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VwGH vom 21.09.2006, 2006/15/0225

VwGH vom 21.09.2006, 2006/15/0225

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des W, geboren 1956, in K, vertreten durch Dr. Thomas Weber, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Kaiser Franz Ring 13, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , GZ. RV/0649-W/06, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme eines Verfahrens, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der angeschlossenen Bescheidausfertigung ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid im Anschluss an die Aufhebung des Bescheides der belangten Behörde vom durch das hg. Erkenntnis vom , 2005/15/0125, ergangen ist. Mit dem Bescheid vom sprach die belangte Behörde über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Finanzamtes, mit dem der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zurückgewiesen wurde, dahingehend ab, dass der Spruch insoweit abgeändert werde, als der Wiederaufnahmeantrag des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen werde. Mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2005/15/0125, wurde dieser Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufgehoben. Die belangte Behörde sei nicht befugt gewesen, über den Wiederaufnahmegrund als solchen erstmals - unter Übergehen der ersten Instanz - zu erkennen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Im Verfahren des Beschwerdeführers betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer für das Jahr 1993 sei die mit datierte Berufungsentscheidung der belangten Behörde ergangen. Diese Entscheidung sei nicht mit Beschwerde bei den Gerichtshöfen öffentlichen Rechts angefochten worden. Gegenstand dieser Berufungsentscheidung sei die im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung aufgeworfene Frage gewesen, ob der Beschwerdeführer im Jahr 1993 von der Firma R-Druck einen Betrag in Höhe von S 240.000,-- vereinnahmt habe, sowie die Behandlung der zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Mutter wechselseitig in Rechnung gestellten Subhonorare für Werbetätigkeit.

Mit dem am beim Finanzamt Wien 1/23 überreichten Schreiben vom sei der Antrag auf "Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 (1) a und b BAO-Bescheide UAFS GZ RV/1661- W/03 Eva H. und GZ RV/1656-W/03 Walter A. H." gestellt worden. Darin sei ausgeführt worden, beide Verfahren gründeten sich auf Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes. Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO sei dem Antrag auf Wiederaufnahme der Verfahren stattzugeben, "wenn Tatsachen oder Beweismittel, die im abgeschlossenen Verfahren ohne grobes Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten". Die Bezeichnung der Verfahren sei im Betreff angegeben. Vor Herausgabe der Bescheide seien Tatsachen neu hervorgekommen, "die auf gerichtlich strafbarer Handlungen maßgeblich an den Entscheidungen mitwirkender Behördenorgane beruhen". Hiezu werde die Niederschrift UAFS W.H. sen. vom beigeschlossen.

In beiden Rechtsangelegenheiten seien in den jeweiligen amtlichen Bescheiden "Entscheidungsgründe" angegeben, die sich auf nur eine Betriebsprüfung stützen und den Satz aufwiesen: "Neben anderen unstrittigen Feststellungen seien hinsichtlich Umsatzsteuer 1993 andere mittlerweile unstrittige Feststellungen herangezogen worden". Es entspreche nicht den Tatsachen, dass es unstrittige Feststellungen gebe. Herausgestellt werde vorerst der unberechtigte Einbau angeblicher Steuerschulden aus dem Jahr 1991 in die Abgabenfestsetzung für das Jahr 1993. Diese Rückstände sollten durch unrichtige Steuererklärungen von Eva H. für das Jahr 1991 entstanden sein. Die angefochtenen Bescheide würden die angeblich unrichtige Steuererklärung 1991 der Eva H. zum Beweismittel nicht nur für Eva H., sondern ableitend davon auch zum Beweismittel für Abgabenhinterziehung in gleicher Höhe für den völlig unbeteiligten Beschwerdeführer erheben. Eva H. sei in der Lage, eindeutig zu beweisen, dass die seitens der Behördenorgane eingeschobenen Verfälschungen jederzeit aufgedeckt werden könnten. Die immer wieder angebotenen Beweismittel seien durch die Behördenorgane gesetzwidrig nicht zur Überprüfung angenommen worden. Die Parteien treffe daran kein Verschulden und diese Beweismittel seien deshalb im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b BAO als neue Beweismittel anzuerkennen. Der antragsbezogene Bescheid sei mit datiert und am gleichen Tag zugestellt worden. Der am beim Finanzamt persönlich übergebene Wiederaufnahmeantrag sei gemäß § 303 Abs. 2 BAO rechtzeitig eingebracht.

