VwGH vom 23.09.2010, 2006/15/0240
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der P GmbH Co KEG in K, vertreten durch Mag. Dr. Gerwin Kürzl, Steuerberater in 8572 Bärnbach, Mitterdorferstraße 2, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom , Zl. RV/0236-G/04, betreffend Haftung für Umsatzsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die X. GmbH, eine in Deutschland ansässige Gesellschaft, war Hauptmieterin einer in Österreich gelegenen Liegenschaft samt Geschäftslokal. Sie vermietete diese an eine in Österreich ansässige Schwestergesellschaft, die im Geschäftslokal eine Diskothek betrieb. Zudem stellte sie der Schwestergesellschaft das für den Betrieb der Diskothek erforderliche Know-How zur Verfügung. Gemäß den im Verwaltungsakt erliegenden Unterlagen fand bei der X. GmbH im Jahr 2001 ein Gesellschafter- und Geschäftsführerwechsel statt. Gleichzeitig wurde die Firma der Gesellschaft geändert und deren Sitz von K. (Deutschland) nach M. (Deutschland) verlegt. Der Gesellschafter- und Geschäftsführerwechsel, die Namensänderung und die Sitzverlegung wurden nicht im Handelsregister eingetragen, weshalb die Gesellschaft bis jedenfalls Juni 2003 unter ihrer alten Firma bei dem für sie ursprünglich zuständigen deutschen Finanzamt veranlagt wurde.
Im Jahr 2001 schloss die X. GmbH unter ihrer neuen Firma mit der Beschwerdeführerin, einer in Österreich ansässigen GmbH Co KEG, eine "Vereinbarung über die Aufgabe eines Firmenstandortes samt Hauptmietrechten" ab. Mit dieser Vereinbarung wurden die Mietrechte der X. GmbH an der österreichischen Liegenschaft um 1,800.000 S, zuzüglich der darauf entfallenden Umsatzsteuer von 360.000 S, an die Beschwerdeführerin abgetreten. Von der Beschwerdeführerin wurde der für die Abtretung der Mietrechte vereinbarte Bruttobetrag von 2,160.000 S an die X. GmbH überwiesen, obwohl in der Vereinbarung über die Abtretung der Mietrechte und in der darüber ausgestellten Rechnung als Sitz der Gesellschaft M. (Deutschland) ausgewiesen wurde.
Mit Bescheid vom wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 27 Abs. 4 UStG 1994 zur Haftung für die aushaftende Umsatzsteuerschuld der X. GmbH in Höhe von 26.162,22 EUR (360.000 S) herangezogen. Begründet wurde die Heranziehung zur Haftung damit, dass die auf die Rechnung der X. GmbH, einer ausländischen Gesellschaft, die in Österreich weder über einen Sitz noch über eine Betriebsstätte verfügt, entfallende Umsatzsteuer nicht einbehalten und an das zuständige Finanzamt abgeführt worden sei.
In der gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, die X. GmbH habe in Österreich eine Liegenschaft vermietet und daraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Diese Einkünfte seien aufgrund des nationalen Rechts und des Doppelbesteuerungsabkommens mit Deutschland in Österreich steuerpflichtig, weil das Mietobjekt zur Begründung einer Betriebsstätte geführt habe. Die X. GmbH hätte beim Lagefinanzamt in Österreich zur Umsatz- und Körperschaftsteuer veranlagt werden müssen. Sollte dies nicht der Fall gewesen sein, sei dieses Versäumnis nicht der Beschwerdeführerin zuzurechnen. Eine Haftung nach § 27 Abs. 4 UStG 1994 sei ausgeschlossen.
Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab, woraufhin von der Beschwerdeführerin die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragt wurde. Im Vorlageantrag und in einer Ergänzung zum Vorlageantrag wurde ausgeführt, eine Betriebsstätte der X. GmbH in Österreich liege vor, weil diese über Jahre eine angemietete Liegenschaft an eine Schwestergesellschaft vermietet habe. Eine GmbH erziele Einkünfte aus Gewerbebetrieb kraft Rechtsform. Daraus folge bereits zwingend die Beurteilung des Ortes dieser Einkunftsquelle als Betriebsstätte (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , 88/14/0244). Auch unter Außerachtlassung dieses Aspektes habe die X. GmbH Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, weil die Anmietung eines Objektes für den Betrieb einer Diskothek durch die Schwestergesellschaft keine Vermögensverwaltung darstellen könne. Es mangle schon am zu verwaltenden eigenen Vermögen. Vielmehr liege eine nachhaltige gewerbliche Tätigkeit vor, die zur Begründung einer Betriebsstätte geführt habe.
