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VwGH vom 06.07.2006, 2006/15/0176

VwGH vom 06.07.2006, 2006/15/0176

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Maringer als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz, LL.M., über die Beschwerde des A in H, Ungarn, vertreten durch Treuhand-Union Eisenstadt Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mbH & Co KEG in 7000 Eisenstadt, Pfarrgasse 33, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , GZ RV/0210-W/05, betreffend Erklärung einer Berufung als zurückgenommen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erklärte in der im Mai 2002 für das Jahr 2000 eingereichten Einkommensteuererklärung Einkünfte aus seinem einzelunternehmerischen Gewerbebetrieb (Tanzschule, hinsichtlich derer er die Gewerbeberechtigung mit als ruhend gemeldet hat) in folgender Höhe:


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Laufender Verlust 2000
-
33.412,98 S
Veräußerungsgewinn/-verlust
0,00 S
Aufgabegewinn
6.050,00 S
Steuerliches Ergebnis
-
27.362,98 S

In Bezug auf den "Veräußerungsgewinn/-verlust" von 0,00 S wurde der Buchwert des Betriebsgebäudes (248.204 S) und jener der Betriebs- und Geschäftsausstattung (7.058 S) bekannt gegeben und ersucht, mit der Veranlagung noch zuzuwarten, "da ein Versteigerungsverfahren betreffend Betriebsgebäude in die Wege geleitet wurde und innerhalb des nächsten Monates mit einem Ergebnis zu rechnen" sei. Der "Aufgabegewinn" von 6.050 S setzte sich aus dem Investitionsfreibetrag der Jahre 1995 und 1996 zusammen.

Nachdem der Beschwerdeführer das Ersuchen des Finanzamtes vom auf Mitteilung des Versteigerungserlöses unbeantwortet gelassen hatte, übermittelte ihm das Finanzamt eine Schätzung des Wertes des Gebäudes (geschätzter Wert des betrieblichen Anteils: 1,705.080 S) und eine Berechnung des - noch um die Auflösung der Investitionsfreibeträge zu erhöhenden - Aufgabegewinnes (1,356.876 S- nach Abzug des Buchwertes des Gebäudes sowie des Freibetrages von 100.000 S und unter der Annahme, dass der gemeine Wert der Betriebs- und Geschäftsausstattung ihrem Buchwert entspricht).

Unter Zugrundelegung dieses Aufgabegewinnes wurde der Beschwerdeführer mit Bescheid vom zur Einkommensteuer veranlagt.

Mit Eingabe vom erhob der Beschwerdeführer gegen den Einkommensteuerbescheid 2000 Berufung. Zur Begründung wird ausgeführt, auf Grund der Beendigung des Gewerbebetriebes sei der Wert des Gebäudeteiles, in welchem die Tanzschule betrieben worden sei, im Schätzungsweg ermittelt worden. Es sei ein Versteigerungsverfahren für das Gebäude eingeleitet worden; in diesem Zusammenhang sei "wahrscheinlich" von einem Sachverständigen ein Schätzungsgutachten erstellt worden. Es werde ersucht, bei der Berufung diese Werte zu berücksichtigen. Es werde beantragt, der Berufung stattzugeben und die Rechtsmittelfrist bis zum zu verlängern.

Mit Bescheid vom trug das Finanzamt dem Beschwerdeführer gemäß § 275 BAO auf, den der Berufung anhaftenden Mangel, nämlich das Fehlen der Erklärung, welche Änderungen beantragt werden, bis zum zu beseitigen; bei Fristversäumung gelte die Berufung als zurückgenommen.

Mit Schreiben vom teilte der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers dem Finanzamt mit, er habe auf Grund eines an diesem Tag geführten Gespräches in Erfahrung gebracht, dass das weitere Schicksal des Tanzinstitutes erst im September endgültig entschieden sei. Das seinerzeitige Versteigerungsverfahren sei eingestellt worden. Es stünden nun zwei Möglichkeiten zur Diskussion, nämlich die Weiterführung (im Wege der Betriebsübergabe) und die "Aufgabe (Veräußerung)" der Tanzschule. Da die Familienverhältnisse infolge eines Scheidungsverfahrens etwas kompliziert seien und die Familienmitglieder nicht endgültig über die Aufteilung des Vermögens entschieden hätten, werde um Verlängerung der Frist zur Ergänzung der Berufung bis September 2003 ersucht.

