VwGH vom 29.04.2010, 2006/15/0211

VwGH vom 29.04.2010, 2006/15/0211

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2006/15/0212

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der E GmbH in E, vertreten durch die Dr. Peter Balogh Rechtsanwalts KG in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 58/12A, gegen die Bescheide des Stadtsenates der Landeshauptstadt Freistadt Eisenstadt, jeweils vom , Zlen. 920-3/22/7-2006 und 920-3/22/8-2006, betreffend ad 1) Kommunalsteuer 1998 bis 2001 und ad 2) Kommunalsteuer 2002, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Freistadt Eisenstadt Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzne.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die den Autohandel betreibt, wurde einer Betriebsprüfung betreffend u.a. den Zeitraum bis unterzogen. Im Rahmen der Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass das Geschäftsführungsentgelt des Alleingesellschafters und Geschäftsführers der Beschwerdeführerin, KR Erich H, der Kommunalsteuer unterliege.

Der Magistrat der Landeshauptstadt Freistadt Eisenstadt folgte dem Prüfer und erließ entsprechende Kommunalsteuerbescheide für die Zeit vom bis und vom bis .

Die Beschwerdeführerin berief gegen die angeführten Bescheide und führte aus, dass sich die Berufung ausschließlich gegen die Besteuerung der "Geschäftsführerentschädigung" richte. KR Erich H sei Alleingesellschafter der Beschwerdeführerin und trage in dieser Eigenschaft das volle Unternehmerrisiko: "Er hat persönliche Haftungen bei Bankkrediten und die Höhe der Geschäftsführerentschädigung richtet sich - wie aus beiliegendem Werkvertrag zu ersehen ist - nach dem erzielten Umsatz der (Beschwerdeführerin)". KR Erich H sei persönlich weisungsfrei, lasse sich bei Abwesenheit vertreten, "ist an keine Arbeitszeit bzw. Arbeitsort (Filiale) gebunden", erhalte während seiner Abwesenheitszeiten kein Entgelt, unterliege keinem Wettbewerbsverbot, habe keinen Anspruch auf Abfertigung, Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie Jubiläumszuwendungen und sei nicht in die Organisation der Beschwerdeführerin eingegliedert.

Der Berufung lag der nachstehend auszugsweise wiedergegebene "GmbH Geschäftsführungs- Werkvertrag", abgeschlossen zwischen der Beschwerdeführerin und KR Erich H, bei:

"1. Der Geschäftsführer wird seitens der Auftraggeberin mit der technischen und kaufmännischen Geschäftsführung beauftragt. Er ist in seiner Tätigkeit eigenverantwortlich und frei von persönlicher Abhängigkeit.

Der Geschäftsführer ist hinsichtlich der sonstigen Verwertung seiner Arbeitskraft in selbständiger oder unselbständiger Form nicht gebunden (kein Konkurrenzverbot), sofern hierdurch keine Interessenskollision mit der vertragsgegenständlichen Tätigkeit eintritt.

2. Für seine Tätigkeit erhält der Geschäftsführer ein erfolgsorientiertes Honorar in der Höhe von 0,2% der Jahresumsatzerlöse lt. Jahresabschluss.

Das Geschäftsführungshonorar wird in Teilbeträgen akontiert, und nach Vorlage des Jahresabschlusses endabgerechnet.

Der Durchrechnungszeitraum für die Berechnung des Geschäftsführungshonorars beträgt 8 Jahre, um die Schwankungen der Jahresumsatzerlöse durch externe - vom Geschäftsführer nicht zu beeinflussende Faktoren, wie zum Beispiel der Modellpolitik der

... - auszugleichen.

...

Da es sich vorliegend um einen Werkvertrag handelt, erfolgt weder ein Abzug der Lohnsteuer, noch eine Anmeldung zur Sozialversicherung. Der Geschäftsführer nimmt zur Kenntnis, dass er die - auf diese Tätigkeit entfallenden - Steuern und Abgaben selbst zu entrichten hat.

...

8. Der vorliegende Vertrag gilt als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und kann von beiden Teilen mit sofortiger Wirkung für beendet erklärt werden.