Von der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführerin folgender Sachverhalt zur Kenntnis- und Stellungnahme vorgehalten:
"Die (Beschwerdeführerin) hat im Jahr 2001 eine Vereinbarung mit der (X. GmbH) abgeschlossen, und zwar 'über die Aufgabe eines Firmenstandortes samt Hauptmietrechten'. Die (X. GmbH) hat damit die Hauptmietrechte als Hauptmieterin des Bestandobjektes ... aufgegeben.
Dafür hat die (X. GmbH) der Beschwerdeführerin mit Rechnung vom ... einen Betrag wie vereinbart von S 1.800.000 samt 20 % Umsatzsteuer (S 360.000) in Rechnung gestellt. Diesen Gesamtbetrag hat die (Beschwerdeführerin) an die (X. GmbH) zur Gänze überwiesen. Weil die (Beschwerdeführerin) die Umsatzsteuer nach § 27 Abs. 4 UStG 1994 nicht einbehalten und an das Finanzamt überwiesen hat, wurde sie mit Haftungsbescheid vom zur Haftung für den Umsatzsteuerbetrag herangezogen.
Nach der Aktenlage ergibt sich folgender Sachverhalt:
Die (X. GmbH) wird seit 1996 als ausländischer Unternehmer ohne Sitz und Betriebsstätte in Österreich (aber mit Umsätzen und Einkünften in Österreich) veranlagt (beschränkt körperschaftsteuerpflichtiges Unternehmen).
Die deutsche GmbH hat mit Betriebsaufnahme 1996 erklärt, Einkünfte aus Lizenzgewährungen (Know-How betreffend Diskothekenbetrieb), welche der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung zuzurechnen sind, zu erzielen: Diese Einkünfte stünden im Zusammenhang mit in Österreich befindlichen Mietrechten, welche nach dem DBA mit der BRD in Österreich zu besteuern seien.
Im Jahr 2000 wurde dem Finanzamt gemeldet, dass mit Wegfall des Diskothekenobjektes in (Österreich) keine Umsätze mehr erzielt würden und die Gesellschaft vorläufig keine Geschäftstätigkeit entfalte.
Mit wurde gemeldet, dass die Gesellschaft in Österreich keine Einkunftsquellen mehr habe. Die deutsche Gesellschaft sei im April 2001 veräußert worden.
Festzuhalten ist auch, dass die Vermietung von Liegenschaften nach h.A. keine Betriebsstätte begründet.
Nach Ermittlungen bei der deutschen Finanzverwaltung ergibt sich:
Die Geschäftsanteile an der (X. GmbH) wurden mit Vertrag vom an eine (Z. GmbH) mit Sitz in (Österreich) übertragen und es wurde mit Gesellschafterbeschluss vom gleichen Tag die
Umfirmierung in ... und die Sitzverlegung nach München beschlossen.
Zu einer Eintragung der Sitzverlegung und der Änderung des Namens im Handelsregister ist es aber nicht gekommen, da der Kostenvorschuss an das zuständige Amtsgericht - Registergericht - München nicht geleistet worden ist.
Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass die Rechnung an die (Beschwerdeführerin) (von der ...) der (X. GmbH) zuzurechnen ist, da die Firmenwortlautänderung mangels konstitutiver Eintragung ins deutsche Handelsregister nicht rechtswirksam geworden ist (§ 54 Abs. 3 deutsches GmbHG).
Trotz Auftretens unter einem nicht rechtsgültigen Namen ist der Vertrag (und das Umsatzgeschäft) zwischen der (Beschwerdeführerin) und der (X. GmbH) (aufgetreten unter dem Namen ...) als rechtsgültig anzusehen und der Umsatz der (X. GmbH) zuzurechnen.
Damit ergibt sich aber auch, dass die Haftung des (Beschwerdeführerin) nach § 27 Abs. 4 UStG 1994 unverändert besteht, da er aus einer Leistung von einem ausländischen Unternehmen ohne Sitz und Betriebsstätte in Österreich die Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt Graz-Stadt abgeführt hat. Es war für den (Beschwerdeführerin) erkennbar - aufgrund der aufscheinenden Adresse sowohl im Vertrag als auch in der Rechnung -
dass es sich um ein ausländisches Unternehmen handelte. Er hat (nach der Aktenlage) keine Erkundigungen zum Firmenbestand bzw. keine 'Betriebsstättenbestätigung' eingeholt, und mit der Nichteinbehaltung der Umsatzsteuer deren Uneinbringlichkeit mitverursacht."
