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VwGH vom 11.01.2012, 2011/06/0169

VwGH vom 11.01.2012, 2011/06/0169

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und den Hofrat Dr. Waldstätten, die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Merl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde der V S in L, vertreten durch Dr. Johannes Klausner, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend vom , Zl. BMWFJ- 96.205/0018-I/11/2011, in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom , Zl. BMWFJ-96.205/0059-I/11/2011, betreffend eine Angelegenheit nach dem Vermessungsgesetz (mitbeteiligte Partei: P J in L, vertreten durch Ing. Dr. Stefan Krall und Dr. Oliver Kühnl, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Anton-Melzer-Straße 9), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das Beschwerdeverfahren betrifft das Grundstück mit der nunmehrigen Nr. 590/9 in einer Katastralgemeinde im Sprengel des Vermessungsamtes I. Dieses Grundstück gehörte früher der R. H. und gehört nun der Beschwerdeführerin. Das unmittelbar angrenzende Grundstück Nr. 590/5 gehörte E und A J und gehört zwischenzeitig dem Mitbeteiligten.

Mit Antrag vom , eingebracht am , stellte DI F., Ingenieurkonsulent für Vermessungswesen, namens der damaligen Grundstückseigentümerin R. H. beim Vermessungsamt I (kurz: VA) den Antrag auf Vereinigung verschiedener Grundstücke mit dem Grundstück Nr. 590/9 und den Antrag auf Umwandlung des (vereinigten) Grundstückes Nr. 590/9 in den Grenzkataster. Angeschlossen war sein Plan Zl. 3461/99 vom und als Beilage zu diesem Plan eine formularmäßige "Beurkundung - Zustimmungserklärung" der Eigentümer angrenzender Grundstücke, wonach die angeführten Eigentümer durch ihre Unterschrift bestätigt hätten, dass sie sich über den in der Natur ersichtlichen Grenzverlauf einig seien; eine Änderung der in der Natur bestehenden Grundstücksgrenzen habe nicht stattgefunden (es scheint auch die nunmehrige Beschwerdeführerin auf, weil sie Eigentümerin eines angrenzenden Grundstückes war). Die Unterschriften verschiedener Eigentümer fehlen. Beim Grundstück Nr. 590/5 sind die damaligen Eigentümer J E und A angeführt, in der Spalte "Unterschrift" fehlt eine solche, es heißt dort "erkennt den Vorausplan Vhv 4/96 an." (Dabei handelt es sich um einen Plan des DI L. vom , betreffend das angrenzende Grundstück Nr. 590/5, ein davon umschlossenes Grundstück und ein weiter angrenzendes Grundstück).

Die Grundstücksvereinigung (zum neuen Grundstück Nr. 590/9) erfolgte (unter anderem auf Grund eines Anmeldungsbogens des VA vom ) mit Beschluss des zuständigen Bezirksgerichtes vom .

Bereits zuvor hatte das VA mit Erledigungen (überschrieben mit "Benachrichtigung") vom verschiedene Grundeigentümer, darunter die Beschwerdeführerin, nicht aber den Mitbeteiligten bzw. seine Rechtsvorgänger im Eigentum, davon verständigt, es sei auf Grund einer Grenzvermessung des DI F. und des dazu erstellten Planes vom beabsichtigt, hinsichtlich des Grundstückes Nr. 590/9 die Umwandlung des Grundsteuerkatasters in den Grenzkataster zu verfügen. Das genannte Grundstück grenze an das Grundstück des jeweiligen Adressaten. Gemäß § 18a VermG könne der Adressat innerhalb von vier Wochen nach Zustellung dieser Benachrichtigung Einwendungen gegen den Verlauf der im Plan dargestellten Grenze erheben.

Solche Einwendungen sind nicht aktenkundig.

Mit dem an R. H. gerichteten Bescheid vom verfügte das VA hinsichtlich des Grundstückes Nr. 590/9 die Umwandlung des Grundsteuerkatasters in den Grenzkataster.

Die Zustellung dieses Bescheides an R. H. mit Rückschein ist aktenkundig. Weitere Zustellungen sind den Akten nicht zu entnehmen. Unstrittig ist, dass der Bescheid den damaligen Eigentümern des Grundstückes Nr. 590/5 nicht zugestellt wurde; unbestritten ist, dass diese Zustellung - an den Mitbeteiligten - erst (im Zuge von Nachbarstreitigkeiten, mit denen auch das VA befasst wurde) am erfolgte.

