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VwGH vom 25.09.2014, 2011/07/0006

VwGH vom 25.09.2014, 2011/07/0006

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger, die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde der M-GmbH in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom , Zl. BMLFUW-LE.4.3.2/0028- I/2/2010, betreffend Feststellung der Unzulässigkeit des Inverkehrbringens eines Pflanzenschutzmittels, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom meldete die beschwerdeführende Partei das Pflanzenschutzmittel "D", deutsche Parallelimport Nr. 042973-00/037, zugelassen im Herkunftsmitgliedstaat Polen mit der Handelsbezeichnung "De", Registernummer 261(98), als Parallelimport zum deutschen Referenzprodukt "De flüssig", BRD-Zulassungsnummer 042973-00, gemäß § 3 Abs. 4 Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 (PMG 1997) an. In der Folge wurde das deutsche Parallelimportmittel D im amtlichen Pflanzenschutzmittelregister beim Bundesamt für Ernährungssicherheit (im Folgenden: BAES) unter der Pflanzenschutzmittelregisternummer 901073 mit dem Ablaufdatum eingetragen.

Mit Schreiben des BAES vom wurde der beschwerdeführenden Partei Parteiengehör im Rahmen des Ermittlungsverfahrens betreffend den Widerruf der Anmeldung des Pflanzenschutzmittels D gemäß § 3 Abs. 4 PMG 1997 gewährt. Begründend führte das BAES aus, dass im Rahmen der amtlichen Pflanzenschutzmittelkontrolle Proben von in Österreich vorgefundenen Lagermengen des verfahrensgegenständlichen Pflanzenschutzmittels D, Parallelimport-Nummer 042973-00/037, gezogen worden seien. Die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Kompetenzzentrum Rückstandsanalytik Wien, habe eine Vergleichsuntersuchung mit dem Referenzprodukt De flüssig, BRD-Zulassungsnummer 042973-00, durchgeführt. Diese Überprüfung habe ergeben, dass D stofflich nicht mit dem Referenzprodukt De flüssig ident sei. Gravierende Unterschiede hätten sich insbesondere hinsichtlich des Isomerenverhältnisses der Wirkstoffe der gegenständlichen Pflanzenschutzmittel ergeben. Damit könne nachgewiesen werden, dass der Wirkstoff des Pflanzenschutzmittels D nicht aus derselben Quelle stamme wie der Wirkstoff des zugelassenen Referenzproduktes De. Das Ergebnis dieser Vergleichsuntersuchung werde dadurch bestätigt, dass beim Produkt D der Wirkstoffmarker, der von der Herstellerfirma B dem Produkt beigesetzt werde, fehle. Ergänzend habe das BAES die polnische Zulassungsbehörde für Pflanzenschutzmittel ersucht, die Zusammensetzung von De, Registernummer 261(98), bekanntzugeben. Aus den Angaben zur Zusammensetzung gehe eindeutig hervor, dass das in Polen zugelassene De sowie das in Deutschland zugelassene De flüssig bis auf den Farbstoff stofflich vollkommen ident seien und der markierte Wirkstoff beider Produkte aus derselben Quelle stamme. Das in Polen zugelassene Pflanzenschutzmittel De sei vom Hersteller im Gegensatz zum Referenzprodukt De flüssig mit einem grünen Farbstoff versehen worden. Bei D fehle diese grüne Einfärbung. Bei dem von der beschwerdeführenden Partei gemäß § 3 Abs. 4 PMG 1997 zum Inverkehrbringen gemeldeten Produkt D handle es sich nicht um das in Polen unter der Registernummer 261(98) zugelassene De, das vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (im Folgenden: BVL) in Braunschweig geprüft und für das die deutsche Behörde die Parallelimport Nr. 042973-00/037 erteilt habe. Das Pflanzenschutzmittel D sei daher weder in Deutschland noch in Österreich verkehrsfähig. Somit seien die Voraussetzungen für eine Zulassung des Pflanzenschutzmittels D gemäß § 12 Abs. 10 PMG 1997 nicht gegeben. Die Anmeldung gemäß § 3 Abs. 4 PMG 1997 zum Inverkehrbringen des Pflanzenschutzmittels D werde von Amts wegen widerrufen.