In einer Stellungnahme zum Vorhalt führte die Beschwerdeführerin aus, die Veranlagung der X. GmbH als ausländischer Unternehmer ohne Betriebsstätte sei nicht gesetzeskonform. Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung erziele Einkünfte aus Gewerbebetrieb kraft gesetzlicher Fiktion und könne keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen.
Die Mitteilung an das Finanzamt, dass mit Wegfall des Diskothekenbetriebes in Österreich keine Umsätze mehr erzielt würden, sei umsatzsteuerlich irrelevant, weil die Unternehmereigenschaft so lange aufrecht bleibe, bis das letzte Vermögen veräußert sei. Erst im Juli 2001 sei dem Finanzamt gemeldet worden, dass die Gesellschaft in Österreich keine Einkunftsquelle mehr habe. Das letzte Geschäft als Unternehmer mit Betriebsstätte in Österreich sei jedenfalls das Geschäft über die Veräußerung der Mietrechte gewesen. Bis dahin habe eine Betriebsstätte in Österreich bestanden. Die Abtretung der Anteile und die Umfirmierung sei irrelevant, weil es ausschließlich darauf ankomme, ob eine inländische Betriebsstätte vorgelegen habe.
Die Einholung einer "Betriebsstättenbestätigung" sei nicht erforderlich gewesen, weil das Vorliegen einer inländischen Betriebsstätte in Form der (ortsgebundenen) Diskothek ohnehin klar erkennbar gewesen sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Strittig sei, ob die X. GmbH in Österreich eine Betriebsstätte unterhalten und die Beschwerdeführerin zur Abfuhr der Umsatzsteuer nach § 27 Abs. 4 UStG 1994 verpflichtet gewesen sei oder nicht.
Der Inhalt des Begriffes Betriebsstätte in § 27 Abs. 4 UStG 1994 richte sich nach § 29 BAO. Ein ständiger Vertreter im Sinne des DBA mit Deutschland ersetze eine Betriebsstätte nur, wenn eine Geschäftseinrichtung des Vertretenen bestehe, die dem ständigen Vertreter zur Ausübung des Betriebes des vertretenen Unternehmers diene. Diese Voraussetzung sei nicht gegeben, wenn der ständige Vertreter seine Tätigkeit in Räumlichkeiten ausübe, die dem vertretenen Unternehmer nicht gehörten und über die dieser keine Verfügungsmacht habe, wie im berufungsgegenständlichen Fall, wo der als ständiger Vertreter fungierende Steuerberater diese Tätigkeit in der ihm zuzurechnenden Betriebsstätte ausgeübt habe.
Die Diskothek, die auf der angemieteten Liegenschaft der X. GmbH betrieben worden sei, stelle ebenfalls keine Betriebsstätte dar. Die X. GmbH habe die Diskothek nie selbst betrieben, sondern nur ihr Know-How zur Verfügung gestellt und Hauptmietrechte an eine Schwestergesellschaft weitervermietet. Selbst wenn man die Betriebsstätteneigenschaft des Diskotheken-Standortes mit Aufnahme der Tätigkeit in Österreich bejahen könnte, was von der belangten Behörde in Abrede gestellt werde, wäre spätestens mit Beginn des Jahres 2000 keine Betriebsstätte mehr gegeben. Die X. GmbH habe Anfang 2000 die Einstellung ihrer Geschäftstätigkeit erklärt. Das Hauptmietrecht an einer festen örtlichen Einrichtung ohne Entfaltung einer betrieblichen Tätigkeit sei nicht ausreichend, um von einer Betriebsstätte im Sinne des § 29 BAO ausgehen zu können.
Zum Einwand, jede GmbH erziele Einkünfte aus Gewerbebetrieb kraft Rechtsform (§ 7 Abs. 3 KStG 1988), womit bereits zwingend die Beurteilung des Ortes dieser Einkunftsquelle als Betriebsstätte verbunden sei, sei auszuführen, dass es sich bei der X. GmbH um eine beschränkt steuerpflichtige Körperschaft handle, die im Inland weder Geschäftsleitung noch Sitz habe (§ 1 Abs. 3 KStG 1988). Für ausländische Kapitalgesellschaften sei § 7 Abs. 3 KStG 1988 nicht anzuwenden, weil sie nicht unter die Handelsgesetze fielen, die die Kaufmannseigenschaft kraft Rechtsform begründeten (Hinweis auf Wiesner/Schneider/Spanbauer/Kohler, KStG 1988,§ 7 Anm. 25). Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht habe die X. GmbH deshalb, weil für sie im Inland ein ständiger Vertreter (nach DBA, allerdings nicht im Sinne des § 29 BAO) bestellt worden sei (§ 21 Abs. 1 Z 1 KStG 1988 iVm § 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988).