E J als Vertreter des Mitbeteiligten erhob mit Schriftsatz vom Berufung. Er brachte darin vor, die Umwandlung sei ohne Zustimmungserklärung erfolgt, der Vermessungsurkunde vom könne nicht beigetreten werden, weil sie unrichtig sei. Vielmehr sei einer Mappenberichtigung aus dem Jahr 1996 vertraut worden, welche die Grenze in einer näher beschriebenen Weise darstelle.

Die Berufungsbehörde gab der Beschwerdeführerin Gelegenheit zur Stellungnahme, eine solche wurde nicht eingebracht.

Mit dem Berufungsbescheid des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom wurde der Berufung insofern stattgegeben, als der Antrag auf Umwandlung des Grundstückes Nr. 590/9 in den Grenzkataster zurückgewiesen wurde. Nach Darstellung des Verfahrensganges und Rechtsausführungen heißt es zur Begründung (soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich), es gebe mehrere materielle Voraussetzungen für die Umwandlung eines Grundstückes in den Grenzkataster. Sei auch nur eine dieser Voraussetzungen nicht gegeben, könne die Umwandlung nicht erfolgen. Eine dieser Voraussetzungen sei das Vorliegen einer Zustimmungserklärung der Grundeigentümer zum gemeinsamen Grenzverlauf (Hinweis auf § 43 Abs. 3 VermG, alte und neue Fassung). Anlassbezogen werde das Vorliegen einer solchen Zustimmungserklärung im Hinblick auf die Grenzen zwischen den Grundstücken Nr. 590/9 und Nr. 590/5 überprüft. Dem Plan des DI F. vom sei ein Formular "Beurkundung - Zustimmungserklärung" angeschlossen gewesen. In der Rubrik betreffend das Grundstück Nr. 590/5 befinde sich in der Spalte Unterschrift lediglich der Vermerk "erkennt den Vorausplan Vhv 4/96 an", allerdings keine Unterschrift.

Das Gesetz enthalte keine Vorschriften über Form und Inhalt der Zustimmungserklärung. Es sei aber in jedem Fall zu prüfen, ob dem im Plan dargestellten Grenzverlauf zweifelsfrei zugestimmt worden sei. Eine Beurkundung durch den Planverfasser (Hinweis auf § 43 Abs. 5 VermG aF) habe nach der damaligen Rechtslage nur für die Fälle einer Mappenberichtigung ausgereicht, nach nunmehr geltender Rechtslage sei auch hier eine ausdrückliche Erklärung der Eigentümer erforderlich. Auch aus der Formulierung des § 43 Abs. 6 VermG (sowohl aF als auch nF) ergebe sich, dass die für die Umwandlung nötigen Zustimmungserklärungen von den Eigentümern selbst kommen müssten (allenfalls durch Bevollmächtigte). Nur in einigen, speziellen Fällen bedürfe es keiner ausdrücklichen Zustimmung der Eigentümer, etwa bei einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung, welche eine Zustimmung ersetze. Auch im Vorausplan Vhv 4/96 befinde sich keine entsprechende Zustimmungserklärung (was allerdings auf Grund einer bloßen Mappenberichtigung des Grundsteuerkatasters durch diesen Plan damals nicht erforderlich gewesen sei). Im Hinblick auf das Vorbringen des Berufungswerbers (das ist der nunmehrige Mitbeteiligte), der Grenzverlauf in diesem Plan stelle eine gerade Linie dar, sei anzumerken, dass der darin abgebildete Grenzverlauf keine exakt gerade Linie bilde, sondern geringfügig aus einer geraden Linie zu näher bezeichneten Punkte abweiche. Sowohl der Plan vom des DI L. als auch der Plan des DI F. wiesen idente Koordinaten für die Grenzpunkte und somit denselben Grenzverlauf auf (wurde näher ausgeführt). Insofern sei es für die Berufungsbehörde nicht nachvollziehbar, weshalb nach Auffassung des Mitbeteiligten die jeweils dargestellten Grenzen voneinander abweichen sollten und er dem Plan von DI L. vertraue und dem Plan DI F. hingegen nicht beitreten könne. Technisch entsprächen die Unterlagen des VA zum Grenzverlauf beiden Plänen.

