VwGH vom 07.12.2011, 2011/06/0136

VwGH vom 07.12.2011, 2011/06/0136

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und den Hofrat Dr. Waldstätten, die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Merl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde 1. des H Z und 2. der P Z, beide in E, beide vertreten durch Dr. Peter Hauser und Dr. Ulrike Hauser, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Eberhard-Fugger-Straße 2a, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 20704-07/415/6-2011, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. P E in E, 2. Gemeinde E), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdefall betrifft Bauvorhaben auf einem Grundstück im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer eines unmittelbar (südlich) angrenzenden Grundstückes.

Mit dem am eingebrachten Baugesuch vom kamen die erstmitbeteiligte Partei (in der Folge: Bauwerberin bzw. nunmehrige Bauwerberin) und K. E. (beide zusammen: damalige Bauwerber) beim Bürgermeister um die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Carports für drei Stellplätze und eines Carports für einen Stellplatz auf ihrem Grundstück ein. Dieser Carport für einen Stellplatz (mit einer trapezförmigen Form) soll zwischen einem bestehenden Gebäude auf dem Baugrundstück und der Grenze zum Grundstück der Beschwerdeführer errichtet werden (unmittelbar an der gemeinsamen Grundgrenze). Eine Seitenwand an der gemeinsamen Grundgrenze ist aus den Planunterlagen nicht ersichtlich; im Übrigen waren laut Baubeschreibung für die Seitenwände "Holzgeflecht bzw. Holzschalung bis zu einer Höhe von ca. 1.20 m" vorgesehen. Dem Baugesuch beigelegt war nebst den Projektunterlagen eine formularmäßige "Zustimmung zu einer baulichen Maßnahme" durch die beiden Beschwerdeführer (vom ). Darin stimmen sie der "Neuerrichtung eines Carports an der Grundstücksgrenze" zu ihrem Grundstück zu, wie sich das Vorhaben aus den "gleichzeitig vorgelegten Bauplänen" ergebe. Zum Nachweis der Identität der vorgelegten Baupläne seien diese von ihnen eigenhändig unterfertigt worden, dies mit dem Beisatz, "nach Korrektur der Traufenhöhe auf 428,0 + 2,22/- 0,30 (im Original sind diese beiden Werte übereinander angeordnet), s. Schnitt A-A". Es heißt weiter "die Zustimmung zu dieser baulichen Maßnahme ist unwiderruflich und gilt auch für die Rechtsnachfolger im Eigentum" des näher bezeichneten Grundstückes (das ist unstrittig das Grundstück der Beschwerdeführer). "Wir sind in Kenntnis davon, dass diese bauliche Maßnahme infolge dieser Zustimmung anzeigepflichtig im Sinn des § 3 BauPolG ist und im Anzeigeverfahren nach § 10 BauPolG erledigt wird. In diesem Anzeigeverfahren kommt uns daher keine Parteistellung zu."

Das Deckblatt der Mappe mit den Plänen ist von den beiden Beschwerdeführern unterfertigt. Der Schnitt A-A weist bezüglich des Carports an der gemeinsamen Grundgrenze Korrekturen auf. Im Original ist eine waagrechte Linie mit der Höhenkote (absolute Höhe) 428,00 eingezeichnet (die auch für die höhenmäßige Kotierung des zweiten Carports relevant ist). Im Plan ist die Höhe zwischen der Grundlinie und dem First des Carports mit 2,50 m kotiert, die Firsthöhe im Plan mit 430,50. Diese Höhenangabe ist durchgestrichen, darüber steht "+2,22". Rechts neben der Kotierung der Grundlinie (428,00) steht "-0.30". Darunter findet sich ein Beisatz, wonach die Korrektur am erfolgt sei (Unterschrift eines der Beschwerdeführer).

Auf Grund des Baubewilligungsgesuches vom erteilte der Bürgermeister die angestrebte Baubewilligung mit Bescheid vom , der den damaligen Bauwerbern zugestellt wurde, nicht auch den Beschwerdeführern. Dieser Bescheid blieb (vorerst) unbekämpft.

