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VwGH vom 22.08.2019, Ra 2019/21/0087

VwGH vom 22.08.2019, Ra 2019/21/0087

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Pfiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des C E I in W, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Jordangasse 7/4, gegen das am mündlich verkündete Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien, VGW-051/073/274/2019-4 (schriftliche Ausfertigung vom zu VGW- 051/073/274/2019-13), betreffend Bestrafung wegen einer Übertretung des FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Revisionswerber ist nigerianischer Staatsangehöriger und reiste erstmals 2011 nach Österreich ein.

2 Am heiratete er eine österreichische Staatsbürgerin; dieser Ehe entstammt ein am geborenes Kind.

3 Am beantragte der Revisionswerber die Ausstellung einer Aufenthaltskarte, weil seine Ehefrau von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht habe.

4 Dieser Antrag blieb (soweit ersichtlich) unerledigt. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erließ gegen den Revisionswerber aber im Hinblick auf zwei strafgerichtliche Verurteilungen aus den Jahren 2012 und 2013 mit Bescheid vom ein vierjähriges Aufenthaltsverbot, wobei es keinen Durchsetzungsaufschub erteilte und einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannte.

5 Der Revisionswerber erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde. Mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) vom wurde dieser Beschwerde (zunächst) insoweit stattgegeben, als der Ausspruch über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ersatzlos behoben wurde. (Mit Erkenntnis des BVwG vom ist dann in der Folge auch das Aufenthaltsverbot selbst - u.a. mit der Begründung, es liege keine maßgebliche Gefährdung öffentlicher Interessen vor - ersatzlos behoben worden.)

6 Mittlerweile war über den Revisionswerber mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom wegen Übertretung von § 70 Abs. 1 FPG iVm § 120 Abs. 1a FPG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe vier Tage und vier Stunden) verhängt worden. Dem Revisionswerber wurde angelastet, er sei als Fremder nach der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nach Eintritt der Durchsetzbarkeit nicht rechtzeitig aus dem Bundesgebiet ausgereist und habe sich am , um 05:88 Uhr, in einer näher genannten U-Bahn Station "nächst dem dortigen Würstelstand" noch unerlaubt im Bundesgebiet aufgehalten.

7 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht Wien (VwG) mit am mündlich verkündeten und am schriftlich ausgefertigten Erkenntnis als unbegründet ab, wobei es gemäß § 25a VwGG aussprach, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

8 Das VwG begründete diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass das gegen den Revisionswerber verhängte Aufenthaltsverbot im Hinblick darauf, dass einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt worden sei, mit durchsetzbar geworden sei. Ungeachtet der ersatzlosen Behebung der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung mit Teilerkenntnis des BVwG vom habe (somit) zum Tatzeitpunkt ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot bestanden, weshalb insoweit von einem unrechtmäßigen Aufenthalt des Revisionswerbers in Österreich auszugehen sei.

9 Über die schon nach mündlicher Verkündung dieses Erkenntnisses erhobene außerordentliche Revision hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Durchführung eines Vorverfahrens, in dessen Rahmen keine Revisionsbeantwortung erstattet wurde, erwogen:

10 Die Revision ist zulässig und berechtigt.

11 Die Bestrafung des Revisionswerbers nach § 120 Abs. 1a FPG beruht darauf, dass er sich im Hinblick auf das ab durchsetzbare Aufenthaltsverbot am unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe. Diese Überlegung lässt indes - wie schon in den Zulässigkeitsausführungen der Revision zutreffend ausgeführt wird -

außer Betracht, dass der die Durchsetzbarkeit des Aufenthaltsverbotes bewirkende Ausspruch im Aufenthaltsverbotsbescheid vom , wonach einer Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot die aufschiebende Wirkung aberkannt werde, mit Teilerkenntnis des BVwG vom ersatzlos behoben wurde. Diese ersatzlose Behebung wirkte (insoweit vergleichbar mit § 42 Abs. 3 VwGG) ex tunc, was bedeutet, dass der Rechtszustand zwischen Erlassung des Ausspruchs über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde und der Aufhebung dieses Ausspruchs im Nachhinein so zu betrachten ist, als ob der aufgehobene Ausspruch von Anfang an nicht erlassen worden wäre (, Rn. 23). Das VwG durfte damit nicht davon ausgehen, es habe zum angenommenen Tatzeitpunkt () ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot bestanden.

12 Die darauf gegründete Annahme eines unrechtmäßigen Aufenthalts des Revisionswerbers im Bundesgebiet zum erweist sich damit als verfehlt, weshalb das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.

13 Von der Durchführung der beantragten Revisionsverhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden. 14 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019210087.L00
Schlagworte:
Allgemein

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