Rechtlich sei für die Umwandlung des Grundstückes Nr. 590/9 in den Grenzkataster allerdings weiters erforderlich, dass eine entsprechende Zustimmungserklärung nach § 43 Abs. 6 VermG zum Grenzverlauf gegeben sein müsse. Zu keinem dieser beiden Pläne sei allerdings eine solche Zustimmungserklärung der (jeweiligen) Eigentümer des Grundstückes Nr. 590/5 erfolgt. Somit hätte im erstinstanzlichen Verfahren vor Bescheiderlassung richtigerweise eine Verständigung nach § 18a VermG an die damaligen Grundstückseigentümer erlassen werden müssen. Dann hätten die Grundstückseigentümer vor Bescheiderlassung allfällige Einwendungen vorbringen können.

Das Vorbringen im Zuge der nunmehrigen Berufung richte sich ebenfalls erkennbar gegen die Umwandlung des Grundstückes Nr. 590/9 in den Grenzkataster und insbesondere gegen den der Umwandlung zugrundeliegenden Plan des DI F. mit dem dargestellten Grenzverlauf. Dies sei nämlich Inhalt des mit der Berufung angefochtenen erstinstanzlichen Bescheides. Insofern sei es unter Berücksichtigung des Zweckes eines Ermittlungsverfahrens, nämlich den Parteien die Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte zu ermöglichen, in diesem Zusammenhang entbehrlich, dem Berufungswerber (dem nunmehrigen Mitbeteiligten) eine gesonderte Verständigung nach § 18a VermG zu übermitteln, um ihm zu ermöglichen, Einwendungen gegen die beabsichtigte Umwandlung zu erheben. Diese Einwendungen seien nämlich bereits in der Berufung dargetan worden. Da solche Einwendungen im Sinne des § 18a VermG überhaupt nicht begründet werden müssten und allfällige Gründe keiner Prüfung zu unterziehen seien, habe es von Seiten der Berufungsbehörde zu unterbleiben, die tatsächliche Übereinstimmung zwischen den Plänen von DI L. und von DI F. rechtlich zu würdigen. Auch eine möglicherweise tatsächlich falsche Begründung einer Einwendung schade nicht und beeinträchtige nicht deren Wirkung.

Gemäß § 18a Abs. 3 Z 1 VermG sei im Falle von Einwendungen der verfahrenseinleitende Antrag auf Umwandlung zurückzuweisen. In diesem Sinne sei der Berufung Folge zu geben gewesen.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung an die belangte Behörde. Sie brachte darin vor, ihr komme der Vertrauensschutz des § 49 VermG zugute. Die Erlassung des Umwandlungsbescheides sei erst einen Tag nach der grundbücherlichen Einverleibung des Kaufvertrages vom erfolgt. Dem gegenständlichen Kaufvertrag sei jedoch die Vermessungsurkunde des DI F. vom zugrunde gelegt worden. Auf Basis dieser Vermessungsurkunde habe sie das Grundstück Nr. 590/9 erworben. Genau diese Vermessungsurkunde sei dann aber auch dem Umwandlungsbescheid des VA vom zugrunde gelegt worden. Es müsse daher der Beschwerdeführerin auch in ihrem Fall dieser Vertrauensschutz zugestanden werden.

Das VA habe 2005 und zuletzt am eine Wiederherstellung der streitigen Grenzen auf Grund der Unterlagen des Grenzkatasters gemäß § 40 VermG versucht. Dazu sei festzuhalten, dass der Mitbeteiligte am und am jeweils einen Antrag gestellt habe, die gemeinsame Grundgrenze auf Grund der Unterlagen des Grenzkatasters wiederherzustellen. Über den ersten Antrag habe der Leiter des VA einen Aktenvermerk über die Grenzwiederherstellung vom angefertigt. Darin sei festgehalten worden: "Beide Parteien akzeptieren die Richtigkeit der wiederhergestellten (überprüften) Grenzpunkte und sehen ein, dass die Grenze zwischen den Grenzpunkten geradlinig verläuft…".

Aus diesem Aktenvermerk gehe eindeutig hervor, dass beide Vertragsparteien und somit auch der Mitbeteiligte der Grenze, wie sie im Grenzkataster eingetragen sei, zustimmten.

