VwGH vom 15.03.2012, 2011/06/0209
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde der A Z in G, vertreten durch Dr. Manfred Rath, Dr. Gunther Ledolter, Mag. Martin Sudi, Ing. Mag. Georg Siarlidis und Mag. Andreas Huber, Rechtsanwälte in 8020 Graz, Friedhofgasse 20, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom , Zl. 002692/2009/0005, betreffend einen Bauauftrag (weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Graz hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz (von dem in Zweifel gezogen wird, an wen er gerichtet ist) wurde gemäß § 41 Abs. 3 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995 (Stmk. BauG) der Auftrag erteilt, die auf der Südostseite des Grundstückes Nr. 1107/1, KG X, errichtete Werbetafel "(unregelmäßiges Ausmaß)" binnen zwei Wochen ab Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen. Begründet wurde dies damit, dass diese Werbeanlage ohne baubehördliche "Bewilligung" errichtet worden sei, sie stelle gemäß § 20 Abs. 3 Stmk. BauG grundsätzlich ein "bewilligungspflichtiges" Vorhaben dar, sei demnach auf Grund des Fehlens der "Bewilligung" vorschriftswidrig errichtet worden.
In der Zustellverfügung ("Ergeht mit Zustellnachweis (RSb) an …") wird (neben dem Strafreferat des Magistrates) nur die Beschwerdeführerin als Adressatin genannt. Im Kopf des Bescheides sind die Anschrift der Liegenschaft und - ohne irgendeinen Bezug - der Name eines Miteigentümers angeführt.
Die Beschwerdeführerin berief. Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, brachte sie vor, der erstinstanzliche Bescheid sei "grundsätzlich" nicht an sie gerichtet, sie sei auch nicht Grundeigentümerin. Adressat des Bescheides sei H. K. (der im Kopf genannte Miteigentümer). Da aber der Bescheid auf Grund der Zustellverfügung ihr zugestellt worden sei und sie darüber hinaus auch über die Tafel verfügungsberechtigt, somit vom Bescheid betroffen sei, erhebe sie aus Vorsicht Berufung.
Festzuhalten sei, dass das Vorhaben nicht bewilligungs-, sondern gemäß § 20 Z 3 lit. a Stmk. BauG nur anzeigepflichtig sei. Die Errichtung des gegenständlichen Vorhabens sei mit vollständiger und mängelfreier Bauanzeige vom "bei der Bau- und Anlagenbehörde" angezeigt worden. Da kein Untersagungsbescheid erlassen worden sei, gelte das Vorhaben als genehmigt. Demnach sei der Beseitigungsauftrag rechtswidrig.
Überdies sei die Beschreibung der zu entfernenden Werbetafel mit "unregelmäßigen Ausmaß" nicht ausreichend bestimmt.
In einem behördeninternen Aktenvermerk vom wurde festgehalten, dass gemäß einer eingeholten Auskunft der "Kanzlei" keine Bauanzeige vom für diese Liegenschaft eingebracht worden sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung insofern teilweise Folge gegeben, als im Spruch des Bescheides die Beschreibung der Werbetafel mit näheren Ausmaßen konkretisiert wurde; im Übrigen wurde der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.
Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, heißt es zur Begründung, zum Berufungsvorbringen, es sei hinsichtlich dieser Werbetafel eine Bauanzeige eingebracht worden, sei festzustellen, dass dies nicht der Fall gewesen sei. Es liege demnach keine Baufreistellung vor. Hinsichtlich des Grundstückes Nr. 1107/3 sei mit Bescheid vom eine Stützmauer bewilligt worden, um eine Werbetafel habe es sich dabei nicht gehandelt.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 41 Abs. 3 erster Satz des Steiermärkischen Baugesetzes 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG - diese Bestimmung in der Stammfassung) hat die Behörde hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Der Auftrag ist ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 zu erteilen.
Gemäß § 20 Z. 3 lit. a Stmk. BauG sind ua. Werbe- und Ankündigungseinrichtungen anzeigepflichtig.
§ 33 Stmk. BauG lautet auszugsweise:
"§ 33
Anzeigeverfahren
(1) Vorhaben im Sinne des § 20 müssen der Behörde nachweislich schriftlich angezeigt werden.
(2) Der Anzeige sind folgende Unterlagen anzuschließen:
…
(3) Die Verfasser der Unterlagen haben überdies zu bestätigen, dass diese allen baurechtlichen Anforderungen entsprechen.
(4) Die Behörde hat das angezeigte Vorhaben mit schriftlichem Bescheid innerhalb von acht Wochen zu untersagen, wenn
…
(5a) …
(6) Liegen keine Untersagungsgründe vor, ist dem Bauwerber eine Ausfertigung der planlichen Darstellung und Baubeschreibung mit dem Vermerk 'Baufreistellung' zuzustellen. Das angezeigte Vorhaben gemäß § 20 gilt ab Zustellung als genehmigt. Das angezeigte Vorhaben gilt auch als genehmigt, wenn nicht binnen acht Wochen ab Einlangen der vollständigen und mängelfreien Anzeige ein Untersagungsbescheid erlassen wird.
(7) Im Anzeigeverfahren ist nur der Bauwerber Partei.
(8) Die Beurteilung, ob Untersagungsgründe vorliegen, hat auf Grundlage der zum Zeitpunkt des Einlangens der Anzeige maßgeblichen Sach- und Rechtslage zu erfolgen.
(9) Die Genehmigung erlischt, wenn
a) mit dem Vorhaben nicht binnen fünf Jahren nach Zustellung der Baufreistellung begonnen wird oder
b) ein Nachbar im Sinne § 20 Z. 1 lit. b oder Z. 2 auf den Bauplänen keine Unterschrift geleistet hat und dies bis zum Ablauf von acht Wochen nach Baubeginn der Behörde angezeigt hat."
Die belangte Behörde erblickte die Vorschriftswidrigkeit darin, dass die Errichtung einer solchen Werbeanlage anzeigepflichtig sei, es aber - mangels Bauanzeige - dafür keinen baubehördlichen Konsens gebe. Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin sei keine Bauanzeige erstattet worden.
Letzteres wird von der Beschwerdeführerin bekämpft; sie wiederholt ihr Vorbringen in der Berufung, dass sie am eine vollständige und mängelfreie Bauanzeige erstattet habe. Dieser Sachverhalt ist somit strittig.
Die belangte Behörde hat es im Verwaltungsverfahren unterlassen, ihre Erhebungen, wonach keine Bauanzeige erstattet worden sei, in Wahrung des Parteiengehörs der Beschwerdeführerin bekannt zu geben und hat ihr somit die Möglichkeit genommen, im Verwaltungsverfahren ihre Behauptung unter Beweis zu stellen oder auch ein ergänzendes Vorbringen zu erstatten.
Damit belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensmangel, sodass er gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG unterbleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am