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VwGH 06.10.2011, 2011/06/0113

VwGH 06.10.2011, 2011/06/0113

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AVG §8;
BauG Bgld 1997 §21 Abs4;
BauRallg;
RS 1
Das Bgld BauG 1997 enthält weder eine taxative noch eine beispielhafte Aufzählung jener Vorschriften, auf die öffentlichrechtliche Einwendungen der Nachbarn gestützt werden können. Es ist daher jeweils zu prüfen, ob es sich bei den Einwendungen der Anrainer um solche im Sinne des § 21 Abs. 4 leg. cit. handelt (Hinweis E vom , 2000/05/0063, Slg. 15637/A, oder aus jüngerer Zeit das E vom , 2008/05/0080).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2010/06/0030 E RS 1
Normen
AVG §8;
BauG Bgld 1997 §21;
BauRallg;
RS 2
Dem Nachbarn kommt ein Mitspracherecht bezüglich der Gebäudehöhe zu, und zwar soweit er davon betroffen ist, das heißt hinsichtlich der ihm zugewandten Gebäudefronten. Gibt es Bebauungsrichtlinien, kommt dem Nachbarn ein Recht auf Einhaltung der danach zulässigen Gebäudehöhe zu, sowohl was die darin normierten Maximalwerte anlangt als auch die Geschoßanzahl. Ein davon losgelöstes, gleichsam selbständiges Nachbarrecht auf Wahrung schönheitlicher Aspekte wie auch auf Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Ortsbild besteht aber nicht (siehe das hg. E vom , 2010/06/0211). Ein Mitspracherecht dahingehened, ob nach den Bebauungsrichtlinien die Errichtung von Reihenhäusern in einem bestimmten Gebiet zulässig ist, kommt dem Nachbarn nicht zu, da es sich dabei um schönheitliche Aspekte bzw. allenfalls auch um solche der Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Ortsbild handelt.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde der O GenmbH in O, vertreten durch Dr. Gerhard Pail, Rechtsanwalt in 7400 Oberwart, Evangelische Kirchengasse 2, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom , Zl. OW-02-04-100- 2, betreffend eine Bausache (mitbeteiligte Parteien: 1. I D, 2. R D, beide in B, beide vertreten durch Mag. Clemens Schmied, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Rilkeplatz 8), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Burgenland hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Vorgeschichte des Beschwerdefalles ist dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/06/0211, zu entnehmen. Es ging darum, dass die Beschwerdeführerin (Bauwerberin) mit dem am eingebrachten Baugesuch vom die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung von acht Reihenhäusern (in zwei Blöcken zu je vier Objekten) samt Carports und Einfriedungen auf einem Areal im Gemeindegebiet beantragt hatte, das an die G-Straße grenzt. Die Gebäude waren zweigeschossig geplant (Erdgeschoß und erstes Obergeschoß). Der damalige Beschwerdeführer war Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstückes, das sich, seitlich etwas versetzt, auf der anderen Seite der G-Straße befand. Im damaligen Bauverfahren kam es zu insgesamt drei Rechtsgängen vor der Vorstellungsbehörde, die damalige Beschwerde richtete sich gegen die (nach zwei aufhebenden Entscheidungen) dritte, nun abweisliche Entscheidung der belangten Behörde. Strittig war insbesondere die vorgesehene Gebäudehöhe. Der Verwaltungsgerichtshof führte in dem eingangs genannten hg. Erkenntnis vom aus, mangels näherer Festlegungen (Normierung von Maximalwerten hinsichtlich der Höhe oder einer zulässigen Geschoßanzahl) in den Bebauungsrichtlinien (Verordnung des Gemeinderates vom ) sei die zulässige Gebäudehöhe im (damaligen) Beschwerdefall, wie dies durch die Bindungswirkung der aufhebenden Vorstellungsentscheidungen vorgegeben ist, nach den Kriterien des § 3 Abs. 1 lit. c der Bebauungsrichtlinien zu beurteilen, und gelangte zum Ergebnis, dass in der vom Sachverständigen N. umschriebenen Umgebung, von drei Ausnahmen abgesehen, die eingeschossige Bebauung (und die sich daraus ergebende Höhenentwicklung) vorherrschend sei. Das sei der rechtserhebliche Maßstab für die vorzunehmende Beurteilung. Dass das (damalige) Vorhaben diesem Maßstab nicht entspreche, sei evident.