Im späteren Antrag habe er sich auf den Vermessungsplan des DI. L. berufen. Daraus gehe eindeutig hervor, dass er mit der Grenze, wie sie im Plan des DI L. vorgesehen sei, ausdrücklich einverstanden sei. Genau diesen Grenzverlauf habe auch DI F. in die Vermessungsurkunde vom übernommen, und es sei diese Grenze auch so in den Grenzkataster eingetragen worden. Das habe die zweitinstanzliche Behörde auch so festgestellt.

Hinsichtlich der Zustimmung zur gemeinsamen Grundgrenze habe DI F. beurkundet, dass die Eigentümer des Grundstückes Nr. 590/5 die Grenze, wie sie in der Urkunde des DI L. dargestellt sei, anerkannt hätten. Richtig werde in der Berufungsentscheidung ausgeführt, dass das Gesetz keine Vorschriften über Form und Inhalt der Zustimmungserklärung enthalte. Berücksichtige man nun, dass der Mitbeteiligte immer wieder darauf verweise, dass der Grenzverlauf, wie er im Plan DI. L. festgehalten werde, richtig sei, und weiters der Grenzverlauf im Plan DI. F. ident sei mit den Grenzverlauf gemäß dem Plan DI. L., könne wohl kein Zweifel daran bestehen, dass im konkreten Fall von einer Zustimmung des Mitbeteiligten zum Grenzverlauf ausgegangen werden könne. Die Rechtsvorgänger des Mitbeteiligten im Eigentum an seinem Grundstück hätten die Unterfertigung der Zustimmungserklärung auch nicht verweigert. Herr J (gemeint wohl: E J) habe gegenüber dem Mitarbeiter des Vermessungsbüros F. ausdrücklich erklärt, den Vorausplan DI L. und somit den in diesem Plan festgelegten Grenzverlauf anzuerkennen. Es wäre dieser Mitarbeiter einzuvernehmen gewesen. Da dies unterblieben sei, sei das Verfahren mangelhaft geblieben. Auch damit hätte die Behörde zweiter Instanz zum Ergebnis kommen müssen, dass sehr wohl eine Zustimmungserklärung des Grundeigentümers des Grundstückes Nr. 590/5 zur Umwandlung in den Grenzkataster vorgelegen sei. Jedenfalls sei zu berücksichtigen, dass die Erklärungen in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid in sich widersprüchlich seien, wenn erklärt werde, dass der Grenzverlauf gemäß dem Plan von DI L. richtig sei, nicht aber gemäß dem Plan DI F., obwohl es keinen Unterschied gebe.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde diese Berufung als unbegründet abgewiesen.

Nach Darstellung des Verfahrensganges führte sie zusammengefasst aus, zum Zeitpunkt des Kaufes des Grundes habe die Beschwerdeführerin vom späteren Umwandlungsbescheid noch keine Kenntnis haben können, könne daher auch kein Recht im Vertrauen auf einem Grenzkataster enthaltene Grenze erworben haben. Zum Zeitpunkt des Kaufes sei auch die Grundstücksvereinigung noch nicht durchgeführt gewesen.

Mit Unterfertigung einer Zustimmungserklärung gemäß § 43 Abs. 6 VermG (in der zum Zeitpunkt der Planverfassung gültigen Fassung) erklärten die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke, dass sie dem Verlauf der Grenze in der Natur und der Darstellung im Plan zustimmten. Diese Erklärung werde vom Planverfasser in Vertretung und im Auftrag des Eigentümers des betroffenen Grundstückes (gemeint: desjenigen, das vermessen werde) formuliert, sodass durch die Unterschrift der Anrainer unter das vorbereitete Formular die Willenserklärung des Eigentümers des betroffenen Grundstückes schriftlich angenommen (gegengezeichnet) und damit zu einer zweiseitigen Vertragsvereinbarung werde. Die auf dem Formblatt gefertigte Erklärung des Eigentümers stelle einen außergerichtlichen Vergleich dar. Auf Grund der weitreichenden rechtlichen Bedeutung der Umwandlung eines Grundstückes in den Grenzkataster sei es Aufgabe der Behörde zu prüfen, ob zum Zeitpunkt der Antragstellung die Zustimmungserklärungen zweifelsfrei vorlägen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/06/0104). Vom Vorliegen der unterfertigten gültigen Zustimmungserklärung sei nur dann auszugehen, wenn unzweifelhafte Willenserklärungen der Grundstückseigentümer gegeben seien, was im Beschwerdefall jedoch nicht zweifelsfrei sichergestellt werden könne: Die von DI F. dem Plan beigelegte, mit datierte "Beurkundung - Zustimmungserklärung" weise keine Unterschriften der damaligen Grundstückseigentümer E und A J auf, lediglich den Vermerk "erkennt den Vhv 4/96 an". Wie im bekämpften zweitinstanzlichen Bescheid ausführlich dargelegt, reiche eine Beurkundung der Zustimmung durch den Planverfasser nicht aus, sondern es habe die Zustimmungserklärung vom Grundstückseigentümer selbst zu kommen. Diese Voraussetzung sei im Beschwerdefall nicht gegeben. Daher sei auch die als Mangel gerügte, unterbliebene Befragung des Zeugen rechtlich nicht relevant, weil auch eine weitere Zeugenaussage nichts daran zu ändern vermöge, dass keine vom Grundstückseigentümer selbst unterfertigte Zustimmungserklärung vorliege. Somit würde auch eine Zeugenaussage an der rechtlichen Beurteilung nichts ändern.

