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VwGH 22.02.2012, 2011/06/0183

VwGH 22.02.2012, 2011/06/0183

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
BauO Tir 2001 §2 Abs9;
BauO Tir 2001 §20 Abs1 Z1;
BauO Tir 2011 §2 Abs9;
BauO Tir 2011 §21 Abs1 Z1;
BauRallg;
RS 1
Die Auffassung der Behörden, die vorliegenden Maßnahmen (Abbruch zweier Lichtbänder, brandbeständige Vermauerung der Öffnungen, Versetzen eines Rolltores, Errichtung eines 16,50 m hohen Stahlkamins) seien bewilligungspflichtig, trifft zu. Es kann keine Rede davon sein, dass zum Einbau der Anlage (Blockheizkraftwerk) nur geringfügige Arbeiten im Inneren des Gebäudes erforderlich seien. Vielmehr erfolgen bauliche Maßnahmen auch an den Außenwänden des Gebäudes sowie die Errichtung eines 16,50 m hohen Kamines. Dass die vorgesehenen baulichen Maßnahmen und der Einbau eines Blockheizkraftwerkes geeignet sind, jedenfalls Aspekte der Brandsicherheit wesentlich zu berühren (vgl. § 2 Abs. 9 BauO Tir 2001 bzw. nun § 2 Abs. 9 BauO Tir 2011), kann nicht fraglich sein, womit schon eine Bewilligungspflicht im Sinne des § 20 Abs. 1 Z. 1 BauO Tir 2001 (nun § 21 Abs. 1 Z. 1 BauO Tir 2011) gegeben ist.
Normen
AVG §56;
BauO Tir 2001 §22 Abs4;
BauO Tir 2001 §37 Abs2;
BauO Tir 2011 §23 Abs4;
BauO Tir 2011 §39 Abs1;
BauRallg;
RS 2
§ 22 Abs 4 Tir BauO 2001 beschränkt sich darauf, anzuordnen, dass das Vorhaben ausgeführt werden darf; eine weitergehende Anordnung etwa dahin, dass nach Fristablauf das Vorhaben (kraft Gesetzes) als genehmigt gelte, oder dass das, was projektgemäß ausgeführt wird, rechtmäßig ist (und bleibt), enthält das Gesetz nicht (was im Falle von lediglich angezeigten baubewilligungspflichtigen Vorhaben auch in einem Spannungsverhältnis mit der allfälligen Beeinträchtigung von Nachbarrechten stünde). Nicht einmal die in § 22 Abs. 4 Tir BauO 2001 (nunmehr § 23 Abs. 4 Tir BauO 2011) vorgesehene ausdrückliche Zustimmung der Behörde ist - für sich allein - ein Bescheid (Hinweis E vom , 2001/06/0165), umso weniger kommt daher dem Schweigen der Behörde (Verstreichen der Zweimonatsfrist) Bescheidqualität zu. Vielmehr erwirbt der Bauwerber, wenn er ein in Wahrheit baubewilligungspflichtiges Vorhaben zum Gegenstand einer Bauanzeige macht, durch das Verstreichen dieser Frist keinen baubehördlichen Konsens. Gegenteiliges ließe sich auch nicht aus § 37 Abs. 2 Tir BauO 2001 bzw. nunmehr § 39 Abs. 1 Tir BauO 2011 erschließen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und den Hofrat Dr. Waldstätten, die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Merl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde der T GmbH in Innsbruck, vertreten durch Dr. Markus Seyrling, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Salurnerstraße 12/EG, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom , Zl. I-Präs-00334e/2011, betreffend eine Bausache (weitere Partei: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit der am beim Stadtmagistrat der Landeshauptstadt Innsbruck eingelangten Bauanzeige vom zeigte die Beschwerdeführerin folgendes Bauvorhaben an: Sie plane auf ihrem näher beschriebenen Werksgelände in Innsbruck die Heizungsanlage für das bestehende Betriebsgebäude um ein Blockheizkraftwerk zu erweitern. Die Abwärme aus diesem Blockheizkraftwerk werde als bevorzugte Wärmeversorgung in das Heizungsnetz parallel zu den bestehenden Gaskesseln eingebunden, die als Ausfallreserve erhalten blieben. Das Blockheizkraftwerk solle vorwiegend mit Biogas betrieben werden, das an anderer Stelle in das Erdgasnetz eingespeist werde, und die überschüssige elektrische Energie werde in das Stromnetz eingespeist. Das Gebäude, in dem die näher beschriebene Anlage eingebaut werde, werde entsprechend den Anforderungen für die Aufstellung der Anlage adaptiert.