Den Verwaltungsakten ist zu entnehmen, dass die belangte Behörde in Umsetzung dieses hg. Erkenntnisses vom den gemeindebehördlichen Berufungsbescheid aufhob und die Sache an die Gemeinde zurückverwies. In weiterer Folge zog die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom das Baugesuch vom zurück.

Zwischenzeitig war die Beschwerdeführerin mit der am bei der Gemeinde eingebrachten Eingabe vom um die Bewilligung eines geänderten Vorhabens eingekommen (das ist das im nunmehrigen Beschwerdeverfahren maßgebliche Vorhaben). Vorgesehen ist die Errichtung von vier Reihenhäusern in einem Block samt Carports und Einfriedungen. Die Gebäude sind zweigeschossig geplant. Die nunmehrigen Beschwerdeführer sind Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstückes, das sich auf der anderen Seite der G-Straße gegenüber dem Bauplatz befindet (es ist dies nicht das Haus des Nachbarn, der im vorangegangenen Beschwerdeverfahren Beschwerde erhoben hatte). Für das gegenständliche Gebiet gibt es (neue) Bebauungsrichtlinien vom .

In der Bauverhandlung vom legte die Beschwerdeführerin ein Ortsbildgutachten des Arch. DI T. vom vor, das die zusammenfassende Schlussfolgerung enthält, das geplante Objekt sei mit seiner reduzierten architektonischen Gestaltung und in der Proportion als "liegender Quader" (gemäß § 3 lit. c der Bebauungsrichtlinien), seinen im Rahmen befindlichen Gesims-, Traufen- und Firsthöhe und seinen Proportionen und Abmessungen als ortsbildgerecht und ortsüblich in diesem Bereich anzusehen und stehe daher im Einklang mit der Umgebungsbebauung. Negative Auswirkungen jeglicher Art auf das umgebende Ortsbild seien daher nicht gegeben.

Die Erstmitbeteiligte brachte vor, das nun vorgelegte Ortsbildgutachten sei ihr inhaltlich nicht bekannt. Aus dem, was in der Bauverhandlung vorgetragen worden sei, ergebe sich jedoch, dass auch in diesem Gutachten Bauwerke zum Vergleich herangezogen würden, die einerseits weit entfernt vom geplanten Bauwerk stünden und andererseits vor der Erlassung der Bebauungsrichtlinien (gemeint sind jene des Jahres 1999) errichtet worden seien. Diese Bebauungsrichtlinien seien ihres Erachtens im Jahr 1998 beschlossen worden, um Bausünden wie das bekannte Gebäude in der M-Straße künftighin zu vermeiden. Sie erhebe Einwendungen gegen die Bauwerkshöhe, gegen die Anzahl der Geschoße, und gegen die Ausführung als Reihenhausanlage. Das Vorgängerprojekt sei vom Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich wegen einer zu großen Bauwerkshöhe abgelehnt worden.

Auch der Zweitmitbeteiligte wendete ein, die Höhe des nunmehrigen Vorhabens entspreche der Höhe des früher eingebrachten Projekts, das vom Verwaltungsgerichtshof als unzulässig hoch qualifiziert worden sei. Überdies sei die Lage des projektierten Gebäudes am höchsten Punkt der G-Straße zu berücksichtigen und es sei daher nicht vergleichbar mit wesentlich tiefer liegenden Gebäuden in dieser Straße.

Der beigezogene Amtssachverständige führte ergänzend aus, beim nunmehrigen Vorhaben habe sich das Volumen gegenüber dem früheren um 100 % halbiert (gemeint: es sei nur ein Block zu vier Objekten geplant und nicht wie zuvor zwei Blöcke mit je vier Objekten), auf Grund der Änderung des Obergeschoßes in ein ausgebautes Dachgeschoß habe sich die Höhe um 1,30 m (Traufenhöhe) vermindert.

Die Mitbeteiligten brachten in der Folge eine ablehnende Stellungnahme (vom ) zum Gutachten ein.

Der Bürgermeister erteilte mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom die angestrebte Baubewilligung mit einer Reihe von Vorschreibungen und erachtete die Einwände der Mitbeteiligten als unberechtigt. Das von den Beschwerdeführern angezogene Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes habe sich auf ein anderes Projekt und auf eine andere Rechtslage bezogen (Bebauungsrichtlinien vom anstelle der nunmehr geltenden Bebauungsrichtlinien vom ), sodass von einer Bindungswirkung dieser Entscheidung für das nunmehrige Bauvorhaben (mit wesentlichen Projektänderungen hinsichtlich Bauvolumen und Bauform) nicht gesprochen werden könne. Auf Grund des Gutachtens vom könne hier vielmehr davon ausgegangen werden, dass das Bauvorhaben bewilligungsfähig sei.