Auch das Argument, die Berufung des Mitbeteiligten wäre abzuweisen gewesen, weil die Einwendungen mit seinen eigenen Erklärungen in Widerspruch stünden, sei aus der Sicht der belangten Behörde nicht ausreichend, um sich über die fehlende Unterschrift "von Herrn J" hinwegzusetzen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie der Mitbeteiligte, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Vermessungsgesetz (VermG), BGBl. Nr. 306/1968, maßgebend, das bei Erlassung des angefochtenen Bescheides in der Fassung BGBl. I Nr. 100/2008 galt (diese Fassung in der Folge kurz: nF). Zur Zeit der Erlassung des Bescheides vom galt es in der Fassung gemäß BGBl. I Nr. 136/2001 (diese Fassung in der Folge kurz: aF).

Die §§ 15, 17 und 18a VermG lauten (unverändert idF BGBl. Nr. 238/1975, zT. auszugsweise):

"§ 15. (1) Die Einführung des Grenzkatasters in einer Katastralgemeinde erfolgt

1. durch die grundstücksweise vorzunehmende Umwandlung des Grundsteuerkatasters in einen Grenzkataster (teilweise Neuanlegung §§ 16 bis 20) oder

2. durch die Neuanlegung des gesamten Grenzkatasters (allgemeine Neuanlegung §§ 21 bis 32).

(2) …"

"§ 17. Die Umwandlung (§ 15 Abs. 1 Z 1) erfolgt


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1.
auf Antrag des Eigentümers gemäß § 18,
2.
auf Grund einer zu diesem Zwecke vorgenommenen Grenzvermessung (§ 34 Abs. 1),
3.
auf Grund eines Beschlusses des Grundbuchsgerichtes nach einer sonstigen Grenzvermessung hinsichtlich der Grundstücke, deren Grenzen zur Gänze von der Grenzvermessung erfasst sind und für die eine Zustimmungserklärung der Eigentümer der angrenzenden Grundstücke zum Verlauf der Grenze beigebracht wird,
4.
auf Grund eines Beschlusses des Grundbuchsgerichtes oder der Neuanlegung des Grundbuches nach einem Verfahren der Agrarbehörden in den Angelegenheiten der Bodenreform hinsichtlich der Grundstücke, deren Grenzen zur Gänze von der Grenzvermessung erfasst sind oder
5.
von Amts wegen im Falle des § 18a Abs. 2 und der §§ 19 und 41."

"§ 18a. (1) Die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke, für die keine Zustimmungserklärung beigebracht worden ist, sind von der beabsichtigten Umwandlung gemäß § 17 Z 1 oder 3, unter Anschluss einer Belehrung über die Rechtsfolgen der Umwandlung, in Kenntnis zu setzen.

(2) Werden innerhalb von vier Wochen keine Einwendungen gegen die beabsichtigte Umwandlung erhoben, so gelten die im Plan dargestellten Grenzen als anerkannt und ist die Umwandlung vorzunehmen.

(3) Werden solche Einwendungen erhoben, so ist


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1.
der Antrag gemäß § 17 Z 1 zurückzuweisen,
2.
im Falle des § 17 Z 3 die Eintragung im Grundsteuerkataster vorzunehmen."
§ 20 VermG aF lautete:

"§ 20. (1) Die Umwandlung gemäß § 17 Z 3 und 4 ist gemeinsam mit der Bescheinigung gemäß § 39 mit Bescheid unter der Bedingung zu verfügen, daß der Plan im Grundbuch durchgeführt wird.

