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VwGH vom 11.01.2012, 2011/06/0192

VwGH vom 11.01.2012, 2011/06/0192

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail, den Hofrat Dr. Waldstätten, die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Merl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde der PK in G, vertreten durch Dr. Rainer Kurbos, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Roseggerkai 5, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom , Zl. 034337/2011/0002, betreffend Beseitigungsauftrag gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der vorliegenden Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin beantragte am die Erteilung einer baurechtlichen Bewilligung für den Zubau eines Flugdaches auf dem Grundstück Nr. 589/9, KG W. Vorhanden waren auf dem Baugrundstück die beiden nunmehr verfahrensgegenständlichen baulichen Anlagen, nämlich ein Lagergebäude mit der Grundfläche von 9,82 m x 4,01 m, bestehend aus einer Stahlkonstruktion mit Blechpanelen auf Streifenfundamenten, im Abstand von 32 cm zur südlichen und 80 cm zur westlichen Grundgrenze errichtet, sowie ein Lagergebäude mit der Grundfläche von 16,14 m x 8,12 m, bestehend aus einer Stahlkonstruktion mit Blechpanelen auf Streifenfundamenten, errichtet im Abstand von 90 cm zur südlichen und 9 m zur östlichen Grundgrenze. Diese Lagergebäude waren damals nicht Gegenstand des Ansuchens. Nachdem der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom mitgeteilt worden war, dass für die beiden Lagergebäude kein Konsens bestehe, stellte sie mit Schreiben vom einen Antrag auf Feststellung eines aufrechten Konsenses gemäß § 40 Abs. 2 Stmk. BauG. Das Genehmigungsansuchen vom für den Zubau eines Flugdaches wurde mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen. Ebenfalls mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom wurde aufgrund des Feststellungsantrages gemäß § 40 Stmk. BauG die Konsenslosigkeit der Lagergebäude festgestellt. Die diesbezüglich an den Verwaltungsgerichtshof gerichtete Beschwerde wurde von diesem mit Erkenntnis vom , Zl. 2009/06/0093 (im Folgenden: Vorerkenntnis), als unbegründet abgewiesen.

Daraufhin wurde der Beschwerdeführerin als Liegenschaftseigentümerin gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom der Auftrag erteilt, die verfahrensgegenständlichen Lagergebäude im Ausmaß von 9,28 m x 4,01 m (ca. 39 m2) und 16,14 m x 8,12 m (ca. 131 m2) binnen zwei Wochen ab Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen.

Gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin eine Berufung ein. Am fand auf der Liegenschaft Nr. 589/9, KG W., eine Erhebung durch den Baukontrollor statt, bei der festgestellt wurde, dass die beiden Lagerräume "ohne Bewilligung errichtet worden" seien und im Lagergebäude mit Ausmaß von 39 m2 der Lagerraum (3,59 m2) als Sanitärraum mit WC sowie der Lagerraum (14,01 m2) als Waschraum genutzt werde.

Die belangte Behörde wies die Berufung ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass es sich bei den beiden Lagergebäuden zweifelsohne um "bauliche Anlagen" iSd § 4 Z. 12 Stmk. BauG handle, was sich einerseits aus den Fotos des Erhebungsberichtes und andererseits aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , das genau jene zwei Gebäude zum Gegenstand gehabt habe, die auch hier verfahrensgegenständlich seien, ergebe. Es sei auch nicht nachvollziehbar, was die Gebäude mit einem Zelt gemeinsam haben sollten. Im Übrigen stelle ein Zelt ebenfalls eine bauliche Anlage dar, insbesondere wenn es Grundflächen habe, wie die beiden verfahrensgegenständlichen Gebäude (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/17/0332, mwN). Darüber hinaus habe sich der Bauwerksbegriff durch das Stmk. BauG im Vergleich zur Stmk. BauO nicht geändert, sodass im Errichtungszeitpunkt, der jedenfalls nach dem Jahr 1984 festzumachen sei (siehe Verwaltungsgerichtshof vom , Zl. 2009/06/0093), auch schon von Bauwerken auszugehen gewesen sei. An dieser Qualifikation könne auch die Frage nichts ändern, ob das eine Gebäude in einem bautechnisch untrennbaren Zusammenhang mit einem anderen auf der Liegenschaft bestehenden Gebäude stehe oder nicht.