Besitz oder Innehabung von Grundvermögen führten - auch bei einer ausländischen Kapitalgesellschaft, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb erziele - nicht zu einer inländischen Betriebsstätte (Hinweis auf Wiesner/Schneider/Spanbauer/Kohler, KStG 1988,§ 21 Anm. 9).
Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 88/14/0244, betreffe die Gewerbesteuer bzw. den Gewerbebetrieb kraft Rechtsform. Gerade dort führe der Verwaltungsgerichtshof aus, dass ein (ausländischer) Gewerbebetrieb kraft Rechtsform mit seinen gesamten inländischen Einkünften der Gewerbesteuer unterliege, vorausgesetzt, er unterhalte im Inland eine Betriebsstätte. Der Gewerbesteuer unterliege nämlich nur jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben werde.
Dass die X. GmbH bei Aufgabe der Hauptmietrechte Unternehmer gewesen sei, treffe zu. Die Unternehmereigenschaft führe aber nicht automatisch zu einer Betriebsstätte im Sinne des § 29 BAO.
Die Erlassung von Haftungsbescheiden nach § 224 BAO liege im Ermessen der Abgabenbehörde. Ermessensentscheidungen seien nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Unter Billigkeit verstehe die Rechtsprechung Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei, unter Zweckmäßigkeit das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben.
Nach der Aktenlage sei die Inanspruchnahme des Haftenden im Sinne der Einbringung des Abgabenbetrages zweckmäßig, da die Abgabenschuldnerin, die ausländische GmbH, über kein Vermögen mehr zu verfügen scheine und die Einbringung im Ausland als nahezu aussichtslos zu werten sei.
Der Verwaltungsgerichtshof komme im Erkenntnis vom , 2002/15/0157, zum Ergebnis, dass im Fall des § 27 Abs. 4 UStG 1994 im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigen sei, ob bzw. auf welche Weise sich der Haftungspflichtige (rechtzeitig) Kenntnis davon hätte verschaffen können, dass die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 27 Abs. 4 UStG 1994 gegeben seien.
Nach der Vorhaltsbeantwortung ergebe sich, dass die Beschwerdeführerin aufgrund der (ortsgebundenen) Diskothek vom Vorliegen einer inländischen Betriebsstätte ausgegangen sei und die Einholung einer "Betriebsstättenbestätigung" nicht für erforderlich erachtet habe. Sie habe also keine weiteren Erkundigungen eingeholt, obwohl sich die X. GmbH sowohl in der Rechnung als auch in der Vereinbarung über die entgeltliche Aufgabe der Hauptmietrechte eindeutig als ausländisches Unternehmen zu erkennen gegeben habe. Aus der Vereinbarung sei auch klar ersichtlich, dass die Diskothek nicht von der X. GmbH betrieben worden sei. Die Beschwerdeführerin habe von der in Konkurs befindlichen (österreichischen) Betreibergesellschaft, losgelöst von der Abgeltung der Aufgabe der Hauptmietrechte, das gesamte Inventar gekauft. Auch aus dem Berufungsvorbringen sei ersichtlich, dass der Beschwerdeführerin der Umstand, dass die X. GmbH die Liegenschaft über Jahre an eine Schwestergesellschaft vermietet habe, bekannt gewesen sei.
Nach dem Erlass des Bundesministers für Finanzen vom , AÖF Nr. 91/2001, ausgegeben am , bestehe für den leistenden Unternehmer die Möglichkeit, eine Bestätigung über das Vorliegen einer inländischen Betriebsstätte von seinem zuständigen Finanzamt zu verlangen, deren Vorlage den Leistungsempfänger unter bestimmten Voraussetzungen von seiner Abfuhrverpflichtung nach § 27 Abs. 4 UStG 1994 entbinde.