(2) In allen übrigen Fällen ist die Umwandlung mit Bescheid zu verfügen und nach Eintritt der Rechtskraft desselben im Grundstücksverzeichnis des Grundsteuerkatasters einzutragen."

§ 20 VermG nF lautet:

"§ 20. Die Umwandlung ist mit Bescheid zu verfügen und nach Eintritt der Rechtskraft desselben im Grundstücksverzeichnis eizutragen. In den Fällen des § 17 Z 3 und 4 erfolgt die Umwandlung erst nach grundbücherlicher Durchführung des Planes."

§ 43 VermG aF lautete auszugsweise (idF BGBl. Nr. 238/1975;

§ 34 betrifft eine Vermessung zwecks Umwandlung in den

Grenzkataster, § 52 Z. 5 eine Vermessung bei Abweichungen des Grenzverlaufes zur Darstellung in der Katastralmappe):

"(4) Vermessungen für die in den §§ 34 und 52 Z 5 angeführten Zwecke sind gemäß § 36 durchzuführen.

(5) Die Pläne über Vermessungen nach Abs. 4 haben neben den in § 37 angeführten Angaben noch einen Hinweis auf die Berechtigung des Planverfassers sowie bei Mappenberichtigungen überdies eine Beurkundung des Vermessungsbefugten, daß hinsichtlich des unverändert gebliebenen Grenzverlaufes zwischen den beteiligten Eigentümern Übereinstimmung besteht, zu enthalten. Werden von einer Teilung sowohl im Grenzkataster als auch im Grundsteuerkataster enthaltene Grundstücke betroffen, so ist der Plan derart anzulegen, daß sämtliche Grenzen der ersteren festgelegt sind.

(6) Sind von Plänen über Vermessungen nach Abs. 4 Grundstücke in Katastralgemeinden, in denen das teilweise Neuanlegungsverfahren eingeleitet ist, betroffen, die noch nicht im Grenzkataster enthalten sind, so sind überdies Zustimmungserklärungen der Eigentümer der angrenzenden Grundstücke zum Verlauf der Grenze dieser Grundstücke anzuschließen. Soweit solche Zustimmungserklärungen nicht zu erlangen waren, hat der Plan eine Erklärung des Planverfassers hierüber unter Angabe der Namen und Adressen der betreffenden Eigentümer zu enthalten."

§ 43 Abs. 5 und 6 VermG nF (geändert durch die Novelle BGBl. Nr. 100/2008) lauten (Abs. 4 blieb unverändert):

"(5) Die Pläne über Vermessungen nach Abs. 4 haben neben den in § 37 angeführten Angaben einen Hinweis auf die Berechtigung des Planverfassers zu enthalten. Werden von einer Teilung sowohl im Grenzkataster als auch im Grundsteuerkataster enthaltene Grundstücke betroffen, so ist der Plan derart anzulegen, dass sämtliche Grenzen der ersteren festgelegt sind.

(6) Sind von Plänen über Vermessungen nach Abs. 4 Grundstücke betroffen, die noch nicht im Grenzkataster enthalten sind, so ist ein beurkundetes Protokoll über die Festlegung des Grenzverlaufes anzuschließen. Wenn die Unterschriften der Eigentümer der angrenzenden Grundstücke zum Verlauf der Grenze dieser Grundstücke (Zustimmungserklärungen) nicht zu erlangen waren, hat der Plan eine Erklärung des Planverfassers hierüber unter Angabe der Namen und Adressen der betreffenden Eigentümer zu enthalten. Bei Mappenberichtigungen hat das Protokoll überdies die Erklärung der Eigentümer zu enthalten, dass der Grenzverlauf seit der letzten Vermessung unverändert geblieben ist."

§ 49 VermG lautet (unveränderte Stammfassung):

"§ 49. Ein auf die in der Natur ersichtlichen Grenzen eines Grundstückes gegründeter Anspruch kann demjenigen nicht entgegengesetzt werden, der ein Recht im Vertrauen auf die im Grenzkataster enthaltenen Grenzen erworben hat."