Die beschwerdeführende Partei brachte dazu mit Schreiben vom vor, sie gehe davon aus, dass es sich bei der von ihr unter dem Namen D in Verkehr gebrachten Ware um Originalware der Fa. B handle. Dies werde von der beschwerdeführenden Partei durch regelmäßige Analysen überprüft. Zwei denkbare Erklärungen für die mögliche Nichtübereinstimmung der analysierten Ware mit dem Referenzprodukt seien, dass einerseits der beschwerdeführenden Partei anstelle einer Original-De-Ware ein generisches Produkt - etwa aufgrund von Verwechslungen beim Umverpacken - geliefert worden sei, andererseits könnte es sich bei der von der beschwerdeführenden Partei erstandenen Lieferung De um eine ältere Charge der Fa. B handeln. Eigene Analysen und Erfahrungen der beschwerdeführenden Partei hätten gezeigt, dass dieselben Produkte von Großkonzernen in unterschiedlichen Chargen unterschiedlich ausfielen. Dies habe einerseits mit "Minor-changes" und andererseits mit dem Wechsel der Lieferanten des Wirkstoffs durch Großkonzerne sowie mit der Formulierung der Ware an unterschiedlichen Standorten zu tun.

Mit Bescheid des BAES vom wurde die Anmeldung gemäß § 3 Abs. 4 PMG 1997 zum Inverkehrbringen des Pflanzenschutzmittels D, Parallelimport Nr. 042973-00/037, mit der bereits im Schreiben vom dargelegten Begründung widerrufen.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vom führte die beschwerdeführende Partei aus, das BAES stütze den Widerruf der Anmeldung auf die vermeintlich bei einer Vergleichsuntersuchung festgestellten gravierenden Unterschiede im Isomerenverhältnis der Wirkstoffe des Pflanzenschutzmittels D und des Referenzproduktes De flüssig.

Bei dem von der beschwerdeführenden Partei unter dem Namen D in Verkehr gebrachten Pflanzenschutzmittel handle es sich um Originalware der Fa. B. Bei der gegenständlichen, untersuchten Ware handle es sich um aus Polen stammendes De, welches die beschwerdeführende Partei im Jahr 2008 von der Fa. K aus Tschechien gekauft habe. Die Ware sei laut Lieferanten im Jahr 2007 in Polen hergestellt worden. Im Übrigen überprüfe die beschwerdeführende Partei die Originalität der von ihr in Verkehr gebrachten Ware regelmäßig anhand von Analysen.

Der beschwerdeführenden Partei seien die Ergebnisse der Vergleichsuntersuchung im gegenständlichen Verwaltungsverfahren nicht zur Kenntnis gebracht worden. Es sei ihr keine Möglichkeit eingeräumt worden, zu den vermeintlichen Unterschieden in der Wirkstoffzusammensetzung von D und De flüssig Stellung zu nehmen und die Ausführungen des BAES zu verifizieren.

Betreffend allfällige Unterschiede in der Wirkstoffzusammensetzung zwischen dem Pflanzenschutzmitte D und dem Referenzmittel De flüssig erstattete die beschwerdeführende Partei ein der Stellungnahme vom entsprechendes Vorbringen. Diese in der Herstellung der Ware gelegenen Unterschiede - so die Berufung - änderten nichts an der Identität der Ware.

Weder D noch De flüssig wiesen eine grüne Farbe auf, weshalb diesbezüglich kein Unterschied bestehe. Auch habe das Originalprodukt der Fa. B aus dem Jahr 2007 keine grüne Farbe aufgewiesen.

Das BVL habe nach einer Verständigung durch die österreichischen Behörden parallel ein Verfahren zur Parallelimport Nr. 042973-00/037 eingeleitet, um die Übereinstimmung von D mit der entsprechenden Verkehrsfähigkeitsbescheinigung zu überprüfen. Die beschwerdeführende Partei habe auch in diesem Verfahren nachgewiesen, dass sie Originalware der Fa. B aus dem Jahr 2007 aus Polen parallel importiert habe. Trotz der fehlenden grünen Farbe von De flüssig im Vergleich zu De habe es sich um Originalware der Fa. B gehandelt. Das BVL habe aufgrund dieses Nachweises das Verfahren mit Schreiben vom eingestellt. Das Ergebnis dieses Verfahrens sei ein weiterer Beweis dafür, dass die beschwerdeführende Partei ausschließlich Originalware in Verkehr bringe und die Chargen desselben Herstellers Unterschiede aufwiesen.

