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VwGH vom 18.10.2012, 2008/22/0693

VwGH vom 18.10.2012, 2008/22/0693

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger sowie die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des S, vertreten durch Mag. Dr. Alice Hoch, Rechtsanwalt in 2361 Laxenburg, Schlossplatz 12, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 151.473/2 III/4/08, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den noch im Geltungsbereich des Fremdengesetzes 1997 bei der Bundespolizeidirektion Wien am eingebrachten Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, auf erstmalige Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft" mit seiner österreichischen Ehegattin gemäß § 47 Abs. 2, § 2 Abs. 1 Z 9 und § 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab. Dieser Antrag war nach Inkrafttreten des NAG mit unter Einräumung von Parteiengehör (Schreiben des aufgrund des Inkrafttretens des NAG zuständig gewordenen Landeshauptmannes von Wien vom ) unwidersprochen als Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" gewertet worden.

Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe am eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet, sei von dieser aber seit rechtskräftig geschieden. Aus diesem Grund gelte er nicht mehr als Familienangehöriger und könne ihm der beantragte Aufenthaltstitel nicht erteilt werden. Auch komme gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in einem derartigen Fall eine amtswegige Umdeutung des Antrages nicht in Betracht. Nachdem der Beschwerdeführer noch nie einen Aufenthaltstitel für Österreich gehabt habe, komme auch eine Anwendung des § 27 NAG nicht in Frage.

Abgesehen davon sei der Antrag schon aufgrund des § 21 Abs. 1 NAG abzuweisen: Der Beschwerdeführer sei mit einem vom bis gültigen Visum D nach Österreich eingereist und nach Ablauf des Visums im Bundesgebiet verblieben. Da der Beschwerdeführer noch nie im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Republik Österreich gewesen sei, sei sein Antrag vom als Erstantrag zu werten, bei dem § 21 Abs. 1 NAG zu beachten sei. Gemäß dieser Bestimmung seien Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen und es sei die Entscheidung im Ausland abzuwarten.

Aufgrund der damaligen Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin sei der Beschwerdeführer zwar zum Zeitpunkt der Antragstellung berechtigt gewesen, den Antrag im Inland einzubringen. Durch die Scheidung mit sei der beantragte Aufenthaltszweck aber nicht mehr zutreffend und sei der Beschwerdeführer davon abgesehen auch bereits durch die mit in Kraft getretenen Bestimmungen des NAG im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag nicht mehr zur Antragstellung im Inland berechtigt gewesen.

Für eine amtswegige Zulassung der Inlandsantragstellung gemäß § 74 NAG sah die belangte Behörde keinen Grund, weil - insbesondere angesichts des langjährigen unrechtmäßigen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet - keine besonders berücksichtigungswürdigen humanitären Aspekte hätten festgestellt werden können.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass die Beschwerde zutreffend auf einen Widerspruch zwischen dem Spruch und der Begründung des angefochtenen Bescheides hinweist: Während im Spruch des angefochtenen Bescheides als Datum des erstinstanzlichen Bescheides des Landeshauptmannes von Wien der "" genannt wird, wird in der Bescheidbegründung eindeutig auf den erstinstanzlichen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom Bezug genommen.

Nach der hg. Rechtsprechung kommt eine Auslegung des Spruchs eines Bescheides nach dessen Begründung nur in jenen Fällen in Betracht, in denen der Spruch für sich allein Zweifel an seinem Inhalt offen lässt. Dagegen kommt eine Umdeutung (oder auch Ausweitung) eines klar gefassten Spruches anhand der Begründung des Bescheides nicht in Betracht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/18/0327). Ist somit der Spruch des Bescheides eindeutig, dann kommt der Begründung eine den Inhalt des Bescheides modifizierende Wirkung nicht zu. Selbst ein Widerspruch der Begründung zum Spruch ist unerheblich, wenn nach dem Wortlaut des Spruchs eines Bescheides über dessen Inhalt kein Zweifel herrschen kann. Eine über den formalen Spruchinhalt hinausgehende Gesamtbetrachtung von Spruch und Begründung findet somit ihre Grenze dann, wenn der formale Spruchinhalt durch Ausführungen im Begründungsteil nicht ergänzt bzw. komplettiert wird, sondern mit diesem in Widerspruch gerät (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/02/0354, mwN).

Legt man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, stellt sich der Inhalt des Spruches des angefochtenen Bescheides insoweit als zweifelhaft dar, als als Datum der Entscheidung der erstinstanzlichen Behörde jener Tag angeführt ist, an dem der Antrag eingebracht wurde, während die Geschäftszahl mit jenem Bescheid übereinstimmt, auf den die belangte Behörde in ihrer Begründung als erstinstanzlichen Bescheid Bezug nimmt. Legt man den vorliegend nicht eindeutigen Spruch im Lichte der Begründung aus, ergibt sich, dass sich der angefochtene Bescheid auf den erstinstanzlichen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom bezieht.

Die Beschwerde wendet sich gegen die Anwendung des NAG auf den am - somit noch im Geltungsbereich des Fremdengesetzes 1997 - eingebrachten Antrag des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde. Vor Erlassung des NAG sei der Beschwerdeführer als Angehöriger einer Österreicherin niederlassungsberechtigt und zur Inlandsantragstellung befugt gewesen.

Dem ist entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde gemäß § 81 Abs. 1 NAG zu Recht auf den noch im Geltungsbereich des Fremdengesetzes 1997 gestellten Antrag nach Inkrafttreten des NAG mit die Bestimmungen des letztgenannten Gesetzes (BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 2/2008) angewendet hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2008/22/0265 bis 0267, mwN). Die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" nach § 47 Abs. 2 NAG kam im vorliegenden Fall nicht in Betracht, weil die Ehe, auf die sich der Beschwerdeführer stützte, unbestritten im maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht mehr aufrecht und daher seine Angehörigeneigenschaft im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG nicht mehr gegeben war (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0359, mwH).

Schon wegen des Fehlens der in § 47 Abs. 2 NAG festgelegten besonderen Erteilungsvoraussetzung, "Familienangehöriger" sein zu müssen, hat die belangte Behörde den vom Beschwerdeführer - dieser hat nicht vorgebracht, sein Antrag wäre als auf die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels gerichtet anzusehen gewesen - gestellten Antrag zu Recht abgewiesen. Da bei Fehlen einer besonderen Erteilungsvoraussetzung eine Abwägung im Sinn des Art. 8 EMRK nicht vorzunehmen ist, war auf das darauf bezugnehmende Beschwerdevorbringen nicht mehr einzugehen. Bei diesem Ergebnis kommt es hier auch auf die Frage, ob der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag im Inland stellen und die Erledigung hier abwarten durfte, nicht (mehr) an.

Soweit sich die Beschwerde schließlich auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 24 Abs. 3 NAG beruft, übersieht sie, dass diese Bestimmung das Verfahren zur Verlängerung eines bereits einmal erteilten Aufenthaltstitels betrifft, dem Beschwerdeführer demgegenüber jedoch noch nie ein Aufenthaltstitel im Bundesgebiet erteilt wurde und der verfahrensgegenständliche Antrag somit einen Erstantrag darstellt. Diese Ausführungen gehen somit ins Leere.

Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet und der angefochtene Bescheid den Beschwerdeführer nicht in den geltend gemachten Rechten verletzt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am