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VwGH vom 15.09.2016, 2013/15/0168

VwGH vom 15.09.2016, 2013/15/0168

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Bamminger, über die Beschwerde der AAG in L, vertreten durch die PwC PricewaterhouseCoopers Wirtschaftsprüfung u. Steuerberatung GmbH, Wirtschaftsprüfer in 1030 Wien, Erdbergstraße 200, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom , Zl. RV/0171 G/12, betreffend Energieabgabenvergütung 2006/2007, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von €

1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die Beschwerdeführerin ist ein in der Rechtsform einer

Aktiengesellschaft geführtes Industrieunternehmen, das im Produktionsprozess elektrische Energie für energetische (81 %) und für nichtenergetische (19 %) Zwecke einsetzt. Für das Wirtschaftsjahr 2006/07 machte sie für die entrichtete Elektrizitätsabgabe, die auf den Verbrauch elektrischer Energie für nichtenergetische Zwecke entfiel, gemäß § 2 Z 3 Elektrizitätsabgabegesetz eine Vergütung in Höhe von 267.256 €

geltend. Gemäß § 1 Abs. 1 Energieabgabenvergütungsgesetz beantragte die Beschwerdeführerin weiters die Vergütung von Energieabgaben in Höhe von 731.551,33 € (einschließlich einer Vorausvergütung in Höhe von 71.151 €). Bei der Ermittlung des Vergütungsbetrages nach § 1 Abs. 1 Energieabgabenvergütungsgesetz verminderte die Beschwerdeführerin den Selbstbehalt (Nettoproduktionswert), indem sie die Umsatzerlöse und Vorleistungen um 19 % (Anteil der für nichtenergetische Zwecke eingesetzten elektrischen Energie) kürzte.

Im Rahmen einer Nachschau gemäß § 144 BAO gelangte die Prüferin zur Überzeugung, der Beschwerdeführerin stehe, neben der Vergütung gemäß § 2 Z 3 Elektrizitätsabgabegesetz in Höhe von 267.256 €, eine Vergütung gemäß § 1 Abs. 1 Energieabgabenvergütungsgesetz in Höhe von 603.851,18 € zu, die sich abweichend zur Erklärung wie folgt ermittle:#htmltmp1#

2 Das Finanzamt folgte der Prüferin und setzte mit Bescheid

vom eine Vergütung nach § 1 Abs. 1 Energieabgabenvergütungsgesetz in Höhe von 603.851,18 € fest, wobei es die Vorausvergütung in Höhe von 71.151 € außer Ansatz ließ. Mit Bescheid vom schrieb es der Beschwerdeführerin zudem gemäß § 2 Z 3 Elektrizitätsabgabegesetz einen Betrag in Höhe von 267.256 € gut.

3 Die Beschwerdeführerin berief gegen den Bescheid vom 20.

September 2010 und beantragte, die Vergütung nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz nicht zu mindern. Sie führte in der Berufung aus, entsprechend dem Elektrizitätsabgabegesetz bzw. dem Energieabgabenvergütungsgesetz sei eine gänzliche Befreiung von der Elektrizitätsabgabe bei nichtenergetischer Verwendung von Strom geboten. Die Vergütung habe nach dem Verfahren des Energieabgabenvergütungsgesetzes jedoch ohne Berücksichtigung der dort vorgesehenen Selbstbehalte zu erfolgen. Wenn bei der Berechnung der Energieabgabenvergütung nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz der Nettoproduktionswert ungekürzt angesetzt werde, führe dies im Ergebnis dazu, dass auch die Elektrizitätsabgabe, die auf die nichtenergetische Nutzung entfalle, um den Selbstbehalt des Nettoproduktionswertes gekürzt werde.

4 Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde

der Berufung nach Durchführung einer mündlichen

Berufungsverhandlung keine Folge und änderte den angefochtenen

Bescheid dahingehend ab, dass sie von der festgesetzten Vergütung nach § 1 Abs. 1 Energieabgabenvergütungsgesetz (603.851,18 €) die Vorausvergütung (71.151,21 €) in Abzug brachte. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dem Elektrizitätsabgabegesetz sei nur zu entnehmen, dass elektrische Energie, die für nichtenergetische Zwecke verwendet werde, von der Elektrizitätsabgabe befreit sei. Die Befreiung erfolge im Wege einer Vergütung an denjenigen, der die elektrische Energie verwende. Für das Vergütungsverfahren seien die Regelungen des Energieabgabenvergütungsgesetzes anzuwenden. Der Beschwerdeführerin sei darin beizupflichten, dass die Befreiungsbestimmung des § 2 Z 3 Elektrizitätsabgabegesetz Vorrang gegenüber dem allgemeinen Vergütungstatbestand des § 1 Abs. 1 Energieabgabenvergütungsgesetz habe. Daraus sei aber nicht ableitbar, dass im Falle der Gutschrift der Elektrizitätsabgabe nach § 2 Z 3 Elektrizitätsabgabegesetz für die Vergütung der restlichen Energieabgaben nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz eine anteilige Kürzung des Nettoproduktionswertes vorzunehmen sei. Der Gesetzgeber habe diesen Wert als Berechnungsgrundlage für den Selbstbehalt ohne Abstriche oder Zuschläge fixiert. Der Nettoproduktionswert orientiere sich an den Ein- und Ausgangsumsätzen und berücksichtige die Produktivität des Unternehmens. Der Energieverbrauch sei eine völlig andere (in Kilowattstunden ausgedrückte) Größe. Der prozentuelle Anteil des Verbrauches an elektrischer Energie für nichtenergetische Zwecke könne nicht auf den Nettoproduktionswert umgelegt werden. Dies würde eine Gleichstellung von Kilowattstunden und der Produktivität des Unternehmens in Euro bedeuten. Das Ergebnis wäre unsachlich und willkürlich, weil Energieverbrauch und Nettoproduktionswert nicht miteinander korrelierten. Es handle sich um unterschiedliche Größen, deren Gleichstellung weder logisch noch schlüssig sei.

