VwGH vom 25.05.2016, 2013/15/0170

VwGH vom 25.05.2016, 2013/15/0170

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte Mag. Dr. Köller, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Bamminger, über die Beschwerde der E B in H, vertreten durch Mag. Natalie König-Bechter, Rechtsanwältin in 6900 Bregenz, Deuringstraße 9, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom , Zl. RV/0267-F/12, betreffend Rücknahme der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Das Finanzamt erließ am einen Bescheid, mit welchem die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der Beschwerdeführerin, welche ihr über Antrag vom vergeben worden ist, zurückgenommen wurde. Zur Begründung verwies es auf die im Rahmen einer abgabenbehördlichen Prüfung getroffene Feststellung, dass die Beschwerdeführerin keine unternehmerische Tätigkeit iSd § 2 UStG 1994 ausübe. Dazu finden sich im verwiesenen Bericht über das Ergebnis einer bei der Beschwerdeführerin durchgeführten Außenprüfung u.a. Ausführungen wie folgt:

"Tz. 3 Zurechnung der Einkünfte

Einkünfte aus Gewerbebetrieb/Zurechnung der Einkünfte:

(Die Beschwerdeführerin) gab am niederschriftlich zu Protokoll, dass sämtliche Arbeiten betreffend die von ihr erklärten Einkünfte aus Gewerbebetrieb, nicht von ihr durchgeführt worden seien. Sämtliche diesbezüglichen Arbeiten seien von (Hanno B) durchgeführt worden, sie habe in diesem Zusammenhang lediglich Hilfstätigkeiten durchgeführt (Abholung von Unterlagen). Auch entsprechende hieramtliche Ermittlungen bestätigen diese Aussage. Zwar lautete der Gewerbeschein entsprechend auf (die Beschwerdeführerin), doch im Sinne einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise gem. § 21 BAO, sind für die Behörde nicht rechtliche Ausgestaltungen maßgeblich, sondern der wahre wirtschaftliche Gehalt. Zudem gibt es lt. Wissen der Behörde auch keine entsprechenden Abmachungen zwischen (der Beschwerdeführerin) und (Hanno B) im Sinne der Angehörigenjudikatur des VwGH, wo eine entsprechende Abtretung der Einkünfte geregelt worden wäre. Somit wird die Einkunftsquelle als solche im Sinne einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise gem. § 21 BAO dem Steuerpflichtigen zugerechnet. Die Umsatzsteuer verbleibt aus verwaltungsökonomischen Gründen bei (der Beschwerdeführerin), da die Rechnungen auf ihren Namen ausgestellt wurden und sie die USt somit kraft Rechnungslegung schuldet. Lediglich die Erlöse der (E GmbH) (vormals ...) sind tatsächlich der Steuerpflichtigen zuzurechnen.

Eine detaillierte Begründung sowie eine Übersicht über die steuerlichen Auswirkungen sind der Beilage zu entnehmen."

2 Einer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung keine Folge.

3 Die Beschwerdeführerin beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und brachte im Vorlageantrag u.a. vor, dass die im Rahmen der abgabenbehördlichen Prüfung getroffenen Feststellungen nicht der Wahrheit entsprächen.

4 Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Sie verwies auf die Ausführungen im Betriebsprüfungsbericht, die im angefochtenen Bescheid teilweise wiedergegeben wurden, und stellte fest, dass die Einkünfte, welche die Beschwerdeführerin in ihrer Steuererklärung angegeben habe, tatsächlich ihrem Lebensgefährten zuzurechnen seien. Zu diesem Ergebnis sei die Betriebsprüfung nach eingehenden Ermittlungen bei den Kunden und aufgrund eindeutiger Aussagen der Beschwerdeführerin gekommen, die angegeben habe, dass sie lediglich Büroarbeiten durchgeführt und ihr Lebensgefährte die buchhalterische Tätigkeit übernommen habe. Eine Unternehmereigenschaft könne somit nicht vorliegen und sei dies von der Beschwerdeführerin auch nicht dezidiert beeinsprucht worden. Die Beschwerdeführerin werfe lediglich auf, dass die im Rahmen der abgabenbehördlichen Prüfung getroffenen Feststellungen nicht der Wahrheit entsprächen, ohne hierfür eine substantielle Begründung bzw. Nachweise zu erbringen.

5 Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde. 6 Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf

Nichtbegrenzung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bzw. in ihrem Recht, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer führen zu dürfen, verletzt.

7 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

8 Gemäß Art. 28 Abs. 1 UStG 1994 hat das Finanzamt Unternehmern im Sinne des § 2, die im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen erbringen, für die das Recht auf Vorsteuerabzug besteht, eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu erteilen. Der Bescheid über die Erteilung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist zurückzunehmen, wenn sich die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse geändert haben, die für die Erteilung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer maßgebend gewesen sind, oder wenn das Vorhandensein dieser Verhältnisse zu Unrecht angenommen worden ist.

9 Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG 1994 ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt.

10 Die belangte Behörde stellte im angefochtenen Bescheid fest, die Beschwerdeführerin habe im Streitzeitraum keine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausgeübt und die Einkünfte, welche sie in ihrer Steuererklärung angegeben habe, seien tatsächlich ihrem Lebensgefährten zuzurechnen. Diese Feststellungen stützte sie auf die Ausführungen in einem Bericht über das Ergebnis einer bei der Beschwerdeführerin durchgeführten Außenprüfung, die im angefochtenen Bescheid teilweise wiedergegeben werden, sowie auf eine Niederschrift, die mit der Beschwerdeführerin im Rahmen der besagten Außenprüfung aufgenommen worden ist.

11 Wie der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach zum Ausdruck gebracht hat (vgl. grundlegend ), muss die Begründung eines Bescheides erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Ansicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Die Begründung eines Abgabenbescheides muss in einer Weise erfolgen, dass der Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist.

12 Diesen Anforderungen an eine Bescheidbegründung genügt der angefochtene Bescheid schon deswegen nicht, weil im Rahmen der bei der Beschwerdeführerin durchgeführten Außenprüfung, auf deren Ergebnisse die belangte Behörde ihre Feststellungen im Wesentlichen stützt, u.a. festgestellt worden ist, dass die "Erlöse der (E GmbH)" der Beschwerdeführerin zuzurechnen sind. Dabei bleibt aber ungeklärt, ob die Beschwerdeführerin im Streitzeitraum in diesem Zusammenhang auch Umsätze erzielt hat, weshalb sich die Feststellung, sie habe keine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausgeübt, als nicht in der Aktenlage gedeckt erweist. Klare Feststellungen, aus denen sich ergibt, dass die Beschwerdeführerin keine unternehmerische Tätigkeit entfaltet hat, enthält der angefochtene Bescheid nicht.

13 Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben war.

14 Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

15 Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am