..."

Die Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidungen betreffend die Zeiträume bis und bis als unbegründet abgewiesen, woraufhin die Beschwerdeführerin die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragte. Im Vorlageantrag wurde vorgebracht, die Abgabenbehörde erster Instanz habe in ihrer Entscheidung - unter Bezugnahme auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes - "nur die Eingliederung von KR Erich H in das Unternehmen der Beschwerdeführerin herangezogen, nicht aber dessen Unternehmerwagnis. Weiters wurde vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin eine "Betriebsstätte" in Ungarn habe und KR Erich H mindestens ein Drittel seiner Zeit in dieser "Betriebsstätte" verbringe. "Daraus ist abzuleiten, dass die Abgabenbehörde mit der Besteuerung der gesamten Geschäftsführerentschädigung auch den Anteil, der der ungarischen Betriebsstätte zuzurechen ist, besteuert."

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Kommunalsteuerpflicht der Beschwerdeführerin hinsichtlich der von KR Erich H bezogenen Vergütungen bejaht. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der maßgebenden Rechtsvorschriften stellte die belangte Behörde fest, aufgrund des GmbH Geschäftsführungs-Werkvertrags könne von keinem Unternehmerwagnis gesprochen werden. Das Geschäftsführungshonorar betrage laut Punkt 2 des Vertrages 0,2% der Umsatzerlöse, wobei zum Ausgleich von Schwankungen ein Durchrechnungszeitraum von acht Jahren vereinbart worden sei. In Punkt 8 werde geregelt, dass der Vertrag von beiden Teilen mit sofortiger Wirkung für beendet erklärt werden könne, womit die Vertragsbedingungen jederzeit geändert werden könnten. KR Erich H habe das volle Unternehmerrisiko aus seiner Stellung als Alleingesellschafter der Beschwerdeführerin. "Dieses Risiko hängt jedoch nicht mit den Einkünften aus der Geschäftsführung, sondern vielmehr mit der Beteiligung und den daraus resultierenden Einkünften aus Kapitalvermögen zusammen."

Bei Eingliederung eines Gesellschafter-Geschäftsführers in das Unternehmen sei die zivilrechtliche Gestaltung der Leistungsbeziehung zwischen der Kapitalgesellschaft und dem tätigen Gesellschafter-Geschäftsführer irrelevant. "Die formalrechtliche Bezeichnung dieser Rechtsbeziehung zwischen Kapitalgesellschaft und Gesellschafter-Geschäftsführer als Werkvertrag - wie im vorliegenden Fall - ist somit rechtlich nicht relevant."

Die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde macht inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde trägt vor, die belangte Behörde stimme dem Vorhandensein eines Unternehmerwagnisses zu, "zieht aber daraus den fälschlichen Schluss, dass dieses Risiko nicht mit den Einkünften aus der Geschäftsführung, sondern mit der Beteiligung und den daraus resultierenden Einkünften aus Kapitalvermögen zusammenhängt". Dieser Schluss sei unzulässig, da der Geschäftsführer keine Einkünfte aus Kapitalvermögen beziehe. Die Eingliederung in das Unternehmen sei ebenfalls nicht gegeben, "da der Geschäftsführer neben seiner Tätigkeit bei der Beschwerdeführerin noch eine unternehmerische Tätigkeit in seinem nicht protokollierten Einzelunternehmen in (A) und die Tätigkeit in der ungarischen Tochterfirma ausübt". In diesen Betrieben habe er seinen Verpflichtungen als Geschäftsführer und Einzelunternehmer entsprechend zeitaufwendig nachzukommen, "er kann daher im Betrieb der Beschwerdeführerin nicht eingegliedert sein".

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.

Gemäß § 1 Kommunalsteuergesetz 1993 unterliegen der Kommunalsteuer die Arbeitslöhne, die jeweils in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer einer im Inland (Bundesgebiet) gelegenen Betriebsstätte des Unternehmens gewährt worden sind.

