VwGH vom 28.10.2008, 2006/15/0163
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des J Z in S, vertreten durch Dr. Wolfgang Kunert, Rechtsanwalt in 2000 Stockerau, Th. Pampichler-Straße 1a, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission Wien vom , ABK-272/05, betreffend Haftung für Vergnügungssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.171,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom wurde der Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 4 VGSG 1987, LGBl. für Wien 43/1987, für die in der Zeit von Juli 2003 bis Juni 2004 im Betrieb in Wien, E-Gasse 1, entstandene Vergnügungssteuerschuld der "ehemaligen Pächterin", Frau GM, in Höhe von 3.349 EUR zur Haftung herangezogen. Zur Begründung wird ausgeführt, gemäß § 13 Abs. 4 VGSG hafte der Verpächter neben dem Pächter für jene Steuerbeträge, die auf die Zeit seit Beginn des letzten vor der Beendigung der Betriebsführung durch den Pächter liegenden Kalenderjahres entfallen. Eine Unternehmenspacht liege vor, wenn ein lebendes Unternehmen in Bestand gegeben werde, also eine organisierte Erwerbsgelegenheit. Neben den Räumlichkeiten müssten dafür vor allem Inventar und Kundenstock bereitgestellt werden. In dem der Behörde übermittelten Mietvertrag (vom ) bestätige die Mieterin, die gemieteten Räume und die mitgemieteten Einrichtungsgegenstände in gutem benutzbaren Zustand übernommen zu haben. Die Abgabenbehörde gehe im Hinblick auf die tragenden Unternehmensgrundlagen "Lokal- und Geschäftseinrichtung" von einer Unternehmenspacht aus, zumal die Pächterin in der Lage gewesen sei, den Betrieb ohne Unterbrechung (gemeint: trotz des mittlerweile erfolgten Erwerbes des Eigentums am Geschäftslokal durch den Beschwerdeführer) fortzuführen. Die Betriebsführung und das Pachtverhältnis mit der Pächterin GM hätten mit Juni 2004 geendet. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Haftung für die nicht entrichtete Vergnügungssteuer samt Nebengebühren seien daher erfüllt.
In der Berufung gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer vor, er habe das Geschäftslokal im fraglichen Zeitraum der GM-KEG vermietet gehabt. Es bestünden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass ein Unternehmenspachtvertrag vorgelegen wäre. Er habe der GM-KEG lediglich ein Geschäftslokal vermietet, nicht hingegen ein lebendes Unternehmen. Es sei ein fixer Mietzins und nicht etwa ein vom Betriebsergebnis abhängiger Pachtzins vereinbart worden. Es sei keine Betriebspflicht vereinbart worden. Vom Bestandobjekt abgesehen, sei der GM-KEG nichts überlassen worden. Die Bestandnehmerin sei nicht verpflichtet gewesen, ein lebendes Unternehmen zurückzustellen, sondern lediglich das gemietete Geschäftslokal.
Mit der Berufungsvorentscheidung wurde der Berufung lediglich insoweit Folge gegeben, als der Haftungsbetrag geringfügig von
3.349 EUR auf 3.340,08 EUR reduziert wurde. In der Bescheidbegründung wurde darauf verwiesen, dass die Primärschuldnerin den Gastgewerbebetrieb bereits seit August 2001 auf Basis eines Bestandvertrages mit der L-GmbH betrieben habe. Der Beschwerdeführer habe das Geschäftslokal (Wohnungseigentum) in einem Zwangsversteigerungsverfahren erworben und (als neuer Eigentümer) mit der Primärschuldnerin ab Juli 2003 einen neuen Bestandvertrag abgeschlossen. Eine Unterbrechung der Betriebstätigkeit sei nicht erfolgt. Somit stehe zweifelsfrei fest, dass nicht bloß Geschäftsräume und Einrichtungsgegenstände als Unternehmensgrundlage beigestellt worden seien, sondern auch ein Kundenstock und eine, wenn auch ursprünglich nicht durch den Beschwerdeführer organisierte Erwerbsgelegenheit in Bestand gegeben worden sei.
Die haftungsgegenständliche Vergnügungssteuer sei durch das betriebsbereite Halten eines Spielapparates des Typs "Silverball", eines Fußballtisches und eines Dartspielapparates entstanden.
