TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 30.01.2014, 2013/15/0158

VwGH vom 30.01.2014, 2013/15/0158

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2013/15/0160

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerden des DL und des GK in W, vertreten durch Dr. Herbert Hubinger, Rechtsanwalt in 4560 Kirchdorf an der Krems, Hauptplatz 18, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , Zl. RV/1154-L/04, betreffend Lohnsteuerhaftung, Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen sowie Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 1999 bis 2002,

Spruch

1. zu Recht erkannt (Zl. 2013/15/0158):

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2. den Beschluss gefasst (Zl. 2013/15/0160):

Die Beschwerde wird wegen Konsumation des Beschwerderechtes als unzulässig zurückgewiesen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles ist auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, 2013/13/0157 und 2013/15/0159, betreffend Umsatzsteuer und Feststellung von Einkünften zu verweisen.

Der hier angefochtene Bescheid betrifft die Geltendmachung der Arbeitgeberhaftung für Lohnsteuer sowie die Festsetzung von Dienstgeberbeiträgen samt Zuschlägen für die Jahre 1999 bis 2002 gegenüber einer (nach den Feststellungen des Finanzamtes) aus den beiden Beschwerdeführern gebildeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts.

In der gegen entsprechende Haftungs- und Abgabenbescheide des Finanzamts gerichteten Berufung wurde insbesondere das Bestehen einer aus den Beschwerdeführern gebildeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestritten.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer ab. Begründend verwies die belangte Behörde zunächst auf ihre Berufungsentscheidung vom , Zl. RV/1147-L/04, (angefochtener Bescheid zum eingangs erwähnten Erkenntnis). Sodann werden die in der zitierten Berufungsentscheidung getroffenen Ausführungen wiederholt (diesbezüglich kann auf die Wiedergabe des Bescheides im hg. Erkenntnis 2013/15/0157 und 0159 verwiesen werden).

Abschließend führt die belangte Behörde zu ihrem Verfahrensgegenstand aus, es sei immer wieder versucht worden, Personen vorzuschieben, die das "Sagen" in den beiden Kapitalgesellschaften gehabt hätten. Dem schenke die belangte Behörde keinen Glauben. Die Eingaben seien substanziell nicht weiterführend und könnten "unter Berücksichtigung der Verfahrenslage und der bisherigen Beweisergebnisse nichts Sachdienliches in Richtung auf das tatsächliche Geschehen ergeben". DL und GK seien Gesamtschuldner jener Abgaben, für die die GesbR als solche abgabepflichtig sei, im gegenständlichen Fall also für Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag. Die belangte Behörde schließe sich der Rechtsauffassung des Finanzamtes an und verweise zur Begründung auf die Besprechungsprogramme der abgabenbehördlichen Prüfung vom (betreffend die T GmbH) und vom (betreffend die S Ltd), in denen - bezogen auf die Lohnabgaben - Folgendes ausgeführt wird:

"Die Schätzung der Lohnabgaben erfolgt gemäß § 86 Abs. 2 EStG auf Grundlage des Gesamtumsatzes: Aus der beiliegenden 'Ermittlung Deckungsbeitrag (der T GmbH) monatlich' ist ersichtlich, dass die Lohnkosten insgesamt ungefähr so hoch wie der tatsächlich erzielte Umsatz gewesen sein müssen. Die Bruttolöhne wurden aus den 'Lohnkosten gesamt' abgeleitet (Lohnquote ca. 45% des Gesamtumsatzes netto). Bei der Ermittlung der ausbezahlten Löhne wurden die vom IA-Fonds an die Arbeitnehmer geleisteten Zahlungen berücksichtigt (Bruttolöhne gesamt abzüglich vom IA-Fonds getragene Löhne ergeben die ausbezahlten Löhne).


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1999
2000
2001
ausbezahlte Bruttolöhne:
3.000.000,00
8.000.000,00
0,00
10% Lohnsteuer pauschal:
300.000,00
800.000,00
0,00
4,5% Dienstgeberbeitrag:
135.000,00
360.000,00
0,00
Zuschlag zum DB:
14.400,00
36.000,00
0,00
449.400,00
1.196.000,00
0,00

Jede Schätzung ist hinsichtlich ihrer Höhe mit einem gewissen Risiko behaftet. Laut der ständigen Rechtsprechung des VwGH hat jedoch stets derjenige dieses Risiko zu tragen, der berechtigten Anlass für die Schätzung gibt!"

"Die Schätzung der Lohnabgaben erfolgt gemäß § 86 Abs. 2 EStG auf Grundlage des Gesamtumsatzes: Aus der beiliegenden 'Ermittlung Deckungsbeitrag (der S Ltd) monatlich' ist ersichtlich, dass die Lohnkosten insgesamt ungefähr so hoch wie der tatsächlich erzielte Umsatz gewesen sein müssen. Die Bruttolöhne wurden aus den 'Lohnkosten gesamt' abgeleitet (Lohnquote ca. 45% des Gesamtumsatzes netto), wobei die überhöhten Taggelder teilweise den steuerpflichtigen Bruttolöhnen zugeschlagen wurden. Bei der Ermittlung der ausbezahlten Löhne wurden die vom IA-Fonds an die Arbeitnehmer geleisteten Zahlungen berücksichtigt (Bruttolöhne gesamt abzüglich vom IA-Fonds getragene Löhne ergeben die ausbezahlten Löhne).


