VwGH vom 26.07.2007, 2006/15/0263
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kinsky, über die Beschwerde des TP in M, vertreten durch Bröll Gasser Treuhand GmbH Kommanditpartnerschaft, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 6850 Dornbirn, Färbergasse 15, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom , GZ. RV/0126-F/04, betreffend Umsatzsteuer 1997, Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2000 und Einkommensteuer 2000, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Das Finanzamt setzte mit Bescheid vom die Umsatzsteuer für das Jahr 1997 mit EUR 0,0 fest. Mit weiterem Bescheid vom nahm das Finanzamt das Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer für das Jahr 2000 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder auf und erließ einen neuen Sachbescheid.
Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde über die Berufungen des Beschwerdeführers gegen diese Bescheide. Sie setzte die Umsatzsteuer für das Jahr 1997 mit EUR -1.642,29 fest; die Berufungen betreffend die Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 2000 sowie die Einkommensteuer 2000 wurden als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführer übe seit dem Jahr 1999 eine Vortragstätigkeit in Österreich aus. Davor sei er in der Schweiz selbständig tätig gewesen. In der am abgegebenen Einkommensteuererklärung für das Jahr 1999 habe er u.a. Kosten für ein im Wohnhaus befindliches Büro samt Nebenräumen (Garderobe, Diele, WC, insgesamt 13,63 % der Gesamtfläche) als Betriebsausgaben geltend gemacht. Dieses Wohnhaus sei im Jahr 1997 errichtet worden und werde vom Beschwerdeführer und seiner Ehefrau bewohnt. Zwischen 1997 und 1999 habe der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit in der Schweiz seinen Wohnsitz in Zürich und sein Büro in Winterthur beibehalten.
In der am eingereichten Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1997 habe der Beschwerdeführer nachträglich die im Zusammenhang mit den Errichtungskosten für das Büro angefallene Umsatzsteuer (EUR 3.284,59) als Vorsteuer abgezogen.
Anfang des Jahres 2003 habe das Finanzamt eine Betriebsprüfung betreffend die Jahre 1997 bis 2000 durchgeführt. Die Prüferin habe festgestellt, dass der Vorsteuerabzug für das Büro nicht zustehe, weil im Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes vom Beschwerdeführer noch keine unternehmerische Tätigkeit entfaltet worden sei.
Weiters sei festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2000 aus seiner Betriebsunterbrechungsversicherung EUR 13.557,92 erhalten habe. Die Prämien zu einer solchen Betriebsunterbrechungsversicherung stellten Betriebsausgaben dar, weshalb Einnahmen aus einer solchen als Betriebseinnahmen zu erklären seien. Die im Jahr 2000 zugeflossene Versicherungszahlung sei daher den Einkünften dieses Jahres hinzuzurechnen. Da diese Tatsache erst im Rahmen der Betriebsprüfung ans Licht getreten sei, sei das bereits rechtskräftige Einkommensteuerverfahren 2000 wieder aufzunehmen.
Das Finanzamt habe den Feststellungen der Prüferin folgend am entsprechende Bescheide erlassen.
Nachdem das Finanzamt die gegen diese Bescheide erhobenen Berufungen mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet abgewiesen hatte, habe der Beschwerdeführer den Vorlageantrag gestellt.
Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde nach Gesetzeszitaten zur Umsatzsteuer 1997 aus, das Finanzamt habe die Vorsteuerabzugsberechtigung mit dem Argument verneint, der Beschwerdeführer sei im Zeitpunkt der Errichtung des Büros noch nicht Unternehmer gewesen. Dieser Auffassung könne sich die belangte Behörde nicht anschließen. Der Beschwerdeführer sei bereits in der Schweiz selbständig als Vortragender tätig und daher Unternehmer gewesen. Dass er bis 1999 keine Leistungen im Inland ausgeführt habe, ändere nichts am Vorliegen der Unternehmereigenschaft. Fraglich sei aber, ob die Errichtung des Büros im Jahr 1997 zum Unternehmensbereich des Beschwerdeführers gehört habe. Auch diese Frage sei nach Auffassung der belangten Behörde zu bejahen. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung genüge es für den unternehmerischen Bezug empfangener Leistungen, wenn diese im Zusammenhang mit künftigen Umsätzen stünden. Der Beschwerdeführer habe glaubhaft dargelegt, dass das in Rede stehende Büro von Beginn an für eine geplante auswärtige Vortragstätigkeit im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung in Schulen sowie auch für entsprechende EDV-Schulungen vorgesehen gewesen sei. Zum Nachweis dafür habe er mehrere Bewerbungsschreiben aus dem Jahr 1997 sowie einen Bauplan über das Wohnhaus, in dem das Büro bereits eingezeichnet gewesen sei, und eine Rechnung über die Installation einer Telefonanlage mit mehreren Nebenstellen vorgelegt. Dass es dem Beschwerdeführer erst im Jahr 1999 gelungen sei, Lehraufträge zu erlangen und entsprechende Umsätze zu erzielen, schade dem unternehmerischen Bezug der Errichtung des Büros nicht.
