VwGH vom 26.06.2012, 2008/22/0775
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des A, vertreten durch Dr. Thomas Neugschwendtner, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Schleifmühlgasse 5/8, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 150.960/2-III/4/08, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den mit datierten und am eingelangten Antrag des Beschwerdeführers, eines afghanischen Staatsangehörigen, auf Ausstellung einer Daueraufenthaltskarte im Hinblick auf seine österreichischen Wahleltern gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) zurück.
Zur Begründung verwies die belangte Behörde im Wesentlichen darauf, dass der Beschwerdeführer am einen Asylantrag gestellt habe. Mit Bewilligung der Annahme an Kindesstatt durch das Bezirksgericht Innere Stadt Wien vom sei er von einem österreichischen Ehepaar adoptiert worden. Sein "Asylverfahren" sei noch nicht rechtskräftig abgeschlossen und er verfüge über eine bis gültige "vorläufige" Aufenthaltsberechtigung "nach dem Asylgesetz". Unter Berücksichtigung dessen, dass er damit nach den Bestimmungen des Asylgesetzes - "wenn auch nur vorläufig" - zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sei, sei auf ihn das NAG gemäß dessen § 1 Abs. 2 Z 1 nicht anwendbar.
Im Übrigen erfülle der Beschwerdeführer nicht die in der Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/EG festgehaltenen Voraussetzungen und es sei im Verfahren auch kein Anhaltspunkt dafür hervorgekommen, dass seine "Ehegattin" (gemeint wohl: Wahleltern) ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen hätte(n).
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:
Vorab ist festzuhalten, dass im gegenständlichen Verfahren das NAG, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 2/2008 zur Anwendung gelangt.
Aus der Aktenlage ergibt sich, dass dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundesasylamtes vom gemäß § 8 Asylgesetz 1997 der Status eines subsidiär Schutzberechtigen im Hinblick auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt worden war. Die gegen die seinen Asylantrag abweisende Entscheidung des Bundesasylamtes erhobene Berufung wurde durch den unabhängigen Bundesasylsenat mit Bescheid vom abgewiesen und wurde dem vorgelegten Bescheid des Bundesasylamtes vom zufolge mit rechtskräftig. Zum Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlich angefochtenen Bescheides war dem Beschwerdeführer mit dem erwähnten Bescheid des Bundesasylamtes vom erneut eine (für ein weiteres Jahr) befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 8 Abs. 4 Asylgesetz 2005, gültig bis zum , erteilt worden. Vor diesem Hintergrund hat die belangte Behörde zu Recht die Zurückweisung des Antrags des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels unter Bedachtnahme auf die Bestimmung des § 1 Abs. 2 Z 1 des am in Kraft getretenen NAG bestätigt, derzufolge das NAG nicht für Fremde gilt, die nach dem Asylgesetz 2005 oder nach vorigen asylgesetzlichen Bestimmungen zum Aufenthalt berechtigt sind.
Diese Bestimmung stellt sich nicht als verfassungswidrig dar, zumal mit diesem Ausschluss kein Eingriff nach Art. 8 EMRK verbunden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/22/0672, unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1019/06).
Auch das Unionsrecht steht der Anwendung des § 1 Abs. 2 Z 1 NAG nicht entgegen. Durch den Ausschluss der Anwendung des NAG auf asylrechtlich aufenthaltsberechtigte Fremde wird diesen Personen kein Aufenthaltsrecht in Österreich verweigert; vielmehr wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltsrecht (gemäß § 8 Abs. 4 Asylgesetz 2005) ausdrücklich zuerkannt. Durch die Erteilung einer verlängerbaren, befristeten Aufenthaltsberechtigung für die Dauer von einem Jahr gemäß § 8 Abs. 4 Asylgesetz 2005 wird entgegen der Beschwerdeansicht auch den Anforderungen des Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG ("Statusrichtlinie") Rechnung getragen.
Soweit der Beschwerdeführer die Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/EG anspricht, gesteht er selbst in seiner Beschwerde zu, dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass seine Wahleltern ihr Freizügigkeitsrecht in Anspruch genommen hätten; eine Anwendbarkeit dieser Richtlinie im Beschwerdefall ist daher ausgeschlossen (vgl. dazu schon die Urteile des Gerichtshofes der Europäischen Union vom , Rs. C- 34/09, Zambrano, Randnr. 39, und vom , Rs. C- 256/11, Dereci u.a., Randnr. 52 ff.), sodass sich der Beschwerdeführer nicht darauf berufen kann, um die Anwendbarkeit des NAG zu begründen.
Auch der Unionsbürgerstatus der Wahleltern des Beschwerdeführers macht den angefochtenen Bescheid noch nicht rechtswidrig. Da nämlich der Beschwerdeführer als subsidiär Schutzberechtigter ein asylrechtliches befristetes (nicht: "vorläufiges") und bei Vorliegen der maßgeblichen Voraussetzungen stets verlängerbares Aufenthaltsrecht gemäß § 8 Abs. 4 Asylgesetz 2005 innehat, wird jedenfalls nicht in den Kernbestand der Rechte, die der Unionsbürgerstatus verleiht, eingegriffen, weil sich die Unionsbürger (konkret: die Wahleltern des Beschwerdeführers) in solchen Konstellationen nicht de facto gezwungen sehen, das Gebiet der Union zu verlassen (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2008/22/0837, und vom , Zl. 2008/21/0162).
Soweit im Übrigen die Beschwerde den Status des Beschwerdeführers als subsidiär Schutzberechtigter als unzumutbar bezeichnet, weil der Beschwerdeführer sohin "von jeder Reisetätigkeit ausgeschlossen" sei, genügt es darauf zu verweisen, dass sowohl nach dem NAG aufenthaltsberechtigte Fremde als auch subsidiär Schutzberechtigte für die Ausstellung eines bei Auslandsreisen erforderlichen Fremdenpasses die dafür vorgesehenen Voraussetzungen des § 88 Fremdenpolizeigesetz (FPG) erfüllen müssen; eine Benachteiligung des Beschwerdeführers durch seinen subsidiären Schutzstatus ist vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich.
Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am