ablagerung des Materials sei jedoch nicht vorgenommen worden.

Die Analysen der Behörde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens hätten jedoch keine adäquate Stoffqualität im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 4 AWG 2002 ergeben.

Darüber hinaus sei im Sinne der rechtlichen Würdigung dieser Bestimmungen des AWG 2002 den Ausführungen des abfalltechnischen Amtssachverständigen beizupflichten, dass das verwendete Material den einschlägigen Bestimmungen betreffend dem Stand der Technik bei Verfüllungsmaßnahmen nicht entspreche. In diesem Zusammenhang sei festzuhalten, dass es sich bei den abgelagerten unsortierten und unaufbereiteten Baurestmassen um keine Recycling-Baustoffe handle. Die Zulässigkeit der Verwertung für dieses Material, welches zur Ablagerung gelangt sei, sei nicht gegeben.

Bei Probenahme seien auch nicht mineralische Baurestmassen wie Heraklit oder Bodenbeläge aus PVC vorgefunden worden, wobei der Masseanteil an nicht mineralischen Baurestmassen deutlich über dem zulässigen Masseanteil von Verunreinigungen liege.

Im gegenständlichen Fall sei jedenfalls das öffentliche Interesse des § 1 Abs. 3 Z 4 AWG 2002 verletzt. Eben solches gelte für eine Verletzung des öffentlichen Interesses nach § 1 Abs. 3 Z 3 AWG 2002.

Zu den Ausführungen im Gutachten von Univ.-Prof. Dr. Peter L. sei anzumerken, dass mögliche oder mutmaßliche Abfallarten und Verursacher "kein geeigneter Tatsachenbeweis" seien. Auch sei nicht schlüssig dargelegt worden, dass es sich um eine PAKbelastete Einzelablagerung handle. Die Argumentation betreffend Kontaminationsgrad rechtfertige nicht die in diesem Gutachten aufgezeigte Vorgehensweise.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

Für den vorliegenden Beschwerdefall sind die Bestimmungen der §§ 1, 2, 15 und 73 AWG 2002 relevant, die auszugsweise wie folgt lauten:

"§ 1. ...

(3) Im öffentlichen Interesse ist die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls

1. die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können,

2. Gefahren für Wasser, Luft, Boden, Tiere oder Pflanzen und deren natürlichen Lebensbedingungen verursacht werden können,

3. die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,

4. die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,


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5.
Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,
6.
Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,
7.
das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,
8.
die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder
9.
Orts- und Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt werden können.
...

§ 2. (1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen, die unter die in Anhang 1 angeführten Gruppen fallen und

1. deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder

2. deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.

(2) Als Abfälle gelten Sachen, deren ordnungsgemäße Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich ist, auch dann, wenn sie eine die Umwelt beeinträchtigende Verbindung mit dem Boden eingegangen sind. Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse kann auch dann erforderlich sein, wenn für eine bewegliche Sache ein Entgelt erzielt werden kann.

(3) Eine geordnete Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist jedenfalls solange nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, solange


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1.
eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder
2.
sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht.
...

§ 15. (1) Bei der Sammlung, Beförderung, Lagerung und Behandlung von Abfällen und beim sonstigen Umgang mit Abfällen sind


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1.
...
2.
Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) zu vermeiden.
...

(3) Abfälle dürfen außerhalb von


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1.
hiefür genehmigten Anlagen oder
2.
für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen.
...

§ 73. (1) Wenn

1. Abfälle nicht gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, nach diesem Bundesgesetz erlassenen Verordnungen, nach EG-VerbringungsV oder nach EG-POP-V gesammelt, gelagert, befördert, verbracht oder behandelt werden oder

2. die schadlose Behandlung der Abfälle zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) geboten ist,

hat die Behörde die erforderlichen Maßnahmen dem Verpflichteten mit Bescheid aufzutragen oder das rechtswidrige Handeln zu untersagen."

Voraussetzung für die Erlassung eines Behandlungsauftrages nach § 73 Abs. 1 AWG 2002 ist, dass die in Rede stehenden Materialien Abfälle im Sinne des § 2 Abs. 1 AWG 2002 sind (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/07/0123, mwN).

Abfall liegt vor, wenn entweder der objektive oder der subjektive Abfallbegriff erfüllt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/07/0154, mwN).

Die belangte Behörde stützt sich in ihrem angefochtenen Bescheid auf das Vorliegen des objektiven Abfallbegriffs.

Für die Verwirklichung des objektiven Abfallbegriffes des § 2 Abs. 1 Z 2 AWG 2002 reicht die bloße Möglichkeit einer Gefährdung von Schutzgütern im Sinne des § 1 Abs. 3 leg. cit. aus. Es kommt daher nicht darauf an, dass eine konkrete Gefahrensituation nachweisbar ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/07/0175, mwN).