Mit Schreiben vom forderte die belangte Behörde die beschwerdeführende Partei unter Hinweis auf ein beigefügtes Schreiben des polnischen Ministeriums für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung vom zur Stellungnahme dazu auf, dass die Zulassung des Parallelimportmittels D (Herkunftsmitgliedstaat Polen, Handelsbezeichnung De) am abgelaufen sei, weshalb die Abweisung der Berufung in Aussicht genommen werde. Dem beigefügten Schreiben war auch zu entnehmen, dass die bestehenden Bestände des Pflanzenschutzmittels De im Zeitraum vom bis zum verwendet, gelagert, in Verkehr gebracht und verwertet werden könnten.

In ihrer Stellungnahme vom brachte die beschwerdeführende Partei vor, dass - entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde - der Frage der aufrechten Zulassung des Pflanzenschutzmittels De in Polen für die Frage der Verkehrsfähigkeit von D keine rechtliche Relevanz zukomme. Die Verkehrsfähigkeit von D hänge ausschließlich von der Zulassung des deutschen Referenzproduktes De flüssig ab. Der Zulassung des Pflanzenschutzmittels De in Polen als Ursprungsmitgliedstaat komme gemäß § 16c Abs. 1 PflschG der Bundesrepublik Deutschland ausschließlich zum Zeitpunkt der Antragstellung rechtliche Relevanz zu. Das weitere Schicksal dieser Zulassung sei für den Fortbestand der Verkehrsfähigkeit des Referenzmittels im Importstaat Deutschland völlig unerheblich, weil § 16c PflschG lediglich die Feststellung der Verkehrsfähigkeit zum Zeitpunkt der Antragstellung regle. Gemäß § 16e PflschG sei das Ende der Verkehrsfähigkeit ausschließlich an die Zulassung des deutschen Referenzproduktes De flüssig und nicht an die Zulassung des Produktes De geknüpft. Nach Maßgabe des deutschen Pflanzenschutzmittelregisters des BVL sei das deutsche Referenzprodukt De flüssig noch bis zum zugelassen und daher in Deutschland noch bis zu diesem Zeitpunkt verkehrsfähig. Aus diesem Grund begründe das Auslaufen der Zulassung des Pflanzenschutzmittels De im Ursprungsmitgliedstaat Polen keinen Berufungsabweisungsgrund. Auch nach Art. 52 Abs. 6 der ab in den EU-Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbaren Verordnung Nr. 1107/2009 vom über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln sei die Genehmigung für den Parallelhandel für die Dauer der Zulassung des Referenzmittels gültig. Eine Bestätigung des erstinstanzlichen Anmeldungswiderrufs durch die belangte Behörde stünde - wie in der Berufung näher ausgeführt wurde - auch im Widerspruch zur Anmeldung des BAES vom .

Mit Schreiben vom forderte die belangte Behörde die beschwerdeführende Partei zur Stellungnahme dazu auf, dass laut der Fa. B bei der Wirkstoffherstellung für das Produkt De, Herkunftsmitgliedstaat Polen, im Jahr 2007 ein Wirkstoffmarker mit grüner Farbe verwendet worden sei.