Mit Schreiben vom wurde um Fristverlängerung bis , mit Schreiben vom um Fristverlängerung bis und mit Schreiben vom um Fristverlängerung bis ersucht.

Mit Schreiben vom übermittelte der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers die Kopie der Gewerbeberechtigung zur Führung einer Tanzschule in E für Rosemarie S.

Am hat der Beschwerdeführer mit seiner seinerzeitigen Ehefrau Rosemarie S vor dem Bezirksgericht Eisenstadt einen Vergleich geschlossen, wonach er ihr seinen Hälfteanteil an der Liegenschaft in EZ xxx Grundbuch E überträgt.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab und führte aus, der Tanzschulbetrieb sei am eingestellt worden. Ein Schätzungsgutachten sei nicht vorgelegt worden. Das Gebäude befinde sich mittlerweile im Eigentum der Rosemarie S. Eine Betriebsaufgabe liege vor, wenn sich der Betriebsinhaber aller Wirtschaftsgüter begebe oder sie in sein Privatvermögen überführe. Im gegenständlichen Fall sei der Wert des (betrieblichen Anteils des) Betriebsgebäudes mit 1,705.080 S geschätzt worden. Seit dem Jahr 2000 habe der Beschwerdeführer Gelegenheit gehabt, ein Gutachten vorzulegen, welches eventuell einen anderen Wert ausweise. Da trotz mehrmaliger Urgenzen keine Unterlagen für die Wertermittlung vorgelegt worden seien, sei die Berufung abzuweisen gewesen.

Im Vorlageantrag vom begehrte der Beschwerdeführer, den Einkommensteuerbescheid 2000 dahingehend zu ändern, dass auf Grund des heutigen Wissensstandes nicht von einer Betriebsaufgabe auszugehen sei, sondern von einer Betriebsübergabe. Das Schicksal des Gebäudes, das vorher zum Verkauf gedacht gewesen sei, habe sich nunmehr dahingehend entwickelt, dass Rosemarie S im Zuge der Scheidungsauseinandersetzung auch das Gebäude, in dem sich die Tanzschule befinde, unter Übernahme des entsprechenden Schuldanteiles erhalten habe und - sie habe im Nachsichtswege eine entsprechende Konzession erhalten - die Tanzschule weiterführe. Rosemarie S habe erklärt, dass sie ab 2005, nachdem nun die Verhältnisse in Ordnung gebracht seien, den Betrieb der Tanzschule aufnehmen werde. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die Vorlage eines Bewertungsgutachtens, das vorhanden sei und einen anderen Wert ausweise als die Schätzung des Finanzamtes, auf Grund des nunmehr dargestellten Sachverhaltes als nicht mehr notwendig erachtet werde.

Mit Eingabe vom brachte der Beschwerdeführer vor, für den Fall, dass die belangte Behörde von einer Betriebsaufgabe ausgehe, beantrage er die Anwendung der Begünstigungsbestimmung des § 24 Abs 6 EStG 1988 bei Ermittlung des Aufgabegewinnes.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom wurde dem Beschwerdeführer vorgehalten, das Finanzamt habe ihm mit Bescheid vom aufgetragen, den der Berufung anhaftenden Mangel bis zum zu beheben, widrigenfalls die Berufung als zurückgenommen gelte. Innerhalb dieser Frist sei eine Mängelbehebung nicht erfolgt. In weiterer Folge seien Fristverlängerungsansuchen gestellt worden, das letzte am mit dem Ersuchen um Fristverlängerung bis . Eine bescheidmäßige Verlängerung sei nicht aktenkundig. Bis zum sei jedenfalls keine Mängelbehebung erfolgt. Dessen ungeachtet habe das Finanzamt eine Berufungsvorentscheidung erlassen.