Die Erteilung eines Beseitigungsauftrages komme nur dann in Betracht, wenn die Errichtung eines bestimmten Baues sowohl im Zeitpunkt der Bauausführung als auch im Zeitpunkt der Erteilung des Beseitigungsantrages bewilligungspflichtig bzw. anzeigepflichtig gewesen sei. Die verfahrensgegenständlichen Gebäude seien aber jedenfalls auch schon im zeitlichen Geltungsbereich der Stmk. BauO 1968 bewilligungspflichtig gewesen. Das Berufungsvorbringen, wonach die beiden Gebäude möglicherweise zu ihrem Errichtungszeitpunkt nicht bewilligungspflichtig gewesen sein könnten (weil "zeltähnlich" oder "Luftkeuschen"), sei daher nicht zielführend. Überdies würden die Gebäude auch die Abstandsvorschriften nach der Stmk. BauO verletzen, sodass jedenfalls von vorschriftswidrigen Bauten iSd § 41 Abs. 1 Stmk. BauG auszugehen sei.

Soweit die Beschwerdeführerin vorbringe, die beiden Gebäude seien gemäß § 40 Stmk. BauG als genehmigt anzusehen, genüge es, auf das Vorerkenntnis zu verweisen, in dem Gegenteiliges festgestellt worden sei. Für die verfahrensgegenständlichen Gebäude liege somit kein Konsens vor.

Die Beschwerdeführerin behaupte zu Unrecht eine Verletzung ihres Rechtes auf Parteiengehör. Der Mangel, dass sie bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides dem Verfahren nicht beigezogen worden sei, könne als geheilt angesehen werden, weil sie in der Berufung Gelegenheit gehabt habe, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen und davon auch Gebrauch gemacht habe. Ergebnis des Ermittlungsverfahrens sei auch lediglich die Feststellung gewesen, dass auf dem Grundstück Nr. 589/9 zwei Lagergebäude, wie sie im Bescheidspruch beschrieben worden seien, ohne Konsens errichtet worden seien, weshalb der bekämpfte Auftrag ergangen sei. Von dieser Tatsache habe die Beschwerdeführerin durch den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides Kenntnis erlangt, auch wenn nicht konkret Bezug auf die durchgeführten Erhebungen genommen worden sei. Da sich aus dem Erhebungsbericht substanziell nicht mehr ergebe als aus dem Bescheid, sei der angesprochene Verfahrensmangel als geheilt zu betrachten.

Die Beschwerdeführerin habe auch vorgebracht, möglicherweise zum Teil zu Unrecht als Adressatin des Auftrages herangezogen worden zu sein, weil nicht klar sei, ob nicht eines der Gebäude ein Superädifikat sei. Diesbezüglich werde KN. als Rechtsvorgänger im Eigentum an der Liegenschaft ins Spiel gebracht.

Ein Beseitigungsauftrag sei gegenüber dem Eigentümer der baulichen Anlage zu erlassen, unabhängig davon, wer die Baulichkeit hergestellt habe. Dies sei außer dem Fall eines Superädifikates der Grundeigentümer. Weder das äußere Erscheinungsbild beider Bauwerke (Bauweise) noch ihr objektiver Zweck ließen auf eine Superädifikatseigenschaft schließen. Dies könnte nur anhand einer Vereinbarung geklärt werden. Wenn die Beschwerdeführerin diesbezüglich im Ergebnis die Klärungspflicht der Behörde überantwortet habe, unterliege sie in der gegebenen Konstellation einem Irrtum. Die Beischaffung einer privatrechtlichen Vereinbarung über die mögliche Superädifikatseigenschaft eines Bauwerkes sei für die Behörde im vorliegenden Fall von sich aus nicht möglich. Dazu bedürfe es der Mitwirkung der Partei durch die Vorlage entsprechender Beweismittel. Dies habe die Beschwerdeführerin unterlassen. Da das äußere Erscheinungsbild gegen die Superädifikatseigenschaft spreche, gehe die unterlassene Mitwirkung der Beschwerdeführerin zu deren Lasten, sodass sie als Bauwerkseigentümerin angesehen werde. Der bekämpfte Auftrag sei daher zu Recht ergangen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 40 Abs. 1, 2 und 3 sowie § 41 Abs. 1 und 3 Stmk. BauG in

der Fassung LGBl. Nr. 5/2011 lauten:

"§ 40

Rechtmäßiger Bestand

(1) Bestehende bauliche Anlagen und Feuerstätten, für die eine Baubewilligung zum Zeitpunkt ihrer Errichtung erforderlich gewesen ist und diese nicht nachgewiesen werden kann, gelten als rechtmäßig, wenn sie vor dem errichtet wurden.

(2) Weiters gelten solche bauliche Anlagen und Feuerstätten als rechtmäßig, die zwischen dem und errichtet wurden und zum Zeitpunkt ihrer Errichtung bewilligungsfähig gewesen wären.

(3) Die Rechtmäßigkeit nach Abs. 2 ist über Antrag des Bauwerbers oder von Amts wegen zu beurteilen. Dabei ist die zum Zeitpunkt der Errichtung des Baues maßgebliche Rechtslage zu berücksichtigen. Liegen die Voraussetzungen nach Abs. 2 vor, hat die Behörde die Rechtmäßigkeit festzustellen. Der Feststellungsbescheid gilt als Bau- und Benützungsbewilligung.