5 Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende

Beschwerde.

6 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

7 § 2 Elektrizitätsabgabegesetz in der für den

Streitzeitraum geltenden Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 161/2005, lautet auszugsweise:

"§ 2. Von der Abgabe sind befreit:

...

3. elektrische Energie, soweit sie für nichtenergetische Zwecke verwendet wird. Die Befreiung erfolgt im Wege einer Vergütung an denjenigen, der die elektrische Energie verwendet. Für das Vergütungsverfahren sind die Regelungen des Energieabgabenvergütungsgesetzes anzuwenden, wobei die Vergütung auch monatlich erfolgen kann."

8 § 1 Energieabgabenvergütungsgesetz in der für den

Streitzeitraum geltenden Fassung BGBl. I Nr. 92/2004 lautet auszugsweise:

"§ 1. (1) Die entrichteten Energieabgaben auf die in Abs. 3

genannten Energieträger sind für ein Kalenderjahr

(Wirtschaftsjahr) auf Antrag insoweit zu vergüten, als sie

(insgesamt) 0,5 % des Unterschiedsbetrages zwischen

1. Umsätzen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 des

Umsatzsteuergesetzes 1994 und

2. Umsätzen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 des

Umsatzsteuergesetzes 1994, die an das Unternehmen erbracht werden,

übersteigen (Nettoproduktionswert).

[...]

(3) In die Energieabgabenvergütung sind folgende Energieträger

einzubeziehen:

- elektrische Energie im Sinne des

Elektrizitätsabgabegesetzes (Position 2716 der Kombinierten

Nomenklatur) [...]"

9 § 3 Energieabgabenvergütungsgesetz in der für den

Streitzeitraum geltenden Fassung BGBl. I Nr. 92/2004 lautet auszugsweise:

"§ 3. Kein Anspruch auf Vergütung besteht:

[...]

2. insoweit Anspruch auf Vergütung der Erdgasabgabe gemäß § 3 Abs. 2 des Erdgasabgabegesetzes, auf Vergütung der Kohleabgabe gemäß § 3 Abs. 2 des Kohleabgabegesetzes oder auf Vergütung der Mineralölsteuer nach dem Mineralölsteuergesetz 1995 besteht oder der Energieträger als Treibstoff verwendet wird."

10 In der Beschwerde wird u.a. vorgebracht, der belangten

Behörde sei darin zuzustimmen, dass der ausdrückliche Wortlaut des § 1 Abs. 1 Energieabgabenvergütungsgesetz keine Aliquotierung bzw. sonstige Anpassung des Selbstbehaltes (Nettoproduktionswertes) vorsehe. Folge man der von der belangten Behörde vertretenen wortgetreuen Interpretation und gelange damit zur Rechtsansicht, dass eine aliquote Kürzung des Nettoproduktionswertes mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung nicht zulässig sei, dürfe im Rahmen der Ermittlung des Erstattungsbetrages nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz auch keine Kürzung der zu vergütenden Energieabgabe um die auf die nichtenergetische Nutzung entfallende Elektrizitätsabgabe vorgenommen werden. § 3 Z 2 Energieabgabenvergütungsgesetz schließe nach seinem klaren Wortlaut eine Vergütung entrichteter Energieabgaben nur insoweit aus, als ein Anspruch auf Vergütung nach dem Erdgasabgabegesetz, Kohleabgabegesetz oder Mineralölsteuergesetz bestehe.

11 Dem Einwand kommt insoweit Berechtigung zu, als die

belangte Behörde die entrichtete und nach § 11 Abs. 1 Energieabgabenvergütungsgesetz vergütungsfähige Energieabgabe nicht nur um den Nettoproduktionswert und den in § 2 Abs. 2 Z 2 normierten Selbstbehalt, sondern auch um die Elektrizitätsabgabe gekürzt hat, die im Streitzeitraum auf die nichtenergetische Nutzung der elektrischen Energie entfiel. Dies ist rechtlich nicht gedeckt, weil § 3 Z 2 Energieabgabenvergütungsgesetz eine Vergütung nach § 1 Abs. 1 leg. cit. nur insoweit ausschließt, als ein Anspruch auf Vergütung nach dem Erdgasabgabegesetz, Kohleabgabegesetz oder Mineralölsteuergesetz besteht; die Vergütung nach dem Elektrizitätsabgabegesetz ist nicht angeführt. Der Betrag der bereits nach § 1 Abs. 1 Energieabgabenvergütungsgesetz vergüteten Elektrizitätsabgabe wird auf den Vergütungsbetrag nach § 2 Z 3 Elektrizitätsabgabegesetz anzurechnen sein.

12 Der angefochtene Bescheid ist daher mit Rechtswidrigkeit

seines Inhaltes belastet und war gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG

aufzuheben.

13 Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in

Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr.

455.

14 Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem

Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am