In den Bauakten befindet sich weiters ein Gutachten des bautechnischen Sachverständigen der Gemeinde vom betreffend die Überprüfung von Bauten auf dem Grundstück der Beschwerdeführer einerseits und dem Baugrundstück andererseits.

Zum hier gegenständlichen Carport heißt es zur Höhenentwicklung:

"Bezugsebene 428,00 = -0,30

Traufenhöhe lt. Bewilligung +2,22 entspricht einer Gesamthöhe

von 2,52 m = 430,52.

Traufenhöhe lt. Geometerplan Konstruktionshöhe (ohne Dach)

430,49 bzw. 430,50 (keine Überschreitung, jedoch für Dachkonstruktion 0,02 - 0,03 m Reserve)."

Es gibt in den Bauakten weiters einen "Prüfungsvermerk" dieses Sachverständigen vom . Darin kommt er zur Beurteilung:

"Gemäß der Baubewilligung und der vorliegenden Einreichplanung mit Korrektur des Anrainers (Beschwerdeführer) wird folgende Höhenentwicklung festgestellt:


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-
Bezugsebene: Absoluthöhenkote 428,00 = - 0,30 (Niveauangabe durch auf den Kopf stehenden Pfeil fixiert)
-
Traufenhöhe lt. Bewilligung +2,22. Dies entspricht einer Gesamthöhe des Carports von 2,52 m
-
Die zulässige Absoluthöhenkote wäre somit 430,52.
Nach dem Aufnahmeplan des Geometers besitzt die Traufe eine Absoluthöhe von 430,45 gegenüber der bewilligten Höhe von 430,52"
Aus den Bauakten ergibt sich, dass die Beschwerdeführer mit Schreiben vom der Gemeinde mitteilten, dieses Carport werde widmungswidrig als Lagerraum und teilweise als überdachter Abstellplatz verwendet, auch entspreche die Ausführung der Seitenwände nicht der Baubewilligung. Die Traufenhöhe entspreche nicht der Zustimmungserklärung vom "". Es sei einer Traufenhöhe von 430,22 m zugestimmt worden, die Interpretationen des bautechnischen Sachverständigen im Prüfungsvermerk vom seien nicht nachvollziehbar.
Die nunmehrige Bauwerberin erwiderte in einem Schreiben an die Gemeinde vom , sie habe die Gasflaschen, den Kompressor und die Arbeitsböcke aus dem Carport entfernt, hinsichtlich der nicht bewilligten Ergänzungen betreffend die Seitenwände ersuche sie um nachträgliche Bewilligung der Erhöhung der Wände auf 1,70 m und der Spitzen auf 2 m gemäß beiliegenden Fotos und hinsichtlich der südseitigen Wand auf 1,80 m (das ist die Wand zur gemeinsamen Grundgrenze). Die Fotos zeigen an der Vorderfront zwei rechteckige Torflügel, in der Mitte des oberen Randes mit einer größeren Spitze, auf der rückwärtigen Seite einen vergleichbaren Abschluss. Diese Seitenwände reichen nicht bis zum Dach. Die nunmehrige Bauwerberin reichte sodann am bezüglich der Seitenwände ein förmliches Baugesuch ein, wobei das Gesuch in der Folge mit Schreiben vom dahin modifiziert wurde, dass die südseitige Verschalung entfallen solle (es bleibe das Gesuch hinsichtlich der ost- und westseitigen Änderungen (das ist die vordere Front und die hintere Front) aufrecht).
Die Beschwerdeführer bezogen Stellung gegen das Vorhaben, wobei sie auch die Zustellung des Baubewilligungsbescheides vom begehrten.
Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom erteilte der Bürgermeister die angestrebte Baubewilligung für die Änderungen beim Carport (betreffend das Einfahrtstor auf der Ostseite und das Holzelement auf der Rückseite) mit Vorschreibungen. Die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden als unbegründet abgewiesen. In der Begründung heißt es dazu, die Beschwerdeführer hätten am dem damaligen Bauvorhaben zugestimmt, dadurch hätten sie ihre Parteistellung verloren. Da die Zustimmung zur seinerzeitigen Errichtung des Carports im Nachbarabstand gegeben sei, müsse die Baubehörde die Zulässigkeit der angesuchten Erhöhung des Einfahrtstores und der Holzwand (auf der Rückseite) prüfen. Diese Maßnahmen führten weder zu einer Erhöhung der Brandlast noch zu einer Beeinträchtigung der Nachbarn. Es würden daher keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte verletzt. Die behauptete Überschreitung der maximal zulässigen Dachfläche von 50 m2 treffe nicht zu, weil die Außenabmessungen des Carports unter diesem Wert lägen. Es gäbe auch keine gesetzliche Regelung, die eine Carportgröße von maximal 50 m2 vorsehe.