Die dem Wiederaufnahmeantrag beigelegte Niederschrift sei am vor dem unabhängigen Finanzsenat, Außenstelle Wien, unter Anwesenheit der Senatsvorsitzenden des Senates 2, des zuständigen Referenten sowie des Vaters des Beschwerdeführers aufgenommen worden. Anlass für die Aufnahme der Niederschrift sei eine vom Vater des Beschwerdeführers als bevollmächtigter Vertreter des Beschwerdeführers und der Eva H. begehrte Akteneinsicht gewesen. Im Verlaufe der Aufnahme der Niederschrift habe der Vater des Beschwerdeführers die Senatsvorsitzende des Amtsmissbrauchs im Zusammenhang mit der am ergangenen Entscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland bezichtigt.

Das Finanzamt habe den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zurückgewiesen. Gemäß § 303 Abs. 2 BAO sei der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 lit. a und b BAO binnen einer Frist von drei Monaten von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt habe, bei der Abgabenbehörde einzubringen, die im abgeschlossenen Verfahren den Bescheid in erster Instanz erlassen habe. Im Antrag sowie in den ergänzenden Eingaben seien keine Ereignisse oder Umstände angeführt worden, die den Beschwerdeführer erst ab dem nachweislich zur Kenntnis gelangt seien und die bei Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens zu einer anders lautenden Entscheidung geführt hätten. Es werde sogar ausdrücklich festgestellt, dass vor Herausgabe des Bescheides Tatsachen neu hervorgekommen seien, die auf gerichtlich strafbaren Handlungen maßgeblich an der Entscheidung mitwirkender Behördenorgane beruhten. Da dem Beschwerdeführer die im Antrag angeführten Wiederaufnahmegründe bereits vor Erlassung der das Verfahren abschließenden Berufungsentscheidung bekannt gewesen seien, sei die gesetzliche 3-Monats-Frist nicht gewahrt worden. In der Berufung gegen diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer ausgeführt, es sei der Nachweis erbracht worden, dass der angefochtene Bescheid gemäß lit. a des § 303 Abs. 1 BAO "sonstwie erschlichen worden sei". Mit dem Zeitpunkt des Bescheides des unabhängigen Finanzsenates vom sei dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gelangt, dass das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 99/13/0213, nicht, ja geradezu gegenteilig für die "Beschwerdeentscheidungen" herangezogen worden sei.

Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde nach Gesetzeszitaten dazu aus, der Beschwerdeführer habe in seinem am eingelangten Antrag den Tatbestand des § 303 Abs. 1 lit. a BAO geltend gemacht und den Vorwurf gerichtlich strafbarer Handlungen maßgeblich an den Entscheidungen mitwirkender Behördenorgane erhoben; er habe hiezu die Niederschrift vom , in welcher er der Senatsvorsitzenden Amtsmissbrauch unterstellt habe, angeschlossen.

Der Beschwerdeführer habe diesen Antrag auch auf § 303 Abs. 1 lit. b BAO gestützt. Hiezu habe er ausgeführt, immer wieder angebotene Beweismittel wären von den Behördenorganen gesetzwidrig nicht zur Überprüfung angenommen worden. Da die Parteien (konkret wohl dem Beschwerdeführer) daran kein Verschulden treffe, seien diese Beweismittel im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b BAO als neue Beweismittel anzuerkennen. Der Wiederaufnahmeantrag enthalte sohin die in § 300a Abs. 1 lit. d BAO geforderten Angaben zur Beurteilung des Fehlens eines groben Verschuldens.

