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VwGH vom 09.09.2010, 2008/22/0771

VwGH vom 09.09.2010, 2008/22/0771

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des B, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom , Zl. Fr-112/08, betreffend Ausweisung nach § 54 FPG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen bosnischen Staatsangehörigen, gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG aus Österreich aus.

Dies begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer eine bis befristete Niederlassungsbewilligung als Adoptivsohn seines österreichischen Stiefvaters erhalten habe. Das Einkommen des Stiefvaters habe damals EUR 1.246,14 betragen und es habe der Stiefvater auf Grund eines Unterhaltsvergleichs monatlich EUR 360,-- für seine beiden Kinder bezahlen müssen. Zudem habe er einen Kredit mit einer Tilgungsrate von EUR 199,-- monatlich zurückzuzahlen gehabt. Zum Zeitpunkt der Erteilung der Niederlassungsbewilligung habe das Einkommen des Stiefvaters ausgereicht, die Aufenthaltskosten des Beschwerdeführers in Österreich sicherzustellen.

Wegen des zeitgerecht gestellten Verlängerungsantrages sei das monatliche Einkommen des Stiefvaters erneut einer Prüfung unterzogen worden. Dieser habe ein monatliches durchschnittliches Nettoeinkommen von EUR 1.219,16 und habe mit seinem Verdienst für seine Ehefrau und für den Beschwerdeführer aufzukommen und mittlerweile EUR 460,-- an Unterhalt für seine Kinder zu entrichten. Für den (im Jahr 1988 geborenen) Beschwerdeführer sei gemäß § 293 ASVG ein Betrag von EUR 747,-- zu fordern. Somit sei das monatliche Nettoeinkommen des Stiefvaters zu gering, um den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich zu sichern. Es bestehe daher die Gefahr einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft und es sei dadurch die Erteilungsvoraussetzung des § 11 Abs. 2 Z 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) nicht gegeben. Der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels stehe daher ein Versagungsgrund entgegen. Den Berufungsausführungen, wonach bei der Familie des Beschwerdeführers keine finanziellen Änderungen eingetreten seien, werde entschieden entgegengetreten, weil der Stiefvater sowohl weniger verdiene als auch mehr Unterhalt für seine beiden Kinder als bei der Erstantragstellung zu leisten habe.

In der Folge prüfte die belangte Behörde die Zulässigkeit der Ausweisung nach § 66 FPG und gelangte zum Ergebnis, dass die Auswirkungen der Ausweisung auf das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen für die Allgemeinheit im Fall einer Abstandnahme von dieser Maßnahme.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde - in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Der Beschwerdeführer macht Unzuständigkeit der belangten Behörde in der Weise geltend, dass er Angehöriger eines freizügigkeitsberechtigten Österreichers sei und demnach gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 FPG der Unabhängige Verwaltungssenat für das Bundesland Salzburg zuständig gewesen wäre.

Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass die Inanspruchnahme der gemeinschaftsrechtlich zustehenden Freizügigkeit durch den Stiefvater des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren nicht behauptet wurde. Dem in der Beschwerde erstmals erstatteten Vorbringen, der Stiefvater des Beschwerdeführers habe "mehrere Monate in Deutschland" gewohnt, steht sohin das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot entgegen. Somit war die belangte Behörde nach den im Verwaltungsverfahren getroffenen Feststellungen zur Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers schon deshalb zuständig und sie hat zu Recht § 54 FPG angewendet.

Dabei ist ihr aber ein Rechtsirrtum unterlaufen. Gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Berechnung des erforderlichen Unterhalts des Beschwerdeführers bringt der Beschwerdeführer vor, dass seine Mutter ein Durchschnittsnettoeinkommen von EUR 1.265,-- ins Verdienen bringe.

Bereits im Verfahren zur erstmaligen Erteilung des Aufenthaltstitels war vorgebracht worden, dass die Mutter des Beschwerdeführers ein eigenes Einkommen erziele.

Im Verwaltungsakt erliegt eine Berechnung der Bezirkshauptmannschaft H vom zur Höhe des erforderlichen Unterhalts für den Beschwerdeführer. Dort ist ausdrücklich vermerkt, dass die Mutter des Beschwerdeführers selbst arbeite, "für die Berechnung wird dieses Gehalt jedoch nicht herangezogen, da sie nicht Zusammenführende ist".

Dem gegenüber hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen (vgl. das Erkenntnis vom , 2008/22/0637), dass in einer Konstellation wie der vorliegenden zur Berechnung der erforderlichen Unterhaltsmittel für den nachziehenden Sohn bzw. Stiefsohn auf das Haushaltseinkommen des Zusammenführenden und seiner Ehefrau Bedacht zu nehmen ist. Durch das gemeinsame Einkommen muss der Unterhalt des Ehepaares in Höhe des "Familienrichtsatzes" des § 293 ASVG gesichert sein und die verbleibende Differenz kann für den erforderlichen Unterhalt des Nachziehenden herangezogen werden. In Verkennung der Rechtslage hat die belangte Behörde das Einkommen der Mutter des Beschwerdeführers (Ehefrau des Zusammenführenden) nicht berücksichtigt.

Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. Bei diesem Ergebnis kann eine Überprüfung des angefochtenen Bescheides aus dem Blickwinkel des § 66 FPG unterbleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
LAAAE-85359