Mit diesem Bescheid wurde den Beschwerdeführern auch der erstinstanzliche Bescheid vom zugestellt.
Die Beschwerdeführer erhoben gegen beide Bescheide Berufung, in der sie unter anderem geltend machten, in ihrer damaligen Zustimmungserklärung sei für die Höhenentwicklung des Carports die Bezugsebene mit der absoluten Höhenkote 428,00 gewählt sowie davon ausgehend die maximale Traufenhöhe mit 430,22 und das untere Niveau (Pkw-Stellfläche) mit 427,70 "vereinbart" worden. Der in der Zustimmungserklärung vom festgeschriebene Wert laute: 428,00 + 2,22/-0,30. Die "vereinbarte" maximale Traufenhöhe von 430,22 m werde nach dem Geometerplan um 28 cm überschritten und das untere Niveau (Pkw-Stellfläche) um 35 cm. Dies sei eine Folge der Aufschüttung des gewachsenen Geländes am Bauplatz. Der Vergleich von Plan und Bauwerk mache diese Höhenüberschreitung ebenfalls deutlich. Die überdachte Fläche des Carports sei durch dessen Anbau an das Gartenhaus größer als 50 m2. Überdies werde das Carport entgegen der Bewilligung als Kfz-Stellplatz fast ausschließlich widmungswidrig als Lager- und Arbeitsraum verwendet. Ihre Zustimmungserklärung vom habe sich auf ein Anzeigeverfahren bezogen, daraus könne nicht abgeleitet werden, dass sie im durchgeführten Baubewilligungsverfahren keine Parteistellung genössen. Die Zustimmung habe sich allein auf die bauliche Maßnahme bezogen, von einer Unterschreitung des Mindestabstandes sei keine Rede gewesen, es treffe daher nicht zu, dass sie einer solchen Abstandsunterschreitung zugestimmt hätten.
Der Gemeindevorstand gab mit Berufungsbescheid vom der Berufung gegen beide erstinstanzlichen Bescheide keine Folge. Zusammengefasst wurde dies damit begründet, dass der Einwand der Beschwerdeführer gegen die bestehende Carporthöhe auf Grund der schon 2003 erfolgten Äußerung des bautechnischen Sachverständigen unzutreffend sei, der Sachverständige habe auch keine Unterschreitung des Nachbarabstandes festgestellt. Die Beschwerdeführer hätten dieser Unterschreitung durch ihre Erklärung vom zugestimmt. Es sei zwar richtig, dass auf dem Formular von einer anzeigepflichtigen Maßnahme die Rede sei. Maßgeblich sei aber, dass der Text des Formulares in Verbindung mit der Unterschrift auf dem Plan den "Bauwunsch des Nachbarn" unzweifelhaft dokumentiert habe. Aus den Planunterlagen ergebe sich unzweifelhaft eine Unterschreitung des gesetzlich vorgesehenen Nachbarabstandes, durch die Zustimmung zum Vorhaben hätten die Beschwerdeführer auch dieser Unterschreitung zugestimmt.
Die Beschwerdeführer erhoben Vorstellung, die mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde. Zur Begründung heißt es, der Baubewilligungsbescheid vom betreffe keinen Neubau im Mindestabstandsbereich, vielmehr eine geringe Erhöhung der Beplankung auf zwei Seiten. Mit dieser Veränderung der äußeren Gestalt könne keine Verletzung von Nachbarrechten verbunden sein. Das Baubewilligungsverfahren sei ein Projektbewilligungsverfahren. Gegenstand des Verfahrens sei das vorgelegte Projekt, nicht aber eine allenfalls vorkommende, vom Verwendungszweck abweichende Nutzung. Soweit im Rahmen der Vorstellung die konsensgemäße Ausführung des Carports bestritten werde, seien die Beschwerdeführer auf das Ergebnis der Überprüfung im Jahr 2003 zu verweisen. Durch ihr Vorbringen könne das sachverständigenmäßig abgesicherte Ergebnis nicht erschüttert werden. Die Beschwerdeführer hätten im Jahr 2002 formularmäßig dem genau bezeichneten Vorhaben die Zustimmung erteilt. Dadurch hätten sie, bezogen auch auf die Baubewilligung, ihre Parteistellung und damit auch ihre Rechtsmittellegitimation verloren. Auch diesbezüglich sei den Ausführungen der Berufungsbehörde beizupflichten, es sei nicht ersichtlich, dass die damals abgegebene Zustimmungserklärung in dem Sinne unwirksam wäre, als die mit ihr verbundenen Präklusionsfolgen nicht mehr aufrecht erhalten werden könnten.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.