Der Wiederaufnahmeantrag müsse auch Angaben enthalten, die zur Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Antrages notwendig seien. Dem Antrag des Beschwerdeführers seien solche Angaben zu entnehmen. Er habe nämlich ausgeführt, vor Herausgabe des antragsgegenständlichen, am zugestellten Bescheides, seien Tatsachen neu hervorgekommen, die auf gerichtlich strafbaren Handlungen maßgeblich an der Entscheidung mitwirkender Behördenorgane beruhten. Er habe hiezu die Niederschrift vom beigeschlossen. Weiters habe er vorgetragen, dass immer wieder angebotene Beweismittel von den Behördenorganen gesetzwidrig nicht zur Überprüfung angenommen worden wären und ihn hieran kein Verschulden treffe. Daraus ergebe sich, dass dem Beschwerdeführer die als Wiederaufnahmegründe dargelegten Umstände bereits vor Erlassung der Berufungsentscheidung vom bekannt gewesen seien. Da der Wiederaufnahmeantrag genau drei Monate nach Zustellung der Berufungsentscheidung gestellt worden sei, könne die Frist des § 303 Abs. 2 BAO nicht gewahrt sein. Der Wiederaufnahmeantrag sei daher verspätet. Für den Beginn der 3-Monats-Frist des § 303 Abs. 2 BAO sei nicht der Tag der Zustellung des das wiederaufzunehmende Verfahren abschließenden Bescheides, sondern der Zeitpunkt der nachweislichen Kenntniserlangung vom Wiederaufnahmegrund maßgebend. Dass dem Beschwerdeführer nach Erlassung der Berufungsentscheidung vom ein Wiederaufnahmegrund zur Kenntnis gelangt wäre, lasse sich seinem Antrag nicht entnehmen.

Die Wiederaufnahme des Verfahrens diene nicht dazu, eine allfällige Unrichtigkeit des im wiederaufzunehmenden Verfahren ergangenen Bescheides aufzugreifen. Mit der Behauptung, im Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides vom sei dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gelangt, dass das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 99/13/0213, in diesen Bescheid nicht, ja geradezu gegenteilig herangezogen worden sei, zeige der Beschwerdeführer keine Umstände auf, die im Rahmen einer Wiederaufnahme berücksichtigt werden könnten. Dem Antrag als auch dem Schreiben vom könne in eindeutiger Weise entnommen werden, dass die geltend gemachten Wiederaufnahmegründe den Beschwerdeführer bereits vor Erlassung der Berufungsentscheidung vom bekannt gewesen seien. Zur Klärung dieses Zeitpunktes der Kenntnisnahme von den Wiederaufnahmegründen habe es daher eines Erörterungsgespräches nicht bedurft.

In der Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Nichtzurückweisung seines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens verletzt. Er macht geltend, die Feststellung, dass der Wiederaufnahmeantrag verspätet eingebracht worden sei, sei seiner Ansicht nach keinesfalls ausreichend begründet worden. Die belangte Behörde hätte über die Widersprüchlichkeit des Vorlageberichtes der ersten Instanz Erhebungen führen müssen, um sich über den tatsächlichen Wissensstand der zeitlichen Abfolge der Kenntnis der Wiederaufnahmegründe Klarheit zu verschaffen. Auch im Rahmen des beantragten Erörterungsgespräches hätte sich die Möglichkeit geboten, erschöpfend zu klären, wann ihm die Umstände und Gründe der Wiederaufnahme bekannt geworden seien.