Dienstnehmer sind nach § 2 leg. cit. Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988. Die zuletzt genannten Personen sind nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 an einer Kapitalgesellschaft wesentlich (zu mehr als 25 % am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft) Beteiligte hinsichtlich ihrer sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2) aufweisenden Beschäftigung.

Im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 2003/13/0018, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, werde das in § 47 Abs. 2 EStG 1988 normierte Tatbestandselement der Weisungsgebundenheit durch den Ausdruck "sonst" in § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 beseitigt, dann könne sich der Ausdruck "alle" in derselben - auf die gesetzliche Definition des steuerlichen Dienstverhältnisses in § 47 Abs. 2 EStG verweisenden -

Vorschrift (primär) nur auf das verbleibende gesetzliche Kriterium der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers beziehen. Weiteren Elementen, wie dem Fehlen eines Unternehmerrisikos und einer als "laufend" zu erkennenden Lohnzahlung, könne - in Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung - Bedeutung für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nur noch in solchen Fällen zukommen, in denen eine Eingliederung des für die Gesellschaft tätigen Gesellschafters in den Organismus des Betriebes der Gesellschaft nicht klar zu erkennen wäre. Von einer solchen fehlenden Eingliederung sei aber nach dem in ständiger Judikatur entwickelten Verständnis zu diesem Tatbestandsmerkmal in aller Regel nicht auszugehen.

Durch die unbestritten kontinuierlich über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung ist für KR Erich H das Merkmal der Eingliederung in den betrieblichen Organismus der Beschwerdeführerin zweifelsfrei gegeben. Dass KR Erich H im Streitzeitraum Geschäftsführer des ungarischen Tochterunternehmens und zudem selbständig tätig war, steht dem nicht entgegen, weil im Management tätige Fremdgeschäftsführer, auch wenn sie Dienstnehmer sind, häufig weitere Funktionen übernehmen, soweit sich ihre Dienstgeber nicht dagegen aussprechen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2000/15/0097). Die Ausführungen der Beschwerdeführerin zum Unternehmerrisiko gehen daher schon mangels rechtlicher Relevanz ins Leere.

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wird vorgetragen, dass die Beschwerdeführerin eine 100%ige Beteiligung an einer GmbH in Ungarn halte, KR Erich H alleiniger Geschäftsführer dieser Gesellschaft sei, mindestens ein Drittel seiner Zeit in dieser Firma verbringe und zudem einen Teil seiner Tätigkeit in den Filialen der Beschwerdeführerin in den Gemeinden M und S ausübe. Die belangte Behörde habe es verabsäumt zu prüfen, welcher Teil der Tätigkeitsvergütung von KR Erich H auf die ausländische Tochterfirma in Ungarn und auf die Filialen in den Gemeinden M und S entfalle.

Dem ist vorweg zu entgegnen, dass das Beschwerdevorbringen, die Beschwerdeführerin verfüge über Filialen in den Gemeinden M und S und halte eine 100%ige Beteiligung an einer GmbH in Ungarn gegen das vor dem Verwaltungsgerichtshof bestehende Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 VwGG) verstößt. In der Berufung ist von einer "Filiale" und im Vorlageantrag erstmalig von einer "Betriebsstätte in Ungarn" die Rede. Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 91/15/0112, mwN), werden leitende Angestellte in der Regel der Zentrale eines Unternehmens und nicht dessen Filialen/Betriebsstätte, in denen sie mitunter auch tätig werden, zugerechnet. KR Erich H war laut "GmbH Geschäftsführungs- Werkvertrag" mit der technischen und kaufmännischen Geschäftsführung und demnach mit einer Leitungsfunktion betraut. Daher hat die belangte Behörde, indem sie sich mit dem nicht weiter konkretisierten Vorbringen, dass die Beschwerdeführerin "eine Betriebsstätte in Ungarn hat" und KR Erich H. "mindestens ein Drittel seiner Zeit in dieser Betriebsstätte" verbringe, nicht auseinandergesetzt hat, den angefochtenen Bescheid nicht mit Rechtswidrigkeit belastet.

Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 455/2008.

Wien, am