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Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist insbesondere das Salzburger Baupolizeigesetz 1997 (BauPolG), LGBl. Nr. 40 (Wiederverlautbarung), maßgeblich. Es galt im Zeitraum der Durchführung des mit dem Bescheid vom abgeschlossenen erstinstanzlichen Bauverfahrens in der Fassung gemäß LGBl. Nr. 64/2001 und in dem mit dem Berufungsbescheid vom abgeschlossenen gemeindebehördlichen Verfahren in der Fassung gemäß LGBl. Nr. 20/2010.
§ 3 BauPolG (aufgehoben durch LGBl. Nr. 65/2004) regelte die "anzeigepflichtigen Maßnahmen". Diese umfassten bestimmte Vorhaben, darüber hinaus auch weitere Vorhaben, wenn (Abs. 2)
"die Nachbarn und die Eigentümer der Hauptversorgungseinrichtungen gemäß § 7 Abs 1 Z 1 lit a bzw Z 2 für sich und ihre Rechtsnachfolger der baulichen Maßnahme zugestimmt haben; andernfalls ist ein Bauansuchen zu stellen. (…)
Für die Zustimmung ist ein Formular zu verwenden, dessen näherer Inhalt von der Landesregierung durch Verordnung festzulegen ist. Das Formular hat jedenfalls den Hinweis auf die mit der Zustimmung verbundenen Rechtsfolgen zu enthalten. Außerdem müssen die Pläne von den zustimmenden Personen unterfertigt sein.

(3) Mit einer Bauanzeige dürfen nur Ansuchen um Ausnahme von solchen baurechtlichen Vorschriften verbunden werden, die keine subjektiv-öffentlichen Rechte einräumen; andernfalls ist ein Bauansuchen zu stellen."

§ 7 BauPolG regelte und regelt weiterhin die Parteistellung im Baubewilligungsverfahren; dazu zählen, soweit im Beschwerdefall erheblich, nach Abs. 1 Z. 1 die Nachbarn (unter den dort weiter genannten Voraussetzungen) und Z. 2 die Eigentümer der Hauptversorgungseinrichtungen.

§ 7 Abs. 9 BauPolG lautet (idF der Novelle LGBl. Nr. 9/2001):

"(9) Wenn die im Abs 1 Z 1 und 2 genannten Personen im Hinblick auf ihre subjektiv-öffentlichen Rechte (§ 9 Abs 1 Z 5 und 6) der baulichen Maßnahme unwiderruflich zustimmen, haben sie keine Parteistellung im weiteren Verfahren. Für die Zustimmung ist ein Formular zu verwenden, dessen näherer Inhalt von der Landesregierung durch Verordnung festzulegen ist. Das Formular hat jedenfalls den Hinweis auf die mit der Zustimmung verbundenen Rechtsfolgen zu enthalten. Außerdem müssen die Pläne von den zustimmenden Personen unterfertigt sein."

