VwGH vom 15.03.2012, 2011/06/0207

VwGH vom 15.03.2012, 2011/06/0207

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde 1. des G B, 2. des T R, 3. des

A W, 4. der M W, 5. des W S 6. der A S 7. des E T 8. der K T,


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9.
des P G, 10. des A G, 11. des W H, 12. der S P, 13. des W S,
14.
der B S 15. des S S und 16. der B S, alle in G, alle vertreten durch Mag. Brunner, Mag. Stummvoll, Rechtsanwälte OG in 8010 Graz, Operngasse 16, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom , Zl. 035176/2011/0004, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (weitere Partei:
Steiermärkische Landesregierung; mitbeteiligte Partei: P GmbH in G), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 jeweils zu gleichen Teilen binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem beim Magistrat der Landeshauptstadt Graz am eingebrachten Baugesuch vom kam die mitbeteiligte Partei (kurz: Bauwerberin) um die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines dreigeschoßigen Wohnhauses mit fünf Wohneinheiten und Nebenanlagen ein. Der Bauplatz ist im 3.0 Flächenwidmungsplan 2002 als reines Wohngebiet gewidmet. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer (Miteigentümer) eines an den Bauplatz seitlich angrenzenden, bebauten Grundstückes.

Die Baubehörde beraumte mit Erledigung vom die Bauverhandlung für den unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen des § 27 Abs. 1 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995 (Stmk. BauG) an; die Beschwerdeführer wurden persönlich geladen.

In der Bauverhandlung waren alle Beschwerdeführer durch einen Rechtsanwalt vertreten, manche von ihnen waren überdies persönlich anwesend. Sie wandten sich gegen die Überschreitung der im Flächenwidmungsplan normierten Bebauungsdichte und erhoben Einwände aus der Sicht des Hochwasserschutzes. Weiters heißt es, "auf die Einhaltung der Grundstücksabstände wird ausdrücklich hingewiesen, insbesondere Erteilen die Nachbarn kein Einverständnis dahingehend, dass die gesetzlichen Abstände unterschritten werden dürfen".

Auch andere Nachbarn erhoben Einwendungen.

Nach verschiedenen Verfahrensschritten erteilte der Stadtsenat mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom die angestrebte Baubewilligung mit einer Reihe von Vorschreibungen und erachtete in der Begründung des Bescheides die Einwendungen der Nachbarn teils als unzulässig und teils als unberechtigt.

Dagegen erhoben unter anderem die Beschwerdeführer Berufung, in der sie die ihrer Auffassung nach unzulässige Überschreitung der Bebauungsdichte rügten.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde, soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, die Berufung der Beschwerdeführer mit der wesentlichen Begründung als unzulässig zurückgewiesen, diese hätten keine zulässigen Einwendungen im Rechtssinn erhoben. Zur Bebauungsdichte stehe ihnen kein Mitspracherecht zu (in der Begründung des Bescheides setzte sich die belangte Behörde bei der Behandlung einer anderen Berufung inhaltlich mit der Frage der zu einem anderen Nachbargrundstück als jenem der Beschwerdeführer einzuhaltenden Abstände auseinander).

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen "Rechtswidrigkeit" (dem Vorbringen zufolge wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften).

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Steiermärkische Baugesetz 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG), in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 49/2010 anzuwenden.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt weiterhin auch für den Nachbarn, der i.S. des § 27 Stmk. BauG die Parteistellung behalten hat.

Gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlich-rechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über

"1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan und einem Bebauungsplan, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;


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2.
die Abstände (§ 13);
3.
den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5);
4.
die Brandwände an der Grundgrenze (§ 51 Abs. 1);
5.
die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§ 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und § 65 Abs. 1);
6.
die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6)."
§ 27 leg. cit. lautet auszugsweise:
"§ 27
Parteistellung

(1) Wurde eine Bauverhandlung gemäß § 25 Abs. 1 letzter Satz und zusätzlich in geeigneter Form kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass ein Nachbar seine Stellung als Partei verliert, soweit er nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 26 Abs. 1 erhebt. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Nachbar von der Anberaumung der Bauverhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.

(2) Wurde eine Bauverhandlung nicht gemäß Abs. 1 kundgemacht, so erstreckt sich die darin bezeichnete Rechtsfolge (Verlust der Parteistellung) nur auf jene Nachbarn, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Bauverhandlung erhalten haben."

Die Beschwerdeführer bekämpfen den angefochtenen Bescheid aus zwei Gesichtspunkten: Einerseits im Hinblick auf die Überschreitung der Bebauungsdichte, andererseits hinsichtlich der einzuhaltenden Abstände.

Zur Bebauungsdichte kommt den Beschwerdeführern angesichts des Kataloges des § 26 Abs. 1 Stmk. BauG kein Mitspracherecht zu. Bei der Festlegung der Bebauungsdichte handelt es sich auch nicht um eine Bestimmung im Sinne des § 26 Abs. 1 Z 1 leg. cit., mit der ein Immissionsschutz verbunden ist, mag auch die Überschreitung der festgelegten Dichte dazu führen, dass auf dem Bauplatz ein größeres Gebäude mit mehr Wohnungen und somit mehr Bewohnern errichtet werden kann als bei Einhaltung der im Flächenwidmungsplan festgelegten Bebauungsdichte (siehe dazu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/06/0179, mwN).

Hinsichtlich der Abstände haben die Beschwerdeführer in der Bauverhandlung keine Einwendung im Rechtssinn erhoben. So wie das Vorbringen keinen Einwand zu erheben, wenn den Bestimmungen der Bauordnung Rechnung getragen wird, keine Einwendung im Rechtssinn ist (siehe dazu beispielsweise die in Hauer/Trippl, Steiermärkisches Baurecht4, bei E 27a zu § 26 Stmk. BauG wiedergegebene hg. Judikatur), gilt dies gleichermaßen für die in der Bauverhandlung abgegebene Erklärung, denn damit wird nicht konkret eine Verletzung von Abstandsvorschriften behauptet. Im Übrigen erfolgte entgegen dem Beschwerdevorbringen auch in der Berufung kein solches Vorbringen. Die inhaltliche Auseinandersetzung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid mit Fragen des einzuhaltenden Abstandes bezog sich nicht auf das Grundstück der Beschwerdeführer, sondern auf ein anderes Grundstück (auf Einwendungen anderer Personen); zu anderen Grundstücken steht den Beschwerdeführern als Nachbarn aber kein Mitspracherecht zu.

Da den Beschwerdeführern als Nachbarn zur Frage der Überschreitung der Bebauungsdichte kein Mitspracherecht und damit keine Parteistellung zukommt und sie rechtzeitig vor oder auch in der Bauverhandlung (trotz gehöriger Ladung unter Hinweis auf die Säumnisfolgen im Sinne des § 27 Stmk. BauG) keine Einwendungen dahin erhoben haben, dass die zu ihrem Grundstück einzuhaltenden Abstände verletzt würden, haben sie insofern die Parteistellung verloren. Es war daher nicht rechtswidrig, dass die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid ihre Berufung, in der sie diese beiden Fragen thematisierten, als unzulässig zurückgewiesen hat.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am