Nach den Bauplänen werden unter anderem Veränderungen an den Außenwänden des Gebäudes vorgenommen: Geplant ist der Abbruch zweier Lichtbänder und die brandbeständige Vermauerung der Öffnungen, auch das Versetzen einer Rolltores; zudem soll ein 16,50 m hoher Stahlkamin errichtet werden.

Mit Eingabe vom ersuchte die Beschwerdeführerin um Übermittlung der mit einem Bestätigungsvermerk im Sinne des § 22 Abs. 4 TBO 2001 versehenen Ausfertigung der Planunterlagen.

Hierauf stellte der Stadtmagistrat mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom gemäß § 22 Abs. 3 TBO 2001 fest, dass das angezeigte Bauvorhaben bewilligungspflichtig sei. Er ging dabei (insofern ohne nähere Begründung) davon aus, dass die Bauanzeige vom stamme.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Die Bauanzeige sei am und nicht erst am eingegangen, was sich auch aus dem Eingangsvermerk ergebe. Der bekämpfte Feststellungsbescheid sei daher nicht innerhalb der Zweimonatsfrist des § 22 TBO 2001 ergangen und somit rechtswidrig.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Zur Begründung heißt es, unterdessen sei die TBO 2001 als TBO 2011 wiederverlautbart worden. Für die Berufungsbehörde sei grundsätzlich die zum Zeitpunkt der Erlassung ihrer Entscheidung geltende Sach- und Rechtslage maßgebend. Änderungen der Sach- und Rechtslage während des Berufungsverfahrens seien daher zu berücksichtigen. Da in der TBO 2011 keine Übergangsbestimmungen betreffend anhängige Anzeigeverfahren enthalten seien, habe die belangte Behörde ihre Entscheidung nach den Bestimmungen der TBO 2011 zu treffen. Nach Wiedergabe des § 23 TBO 2011 heißt es zur Begründung weiter, die Bauanzeige samt Planunterlagen sei am beim Stadtmagistrat eingelangt. Auch wenn die gegenständliche Bauanzeige mit einem gewerberechtlichen Projekt eingereicht worden sei, sei dennoch von einer Einbringung mit diesem Datum auszugehen, weil die Einlaufstelle Bauwesen für beide Verfahren als Einbringungsstelle gelte. Der Zeitpunkt des Einlangens bei der "Bau- und Feuerpolizei" als behördenintern zuständiger Stelle für die Prüfung von Bauanzeigen (dies sei der gewesen) sei nicht ausschlaggebend. Der Fristenlauf gemäß § 22 Abs. 4 TBO 2001 (bzw. § 23 Abs. 4 TBO 2011) habe daher am begonnen und am geendet. Ab diesem Zeitpunkt wäre die Beschwerdeführerin berechtigt gewesen, das angezeigte Bauvorhaben auszuführen. Dies ergebe sich aus dem klaren Wortlaut dieser Bestimmungen.

Die einzige rechtliche Konsequenz neben der Tatsache, dass das Bauvorhaben ausgeführt werden dürfe, sei allerdings, dass die Strafbestimmung des § 57 Abs. 1 lit. a TBO 2011 (zuvor § 55 Abs. 1 lit. a TBO 2001) nicht anwendbar sei. Die Ausführung einer bewilligungspflichtigen Maßnahme ohne entsprechende Bewilligung verwirkliche üblicherweise diesen Straftatbestand. Von dieser Sanktion befreie die Zustimmung zur bzw. Nichtuntersagung der Bauausführung, weil das angezeigte Vorhaben nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes ausgeführt werden dürfe.