Mit dem Gutachten des abfalltechnischen Amtssachverständigen vom und seiner weiteren fachlichen Stellungnahme vom wird genau diese Möglichkeit einer Gefährdung der in Rede stehenden Schutzgüter aufgezeigt. Die stichprobenartige Untersuchung der verfahrensgegenständlichen Anschüttung reicht dazu aus. Eine genaue Abgrenzung von kontaminierten und nicht kontaminierten Bereichen der Anschüttung ist nicht erforderlich.

Wenn hingegen Univ.-Prof. Dr. Peter L. lediglich eine "lokale Räumung" bzw. "die lokale Abdeckung des Materials" am Probenahmepunkt P 4 als ausreichende Maßnahme ansieht, so leitet er dies aus einer erforderlichen Nachweisbarkeit einer konkreten Gefahrensituation ab. Darauf kommt es eben gerade nicht an.

So konnte die belangte Behörde auf Grund eines von ihr mängelfrei geführten Verfahrens die Möglichkeit einer Gefährdung von Schutzgütern im Sinne des § 1 Abs. 3 Z 3 und 4 annehmen.

Dabei ist zu beachten, dass der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Z 4 AWG keine ausdrückliche Geringfügigkeitsgrenze kennt. Wohl aber enthält diese Vorschrift eine Einschränkung insofern, als auf eine Verunreinigung der Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus abgestellt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/07/0088).

Dass im Beschwerdefall die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann, ist nicht zweifelhaft. Die Ausführungen des abfalltechnischen Amtssachverständigen reichen für eine Beurteilung der Unvermeidlichkeit jedenfalls aus.

So ergibt sich aus diesen Ausführungen schlüssig und nachvollziehbar, dass jene Verunreinigungen, die durch das vorliegende Anschüttungsmaterial entstehen können, bei Verwendung eines anderen Materials vermieden werden könnten.

Der Beschwerdeführer verweist auf § 16 Abs. 7 AWG 2002 und die Verordnung über die Trennung von Baurestmassen. Die verfahrensgegenständlichen, "inkriminierten" Mengen seien bei der vorliegenden Anschüttung so "verschwindend" klein, dass der Beschwerdeführer "anlassbezogen" gar nicht zur entsprechenden Trennung veranlasst gewesen wäre.

Diese Ausführungen erweisen sich als verfehlt, da es für den gegenständlichen Behandlungsauftrag nach § 73 Abs. 1 AWG 2002 nicht relevant ist, ob oder inwieweit die Schwellenwerte der Verordnung über die Trennung von Baurestmassen berührt werden.

Der Beschwerdeführer bemängelt, dass die belangte Behörde ihm (indirekt) die Nichteinhaltung der Aufzeichnungspflichten für Abfallbesitzer nach § 17 AWG 2002 zum Vorwurf gemacht habe.

Dem ist entgegenzuhalten, dass eine allfällige Außerachtlassung der Aufzeichnungspflicht nach § 17 AWG 2002 nicht zur Erlassung des verfahrensgegenständlichen Behandlungsauftrages geführt hat.

Wenn der Beschwerdeführer davon ausgeht, dass "lediglich der Verdacht" einer Schadstoffbelastung vorliege, setzt er sich damit in Widerspruch zu den aktenkundigen Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens. In diesem Zusammenhang genügt es, auf die Ergebnisse der vom abfalltechnischen Amtssachverständigen veranlassten chemischen Untersuchungen zu verweisen.

Der Beschwerdeführer bemängelt, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, den ihn durch den vorliegenden Beseitigungsauftrag treffenden finanziellen Aufwand zu schätzen oder zu berechnen. Die bisherigen Baumaßnahmen und die damit verbundenen Kosten wären nämlich für den Beschwerdeführer "frustriert". Er wäre zusätzlich mit erheblichen Kosten belastet.

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist bei Aufträgen nach § 138 WRG 1959 eine Prüfung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit und der Adäquanz vorzunehmen (VfSlg. 13.587/93, VfSlg. 14.489/96). Es handelt sich dabei aber nicht um eine subjektive, auf die jeweilige finanzielle Situation des Verpflichtenden abstellende, sondern um eine objektive Zumutbarkeit im Sinne einer Verhältnismäßigkeit von Mitteleinsatz und "Erfolg" (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/07/0028, mwN).

Diese Ausführungen haben auch für einen Behandlungsauftrag nach § 73 AWG 2002 Gültigkeit.

Wenn der Beschwerdeführer die bisherigen Baumaßnahmen und deren Kosten durch den Behandlungsauftrag "als frustriert" und den ihn treffenden finanziellen Aufwand als "unwirtschaftlich" betrachtet, bezieht er sich auf subjektive, seine finanzielle Situation betreffende Momente, die auch nicht näher konkretisiert werden. Diese subjektiven Umstände spielen jedoch bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung keine Rolle.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am