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VwGH vom 23.05.2012, 2008/22/0780

VwGH vom 23.05.2012, 2008/22/0780

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, den Hofrat Dr. Robl und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des A, vertreten durch Mag. Martin Ströck, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Mahlerstraße 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 148.003/2-III/4/06, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den mit datierten und am eingelangten Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, auf erstmalige Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung" als Sohn eines österreichischen Staatsbürgers gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) zurück.

Begründend stützte sich die belangte Behörde im Wesentlichen darauf, dass der Beschwerdeführer am einen Asylantrag gestellt habe, über den noch nicht rechtskräftig entschieden worden sei, weshalb er auch über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach "dem Asylgesetz" verfüge. Somit sei auf ihn das NAG gemäß dessen § 1 Abs. 2 Z 1 nicht anwendbar.

Im Übrigen erfülle der Beschwerdeführer die in der Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/EG festgehaltenen Voraussetzungen nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Die belangte Behörde hat die erstinstanzliche Zurückweisung des Antrags des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im Hinblick auf die Bestimmung des § 1 Abs. 2 Z 1 des am in Kraft getretenen NAG bestätigt, derzufolge das NAG nicht für Fremde gilt, die nach dem Asylgesetz 2005 oder nach vorigen asylgesetzlichen Bestimmungen zum Aufenthalt berechtigt sind.

Diese Bestimmung stellt sich nicht als verfassungswidrig dar, zumal mit diesem Ausschluss kein Eingriff nach Art. 8 EMRK verbunden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/22/0672, unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1019/06).

Soweit der Beschwerdeführer die Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/EG anspricht, behauptet er aber nicht in konkreter Weise, dass sein Vater im Sinne dieser Richtlinie sein diesbezügliches Freizügigkeitsrecht in Anspruch genommen habe.

Auch der Unionsbürgerstatus des Vaters des Beschwerdeführers (vgl. dazu das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom , Rechtssache C-256/11, "Dereci u.a.") macht den angefochtenen Bescheid noch nicht rechtswidrig. Da nämlich der Beschwerdeführer als Asylwerber über ein (vorläufiges) Aufenthaltsrecht in Österreich verfügt, wird jedenfalls nicht in den Kernbestand der Rechte, die der Unionsbürgerstatus verleiht, eingegriffen, weil sich der Unionsbürger in solchen Konstellationen nicht de facto gezwungen sieht, das Gebiet der Union zu verlassen (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/22/0837).

Allerdings führt die türkische Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers die Beschwerde zum Erfolg.

Wie dies der Verwaltungsgerichtshof in dem bereits angeführten Erkenntnis vom auf der Grundlage des angeführten Urteiles des EuGH näher begründet hat (auf dessen Ausführungen gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird), bewirkte § 1 Abs. 2 Z 1 NAG - der vorläufig aufenthaltsberechtigte Asylwerber, auch wenn sie Angehörige von Österreichern sind, von der Erteilung eines Aufenthaltstitels ausschließt - eine unzulässige Schlechterstellung im Sinn des Assoziationsrechts EWG/Türkei.

Da die belangte Behörde dies verkannte, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am