Die beschwerdeführende Partei brachte dazu mit Schreiben vom vor, dass sich die im Schreiben der belangten Behörde angeführten Angaben der Fa. B für die beschwerdeführende Partei mangels Vorlage entsprechender Unterlagen nicht verifizieren ließen. Die Verständigung der Behörde vom Ergebnis der Beweisaufnahme entspreche nicht den Anforderungen des § 45 Abs. 3 AVG. Das Verfahren sei wegen Verletzung des Parteiengehörs mangelhaft. Im Übrigen erscheine es vor dem Hintergrund der Verpflichtung der Behörde zur Ermittlung der materiellen Wahrheit befremdlich, dass sie aufgrund von augenscheinlich mündlich erteilten Auskünften der Konkurrentin der beschwerdeführenden Partei die Abweisung der Berufung in Aussicht nehme. Nach Maßgabe der geltenden Beweisregeln sei die Behörde zur Prüfung des Wahrheitsgehaltes eines Beweises verpflichtet, weshalb eine derartige Auskunft den Beweis der mangelnden Identität der Pflanzenschutzmittel D und De nicht zu erbringen vermöge. Die beschwerdeführende Partei habe bereits durch Vorlage der Rechnung den Beweis erbracht, dass es sich bei dem unter dem Namen D in Verkehr gebrachten Pflanzenschutzmittel um Originalware aus Polen handle. Die beschwerdeführende Partei habe De im Jahr 2008 von der Fa. K aus Tschechien gekauft. Diese Ware sei laut dem Lieferanten im Jahr 2007 in Polen hergestellt worden. Der beschwerdeführenden Partei seien die Ergebnisse der Vergleichsuntersuchung der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH nach wie vor nicht zur Kenntnis gebracht worden, weshalb sie keine Möglichkeit gehabt habe, die vermeintlich festgestellten Unterschiede zwischen De und D zu verifizieren und dazu Stellung zu nehmen. Unter Hinweis auf die §§ 3 Abs. 4, 12 Abs. 10 und 18 Abs. 1 PMG 1997 führte die beschwerdeführende Partei aus, dass eine Zulassung von Amts wegen nur aufgehoben werden könne, wenn die Zulassungsvoraussetzungen nicht oder nicht mehr vorlägen. Die in § 12 Abs. 10 PMG 1997 normierte Zulassungsvoraussetzung sei jedoch nach wie vor gegeben. Das Referenzmittel De flüssig verfüge in Deutschland über eine aufrechte Verkehrsfähigkeitsbescheinigung. Die beschwerdeführende Partei bringe ausschließlich Originalware in Verkehr. Bei der gegenständlichen Stichprobe könnte es sich allenfalls um eine Falschlieferung handeln.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und änderte den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides dahingehend ab, dass das Inverkehrbringen des Pflanzenschutzmittels mit der Handelsbezeichnung D, Herkunftsmitgliedstaat Polen, deutsches Parallelimportmittel, deutsche Parallelimport-Nummer 042973- 00/037, gemäß § 3 Abs. 4 PMG 1997 unzulässig sei.

Die belangte Behörde stellte - abgesehen von der Farbe - die stoffliche Identität des in Polen mit der Handelsbezeichnung De zugelassenen Pflanzenschutzmittels, welches in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund einer Verkehrsfähigkeitsbescheinigung als Parallelimportmittel D in Verkehr gebracht werden dürfe, und des deutschen Referenzprodukts De flüssig fest. Der Wirkstoff des in Österreich gelagerten Produkts D, welches im Rahmen der Kontrolle vorgefunden worden sei, habe gravierende Unterschiede hinsichtlich des Isomerenverhältnisses im Vergleich zum Wirkstoff, welcher in De flüssig und in De enthalten sei, aufgewiesen. Weiters sei dem Wirkstoff - auch jenem, der im Jahr 2007 für die Herstellung des in Polen zugelassenen Pflanzenschutzmittels De verwendet worden sei - vom Hersteller B ein Wirkstoffmarker zwecks Identifizierung zugesetzt gewesen. Ein solcher Wirkstoffmarker fehle bei dem im Rahmen der Kontrolle vorgefundenen Produkt D. Der Wirkstoff, der in dem in Österreich gelagerten Produkt D enthalten sei, sei nicht von B hergestellt worden. Somit sei der gemeinsame Ursprung des deutschen Referenzmittels De flüssig und des in Österreich gelagerten Produkts D nicht gegeben gewesen.

Die belangte Behörde stützte ihre Feststellungen betreffend den Unterschied im Isomerenverhältnis auf die vom BAES erwähnten Vergleichsuntersuchungen sowie den Vergleich der Rezepturen des Referenzmittels De flüssig und des in Polen zugelassenen Produkts De. Die Feststellung über den im Wirkstoff enthaltenen Wirkstoffmarker, Hersteller B, ergebe sich aus den vom BAES erwähnten Untersuchungen, die durch die Angaben des Herstellers lediglich bestätigt worden seien.