In der Vorhaltsbeantwortung vom brachte der Beschwerdeführer vor, dem Finanzamt sei eine mit datierte Stellungnahme übermittelt worden, welche als Erfüllung des Mängelbehebungsauftrages verstanden worden sei. Es sei nämlich dargestellt worden, dass nicht nur eine Betriebsaufgabe mit der Folge einer Entnahme ins Privatvermögen in Frage komme, sondern auch die Möglichkeit einer Betriebsübergabe mit Buchwertfortführung oder auch eine Betriebsveräußerung eintreten könne. In den beiden letztgenannten Fällen wäre ein Bewertungsgutachten nicht erforderlich gewesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus, dass die Berufung gemäß § 275 BAO als zurückgenommen gelte.

Für die belangte Behörde sei entscheidend, dass die Berufung vom völlig offen lasse, welche Änderungen des angefochtenen Bescheides konkret beantragt seien. Offenkundig werde der Entnahmewert des Gebäudes bekämpft, der Beschwerdeführer lasse es jedoch offen, welchen Wert er für zutreffend erachte. Auch der Schriftsatz vom lasse es offen, welche Änderung das Finanzamt nach Ansicht des Beschwerdeführers vornehmen solle. Mit diesem Schriftsatz würden dem Finanzamt weitere Möglichkeiten gleichsam zur Auswahl angeboten, es sei aber nicht ersichtlich, welche konkreten Auswirkungen diese auf den Spruch des bekämpften Bescheides haben sollten. Der Beschwerdeführer stelle zwei Möglichkeiten zur Diskussion, äußere sich aber weder, welche Möglichkeit er für richtig erachte, noch welche konkreten Änderungen aus diesen Möglichkeiten in Bezug auf den bekämpften Bescheid resultieren könnten. Es sei eine Aufgabe bzw Veräußerung des Betriebes möglich, aber auch eine unentgeltliche Betriebsübergabe mit Buchwertfortführung.

Es sei nicht Sache des Rechtsmittelverfahrens, über verschiedene Möglichkeiten der rechtlichen Beurteilung eines ungeklärten Sachverhaltes zu diskutieren. Der Berufungsantrag müsse klar erkennen lassen, welche bestimmte Änderung des bekämpften Bescheides beantragt sei. Das Berufungsbegehren sei in keiner Weise bestimmt. Im Hinblick auf die nicht rechtzeitig erfolge Mängelbehebung sei daher die Berufung als zurückgenommen anzusehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

§ 250 Abs 1 BAO lautet:

"Die Berufung muss enthalten:


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a)
die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;
b)
die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;
c)
die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
d)
eine Begründung."
§ 275 BAO idF BGBl I Nr 97/2002 lautet:

"Entspricht eine Berufung nicht den im § 250 Abs. 1 oder Abs. 2 erster Satz umschriebenen Erfordernissen, so hat die Abgabenbehörde dem Berufungswerber die Behebung dieser inhaltlichen Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Berufung nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt."

Der Beschwerdeführer bringt vor, das Finanzamt habe am eine Berufungsvorentscheidung erlassen und damit zum Ausdruck gebracht, dass es keine offenen Mängel mehr sehe. Zwischen der Einbringung der Berufung und der Berufungsvorentscheidung sei es wiederholt zu Kontakten mit dem zuständigen Referenten des Finanzamtes gekommen. Im November 2003 sei im Wege eines Telefonates der Nachweis über die Konzessionserteilung an Frau Rosemarie S angefordert worden. Im Scheidungsvergleich vom Mai 2004 habe Frau Rosemarie S das Alleineigentum am Gebäude, in welchem sich die Tanzschule befinde, erhalten. Somit sei dem Beschwerdeführer vor Erlassung der Berufungsvorentscheidung klar gewesen, dass die Vorhaltepunkte hinlänglich beantwortet seien. Das Finanzamt dürfe nur dann eine Berufungsvorentscheidung erlassen, wenn inhaltliche Mängel der Berufung beseitigt seien. Es sei somit von einer Beseitigung der Mängel ausgegangen. Der Beschwerdeführer habe offenkundig die Mängel behoben. Im Übrigen hätte ein Zurücknahmebescheid iSd § 275 BAO von der Abgabenbehörde erster Instanz erlassen werden müssen.