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2001
2002
ATS
EUR
ausbezahlte Bruttolöhne:
1.803.000,00
8.000,00
10% Lohnsteuer pauschal:
180.300,00
800,00
4,5% Dienstgeberbeitrag:
81.135,00
360,00
Zuschlag zum DB:
7.753,00
31,00
269.188,00
1.191,00

Jede Schätzung ist hinsichtlich ihrer Höhe mit einem gewissen Risiko behaftet. Laut der ständigen Rechtsprechung des VwGH hat jedoch stets derjenige dieses Risiko zu tragen, der berechtigten Anlass für die Schätzung gibt!"

Dagegen richten sich die vorliegenden unter den Zlen. 2013/15/0158 und 2013/15/0160 protokollierten Beschwerden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die unter Zl. 2013/15/0158 protokollierte Beschwerde gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren eingeleitet; hiezu hat die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

1. Die zur Zl. 2013/15/0158 eingebrachte Beschwerde wendet sich gegen die Heranziehung der Beschwerdeführer zur Arbeitgeberhaftung für Lohnsteuer sowie gegen die Festsetzung von Dienstgeberbeiträgen samt Zuschlägen gegenüber einer aus den Beschwerdeführern gebildeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Die Beschwerdeführer seien nicht "in irgendeiner Form als Arbeitgeber" aufgetreten.

Arbeitgeber kann nur derjenige sein, demgegenüber das Dienstverhältnis iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 besteht (vgl. Doralt , EStG6, § 47 Tz 7). Dies kann auch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts sein, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft diesem Zusammenschluss von Personen schuldet (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 87/13/0231).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss die Begründung eines Abgabenbescheides erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumption des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet.

Zutreffend führt die belangte Behörde aus, es sei zulässig auf die Begründung eines anderen Bescheides zu verweisen. Dies setzt allerdings voraus, dass die Begründung dieses anderen Bescheides seinerseits die Anforderungen an eine Bescheidbegründung erfüllt. Dies ist gegenständlich nicht der Fall.

Wie schon im hg. Erkenntnis 2013/15/0157 und 0159 ausgeführt, enthält der die Umsatzsteuer und die Feststellung von Einkünften betreffende Bescheid zwar umfangreiche Sachverhaltsfeststellungen, beispielsweise zu früheren Tätigkeiten des DL, zur Befähigung der Geschäftsführer der T GmbH, über das Zustandekommen von Mietverträgen und zum möglichen Zugriff der Beschwerdeführer auf betriebliche Konten der T GmbH, doch legt er auch nicht ansatzweise dar, aus welchen Umständen darauf zu schließen sei, dass DL und GK als Arbeitgeber bestimmter Personen anzusehen seien. An einigen Stellen des verwiesenen Bescheides wird nahezu das Gegenteil zum Ausdruck gebracht, wenn etwa zur Geschäftsanbahnung und Geschäftsabwicklung davon die Rede ist, dass die T GmbH Angebote zugesandt, Telefonate geführt, Leasingarbeiter beschäftigt und über die von den Arbeitern erbrachten Leistungen wöchentlich Ausgangsrechnungen gelegt habe. Konkrete Feststellungen zu den Arbeitsverhältnissen der Leasingarbeiter enthält aber auch der Prüfungsbericht nicht, sodass der Verweis auf die beiden Besprechungsprogramme ebenso wenig eine taugliche Grundlage dafür bietet, von der Arbeitgebereigenschaft einer offenbar auch nach Ansicht der belangten Behörde als reine Innengesellschaft konzipierten Mitunternehmerschaft ausgehen zu können.

Die Feststellung der belangten Behörde, dass die beiden Beschwerdeführer die "tatsächlich Verantwortlichen" der T GmbH und der S Ltd waren, stellt keine taugliche Begründung dafür dar, eine aus DL und GK gebildete Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Arbeitgeber bestimmter Arbeitnehmer zu behandeln. Die Existenz einer (Kapital)Gesellschaft kann nicht mit dem Argument beiseitegeschoben werden, dass andere Personen als die im Firmenbuch eingetragenen Organe auf die Geschäftsführung maßgebenden Einfluss genommen hätten. Entscheidend ist, ob die (Kapital)Gesellschaft oder eine andere Person/andere Personen tatsächlich die vorgegebene Funktion eines Personalgestellers erfüllt haben. Diesbezügliche Feststellungen fehlen zur Gänze. Der Sachverhalt erweist sich daher insoweit als ergänzungsbedürftig.

Bei dieser Sach- und Rechtslage bedarf es keiner Auseinandersetzung mit den Beschwerdeausführungen, die einzelne Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde bekämpfen, das Verwaltungsverfahren als mangelhaft darzustellen versuchen und die insgesamt darauf hinauslaufen, dass nicht die beiden Beschwerdeführer, sondern andere Personen "tonangebend" gewesen seien und im Hintergrund "die Fäden" gezogen hätten.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

2. Die gegen den angefochtenen Bescheid zu Zl. 2013/15/0160 protokollierte Beschwerde ist im Wesentlichen wortgleich zu der unter der Zl. 2013/15/0158 eingebrachten Beschwerde. Sie wendet sich gleichfalls gegen die Vorschreibung von Lohnabgaben für die Jahre 1999 bis 2002.

Mit der zur Zl. 2013/15/0158 eingebrachten Beschwerde haben die Beschwerdeführer ihr Beschwerderecht verbraucht, weshalb die (zweite) Beschwerde zur Zl. 2013/15/0160 gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am