Wenn die Beschwerdeführerin trotz der für sie ersichtlichen, dargelegten Umstände auf die Beibringung einer Betriebsstättenbestätigung ihres Vertragspartners verzichtet habe, obwohl damit sehr leicht und rechtzeitig die Haftungsvoraussetzungen hätten geklärt werden können, treffe sie das Risiko, zur Haftung herangezogen zu werden, in vollem Umfang und könne hierin keine Unbilligkeit erblickt werden. Das Verhalten der Beschwerdeführerin müsse als auffallend sorglos im Sinne eines grob fahrlässigen Verhaltens eingestuft werden. Sie hafte daher auch nach Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsüberlegungen für die nicht ordnungsgemäß abgeführte Umsatzsteuer.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 27 Abs. 4 UStG 1994 in der Stammfassung lautet:
"Erbringt ein Unternehmer, der im Inland weder einen Wohnsitz (Sitz) noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder eine Betriebsstätte hat, im Inland eine steuerpflichtige Leistung, hat der Leistungsempfänger, wenn er eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist oder ein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung ausgeführt wird, die auf diese Leistung entfallende Umsatzsteuer einzubehalten und im Namen und für Rechnung des leistenden Unternehmers an das für diesen zuständige Finanzamt abzuführen. Kommt der Leistungsempfänger dieser Verpflichtung nicht nach, so haftet er für den hiedurch entstehenden Steuerausfall."
Die Beschwerdeführerin trägt vor, sie sei zivilrechtlich zur Zahlung des Gesamtbetrages an den Treuhänder und Vertragsverfasser, einen österreichischen Rechtsanwalt, verpflichtet gewesen. Das Tätigkeitsgebiet des Treuhänders umfasse das Bank- und Kapitalmarktrecht, Insolvenzrecht, Unternehmenssanierung, Zivilrecht, Liegenschafts- und Immobilienrecht. Sollte eine Abfuhrverpflichtung für Umsatzsteuer aus diesem Rechtsgeschäft bestanden haben, so wäre wohl der Treuhänder berufen gewesen, diese Steuer korrekt abzuführen, weil das Wissen um das Bestehen einer diesbezüglichen gesetzlichen Verpflichtung von einem auf Wirtschaftsrecht spezialisierten Rechtsanwalt erwartet werden könne.
Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass § 27 Abs. 4 UStG 1994 den Leistungsempfänger unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet, die auf die Leistung entfallende Umsatzsteuer einzubehalten und im Namen und für Rechnung des leistenden Unternehmers an das Finanzamt abzuführen. Kommt der Leistungsempfänger dieser Verpflichtung nicht nach, haftet er für den dadurch entstehenden Steuerausfall auch dann, wenn er - im Innenverhältnis - einen Dritten mit der Abfuhr der Umsatzsteuer beauftragt haben sollte. Im Streitfall kommt dazu, dass in Punkt X.) der zwischen der Beschwerdeführerin und der X. GmbH getroffenen Vereinbarung "beide Vertragsteile erklären, dass sie steuerrechtlich beraten sind und für sämtliche steuerrechtliche Belange und Folgen aus dieser Vereinbarung, der Vertragsverfasser aus seiner Haftung entlassen wird", weshalb das Vorbringen, der Vertragsverfasser/Treuhänder wäre zur ordnungsgemäßen Abfuhr der Umsatzsteuer verpflichtet gewesen, schlicht unverständlich ist.
Die Beschwerde trägt weiters vor, gemäß § 2 Abs. 2 Z 2 UStG 1994 werde eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person dem Willen eines Unternehmers derart untergeordnet sei, dass sie keinen eigenen Willen habe, und rügt, die belangte Behörde habe die Verhältnisse der X. GmbH und ihrer österreichischen Schwestergesellschaft zueinander nicht geprüft. Die Gesellschaften gehörten zu einer deutschen "Diskothekenbetreiberkette". Die gewählte rechtliche Konstruktion "(Zwischenschaltung einer Knowhow- und Vermietungsgesellschaft und Verpachtung an eine Tochter- bzw. Schwester-GmbH)" erscheine nicht wirtschaftlich geboten oder zwingend, so dass die belangte Behörde im Rahmen ihrer amtswegigen Pflicht zur Sachverhaltsermittlung angehalten gewesen wäre, die maßgeblichen Umstände zu ermitteln, um feststellen zu können, ob allenfalls eine umsatzsteuerliche Organschaft vorliege, oder ob aus dem Titel der Unternehmenseinheit eine Betriebsstätte in Österreich anzunehmen sei.