§ 9 BauPol regelt die "Entscheidungen über das Bewilligungsansuchen"; nach Abs. 1 ist eine Baubewilligung unter bestimmten Voraussetzungen zu versagen, darunter:

"5. die bauliche Maßnahme den von den Parteien gemäß § 7 Abs 1 Z 2 wahrzunehmenden Interessen erheblich widerspricht;

6. durch die bauliche Maßnahme ein subjektiv-öffentliches Recht einer Partei verletzt wird; solche Rechte werden durch jene baurechtlichen Vorschriften begründet, welche nicht nur dem öffentlichen Interesse dienen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch den Parteien; hiezu gehören insbesondere die Bestimmungen über die Höhe und die Lage der Bauten im Bauplatz;"

§ 25 des Bebauungsgrundlagengesetzes, LGBl. Nr. 69/1968 (BGG), enthält Abstandsvorschriften (insbesondere dessen Abs. 3 und 4), und galt im Zeitraum des mit dem Bescheid vom abgeschlossenen erstinstanzlichen Bauverfahrens in der Fassung gemäß LGBl. Nr. 8/2001. Abs. 8 leg. cit. lautete:

"(8) Die für die Baubewilligung zuständige Behörde kann auf Antrag die Unterschreitung der in den Abs. 3 und 4 festgesetzten Abstände durch Bescheid ausnahmsweise zulassen, wenn

a) die Einhaltung nach der besonderen Lage des Einzelfalles für den Ausnahmewerber eine unbillige Härte darstellt, wie etwa, wenn bestehende Bauten nicht in einer zur Erhaltung oder zeitgemäßen Wahrung ihrer Funktion dringend erforderlichen Weise geändert werden könnten oder die bauliche Ausnutzbarkeit der Grundfläche ausgeschlossen oder wesentlich beeinträchtigt wäre;

b) benachbarte Grundstücke oder Bauten und Anlagen nicht erheblich beeinträchtigt werden, insbesondere nicht ihre Bebaubarkeit bzw. das gewährleistete und erforderliche Tageslicht verlieren oder in diesen Belangen wesentlich beeinträchtigt werden;

c) insgesamt der Vorteil des Ausnahmewerbers größer ist als der Nachteil für die benachbarten Grundstücke, Bauten und Anlagen und

d) die Lage des Baues sich nicht aus einem Bebauungsplan ergibt.

Die Ausnahme kann mit der Baubewilligung verbunden werden. Parteien sind die Parteien des Baubewilligungsverfahrens. Jede Ausnahme ist der Aufsichtsbehörde zur Kenntnis zu bringen. Bei der Festlegung der Lage der Bauten in einem Bebauungsplan kann in sinngemäßer Anwendung der vorstehenden Voraussetzungen eine Unterschreitung der Abstände gemäß Abs. 4 festgelegt werden."