§ 41

Baueinstellung und Beseitigungsauftrag

(1) Die Behörde hat die Baueinstellung zu verfügen, wenn Vorhaben gegen Bestimmungen dieses Gesetzes verstoßen, insbesondere wenn


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1.
bewilligungspflichtige Vorhaben ohne Bewilligung,
2.
anzeigepflichtige Vorhaben ohne Genehmigung im Sinne des § 33 Abs. 6 oder
3.
baubewilligungsfreie Vorhaben nicht im Sinne dieses Gesetzes ausgeführt werden.

(3) Die Behörde hat hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Der Auftrag ist ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 zu erteilen.

…"

Die Beschwerde wendet sich nicht gegen die Feststellungen im angefochtenen Bescheid, wonach mit Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom gemäß § 40 Abs. 2 und 3 Stmk. BauG rechtskräftig festgestellt wurde, dass für die verfahrensgegenständlichen Gebäude auf dem Grundstück Nr. 589/9, KG W., kein rechtmäßiger Bestand vorliege, und die dagegen eingebrachte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof mit dem Vorerkenntnis als unbegründet abgewiesen wurde. Damit steht rechtsverbindlich fest, dass die beiden Lagergebäude nicht rechtmäßig errichtet wurden und somit grundsätzlich Gegenstand eines Beseitigungsauftrages iSd § 41 Abs. 3 Stmk. BauG sein können.

Das Beschwerdevorbringen, es fehlten Anhaltspunkte dafür, ob der Errichtungszeitpunkt jedenfalls nach dem Jahr 1984 anzunehmen sei, geht ebenfalls ins Leere, weil auch darüber bereits rechtskräftig abgesprochen wurde.

Soweit sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Rüge, ihr sei keine ausreichende Möglichkeit eingeräumt worden, eine Stellungnahme zu den Ermittlungsergebnissen der Verwaltungsbehörden abzugeben, gegen einen allfälligen Verfahrensfehler der Behörde erster Instanz wendet, hielt ihr die belangte Behörde zu Recht entgegen, dass die Beschwerdeführerin Gelegenheit hatte, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der erstinstanzlichen Behörde - insbesondere der Erhebung durch den Baukontrollor am am Grundstück Nr. 589/9, KG W., - in ihrer Berufung Stellung zu nehmen, davon auch Gebrauch gemacht habe und der Verfahrensfehler dadurch saniert sei. Die Existenz, Größe und Situierung der Lagergebäude wird in der Beschwerde auch nicht bestritten. Dass der im angefochtenen Bescheid erwähnte Erhebungsbericht des Baukontrollors andere entscheidungsrelevante Inhalte oder die belangte Behörde darüber hinausgehende Ermittlungen durchgeführt hätte, wird in der Beschwerde nicht behauptet. Die Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels wurde somit nicht dargelegt. Entgegen der Beschwerdeansicht war die belangte Behörde jedoch nicht gehalten, die Beschwerdeführerin zu den von ihr beabsichtigten rechtlichen Schlussfolgerungen anzuhören (vgl. dazu die in Hengstschläger/Leeb , AVG § 45 Rz 26, zitierte hg. Judikatur). Im Übrigen ist auf die Ausführungen im Vorerkenntnis zur Mitwirkungspflicht der Beschwerdeführerin zu verweisen.

Schließlich bringt die Beschwerdeführerin vor, "(w)ären die Objekte ein Superädifikat, so müsste sich der Bescheid an den Eigentümer (den Voreigentümer N.) desselben richten". Damit behauptet die Beschwerde aber selbst nicht, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Lagergebäuden um ein Superädifikat handelt. Die belangte Behörde wies auf das äußere Erscheinungsbild der Bauwerke (Bauweise) und deren objektiven Zweck hin und schloss daraus, dass keine Superädifikatseigenschaft vorliege, zumal die Beschwerdeführerin auch keine privatrechtliche Vereinbarung vorgelegt habe, aus der sich Gegenteiliges ergebe. Da im Verwaltungsverfahren keine Anhaltspunkte dafür gegeben waren, dass ein Superädifikat vorliege, war die belangte Behörde nicht gehalten, den Voreigentümer N. als Partei in das Verfahren einzubeziehen. Die Ansicht der belangten Behörde, dass der gegenständliche Beseitigungsauftrag gegenüber der Beschwerdeführerin zu erlassen sei, ist daher nicht zu beanstanden.

Da sich somit schon aus dem Vorbringen in der Beschwerde ergibt, dass der Beseitigungsauftrag zu Recht erging, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am