In ihrer rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde aus, nach der Judikatur des EuGH sei der gemeinsame Ursprung von Referenzmittel und Parallelimportmittel Voraussetzung für das Inverkehrbringen von parallel importierten Pflanzenschutzmitteln. Daher bestehe der begründete Verdacht, dass die Konformität mit den Rechtsvorschriften der Europäischen Union nicht gegeben sei.

Dem Einwand der beschwerdeführenden Partei, die Unterschiede in der Wirkstoffzusammensetzung ließen sich ausschließlich dadurch erklären, dass es sich bei der untersuchten Ware um eine ältere Charge der Fa. B handle, hielt die belangte Behörde entgegen, dass der im Pflanzenschutzmittel D enthaltene Wirkstoff Deltamethrin genau jene Parameter erfüllen müsse, die aufgrund der Angaben der Notifizierer dieses Wirkstoffes, im gegenständlichen Fall B, zur Aufnahme in den Anhang I der Richtlinie 91/414/EG geführt hätten (Hinweis auf die Richtlinie 2003/5/EG zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates zur Aufnahme des Wirkstoffes Deltamethrin).

Dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei betreffend die möglichen Unterschiede derselben Produkte von Großkonzernen in den unterschiedlichen Chargen hinsichtlich der Zusammensetzung des Wirkstoffs entgegnete die belangte Behörde, dass Minor-change für die Beurteilung der Unterschiede in der Zusammensetzung der in den zu vergleichenden Pflanzenschutzmitteln enthaltenen Beistoffe herangezogen werde, nicht aber für die Beurteilung der Wirkstoffe selbst. Ferner sei der gemeinsame Ursprung des Wirkstoffs Voraussetzung für den Parallelimport von Pflanzenschutzmitteln.

Für die Entscheidung der belangten Behörde sei die Feststellung über die gravierenden Unterschiede des Isomerenverhältnisses und über die fehlenden Wirkstoffmarker der in den verglichenen Produkten enthaltenen Wirkstoffe aufgrund der durchgeführten Untersuchungen maßgeblich. Das Untersuchungsergebnis betreffend den Wirkstoffmarker sei durch die Angaben der Fa. B lediglich zusätzlich bestätigt worden und nicht das einzige Beweismittel gewesen.

Aus Gründen des Datenschutzes sei es nicht möglich gewesen, der beschwerdeführenden Partei die Ergebnisse der Vergleichsuntersuchungen zur Kenntnis zu bringen.

Zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, dass durch die Vorlage der Rechnung der Beweis erbracht sei, dass es sich bei dem unter dem Namen D in Verkehr gebrachten Pflanzenschutzmittel um Originalware aus Polen handle, werde darauf hingewiesen, dass in der Rechnung keine Chargennummern angeführt gewesen seien, wodurch sich das in Österreich vorgefundene Pflanzenschutzmittel nicht eindeutig als das in Rechnung gestellte Pflanzenschutzmittel zuordnen lasse. Weitere Beweismittel zur Rückverfolgbarkeit lägen nicht vor. Die Preisangaben in der vorgelegten Rechnung seien bis zur Unleserlichkeit durchgestrichen worden, sodass ein Vergleich des von der beschwerdeführenden Partei an die Fa. K tatsächlich bezahlten Preises mit dem Preis des Pflanzenschutzmittels De des Herstellers B nicht möglich gewesen sei.

Die von der beschwerdeführenden Partei angesprochene Bestimmung des § 18 Abs. 1 PMG 1997 sei nicht anzuwenden gewesen, weil das BAES keinen Bescheid für die Zulassung zum Inverkehrbringen des deutschen Parallelimportmittels erteilt habe.

