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VwGH vom 26.06.2012, 2008/22/0752

VwGH vom 26.06.2012, 2008/22/0752

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, den Hofrat Dr. Robl und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des J, vertreten durch Mag.a Nadja Lorenz, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Kirchengasse 19, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 149.752/2-III/4/07, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, brachte am unter Berufung auf seine am erfolgte Eheschließung mit einer in Österreich niedergelassenen polnischen Staatsangehörigen einen Antrag auf Ausstellung einer Daueraufenthaltskarte gemäß § 54 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ein.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diesen Antrag des Beschwerdeführers, den sie als Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im Rahmen der Familienzusammenführung wertete, (ausschließlich) gemäß § 21 Abs. 1 NAG ab. Begründend führte sie nach Hinweis auf das rechtskräftig negativ entschiedene Asylverfahren betreffend den Beschwerdeführer, seine beiden Verurteilungen nach dem Suchtmittelgesetz und ein gegen ihn bestehendes unbefristetes Aufenthaltsverbot aus, dass der Beschwerdeführer zwar mit einer im Bundesgebiet wohnhaften polnischen Staatsangehörigen verheiratet sei, doch stelle die Ehe mit einer EWR-Bürgerin allein "noch kein Aufenthaltsrecht nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsrecht dar". Der Beschwerdeführer erfülle die in der Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/EG festgelegten Voraussetzungen nicht. Er habe zwar dargetan, dass seine Ehegattin das Recht auf die gemeinschaftsrechtliche Freizügigkeit in Anspruch genommen habe, jedoch stehe einer korrekten Ausübung der Freizügigkeit in Bezug auf einen relevanten grenzüberschreitenden Sachverhalt - verbunden mit einem Zuzugs- oder Nachzugsverhalten - eine durchgehende amtliche Hauptwohnsitzmeldung des Beschwerdeführers in Österreich entgegen. Da er sich seit dem Inkrafttreten des NAG am bzw. seit Beendigung seines Asylverfahrens und somit auch zum Zeitpunkt der Entscheidung über seinen Antrag nicht rechtmäßig im Inland aufhalte, könne aufgrund § 21 Abs. 1 NAG sein Antrag nicht bewilligt werden. Damit erübrige sich auch ein weiteres Eingehen auf den Umstand seines illegalen Aufenthaltes im Hinblick auf den Versagungsgrund des § 11 Abs. 2 Z 1 NAG. "Darüber hinaus" werde festgestellt, dass das gegen den Beschwerdeführer erlassene Aufenthaltsverbot einen zwingenden Versagungsgrund gemäß § 11 Abs. 1 Z 2 NAG darstelle; eine Bedachtnahme auf Art. 8 EMRK sei in einem solchen Fall gemäß § 11 Abs. 3 NAG nicht vorgesehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde, die der Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom , B 2407/07-6, unter einem an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hatte, nach auftragsgemäßer Ergänzung durch den Beschwerdeführer und Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde die von ihr vorgenommene Abweisung des vorliegenden Antrags ausschließlich auf § 21 Abs. 1 NAG stützte, wie sich dies aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides eindeutig ergibt. Davon ausgehend erübrigt sich ein weiteres Eingehen auf andere Versagungsgründe, die die belangte Behörde in ihrer Begründung erwähnt, nicht aber als Rechtsgrundlagen für ihre abweisende Entscheidung herangezogen hat.

Der gegenständliche Fall gleicht damit sowohl hinsichtlich des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes als auch der maßgeblichen Rechtsfrage betreffend die Zulässigkeit einer von Amts wegen vorgenommenen Umdeutung eines Antrages nach dem NAG jenem Fall, der dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/22/0004, zugrunde lag. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird sohin insoweit auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.

Ergänzend wird noch folgendes angemerkt:

Insoweit die belangte Behörde die Rechtsansicht vertritt, dass nur ein Zuzug oder Nachzug zum freizügigkeitsberechtigten Unionsbürger zur Anwendung der Freizügigkeitsrichtlinie führe, ist sie darauf zu verweisen, dass es unerheblich ist, dass das Angehörigenverhältnis erst in Österreich begründet wurde. Dies wurde durch das , Metock , und den , Sahin , klargestellt.

Vor diesem Hintergrund war es der belangten Behörde versagt, ohne weiteres vom Nicht-Vorliegen einer "korrekten" Ausübung der Freizügigkeit auszugehen und davon ausgehend die Anwendbarkeit der Richtlinie 2004/38/EG zu verneinen.

Eine Beschränkung des aus der Richtlinie 2004/38/EG erfließenden Rechts des drittstaatsangehörigen Familienangehörigen eines (freizügigkeitsberechtigten) Unionsbürgers auf Aufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat darf in der Folge nur unter Beachtung der Art. 27 ff der genannten Richtlinie bzw. § 55 NAG erfolgen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
YAAAE-85320