In der Folge beantragte der Beschwerdeführer, die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung nur insoweit Folge gegeben, als - wie bereits mit der Berufungsvorentscheidung - der Haftungsbetrag auf 3.340,08 EUR reduziert wurde. Zur Begründung wurde ausgeführt, gemäß § 13 Abs 4 VGSG 1987 hafte der Inhaber der für die Vergnügung benützten Räume oder Grundstücke neben dem Unternehmer für die Vergnügungssteuer, sofern er nicht selbst steuerpflichtig sei. Entstehe die Steuerpflicht in einem Pachtbetrieb, so hafte der Verpächter für die Steuerbeträge, die auf die Zeit seit dem Beginn des letzten vor der Beendigung der Betriebsführung durch den Pächter liegenden Kalenderjahres entfallen, mit im Gesetz im Einzelnen angeführten Einschränkungen. Die Abgabenbehörde erster Instanz habe den Beschwerdeführer für Vergnügungssteuerrückstände der ehemaligen Pächterin, Frau GM, zur Haftung herangezogen. In der Berufungsvorentscheidung der Abgabenbehörde erster Instanz sei die Feststellung getroffen worden, dass der Gastgewerbebetrieb von der Primärschuldnerin bereits im August 2001 auf Basis eines Bestandvertrages mit der damaligen Eigentümerin des Bestandobjektes betrieben worden sei. Der Beschwerdeführer habe das Bestandobjekt im März 2003 im Wege des Zwangsvollstreckungsverfahrens erworben und mit der bisherigen Betreiberin ab Juli 2003 einen neuen Bestandvertrag abgeschlossen. Eine Unterbrechung der Betriebstätigkeit sei nicht erfolgt, weshalb zweifelsfrei feststehe, dass nicht bloß Geschäftsräume und Einrichtungsgegenstände als Unternehmensgrundlagen beigestellt worden seien, sondern auch ein Kundenstock und eine Erwerbsgelegenheit in Bestand gegeben worden seien. Der Beschwerdeführer sei diesen Feststellungen in seinem Vorlageantrag nicht entgegengetreten. Wenn bereits vor dem Erwerb des Bestandobjektes (durch den Beschwerdeführer) ein Gastgewerbebetrieb tatsächlich geführt worden sei und dieser nach dem Erwerb des Bestandobjektes (durch den Beschwerdeführer) ohne Betriebsunterbrechung und unverändert fortgeführt worden sei, wobei lediglich der Bestandvertrag erneuert worden sei, müsse nach Ansicht der belangten Behörde davon ausgegangen werden, dass ein lebendes Unternehmen Vertragsgegenstand gewesen sei. An den tatsächlichen Umständen der Betriebsführung habe sich nichts geändert, es sei lediglich der Bestandvertrag mit dem nunmehrigen Eigentümer erneuert worden. Nach § 13 Abs. 4 VStG komme es für die Haftung bloß darauf an, dass die Abgabenrückstände im Pachtbetrieb entstanden seien, nicht entscheidend sei, ob vom Pachtverhältnis auch jene Gegenstände oder Rechte erfasst seien, die "erst einen rechtlichen Zusammenhang mit einem vergnügungssteuerpflichtigen Tatbestand begründen".
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer im Instanzenzug als Verpächter für Vergnügungssteuerschulden (samt Nebengebühren) der Frau GM, welche die belangte Behörde als Pächterin angesehen hat, zur Haftung herangezogen. Die belangte Behörde hat somit die Verpächterhaftung nach § 13 Abs 4 VGSG 1987 geltend gemacht.
Der angefochtene Bescheid geht davon aus, dass Frau GM den Gewerbebetrieb bereits seit August 2001 auf Basis eines Bestandvertrages mit der L-GmbH betrieben und der Beschwerdeführer, nachdem er das Eigentum am Bestandobjekt erworben hat, mit Frau GM (ab Juli 2003) einen neuen Bestandvertrag abgeschlossen habe. Insbesondere den letztgenannten Bestandvertrag hat die belangte Behörde als Pachtvertrag beurteilt.
Im Verwaltungsakt befinden sich eine Kopie des mit "Mietvertrag" überschriebenen Bestandvertrages vom ; dieser ist zwischen dem Beschwerdeführer als Bestandgeber und der GM-KEG als Bestandnehmerin geschlossen worden. Im Verwaltungsakt befindet sich weiters eine Kopie des am abgeschlossenen, ebenfalls als "Mietvertrag" überschriebenen Bestandvertrages; dieser ist zwischen der L-GmbH als Bestandgeberin und ebenfalls der GM-KEG als Bestandnehmerin abgeschlossen.
Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Haftungsbescheid vorgebracht, er habe einen Mietvertrag mit der GM-KEG geschlossen; es liege kein Pachtverhältnis vor. Auch in der Beschwerde bringt der Beschwerdeführer vor, dass das Bestandverhältnis, das nach seiner Auffassung ein Mietverhältnis (nicht ein Pachtverhältnis sei), zwischen ihm und der GM-KEG bestanden habe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, eine Bescheidbegründung müsse erkennen lassen, welcher als erwiesen angenommene Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt, und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet (vgl. etwa das hg. Erkenntnis , 94/13/0200).
Die Begründung des angefochtenen Bescheides entspricht den beschriebenen Anforderungen an eine Bescheidbegründung nicht. Der angefochtene Bescheid lässt nämlich nicht erkennen, auf Grund welcher Überlegungen die belangte Behörde von einem Vertragsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und Frau GM ausgegangen ist und nicht von dem in der Berufung angesprochenen Vertragsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und einer KEG, zumal sämtliche im Verwaltungsakt einliegenden Vertragskopien Bestandverhältnisse festhalten, bei denen nicht Frau GM, sondern die GM-KEG Bestandnehmerin ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis , 99/15/0171, auf welches gemäß § 43 Abs 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, ausgesprochen, dass im Fall der Weiterverpachtung durch den Pächter (Unterpacht) der am Anfang der Kette stehende Verpächter nicht iSd § 13 Abs 4 VGSG für die Abgabenschulden des Afterpächters haftet. Solcherart erweist es sich als wesentlich, wer unmittelbarer Vertragspartner des Beschwerdeführers gewesen ist.
Der Begründungsmangel hinsichtlich der Vertragsparteien des Bestandvertrages entzieht der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle auch die Beurteilung der belangten Behörde, dass dieser Vertrag in rechtlicher Hinsicht als Pachtvertrag zu beurteilen sei.
Der angefochtene Bescheid ist sohin mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am