Es sei somit zu klären, in welcher Höhe der Vorsteuerabzug zustehe. Der Beschwerdeführer habe neben steuerpflichtigen Umsätzen auch unecht steuerfreie Umsätze gemäß § 6 Abs. 1 Z. 11 lit. b UStG (Umsätze von Privatlehrern an öffentlichen Schulen und Schulen im Sinne der lit. a) ausgeführt, die vom Vorsteuerabzug ausschlössen. Wie die vom Beschwerdeführer vorgelegten Bewerbungsschreiben aus dem Jahr 1997 belegten, habe er bereits im Jahr der Errichtung des Büros die Absicht gehabt, eine Lehrtätigkeit auszuüben, deren Umsätze unecht von der Steuer befreit seien. Da das Büro somit erwiesenermaßen vom Beginn an auch mit der Erbringung unecht steuerfreier Umsätze in Verbindung gestanden sei, sei der Vorsteuerabzug im Ausmaß dieser Umsätze ausgeschlossen. Die belangte Behörde erachte es als zweckmäßig und richtig, das Ausmaß der Vorsteuerabzugsberechtigung nach dem Verhältnis der in den Jahren 1999 bis 2002 ausgeführten steuerpflichtigen und unecht steuerbefreiten Umsätze zu ermitteln. Dieses Verhältnis habe im angesprochenen Zeitraum etwa 50:50 betragen. Es sei somit ein Vorsteuerabzug in Höhe von 50 % der geltend gemachten Vorsteuern anzuerkennen. Diesem Ergebnis sei im Rahmen der Berufungsverhandlung sowohl vom Beschwerdeführer als auch vom Finanzamt zugestimmt worden.
Dem vom Beschwerdeführer in der Berufung erhobenen Antrag, das gesamte Wohnhaus dem unternehmerischen Bereich zuzuordnen und die gesamte Vorsteuer abzuziehen, folge die belangte Behörde nicht. Der Vorsteuerabzug stehe nur insoweit zu, als die empfangenen Leistungen für das Unternehmen ausgeführt worden seien. Gemäß § 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1994 in der Fassung BGBl. 1996/756, hätten Lieferungen und sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Anschaffung, Errichtung oder Erhaltung von Gebäuden insoweit als für das Unternehmen ausgeführt gegolten, als die Entgelte hiefür nach den einkommensteuerlichen Vorschriften Betriebs- oder Werbungskosten gewesen seien. Eine davon abweichende Zuordnung von Gebäudeteilen zum Unternehmensbereich sei nach der Rechtsprechung des EuGH zwar möglich gewesen, allerdings hätte eine solche Zuordnung nach dieser Rechtsprechung im Zeitpunkt der Lieferung zu erfolgen gehabt. Dies habe auch der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom , 2000/14/0204, bestätigt.
Der Beschwerdeführer habe den unternehmerisch genutzten Teil des Wohnhauses in der Beilage zur Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1997 mit 13,63 % angegeben. Die nachträgliche Zuordnung der privat genutzten Gebäudeteile zum Unternehmensbereich in der Berufung sei daher als zu spät anzusehen. Somit stehe der Vorsteuerabzug nur für die tatsächlich unternehmerisch genutzte Fläche von 13,63 % zu und auch hier auf Grund der teilweisen Verwendung für unecht steuerbefreite Umsätze nur zu 50 %. Der Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 1997 sei daher teilweise stattzugeben gewesen.
Zur Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 2000 führte die belangte Behörde aus, das Finanzamt habe dieses Verfahren wieder aufgenommen, weil im Zuge der Betriebsprüfung hervorgekommen sei, dass dem Beschwerdeführer im Jahr 2000 Einnahmen aus einer Betriebsunterbrechungsversicherung zugeflossen seien, die er nicht zur Einkommensteuer erklärt habe. Damit liege jedenfalls eine neue Tatsache im Sinn des § 303 Abs. 4 BAO vor. Diese Tatsache sei auch geeignet, einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeizuführen. Die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens seien daher gegeben gewesen. Die Berufung betreffend Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 2000 sei daher als unbegründet abzuweisen gewesen.
Zur Einkommensteuer 2000 führte die belangte Behörde aus, strittig sei, ob die vom Beschwerdeführer im Jahr 2000 vereinnahmten Leistungen aus einer Betriebsunterbrechungsversicherung als Betriebseinnahmen und die in diese Versicherung gezahlten Prämien als Betriebsausgaben zu erfassen seien. Nach Auffassung des Beschwerdeführers läge im Falle dieser Versicherung keine betriebliche Veranlassung vor, weil sie nur der Sicherung des Familieneinkommens diene.