Es ist unbestritten, dass der Berufung vom eine Erklärung, welche Änderung beantragt werde (§ 250 Abs 1 lit c BAO), fehlt. Gemäß § 275 BAO musste das Finanzamt daher einen Mängelbehebungsauftrag erlassen.

Ob die Mängelbehebungsfrist iSd § 275 BAO im Beschwerdefall am oder am abgelaufen ist, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid dahingestellt gelassen, weil nicht feststellbar gewesen ist, ob das Finanzamt die beantragten Fristverlängerungen bewilligt hat (und einem Ansuchen um Verlängerung der nach § 275 BAO gesetzten Frist keine hemmende Wirkung zukommt, vgl das hg Erkenntnis vom , 2002/15/0166). Da die Mängelbehebungsfrist aber spätestens mit Ende des abgelaufen ist, erweist sich ein nach diesem Zeitpunkt erstattetes Vorbringen, wie etwa die Vorlage des Vergleiches vom , jedenfalls als nicht geeignet, dem Mängelbehebungsauftrag zu entsprechen.

Mit den Eingaben vom und vom hat der Beschwerdeführer nicht vorgebracht, welche Änderung des bekämpften Einkommensteuerbescheides beantragt werde. Mit diesen Eingaben hat er zwar eingewendet, dass mehrere Möglichkeiten der Beurteilung des einkommensteuerlichen Schicksals des Gewerbebetriebes für das Jahr 2000 bestünden (Betriebsaufgabe, Betriebsveräußerung, unentgeltliche Betriebsübergabe), hat aber nicht einmal in Form von Eventualbegehren die begehrten Änderungen aufgezeigt. Für den Fall einer Betriebsaufgabe oder einer Betriebsveräußerung bleibt ungeklärt, in welcher Höhe der Beschwerdeführer den Aufgabe- bzw den Veräußerungsgewinn angesetzt wissen will. Aber selbst für den - vom Beschwerdeführer in den genannten Eingaben als "Möglichkeit" in den Raum gestellten - Fall einer unentgeltlichen Betriebsübertragung an die geschiedene Ehefrau lässt der Beschwerdeführer offen, ob er erklärungsgemäß veranlagt werden will oder mit von der Einkommensteuererklärung abweichenden Beträgen (etwa ohne gewinnerhöhende Auflösung der Investitionsfreibeträge).

Eine Klärung der begehrten Änderung ist auch nicht dadurch herbeigeführt worden, dass dem Finanzamt am eine Kopie der Gewerbeberechtigung für Rosemarie S übermittelt worden ist.

Da die Beschwerde weiteres vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren (bis zum ) erstattetes Vorbringen zur Darlegung der begehrten Änderung des Einkommensteuerbescheides nicht anführt, vermag sie nicht aufzuzeigen, dass die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen wäre, dass dem Mängelbehebungsauftrag iSd § 275 BAO nicht entsprochen worden ist.

Dass, wie dies der Beschwerdeführer behauptet, das Finanzamt bei Erlassung der Berufungsvorentscheidung davon ausgegangen ist, es liege eine mängelfreie Berufung vor bzw die ursprünglich der Berufung anhaftenden Mängel seien behoben worden, mag zutreffen. Allein, diese Beurteilung durch das Finanzamt vermag die belangte Behörde nicht zu binden. Selbst wenn ein Mängelbehebungsauftrag vom Finanzamt erlassen worden ist, ist die Berufungsbehörde zur Erlassung des Zurücknahmebescheides iSd § 275 BAO zuständig, wenn nicht bereits das Finanzamt einen solchen erlassen hat (vgl das hg Erkenntnis vom , 2002/13/0005, sowie Ellinger ua, BAO, § 275 Anm 6).

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am