Aus der bloßen "Zurkenntnisnahme" (im Original unter Anführungszeichen) der Bauanzeige - einerlei ob ausdrücklich oder durch Verschweigen - könne aber keinesfalls geschlossen werden, dass das Vorhaben als bewilligt gelte. Auch wenn die Bauanzeige betreffend ein in Wahrheit bewilligungspflichtiges Vorhaben von der Behörde zur Kenntnis genommen werde, bewirke dies keinesfalls die Bewilligung der Maßnahme. Auch die Erledigung einer Bauanzeige durch ausdrückliche Zustimmung sei kein Bescheid und erzeuge folglich keinen Konsens im Sinne einer willentlichen Erlaubniserteilung. Es könne auch nicht fingiert werden, dass nach Ablauf der Frist ein Bescheid als erlassen gelte, weil jeder Bescheid eine ausdrückliche Willensäußerung der Behörde sei. Einen stillschweigenden Bescheid gebe es nicht. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei auch die Ansicht verfehlt, dass im Falle der Unterlassung der Untersagung des Bauvorhabens innerhalb der vorgesehenen Frist ab Erstattung der Anzeige eine bescheidmäßige Untersagung "verfristet" sei. Die Regelung des § 22 TBO 2001 setze demnach voraus, dass es sich wirklich nur um ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben handle, und normiere nur, dass mit dem Baubeginn nicht länger als sechs Wochen ab Erstattung der Anzeige zugewartet werden müsse. Keinesfalls könne daraus geschlossen werden, dass durch den bloßen Ablauf dieser Frist ein genehmigungspflichtiges zu einem anzeigepflichtigen Bauvorhaben würde und damit keiner Baubewilligung mehr bedürfte (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 90/06/0076, und vom , Zl. 89/06/0065, mwN, zur früheren Tiroler Bauordnung, die insofern eine Sechswochenfrist vorsah).

Damit sei der erstinstanzliche Bescheid zu Recht ergangen. Im Übrigen sei die Behörde, weil es sich um ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben handle, nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, nach Ausführung des angezeigten Vorhabens ein baupolizeiliches Verfahren nach § 39 TBO 2011 einzuleiten und die Beseitigung der baulichen Anlage aufzutragen. Aus diesem Blickwinkel sei die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert, weil eine dauerhafte Ausführung des Bauvorhabens ohne ausdrückliche bescheidmäßige Bewilligung ohnehin nicht möglich sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im erstinstanzlichen Verfahren galt die Tiroler Bauordnung 2001, LGBl. Nr. 94 (Wiederverlautbarung - TBO 2001), in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 40/2009. Die TBO 2001 wurde mit der am in Kraft getretenen Novelle LGBl. Nr. 48/2011 in vielen Punkten geändert; in dieser geänderten Fassung wurde sie mit der Kundmachung LGBl. Nr. 57/2011 mit Wirkung (ebenfalls) vom als TBO 2011 wiederverlautbart.

Nach § 2 Abs. 9 TBO 2001 (nunmehr § 2 Abs. 8 TBO 2011) ist ein "Umbau" die bauliche Änderung eines Gebäudes, durch die dessen Außenmaße nicht geändert werden und die geeignet ist, die mechanische Festigkeit und Standsicherheit, die Brandsicherheit oder das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes wesentlich zu berühren.

§ 20 TBO 2001 lautete auszugsweise:

"§ 20

Bewilligungspflichtige und anzeigepflichtige Bauvorhaben,

Ausnahmen

(1) Einer Baubewilligung bedürfen, soweit sich aus den Abs. 2 und 3 nichts anderes ergibt:

a)

der Neu-, Zu- und Umbau von Gebäuden;

b)

die sonstige Änderung von Gebäuden oder Gebäudeteilen, wenn dadurch allgemeine bautechnische Erfordernisse wesentlich berührt werden;

c) die Änderung des Verwendungszweckes von Gebäuden oder Gebäudeteilen, wenn sie auf die Zulässigkeit des Gebäudes oder Gebäudeteiles nach den bau- oder raumordnungsrechtlichen Vorschriften von Einfluss sein kann; hierbei ist vom bewilligten Verwendungszweck bzw. bei Gebäuden oder Gebäudeteilen, für die aufgrund früherer baurechtlicher Vorschriften ein Verwendungszweck nicht bestimmt wurde, von dem aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck auszugehen;

d)

e)

die Errichtung und die Änderung von sonstigen baulichen Anlagen, wenn dadurch allgemeine bautechnische Erfordernisse wesentlich berührt werden.

(2) Die sonstige Änderung von Gebäuden sowie die Errichtung und die Änderung von sonstigen baulichen Anlagen sind, sofern sie nicht nach Abs. 1 lit. b oder e einer Baubewilligung bedürfen, der Behörde anzuzeigen. Jedenfalls sind der Behörde anzuzeigen:

(3) Weder einer Baubewilligung noch einer Bauanzeige bedürfen:

a) Baumaßnahmen im Inneren von Gebäuden, wenn dadurch allgemeine bautechnische Erfordernisse nicht wesentlich berührt werden; …"

Die zuvor wiedergegebenen Bestimmungen blieben durch die Novelle LGBl. Nr. 48/2011 unverändert; § 20 TBO 2001 wurde durch die Wiederverlautbarung zu § 21 TBO 2011.