Die Beschwerdeführer vertreten weiterhin die Auffassung, sie hätten hinsichtlich des im Jahr 2002 durchgeführten Bauverfahrens ihre Parteistellung nicht verloren. Dazu ist Folgendes auszuführen: Richtig ist, dass die formularmäßige Zustimmungserklärung auf ein Bauanzeigeverfahren zugeschnitten ist, hingegen ein Baubewilligungsverfahren durchgeführt wurde (wie die Beschwerdeführer vortragen deshalb, weil eine Abstandsnachsicht im Sinne des § 25 Abs. 8 des Bebauungsgrundlagengesetzes - BGG erforderlich war). Nun sah (und sieht übrigens weiterhin) § 7 Abs. 9 BauPolG hinsichtlich der Zustimmung des Nachbarn zu einem baubewilligungspflichtigen Vorhaben eine ganz vergleichbare Regelung vor, wie damals § 3 Abs. 2 BauPolG, wobei der Nachbar damals im Bauanzeigeverfahren keine Parteistellung genoß (darauf wird in der formularmäßigen Erklärung auch eigens verwiesen) und ihm nach einer entsprechenden Zustimmung im Sinne des § 7 Abs. 9 BauPolG keine Parteistellung mehr zukommt. Kerngehalt der beiden Regeln ist die (unwiderrufliche) Zustimmung des Nachbarn zu einem bestimmten Bauvorhaben, verbunden mit der Unterfertigung der Baupläne. Die weiters vorgeschriebene Verwendung eines bestimmten Formulares soll wohl (wegen des darin enthaltenen Textes) sicherstellen, dass für den Nachbarn die Folgen der Zustimmung klar sind, nämlich dass er dem Vorhaben unwiderruflich zustimmt und ihm im baubehördlichen Verfahren keine (bzw. keine weitere) Parteistellung zukommt. Ob nun das konkrete Vorhaben, dem solcherart zugestimmt wurde, im Bauanzeigeverfahren oder im Baubewilligungsverfahren abzuhandeln ist, erscheint im gegebenen Zusammenhang (Schutz der Interessen des Nachbarn) nicht entscheidend. Es kann daher entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer aus der Verwendung des "falschen Formulars" (für ein Bauanzeigeverfahren und nicht für ein Baubewilligungsverfahren) die Unwirksamkeit der Zustimmungserklärung nicht abgeleitet werden. Mit der Zustimmung zum konkreten Vorhaben wurde auch der Errichtung des Carports im Mindestabstandsbereich zugestimmt, eine darüber hinausgehende, weitere Zustimmung war weder geboten noch erforderlich (wobei die Zustimmung des Nachbarn kein Kriterium für die Erteilung einer Abstandsnachsicht gemäß § 25 Abs. 8 BGG ist - siehe dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/06/0161). Auch der Umstand, dass eine Abstandsnachsicht beantragt wurde, bewirkt (daher) nicht die Unwirksamkeit der Zustimmungserklärung vom .

Eine Zustimmungserklärung hat allerdings ausreichend klar zu sein. Im Beschwerdefall ist die Auslegung der Zustimmungserklärung strittig, näherhin die Auslegung der Zusätze/Veränderungen der Beschwerdeführer hinsichtlich der Höhenkoten auf dem Schnitt. Im Plan vorgesehen war eine Firsthöhe von 2,50 m über der Grundlinie mit der Höhenkote 428,00, was eine Firsthöhe von 430,50 (absoluter Höhe) ergab. Die in den Plänen von den Beschwerdeführern vorgenommenen Veränderungen sind nun dahin zu verstehen, dass nicht etwa die Kotierung der Grundlinie verändert werden sollte, zumal diese Grundlinie ja für weitere Teile des Projektes (nämlich das andere Carport) maßgeblich ist, sondern diese Grundlinie für das grundgegenständliche Carport nur mehr als "0-Niveau" (Bezugsebene) zu gelten hatte, und die Firsthöhe 2,22 m darüber zu liegen kommen sollte; konsequenterweise ist auch die ursprünglich eingetragene Firsthöhe durchgestrichen und durch diesen Wert ersetzt. Die weitere Kote -0,30 kann sich demnach (um insgesamt die erforderliche lichte Höhe für das Carport zu erreichen) nur auf das Niveau des Bodens des Carports, nicht aber auf ein Niveau der Grundlinie beziehen (was im gegebenen Zusammenhang nicht sinnhaft wäre). Daraus folgt, dass die Beschwerdeführer ihre Zustimmung zur Errichtung eines Carports in einer anderen Höhenlage als geplant, nämlich mit einer Fristhöhe von 2,22 m über der Höhenlinie von 428,0 m erteilt haben, somit mit einer Firsthöhe von 430,22 m absoluter Höhe. Daraus ergibt sich weiters das Fußbodenniveau des Carports mit 428,0 m - 0,30 m, somit mit 427,70 m absoluter Höhe.