Die belangte Behörde teile diese Auffassung nicht. Bei einer Betriebsunterbrechungsversicherung handle es sich um eine Sachversicherung, bei der der Betrieb und nicht die Person des Betriebsinhabers versichert sei (Hinweis auf das ) und biete in bestimmten Schadensfällen den Ersatz des entgangenen Betriebsgewinnes wie auch der fortlaufenden Kosten. Die in eine solche Versicherung bezahlten Prämien würden daher als Betriebsausgaben anerkannt, während die aus dieser Versicherung empfangene Entschädigungszahlung zu den jeweiligen Einkünften zu zählen seien (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , 96/13/0101). Dass mit einer solchen Versicherung indirekt auch das Einkommen des Betriebsinhabers abgesichert werde, ändere an deren betrieblichen Veranlassung nichts. Entscheidend sei nicht die Verwendung der Versicherungsleistung, sondern der Gegenstand der Versicherung, und das sei im Falle einer Betriebsunterbrechungsversicherung der Betrieb. An der betrieblichen Veranlassung dieser Versicherung bestehe daher kein Zweifel. Die daraus empfangenen Leistungen seien daher den Einkünften aus selbständiger Arbeit des Jahres 2000 hinzuzurechnen gewesen, während die für diese Versicherung geleisteten Prämien im Rahmen dieser Einkünfte als Betriebsausgaben abzusetzen gewesen seien.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1. Umsatzsteuer 1997:
Der Beschwerdeführer erachtet sich im Recht auf vollen Vorsteuerabzug für gemischt genutzte Gebäude verletzt. Er macht geltend, entgegen der Auffassung der belangten Behörde habe er in der Beilage zur Umsatzsteuererklärung keine Zuordnungsentscheidung, sondern lediglich eine Kostenaufstellung vorgenommen.
Nach Ausweis der Verwaltungsakten führte der Beschwerdeführer in der mit "Kostenaufteilung Haus" übertitelten Beilage zur Umsatzsteuererklärung 1997 zunächst den "Nettobetrag", "VSt", und den "Bruttobetrag" an. Nach Angaben zur "Gesamtfläche", "Bürofläche gesamt" und der "gemeinsam genutzten Fläche" bezifferte er den "Anteil Büro an Gesamtfläche" mit 13,63 %. Schließlich wurde angegeben "anteilige VSt Büro 45.196,81".
Dies zeigt, dass der Beschwerdefall in dem für seine Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkten - sowohl hinsichtlich des Sachverhaltes als auch hinsichtlich der zu beantwortenden Rechtsfrage - jenem gleicht, der dem hg. Erkenntnis vom , 2001/15/0085, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, zu Grunde lag. Aus den dort dargelegten Gründen erweist sich auch die vorliegende Beschwerde hinsichtlich Umsatzsteuer 1997 als unbegründet. Vor diesem Hintergrund war nicht darauf einzugehen, ob im Beschwerdefall ein Anwendungsfall des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a UStG 1994 vorliegt.
2. Zur Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 2000 bzw. Einkommensteuer 2000:
Der Beschwerdeführer macht geltend, wenn sich herausstelle, dass die Versicherungsleistung aus der Betriebsunterbrechungsversicherung privat verlasst sei, falle der Wiederaufnahmegrund weg. Bei seinem Unternehmen handle es sich um einen "Ein-Mann-Betrieb". Durch eine Betriebsunterbrechungsversicherung werde nahezu ausschließlich nur der entgangene Unternehmerlohn abgesichert und dadurch das Familieneinkommen sichergestellt. Dieses sei im Beschwerdefall infolge einer schweren Lungenentzündung mit Krankenhausaufenthalt und mehrmonatiger Rekonvaleszenz gefährdet gewesen.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Zudem geht die Beschwerde nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, wenn sie vorbringt, die Betriebsunterbrechungsversicherung habe "nahezu ausschließlich nur den entgangenen Unternehmerlohn" abgesichert.
Bereits das Finanzamt ging in der Berufungsvorentscheidung - was einem Vorhalt gleich kommt - davon aus, dass die Betriebsunterbrechungsversicherung den Schaden ersetze, der durch eine gänzliche oder teilweise Unterbrechung des Betriebes infolge eines Schadensereignisses wie Krankheit, der den Betrieb leitenden Personen, Brand, Explosion etc. eintrete. Dabei werde ein Ersatz in Höhe des tatsächlich entgangenen Betriebsgewinnes einschließlich der laufenden Betriebskosten gewährt.
Im Vorlageantrag trat der Beschwerdeführer dem nicht entgegen. Die belangte Behörde konnte daher in tatsächlicher Hinsicht davon ausgehen, dass die in Rede stehende Versicherung den Ersatz des entgangenen Gewinnes wie auch der fortlaufenden Kosten geleistet habe.
Betriebseinnahmen sind durch den Betrieb veranlasste Vermögensvermehrungen. Prämienzahlungen für eine Betriebsunterbrechungsversicherung bilden laufende Betriebsausgaben. Eine Zahlung auf Grund einer solchen Versicherung bildet eine Betriebseinnahme (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 96/13/0101, und Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, § 4 Abs. 4 allgemein, Stichwort Versicherungsprämien). Die belangte Behörde hat daher die steuerlichen Folgen der Betriebsunterbrechungsversicherung, auch wenn es sich beim Unternehmen des Beschwerdeführers um einen "Ein-Mann-Betrieb" handelt (vgl. zu Versicherungen bei einer derartigen Betriebsgröße etwa die Urteile des Obersten Gerichtshofes vom , 7 Ob 55/86, vom , 7 Ob 65/02p, und vom , 7 Ob 179/04f), zutreffend beurteilt.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am