§ 22 TBO 2001 lautete:

"§ 22

Bauanzeige

(1) Die Bauanzeige ist bei der Behörde schriftlich einzubringen.

(2) Der Bauanzeige sind die Planunterlagen (§ 24) in zweifacher Ausfertigung anzuschließen. Ist die Bauanzeige unvollständig, so hat die Behörde dem Bauwerber unter Setzung einer höchstens zweiwöchigen Frist die Behebung dieses Mangels aufzutragen. Wird diesem Auftrag nicht entsprochen, so ist die Bauanzeige mit schriftlichem Bescheid zurückzuweisen.

(3) Die Behörde hat das angezeigte Bauvorhaben zu prüfen. Ergibt sich dabei, dass das angezeigte Bauvorhaben bewilligungspflichtig ist, so hat die Behörde dies innerhalb von zwei Monaten nach Vorliegen der vollständigen Bauanzeige mit schriftlichem Bescheid festzustellen. Liegt überdies ein Abweisungsgrund nach § 27 Abs. 3 vor, so hat die Behörde dies festzustellen. Eine solche Feststellung ist einer Versagung der Baubewilligung gleichzuhalten. Ist das angezeigte Bauvorhaben nach den bau- oder raumordnungsrechtlichen Vorschriften unzulässig oder liegt im Fall einer umfassenden Sanierung eines Gebäudes mit einer Nettogrundfläche von mehr als 1.000 m2 der Energieausweis nicht vor, so hat die Behörde die Ausführung des Vorhabens innerhalb derselben Frist mit schriftlichem Bescheid zu untersagen. Besteht Grund zur Annahme, dass ein solcher Feststellungs- oder Untersagungsbescheid nicht fristgerecht rechtswirksam zugestellt werden kann, so hat ihn die Behörde nach § 23 des Zustellgesetzes ohne vorhergehenden Zustellversuch zu hinterlegen.

(4) Wird innerhalb der im Abs. 3 genannten Frist weder das angezeigte Bauvorhaben als bewilligungspflichtig festgestellt noch dessen Ausführung untersagt oder stimmt die Behörde der Ausführung des angezeigten Bauvorhabens ausdrücklich zu, so darf es ausgeführt werden. In diesen Fällen hat die Behörde dem Bauwerber eine mit einem entsprechenden Vermerk versehene Ausfertigung der Planunterlagen auszuhändigen."

Diese Bestimmungen blieben durch die Novelle LGBl. Nr. 48/2011 unverändert (der damit angefügte Abs. 5 ist hier nicht von Belang); diese Bestimmung wurde nun zu § 23 TBO 2011.

§ 28 Abs. 2 TBO 2001, nun § 28 Abs. 2 TBO 2011, lautete (gemäß der Wiederverlautbarung heißt das Zitat nun § 23 Abs. 4):

"(2) Mit der Ausführung eines anzeigepflichtigen Bauvorhabens darf erst begonnen werden, wenn die Behörde innerhalb von zwei Monaten nach Vorliegen der vollständigen Bauanzeige weder das betreffende Bauvorhaben als bewilligungspflichtig festgestellt noch dessen Ausführung untersagt hat oder wenn sie der Ausführung des angezeigten Bauvorhabens ausdrücklich zugestimmt hat (§ 22 Abs. 4)."

§ 37 TBO 2001 lautete auszugsweise:

"§ 37

Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes

(1) Wurde eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne die nach diesem Gesetz erforderliche Baubewilligung errichtet oder geändert, so hat die Behörde dem Eigentümer der baulichen Anlage eine angemessene Frist zu setzen, innerhalb der nachträglich um die Erteilung der Baubewilligung anzusuchen ist. Verstreicht diese Frist ungenützt oder wird (bzw. wurde) die Baubewilligung versagt, so hat die Behörde dem Eigentümer der baulichen Anlage deren Beseitigung aufzutragen. …

(2) Wurde eine anzeigepflichtige bauliche Anlage ohne die nach diesem Gesetz erforderliche Bauanzeige errichtet oder geändert, so hat die Behörde dem Eigentümer der baulichen Anlage eine angemessene Frist zu setzen, innerhalb der die Bauanzeige nachzuholen ist. Verstreicht diese Frist ungenützt oder wird (bzw. wurde) das Bauvorhaben nach § 22 Abs. 3 dritter Satz untersagt, so hat die Behörde dem Eigentümer der baulichen Anlage deren Beseitigung aufzutragen. …"