Da das in Österreich in Verkehr gebrachte D nicht den Wirkstoff desselben Herstellers wie das deutsche Referenzmittel De flüssig beinhaltet habe und somit der gemeinsame Ursprung der beiden Pflanzenschutzmittel nicht gegeben gewesen sei, bestehe der begründete Verdacht, dass die Konformität mit den Rechtsvorschriften der Europäischen Union nicht gegeben gewesen sei, sodass das Inverkehrbringen von D aufgrund der Meldung nach § 3 Abs. 4 PMG 1997 unzulässig sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

Gemäß § 12 Abs. 10 des hier in der Fassung BGBl. I Nr. 86/2009 maßgeblichen PMG 1997 sind Pflanzenschutzmittel, die in einem Mitgliedstaat, der seit zwei Jahren in einer Verordnung gemäß Abs. 9 angeführt ist, zum Inverkehrbringen zugelassen sind, zugelassene Pflanzenschutzmittel nach diesem Bundesgesetz, soweit sie in der Originalverpackung und mit der Originalkennzeichnung einschließlich der Gebrauchsanweisung in deutscher Sprache in Verkehr gebracht werden.

Wer beabsichtigt, gewerbsmäßig in erster Vertriebsstufe gemäß § 12 Abs. 10 PMG 1997 zugelassene Pflanzenschutzmittel in Österreich in Verkehr zu bringen, hat dies gemäß § 3 Abs. 4 PMG 1997 vor Aufnahme der Tätigkeit dem Bundesamt für Ernährungssicherheit unter Bekanntgabe der Kennzeichnung der Pflanzenschutzmittel und seiner Anschrift oder gegebenenfalls des Firmensitzes sowie gegebenenfalls unter Nachweis des rechtmäßigen Inverkehrbringens anzumelden (Meldepflichtiger). Mit der Meldung sind die Lager- und Abgabestellen bekannt zu geben. Das Inverkehrbringen ist ab Eintragung in das Pflanzenschutzmittelregister zulässig. Der Meldepflichtige unterliegt den Meldepflichten gemäß § 25. Das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln ist unzulässig, wenn der begründete Verdacht besteht, dass die Konformität mit den Rechtsvorschriften der Europäischen Union, insbesondere des Annex I der Richtlinie 91/414/EWG, nicht gegeben ist, oder die Gebühr für die Eintragung in das Pflanzenschutzmittelregister nicht entrichtet wurde.

Nach § 18 Abs. 1 PMG 1997 ist eine Zulassung unter den dort genannten Voraussetzungen von Amts wegen abzuändern oder aufzuheben.

Im vorliegenden Fall wurde das Pflanzenschutzmittel D im Jahr 2007 von der beschwerdeführenden Partei gemäß § 3 Abs. 4 PMG 1997 angemeldet. § 3 Abs. 4 PMG nimmt auf gemäß § 12 Abs. 10 PMG 1997 zugelassene Pflanzenschutzmittel Bezug. § 12 Abs. 10 PMG 1997 knüpft die kraft dieser Gesetzesstelle geltende Zulassung bestimmter Pflanzenschutzmittel nach dem PMG 1997 an die aufrechte Zulassung dieser Pflanzenschutzmittel in einem anderen Mitgliedstaat. Im Falle des § 12 Abs. 10 PMG 1997 ergeht somit keine selbständige nationale Zulassung, sondern es wird eine solche durch eine mitgliedstaatliche Zulassung ersetzt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/07/0033). Entgegen dem Beschwerdevorbringen begegnet es daher keinen Bedenken, dass die belangte Behörde nicht eine Abänderung oder Aufhebung "der Zulassung" nach den in § 18 PMG 1997 normierten Gründen geprüft, sondern ihren Bescheid auf § 3 Abs. 4 PMG 1997 gestützt hat.

Die beschwerdeführende Partei bemängelt in ihrer Beschwerde, dass ihr die Einsicht in die Vergleichsuntersuchung, die die Grundlage für die bekämpfte Entscheidung darstelle, verwehrt worden sei. Damit sei ihr jegliche Möglichkeit zur Verifizierung des dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Sachverhalts entzogen worden. Darüber hinaus stehe das von der belangten Behörde angegebene Ergebnis im Widerspruch zu den eigenen Analysen der beschwerdeführenden Partei.

