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VwGH vom 22.11.2006, 2006/15/0265

VwGH vom 22.11.2006, 2006/15/0265

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schilhan, über die Beschwerde des Werner W in R, vertreten durch Dr. Burkhard Hirn, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Gilmstraße 2, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom , GZ. RV/0107-F/05, betreffend Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2002, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung der Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 für das Jahr 2002 abgewiesen. Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer im Streitjahr nichtselbständig tätig gewesen sei. In seiner am elektronisch eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung habe er ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ausgewiesen. Das Finanzamt habe den mit datierten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 erlassen.

Der Beschwerdeführer habe im Jahr 2002 eine Fotovoltaikanlage zur Erzeugung und Lieferung elektrischer Energie errichtet. Am habe er für das Jahr 2002 auf Grund der aus der gewerblichen Stromerzeugung erzielten Erlöse und Einkünfte (- 865,35 EUR) eine Umsatz- und Einkommensteuererklärung sowie ein Verzeichnis zur Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 und weitere Beilagen eingereicht. Das Finanzamt habe das Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer 2002 wieder aufgenommen und erklärungsgemäße Umsatz- und Einkommensteuerbescheide erlassen. Die Investitionszuwachsprämie sei mit dem gemäß § 201 BAO erlassenen Bescheid versagt worden, weil nach erfolgter Abgabe der ersten Steuererklärung die nachträgliche Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie ausgeschlossen sei.

Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde aus, das Gesetz sehe für die Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie in § 108e EStG 1988 ein eigenständiges, vom Veranlagungsverfahren klar abgekoppeltes Verfahren vor. Die Einreichung des Verzeichnisses werde mit dem Zeitpunkt der Einreichung der Steuererklärung befristet.

Strittig sei, ob die erstmals die gewerblichen Einkünfte ausweisende Einkommensteuererklärung (Formular E1) oder die bereits zuvor eingereichte Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung (Formular L1) als die im Sinne des § 108e Abs. 4 EStG 1988 maßgebliche Steuererklärung anzusehen sei.

Als Steuererklärung könne nur die erstmals für einen Veranlagungszeitraum abgegebene Erklärung angesehen werden. Eine auf Grund des § 139 BAO überreichte berichtigte Steuererklärung stelle nur eine Anzeige im Sinne des § 119 Abs. 2 BAO dar. Unter "der Steuererklärung", der nach § 108e EStG 1988 das Verzeichnis über die Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie anzuschließen sei, könne somit nur die erste, ursprüngliche Abgabenerklärung, nicht aber eine später vorgelegte zur Wiederaufnahme des Verfahrens führende Erklärung verstanden werden. Bei der im vorliegenden Fall zunächst eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung handle es sich ohne Zweifel um eine Abgabenerklärung und sei auf deren Grundlage der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 vom ergangen. Nach Einlangen der erstmals negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb ausweisenden und die ursprüngliche Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung insoweit korrigierende bzw. berichtigende Einkommensteuererklärung 2002 habe das Finanzamt richtigerweise das Verfahren gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder aufgenommen und einen neuen Einkommensteuerbescheid erlassen.

Für eine vom Beschwerdeführer gewünschte Auslegung dahingehend, dass das Verzeichnis sinnvollerweise nur jener Erklärung anspruchsbegründend angeschlossen werden könne, in der die entsprechenden Einkünfte deklariert seien, bestehe kein Raum, weil sich aus dem Gesetzestext keine wie immer geartete diesbezügliche Bezugnahme ergebe. Auch werde ansonsten derjenige, der Teile seiner Einkünfte vorerst nicht erkläre, gegenüber demjenigen, der seiner Wahrheits- und Offenlegungspflicht zur Gänze nachkomme, begünstigt behandelt. Ebenso wenig könne das verwendete Formular maßgeblich sein, entscheidend sei vielmehr, ob ein Anbringen als Abgabenerklärung zu werten sei oder nicht.

Aus der Anführung der §§ 42 und 43 im ersten Satz des § 108e Abs. 4 EStG 1988 könne nicht abgeleitet werden, dass die Abgabe einer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung der Gewährung der Investitionszuwachsprämie nicht entgegenstehe, wenn das Verzeichnis zur Geltendmachung der Prämie einer nachträglich für das Veranlagungsjahr gemäß § 42 EStG 1988 eingereichten Einkommensteuererklärung angeschlossen werde. Im Beschwerdefall habe der Beschwerdeführer eine Veranlagung nach § 41 Abs. 2 EStG 1988 beantragt. Sollte daher die Anführung der §§ 42 und 43 im § 108e EStG 1988 in dem Sinne zu verstehen sein, dass das Verzeichnis anspruchsbegründend nur einer nach den genannten Bestimmungen verpflichtend abzugebenden Steuererklärungen angeschlossen werden könne, eine zuvor freiwillig abgegebene Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung daher unschädlich sei, sei für den Beschwerdeführer schon deshalb nichts gewonnen, weil für ihn eine Erklärungspflicht nach § 42 EStG 1988 nicht bestanden habe und die Bestimmung die freiwillige Abgabe einer Erklärung nicht vorsehe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Mit Erkenntnis vom , 2004/15/0104, hat der Verwaltungsgerichtshof zu Recht erkannt, dass ein Antrag auf Gewährung der Investitionszuwachsprämie nach der - auch im Beschwerdefall anzuwendenden - Stammfassung des § 108e EStG 1988, wenn er nicht mit der Einreichung der Abgabenerklärung gestellt wird, verspätet ist. Die Investitionszuwachsprämie für ein bestimmtes Kalenderjahr ist bei einem über den 31. Dezember hinausgehenden Wirtschaftsjahr mit der Abgabenerklärung für das folgende Kalenderjahr zu beantragen, weil er zu diesem Zeitpunkt die für die Geltendmachung erforderlichen Daten vollständig vorliegen. Auf die Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.

Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, 2006/15/0049, hat der Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass die Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2002 mit der Körperschaftsteuererklärung 2002 geltend zu machen ist, auch wenn diese Abgabenerklärung materiell unrichtige Steuerbemessungsgrundlagen ausweist. Die Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie im Zusammenhang mit einer gemäß § 139 BAO berichtigten Körperschaftsteuererklärung des betreffenden Jahres ist verspätet.

Der Prämienantrag kann somit nach Einreichung der Abgabenerklärung betreffend Einkommen- und/oder Körperschaftsteuer (bzw. der Gewinnfeststellungserklärung) nicht wirksam gestellt werden. Die Steuererklärung des betreffenden Jahres im Sinne des § 108e EStG 1988 ist die Abgabenerklärung, mit jener Einkünfte erklärt werden müssten, die Voraussetzung für die Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie sind.

Im Beschwerdefall wurde zunächst die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung eingereicht. Der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten vermittelte dem Beschwerdeführer keinen Anspruch auf Gewährung einer Investitionszuwachsprämie. Maßgeblich für die rechtzeitige Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie ist die Abgabenerklärung, mit der Einkünfte erklärt werden sollen (§§ 42, 43), die für die Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie erforderlich sind.

Da die belangte Behörde dies verkannt hat, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren hinsichtlich der Umsatzsteuer war abzuweisen, weil neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand ein Kostenersatz unter dem Titel von Umsatzsteuer nicht zusteht (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 686).

Wien, am