Diese Bestimmungen wurden durch die Novelle LGBl. Nr. 48/2011

geändert; der neue § 39 Abs. 1 TBO 2011 lautet:

"§ 39

Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes

(1) Wurde eine bewilligungspflichtige oder anzeigepflichtige bauliche Anlage ohne die erforderliche Baubewilligung bzw. Bauanzeige errichtet, so hat die Behörde dem Eigentümer der baulichen Anlage deren Beseitigung und erforderlichenfalls die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes des Bauplatzes aufzutragen. Wurde eine solche bauliche Anlage ohne die erforderliche Baubewilligung bzw. Bauanzeige geändert, so hat die Behörde dem Eigentümer der baulichen Anlage die Herstellung des der Baubewilligung bzw. Bauanzeige entsprechenden Zustandes aufzutragen. Dies gilt auch, wenn ein Bauvorhaben abweichend von der Baubewilligung bzw. Bauanzeige ausgeführt wurde und diese Abweichung eine Änderung der baulichen Anlage darstellt, zu deren selbstständigen Vornahme eine Baubewilligung oder eine Bauanzeige erforderlich wäre. Ist die Herstellung des der Baubewilligung bzw. Bauanzeige entsprechenden Zustandes technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht vertretbar, so hat die Behörde dem Eigentümer der baulichen Anlage stattdessen deren Beseitigung und erforderlichenfalls die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes des Bauplatzes aufzutragen."

Übergangsbestimmungen, die für das hier zugrunde liegende Verfahren relevant wären, enthält die Novelle LGBl. Nr. 48/2011 nicht.

Die Beschwerdeführerin bekämpft den angefochtenen Bescheid aus zwei Gesichtspunkten: Einerseits sei nicht begründet worden, weshalb es sich überhaupt um ein bewilligungspflichtiges Vorhaben handeln solle, andererseits sei die Baubehörde nicht berechtigt, nach Ablauf der Zweimonatsfrist des § 22 Abs. 4 TBO 2001 (nunmehr § 23 Abs. 4 TBO 2011) einen solchen Feststellungsbescheid zu erlassen.

Zur nun bestrittenen Baubewilligungspflicht des Vorhabens führt die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift aus, die Beschwerdeführerin habe in ihrer Berufung diese Frage nicht thematisiert, weshalb kein Anlass bestanden habe, darauf einzugehen.

Dem Beschwerdevorbringen ist Folgendes zu entgegnen:

Die Auffassung der Behörden des Verwaltungsverfahrens, die Maßnahmen seien bewilligungspflichtig, trifft zu. Es kann keine Rede davon sein, wie nun die Beschwerde darzulegen sucht, dass zum Einbau der Anlage nur geringfügige Arbeiten im Inneren des Gebäudes erforderlich seien. Sie geht dabei nicht vom maßgeblichen Vorhaben aus. Vielmehr erfolgen, wie eingangs dargelegt, bauliche Maßnahmen auch an den Außenwänden des Gebäudes sowie die Errichtung eines 16,50 m hohen Kamines. Dass die vorgesehenen baulichen Maßnahmen und der Einbau eines Blockheizkraftwerkes geeignet sind, jedenfalls Aspekte der Brandsicherheit wesentlich zu berühren (vgl. § 2 Abs. 9 TBO 2001 bzw. nun § 2 Abs. 9 TBO 2011), kann nicht fraglich sein, womit schon eine Bewilligungspflicht im Sinne des § 20 Abs. 1 Z. 1 TBO 2001 (nun § 21 Abs. 1 Z. 1 TBO 2011) gegeben ist.