Die belangte Behörde bringt dazu in ihrer Gegenschrift vor, dass das BAES Parteiengehör gewährt habe und - "soweit nicht ohnehin darin die Ergebnisse der Vergleichsuntersuchung bekannt gegeben wurden" - Datenschutz der Fa. B bestehe. Die Einsicht in die Vergleichsuntersuchung sei von der beschwerdeführenden Partei erstmals in der Beschwerde begehrt worden.

In diesem Zusammenhang lässt die belangte Behörde außer Acht, dass die beschwerdeführende Partei bereits in der Berufung vom gegen den erstinstanzlichen Bescheid des BAES und in ihrer Stellungnahme vom vorgebracht hatte, es sei ihr keine Möglichkeit eingeräumt worden, die Ausführungen des BAES zu verifizieren, weil ihr die Ergebnisse der gegenständlichen Vergleichsuntersuchung nicht zur Kenntnis gebracht worden seien.

Davon abgesehen hat die Wahrung des Parteiengehörs von Amts wegen zu erfolgen. Auch aus den Bestimmungen des PMG 1997 ergibt sich diesbezüglich keine Einschränkung.

Dem Parteiengehör unterliegt nicht nur eine von der Behörde getroffene Auswahl jener Ergebnisse des Beweisverfahrens, welche die Behörde zur Untermauerung der von ihr getroffenen Tatsachenfeststellungen für erforderlich hält, sondern der gesamte Inhalt der Ergebnisse der Beweisaufnahme. Ausgenommen davon sind gemäß § 45 Abs. 1 AVG nur Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig (notorisch) sind und für die das Gesetz eine Vermutung aufstellt. Keine Verpflichtung zur Vorhaltung eines Beweisergebnisses an die Partei besteht weiters hinsichtlich der eigenen Angaben der Partei oder Beweismitteln, die sie selbst vorgelegt hat oder auf die sich selbst berufen hat (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2010/18/0197, und vom , Zl. 2011/09/0054, jeweils mwN).

Es war daher nicht ausreichend, die beschwerdeführende Partei über die von dieser überdies in Zweifel gezogenen Ergebnisse der Vergleichsuntersuchungen bloß in Form des Schreibens des BAES vom in Kenntnis zu setzen, ohne der beschwerdeführenden Partei die eigentlichen Vergleichsuntersuchungen bzw. die dem Ergebnis zugrundeliegenden Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

Diese Vorgangsweise der belangten Behörde kann auch nicht mit Datenschutzinteressen der Fa. B hinsichtlich der Vergleichsuntersuchungen gerechtfertigt werden. Ein solches Vorgehen beinhaltet die Annahme, dass den Verfahrensparteien bloß grundsätzlich das Recht zukomme, vom Ergebnis einer Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen, im Einzelfall jedoch eine Abwägung zwischen dem Interesse einer Partei auf Stellungnahme zum Beweisergebnis einerseits und dem Interesse eines Dritten auf Geheimhaltung andererseits vorzunehmen wäre. Es ist mit den ein rechtsstaatliches Verwaltungsverfahren tragenden Grundsätzen des Parteiengehörs und der freien Beweiswürdigung unvereinbar, einen Bescheid auf Beweismittel zu stützen, welche der Partei nicht zugänglich gemacht worden sind (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 89/06/0018, vom , Zl. 2002/03/0273, und vom , Zl. 2003/03/0157, jeweils mwN).

Die beschwerdeführende Partei, die im Verwaltungsverfahren zur Untermauerung ihres Vorbringens auch auf von ihr selbst durchgeführte Analysen verwiesen hatte, bringt zutreffend vor, dass es ihr nicht möglich gewesen sei, sich mit der Überprüfung des Vorwurfs, der Eruierung einer möglichen Ursache für das vermeintliche Ergebnis (der mitgeteilten Unterschiede der in Rede stehenden Produkte) sowie mit einer allfälligen Verifizierung dieses Ergebnisses auseinander zu setzen. Sie war damit an der Verfolgung ihrer Parteienrechte gehindert und wurde in ihrem Recht auf Parteiengehör gemäß § 45 Abs. 3 AVG verletzt. Der Verfahrensmangel ist auch wesentlich, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Vermeidung desselben zu einem anderen Bescheid gekommen wäre.

Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am