Die Beschwerdeführerin trägt vor, es komme ihr ein Vertrauensschutz im Sinne des § 49 VermG zu, und beruft sich dabei auf die Erledigung des VA vom . Diese Auffassung trifft nicht zu. § 49 VermG stellt darauf ab, dass eine Grenze bereits im Grenzkataster enthalten ist. Eine Verständigung im Sinne des § 18a VermG von der beabsichtigten Umwandlung des Grundstückes in den Grenzkataster, wie sie erfolgte, vermag daher von vornherein keinen solchen Vertrauensschutz zu bewirken. Schon deshalb beruft sich die Beschwerdeführerin zu Unrecht auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/06/0229, dem auch ein gänzlich anders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag. Es geht hier nicht um eine Berichtigung des Grenzkatasters im Sinne des § 13 VermG, sondern um die Rechtmäßigkeit des Umwandlungsbescheides und dessen Bekämpfung im Rechtsmittelweg (damit hat die belangte Behörde im nunmehrigen Verfahren auch den Weg eingeschlagen, der durch das genannte Vorerkenntnis vorgezeichnet wurde). Richtigerweise wurde auch die zuvor - rechtswidrig - unterbliebene Zustellung des erstinstanzlichen Umwandlungsbescheides an den Mitbeteiligten als nunmehrigen Eigentümer des angrenzenden Grundstückes Nr. 590/5 nachgeholt (zum Erfordernis der Zustellung an alle betroffenen Grundeigentümer siehe die Ausführungen im zuvor genannten Erkenntnis, Zl. 2010/06/0229, mwN).

Die Umwandlung des Grundsteuer- in den Grenzkataster ist an gewisse Voraussetzungen geknüpft, darunter auch, dass gemäß § 43 Abs. 6 VermG aF dem Plan Zustimmungserklärungen der Eigentümer der angrenzenden Grundstücke zum Verlauf der Grenze dieser Grundstücke anzuschließen sind, oder, soweit solche Zustimmungserklärungen nicht zu erlangen waren, eine Erklärung des Planverfassers hierüber unter Angabe der Namen und Adressen der betreffenden Eigentümer. Gibt es nämlich solche Zustimmungserklärungen nicht, hat die Behörde das Verfahren gemäß § 18a VermG durchzuführen.

Aus der Formulierung des Gesetzes, dass solche Zustimmungserklärungen dem Plan "anzuschließen sind", ergibt sich unmissverständlich, dass solche Erklärungen "körperlich" vorhanden sein müssen, weil sie sonst nicht angeschlossen werden könnten. Aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt sich auch, dass die Zustimmungserklärung vom Grundeigentümer (allenfalls durch einen Bevollmächtigten) zu stammen hat, was durch die Formulierung des § 43 Abs. 6 VermG nF verdeutlicht wird. Richtig hat schon die zweitinstanzliche Behörde erkannt, dass die Eintragungen in der Beilage zum Plan des DI F. diesen Voraussetzungen nicht entsprechen. Davon abgesehen, ist diese Eintragung in der Einzahl verfasst ("erkennt … an"), kann sich daher nur auf einen der beiden damaligen Grundstückseigentümer beziehen und nicht auf beide. Zutreffend hat die belangte Behörde auch darauf verwiesen, dass eine Einvernahme des Mitarbeiters des DI F. zum Beweis dafür, dass E J eine Zustimmungserklärung abgegeben hätte, zu unterbleiben hatte, weil eine solche zeugenschaftliche Aussage die Voraussetzung des § 43 Abs. 6 VermG aF, wonach die Zustimmung anzuschließen war, nicht zu ersetzen vermöchte. Davon abgesehen, wird damit in der Beschwerde auch nicht behauptet, dass die Miteigentümerin des Grundstückes zugestimmt hätte.

Richtigerweise hätte sie daher auch betreffend die damaligen Eigentümer des Grundstückes Nr. 590/5 das Verfahren gemäß § 18a VermG durchführen müssen, was aber unterblieb.

Die Beschwerdeführerin bringt allerdings vor, der nunmehrige Eigentümer des Nachbargrundstückes, der Mitbeteiligte, habe zwischenzeitig dem Grenzverlauf zugestimmt, und beruft sich dabei, wie schon in der Berufung an die belangte Behörde, auf einen Aktenvermerk des VA vom sowie auf das Vorbringen in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid sowie in Anträgen an das VA.