Zur Stützung ihrer Auffassung, die Behörde sei nicht berechtigt gewesen, nach Ablauf der Zweimonatsfrist des § 22 Abs. 4 TBO 2001 die strittige Feststellung zu treffen, beruft sich die Beschwerdeführerin auf die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur TBO 1998 (die in der Folge als TBO 2001 wiederverlautbart wurde). Hiezu heißt es im Zusammenhang mit der vorgesehenen Berechtigung, nach Fristablauf das Vorhaben auszuführen (wiedergegeben in Wolf, Tiroler Baurecht mit Erläuterungen nach dem Stande vom , Seite 89; derselbe, Tiroler Baurecht nach dem Stande vom , Seite 105), nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes könne keinesfalls geschlossen werden, dass durch den bloßen Fristablauf ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben zu einem anzeigepflichtigen werde und damit keiner Baubewilligung mehr bedürfe (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/06/0076). Der nunmehrige § 22 Abs. 4 solle diese Konsequenz demgegenüber ausschließen und sicherstellen, dass ein von der Baubehörde auf Grund einer Bauanzeige einmal als zulässig behandeltes Bauvorhaben auch dann ausgeführt werden dürfe, wenn es in Wahrheit bewilligungspflichtig gewesen wäre. Das Gesetz gehe davon aus, dass anderenfalls zwangsläufig eine Rechtsunsicherheit gegeben sei, die berechtigten Rechtsschutzinteressen zuwiderlaufe. Zwar bemühe sich der vorliegende Entwurf um eine möglichst klare Trennung zwischen bewilligungspflichtigen und anzeigepflichtigen Bauvorhaben. Eine kasuistische Regelung der einzelnen in Betracht kommenden Bauvorhaben, die bei der unübersehbaren Vielfalt möglicher Bauführungen zwangsläufig unvollständig bleiben müsste, könne aber nur durch das Abstellen auf die maßgebenden bautechnischen Erfordernisse und das Ausmaß, in dem diese berührt würden, vermieden werden. (…). Es komme daher auch das vorliegende Gesetz nicht umhin, dass es mitunter eine Frage der Gesetzesauslegung sein werde, ob ein Bauvorhaben als bewilligungspflichtig oder anzeigepflichtig angesehen werde. Aus diesem Grunde werde auch im Anzeigeverfahren eine bindende Klärung dieser Frage in Ansehung des jeweiligen Bauvorhabens, wie sie im Bauverfahren ab dem Eintritt der Rechtskraft der Baubewilligung gegeben sei, für notwendig erachtet. Das Gesetz gehe weiters davon aus, dass angesichts der amtshaftungsrechtlichen und strafrechtlichen Konsequenzen eines solchen Verhaltens einem Missbrauch dieser Bestimmung ausreichend vorgebeugt sei.

Dieser Hinweis vermag der Beschwerdeführerin nicht zum gewünschten Erfolg zu verhelfen. Das in den Erläuterungen gewünschte Ziel lässt sich in dieser Form aus dem Gesetz nicht ableiten, das sich darauf beschränkt, anzuordnen, dass das Vorhaben ausgeführt werden darf; eine weitergehende Anordnung etwa dahin, dass nach Fristablauf das Vorhaben (kraft Gesetzes) als genehmigt gelte, oder dass das, was projektgemäß ausgeführt wird, rechtmäßig ist (und bleibt), enthält das Gesetz nicht (was im Falle von lediglich angezeigten baubewilligungspflichtigen Vorhaben auch in einem Spannungsverhältnis mit der allfälligen Beeinträchtigung von Nachbarrechten stünde). Nicht einmal die in § 22 Abs. 4 TBO 2001 (nunmehr § 23 Abs. 4 TBO 2011) vorgesehene ausdrückliche Zustimmung der Behörde ist - für sich allein - ein Bescheid (siehe dazu näher das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/06/0165), umso weniger kommt daher, wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, dem Schweigen der Behörde (Verstreichen der Zweimonatsfrist) Bescheidqualität zu. Vielmehr erwirbt der Bauwerber, wenn er ein in Wahrheit baubewilligungspflichtiges Vorhaben zum Gegenstand einer Bauanzeige macht, durch das Verstreichen dieser Frist keinen baubehördlichen Konsens. Gegenteiliges ließe sich auch nicht aus § 37 Abs. 2 TBO 2001 bzw. nunmehr § 39 Abs. 1 TBO 2011 erschließen, worauf die belangte Behörde zutreffend verwiesen hat.

Die erstinstanzliche Entscheidung erging daher zu Recht. Daran hat sich durch die Novelle LGBl. Nr. 48/2011 nichts geändert. Die Bestätigung durch die belangte Behörde ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

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Normen
AVG §56;
BauO Tir 2001 §2 Abs9;
BauO Tir 2001 §20 Abs1 Z1;
BauO Tir 2001 §22 Abs4;
BauO Tir 2001 §37 Abs2;
BauO Tir 2011 §2 Abs9;
BauO Tir 2011 §21 Abs1 Z1;
BauO Tir 2011 §23 Abs4;
BauO Tir 2011 §39 Abs1;
BauRallg;
Schlagworte
Bewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4
Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2012:2011060183.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
OAAAE-85225

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