Die damaligen Bauwerber haben die Pläne nicht neu gezeichnet (mit niveaumäßig abgesenktem Carport), sondern die von den Beschwerdeführern solcherart veränderten Pläne samt der Zustimmungserklärung (in der ausdrücklich auf diese Veränderung verwiesen wird) zur baubehördlichen Genehmigung eingereicht, diese wurde auch antragsgemäß erteilt. Damit wurde das streitgegenständliche Carport mit der Firsthöhe von 430,22 m und dem Fußbodenniveau von 427,70 m bewilligt. Die Baubewilligung hat somit einen anderen Inhalt als von den Behörden des Verwaltungsverfahrens (und vom bautechnischen Sachverständigen der Gemeinde) mit 430,52 m angenommen.

In Bezug auf die Beschwerdeführer ergibt sich aus dem Gesagten, dass ihre Zustimmung vom als ausreichende Zustimmung auch im Sinne des § 7 Abs. 9 BauPolG anzusehen ist, sodass sie auf Grund dieser Zustimmungserklärung im durchgeführten Baubewilligungsverfahren, das in einer Baubewilligung samt Abstandsnachsicht (Bescheid vom ) endete, ihre Parteistellung verloren hatten. Ihren Rechtsmitteln gegen diesen Bescheid konnte daher kein Erfolg beschieden werden.

Gegenstand des zweiten Bauverfahrens war die angestrebte Bewilligung von gewissen Änderungen, nämlich der Torflügel an der Vorderseite und des Abschlusses an der Rückseite des Carports. Nach dem Inhalt der Bauakten, auch der im zweiten Verfahren vorgelegten Pläne, ergibt sich die Auffassung der Bauwerberin (wie auch der Behörden des Verwaltungsverfahrens), dass die Veränderungen das Objekt betreffen sollen, das tatsächlich errichtet wurde, und dieses Objekt auch der Baubewilligung vom entspricht. Die damalige Baubewilligung hat aber, wie zuvor dargelegt, einen anderen Inhalt als von den Behörden des Verwaltungsverfahrens angenommen. Die behördliche Bewilligung der Änderung eines Bestandes setzt, soweit hier erheblich, voraus, dass der Bestand rechtmäßig ist, im Beschwerdefall konsentiert. Davon kann aber bei der gegenwärtigen Verfahrenslage nicht ausgegangen werden (siehe die Tatsachenfeststellungen des bautechnischen Amtssachverständigen, wonach die tatsächliche Traufenhöhe die, wie zuvor dargelegt, bewilligte Traufenhöhe von 430,22 m übersteige). Wäre aber der Bestand nicht rechtmäßig, wäre die erteilte Bewilligung objektiv rechtswidrig.

Allerdings ist für die Beschwerdeführer daraus nichts zu gewinnen: Gegenstand dieses zweiten Bauverfahrens war, wie dargestellt, nur die Änderung der Torflügel an der Vorderseite und des Abschlusses an der Rückseite des Carports (die sachverhaltsmäßige Annahme im Beschwerdevorbringen, in dem im Jahr 2002 bewilligten Projekt sei gar kein Abschluss an der Rückseite vorgesehen gewesen, trifft nicht zu). Auch ausgehend von der Annahme der Behörden des Verwaltungsverfahrens, der Bestand sei (ansonsten) bewilligt, hat sich nicht ergeben, dass die nun verfahrensgegenständlichen baulichen Maßnahmen geeignet wären, subjektiv-öffentliche Nachbarrechte der Beschwerdeführer zu verletzen; insbesondere wurde keine Nutzungsänderung bewilligt und es ist nicht erkennbar, dass sich durch die nun verfahrensgegenständlichen Änderungen eine erweiterte Nutzungsmöglichkeit ergäbe, die aus der Sicht der Beeinträchtigung von Nachbarrechten relevant wäre. Diese "Änderungsbewilligung" bewirkt jedenfalls nicht die rechtliche Sanierung eines ansonsten rechtswidrigen Bestandes (abweichende Höhenlage).

Die Beschwerde war daher im Ergebnis gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am