Diese Rüge ist nicht berechtigt. Betreffend die X. GmbH wurden Erhebungen in Österreich und Deutschland durchgeführt. Dabei haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass zwischen der X. GmbH und ihrer österreichischen Schwestergesellschaft eine Unternehmenseinheit oder eine umsatzsteuerliche Organschaft vorliegen könnte. Gegenteiliges wurde im Verwaltungsverfahren auch von der Beschwerdeführerin nicht behauptet, obwohl ihr die Erhebungsergebnisse zur Stellungnahme vorgehalten wurden.
Das Beschwerdevorbringen, die X. GmbH habe keine vermögensverwaltende Tätigkeit ausgeübt, sondern durch gewerbliches Tätigwerden eine Betriebsstätte in Österreich begründet, führt die Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg, weil sich im Zuge der durchgeführten Erhebungen auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass die Tätigkeit der X. GmbH über die Vermögensverwaltung hinausgegangen wäre. Auch das diesbezügliche Erhebungsergebnis wurde der Beschwerdeführerin zur Kenntnis und Stellungnahme vorgehalten und von dieser lediglich dahingehend kommentiert, dass "eine GmbH wegen der gesetzlichen Fiktion der Erzielung von Einkünften aus Gewerbebetrieb kraft Rechtsform keinesfalls Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen" könne, was in der Beschwerde nicht mehr aufrecht erhalten wird. Folglich verhilft auch das Vorbringen, die Betriebsstätte bzw. Unternehmereigenschaft der X. GmbH habe "jedenfalls bis einschließlich des Zeitpunktes der Auflassung der Hauptmietrechte" bestanden, der Beschwerde nicht zum Erfolg.
Auch mit dem Beschwerdevorbringen, dass es aufgrund des Anwendungsvorranges der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie nicht auf das nationale Begriffsverständnis des § 29 BAO ankomme und der in den Artikeln 9 und 26 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie verwendete Begriff "feste Niederlassung" insofern weiter sein dürfte, "als das Vorliegen eines Betriebes oder wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes nicht erforderlich sein sollte, eine Vermögensverwaltung somit auch eine feste Niederlassung begründen können müsste", wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt, weil eine Vermietung ohne eigenes Personal auch nach der Rechtsprechung des EuGH keine feste Niederlassung zu begründen vermag (vgl. dazu das , Lease Plan Luxembourg SA, Rn 29).
Die Beschwerde bekämpft schließlich die Ermessensübung der belangten Behörde und bringt vor, die belangte Behörde spreche im Zusammenhang mit der Vorgangsweise der Beschwerdeführerin von auffallender Sorglosigkeit und vermeine diese im Wesentlichen darin zu erkennen, "dass trotz steuerlicher Vertretung keine Betriebsstättenbescheinigung gemäß eingeholt worden ist". Zwischen der Veröffentlichung dieses Erlasses, den ersten Hinweisen in der Fachliteratur zu dieser Problematik und dem hier gegenständlichen Vorgang seien aber nur wenige Wochen gelegen, weshalb sicher kein grobes Verschulden vorliege, wenn nicht jeder Unternehmer Österreichs über die Thematik informiert gewesen sei.
Diesem Vorbringen ist vorweg zu erwidern, dass in der Fachliteratur bereits mit dem Beitrag von Ritz, ÖStZ 2000/714, Überlegungen angestellt worden sind, das Risiko der Haftung nach § 27 Abs. 4 UStG 1994 durch Feststellungsbescheide zu begrenzen. Abgesehen davon stellte die belangte Behörde fest, dass die Beschwerdeführerin ohne weitere Erkundigungen vom Vorliegen einer inländischen Betriebsstätte ausgegangen sei, obwohl die X. GmbH unter einer deutschen Adresse aufgetreten sei und sich damit sowohl in der Vereinbarung über die entgeltliche Aufgabe der Hauptmietrechte als auch in der darüber gelegten Rechnung eindeutig als ausländisches Unternehmen zu erkennen gegeben habe. Aus der mit der X. GmbH geschlossenen Vereinbarung sei zudem - so die belangte Behörde weiter - klar ersichtlich, dass die hier in Rede stehende Diskothek nicht von der X. GmbH betrieben worden sei, weil die Beschwerdeführerin "von der in Konkurs befindlichen (österreichischen) Betreibergesellschaft, losgelöst von der Abgeltung der Aufgabe der Hauptmietrechte an die deutsche GmbH, das gesamte Inventar gekauft" habe, was in der Beschwerde nicht bestritten wird. Vor diesem Hintergrund stößt auch die Ermessensübung der belangten Behörde auf keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Bedenken.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am