Weiters macht die Beschwerde - auf ausdrücklichen Wunsch des Beschwerdeführers - geltend, dass erst aus dem Bescheid vom dem Beschwerdeführer bekannt geworden sei, dass die Behörde Feststellungen über eine angeblich bestehende Forderung des Beschwerdeführers aus dem Jahr 1991 gegen die Firma R-Druck getroffen habe. Durch den Bescheid vom sei ihm bekannt geworden, dass die Behörden diese Forderungen ihren weiteren Entscheidungen zu Grunde legen würden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wie bereits in der dem Erkenntnis vom , 2005/15/0125, zu Grunde liegenden Beschwerde wird auch in der vorliegenden Beschwerde die Feststellung der belangten Behörde nicht bestritten, dass der Beschwerdeführer vorgebracht habe, vor Herausgabe des Bescheides seien Tatsachen neu hervorgekommen, die auf gerichtlich strafbaren Handlungen maßgeblich an der Entscheidung mitwirkender Behördenorgane beruhten und er hiezu die Niederschrift vom beigeschlossen habe. Aus diesem Vorbringen im Zusammenhang mit der Einbringung des Antrages am letzten Tag der 3-Monats-Frist gerechnet ab Zustellung des im wiederaufzunehmenden Verfahren ergangenen Bescheides hat die belangte Behörde die Feststellung getroffen, dass dem Beschwerdeführer der geltend gemachte Wiederaufnahmegrund des § 303 Abs. 1 lit. a BAO bereits vor dem bekannt gewesen ist. Dass diese Feststellungen auf Grund des Vorbringens, "vor Herausgabe des Bescheides" im Zusammenhang mit der zum Nachweis dafür beigelegten Niederschrift vom das Ergebnis einer unschlüssigen Beweiswürdigung wären, behauptet auch die Beschwerde nicht. Auf Grund dieser unmissverständlichen Angaben im Antrag und der angeschlossenen Niederschrift musste die Behörde keine weiteren Ermittlungen über die Rechtzeitigkeit des Antrages anstellen. Erhebungen über die "Widersprüchlichkeit des Vorlageberichtes der ersten Instanz" waren schon deswegen entbehrlich, weil sich die belangte Behörde nicht auf einen Vorlagebericht gestützt hat.

Der Rechtsansicht der belangten Behörde, dass der Wiederaufnahmeantrag verspätet eingebracht worden ist, kann daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.

Soweit in der Beschwerde ergänzend vorgebracht wird, dass der Beschwerdeführer erst aus dem Bescheid vom erfahren habe, dass die Behörde Feststellungen über seine angebliche Forderung aus dem Jahr 1991 gegen die Firma R-Druck getroffen und diese Forderung ihrem Bescheid zu Grunde gelegt habe, kann der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen.

Ein Wiederaufnahmeantrag nach § 303 Abs. 1 lit. b BAO kann nur auf solche Tatsachen oder Beweismittel gestützt werden, die beim Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens schon vorhanden waren, deren Verwertung der Partei aber erst nachträglich möglich wurde. Es müssen also neu hervorgekommene Tatsachen bzw. neu hervorgekommene Beweismittel vorliegen, die zur Zeit des abgeschlossenen Verfahrens bereits existent waren, aber im Verfahren nicht berücksichtigt worden sind.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe dem Bescheid entnommen, dass die belangte Behörde seine Forderung gegen eine Firma feststellt, zeigt, dass diese Tatsache im Verfahren berücksichtigt worden ist. Sollte der Beschwerdeführer meinen, ihm sei im Verfahren zu dieser Tatsache kein Parteiengehör gewährt worden, verkennt er, dass allfällige Verfahrensmängel im abgeschlossenen Verfahren, die zu einer unzutreffenden tatsächlichen oder rechtlichen Würdigung des in seiner realen Gegebenheit vorhanden gewesenen Sachverhaltes geführt hätten, keinen Grund für eine Wiederaufnahme des Verfahrens abgeben. Solche angebliche Verfahrensmängel sind im Wege eines ordentlichen oder außerordentlichen Rechtsmittels geltend zu machen.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am