In diesem Aktenvermerk vom heißt es:

"Nach langer sehr emotionell verlaufenden Diskussionen über die richtige Lage des Zaunes bzw. des Schupfens kann man zumindest wie folgt zusammenfassen:

Beide Parteien akzeptieren die Richtigkeit der wiederhergestellten (überprüften) Grenzpunkte und sehen ein, dass die Grenze zwischen den Grenzpunkten geradlinig verläuft. Nach Erzeugung eines Fluchtpunktes in der Geraden 17070 - 16637 konnte gezeigt werden, dass hier der Zaun des Herrn J zum Teil auf dem Grundstück 590/9 steht. Andererseits steht der schiefe Schupfen mit Dach und Oberkante zum Teil auf dem Grundstück 590/5.

Als Lösungsmöglichkeiten wurde die Klage auf Entfernung des jeweils überstehenden Bauwerks bzw. Zaunes, die privatrechtliche Einigung auf Duldung der jeweils überstehenden Teile bis zu der Erneuerung, oder letztlich die Neufestlegung der Grenze laut dem Stand des Zaunes bzw. der Scheune in der Natur und Vermessung und Verbücherung dieser neuen Grenze mit einem Verfahren gemäß § 13 LiegTeilG erwogen. Letzterer Vorschlag wurde schließlich von allen als der aussichtsreichste und kostengünstigste angesehen. Die Parteien werden dies jeweils mit ihren Anwälten abklären."

Dieser Aktenvermerk stammt nur vom Behördenorgan und ist nur von diesem unterfertigt, nicht auch von den Parteien. Schon deshalb kann er nicht als Zustimmungserklärung im Sinne des § 43 Abs. 6 VermG aF angesehen werden.

Die Beschwerdeführerin trägt weiters vor, der Mitbeteiligte behaupte (in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid und in seinem Antrag auf Wiederherstellung der Grenze vom - der Antrag befindet sich in den vorgelegten Verwaltungsakten), die Grenze gemäß dem Plan des DI L. sei zutreffend. Diese stimme aber mit der im Plan des DI F. überein. Daher habe der Mitbeteiligte (damit) auch der im Plan des DI F. dargestellten Grenze zugestimmt.

Der Mitbeteiligte erwidert in seiner Gegenschrift, es sei die Übereinstimmung der beiden Grenzverläufe nicht unstrittig, im Übrigen habe er auch dem Grenzverlauf, wie er im Plan des DI L. vorgesehen sei, niemals ausdrücklich zugestimmt. Auch nicht sein Rechtsvorgänger im Eigentum.

Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin ist zu entgegnen, dass eine Zustimmungserklärung zum Grenzverlauf wegen ihrer Tragweite zweifelsfrei vorliegen muss (siehe dazu das bereits genannte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/06/0104). Die zweitinstanzliche Behörde und die belangte Behörde haben festgestellt, dass die Grenzverläufe in beiden Plänen übereinstimmen, weshalb die Erklärung des Mitbeteiligten, dem Grenzverlauf im Plan des DI. L. zuzustimmen, nicht aber jenem in Plan des DI F., in sich widersprüchlich sei. Es sagt auch der Mitbeteiligte nicht, worin sich die beiden Grenzverläufe seiner Vorstellung zufolge konkret unterscheiden sollen. Geht man davon aus, dass beide Grenzverläufe unterschiedlich wären, läge jedenfalls keine Zustimmungserklärung vor; geht man hingegen davon aus, dass sie übereinstimmten, kann wegen der inneren Widersprüchlichkeit des Vorbringens des Mitbeteiligten ebenfalls nicht zweifelsfrei von einer ausreichenden Zustimmungserklärung zum fraglichen Grenzverlauf ausgegangen werden. In diesem Zusammenhang darf nicht übersehen werden, dass das gegenständliche Verfahren zur Umwandlung des Grundsteuer- in den Grenzkataster über Antrag eines Grundeigentümers ein förmliches Verfahren ist, und die Behörde in einem solchen Verfahren nicht dazu berufen ist, meritorisch über Grenzstreitigkeiten zu entscheiden. Das ergibt sich einerseits für ein solches Umwandlungsverfahren aus § 18a VermG, wonach ein einfacher Widerspruch ausreicht, um die Umwandlung zu verhindern, andererseits kraft Größenschlusses auch aus dem behördlichen Verfahren nach § 25 VermG, in dem die Parteien gegebenenfalls mangels Einigung auf den ordentlichen Rechtsweg verwiesen werden.

Der Antrag auf Verhandlung wurde somit zu Recht zurückgewiesen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
LAAAE-85197