Die Mitbeteiligten erhoben Berufung, die mit Bescheid des Gemeinderates vom als unbegründet abgewiesen wurde. Zusammengefasst schloss sich die Berufungsbehörde der Beurteilung der Behörde erster Instanz an.

Die Mitbeteiligten erhoben Vorstellung.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Vorstellung Folge gegeben, den bekämpften Berufungsbescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurückverwiesen.

Nach Darstellung des Verfahrensganges (und des wesentlichen Inhaltes des Ortsbildgutachtens vom , in dem 20 Häuser beschrieben sind) führte die belangte Behörde zunächst aus, die Mitbeteiligten seien nicht im Sinne des § 42 AVG präkludiert, weil die Ladung/Kundmachung zur Bauverhandlung nicht auf den Verlust der Parteistellung hingewiesen habe (Anmerkung: die Ladung/Kundmachung hatte eine Rechtsbelehrung im Sinne des § 42 AVG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 enthalten).

Den Mitbeteiligten komme ein Recht auf Einhaltung der nach den Bebauungsrichtlinien zulässigen Gebäudehöhe zu, dies auch hinsichtlich der Geschoßanzahl.

§ 3 der Bebauungsrichtlinien vom beziehe sich auf die Gebäudehöhe und äußere Gestaltung der Bauten. Bezogen auf das hier gegenständliche Gebiet seien einfache und klare Bauformen auszuführen. Sie seien in Form liegender Quader oder einer Kombination davon auszuführen und müssten sich in ihrer Proportion den umliegenden Gebäuden anpassen.

Mangels näherer Festlegungen in dieser Bestimmung sei die zulässige Gebäudehöhe im Beschwerdefall nach den "umliegenden Gebäuden" (im Original unter Anführungszeichen) zu beurteilen. Die Beurteilung, ob ein geplantes Bauvorhaben zur bestehenden Bebauung in einem auffallenden Widerspruch stehe, erfordere konkrete Feststellungen zunächst über die Grenzen des Bezugsbereiches (Abgrenzung des Gebietes, das als Maßstab herangezogen werden soll) und sodann die Aufnahme der vorhandenen Baubestände innerhalb dieses Bereiches. Hierbei seien alle diejenigen Liegenschaften zu berücksichtigen, die nach der tatsächlich vorherrschenden Bebauung ein zusammenhängendes Ganzes bildeten, das sich dem äußeren Eindruck nach von den angrenzenden Gebieten abhebe. Dem Gutachten vom könnten diese Kriterien nicht entnommen werden. Die Grenzen des Bezugsgebietes seien nicht genau bestimmt. Das Gutachten spreche einmal von einer Umgebung von ca. 150 m bis 200 m und ein anderes Mal von einem Umkreis bis ca. 200 m. Es sei auch fraglich, ob die (im Gutachten) genannten Gemeindestraßen zur Gänze oder nur bestimmte Abschnitte dieser Gemeindestraßen zum Bezugsgebiet gehören sollten. Weiters sei nicht die gesamte Bebauung entlang dieser Gemeindestraßen erhoben worden (beispielsweise fehlten Erhebungen zu näher bezeichneten Grundstücken). Somit könne auch nicht die vorherrschende Bebauung festgestellt werden. "Das Gutachten nenne die geplanten Reihenhäuer eine Alternative."

Da der Gemeinderat schon diesen Umstand (mangelhaftes Gutachten) verkannt habe, habe er den bekämpften Berufungsbescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Unabhängig davon verstoße das gegenständliche Bauvorhaben (aus einem anderen Grund) gegen § 3 Abs. 1 lit. c der Bebauungsrichtlinien vom . Das Bauvorhaben sei als zweigeschossig zu werten (wird näher ausgeführt) und habe eine Giebelhöhe von 7,77 m. Im Jahr 2000 habe dieselbe Bauwerberin die Errichtung eines Gebäudes mit dem gleichen Verwendungszweck auf dem gleichen Baugrundstück geplant. Auch dieses Gebäude sollte ebenfalls zwei Geschoße umfassen und eine Giebelhöhe von 7,85 m aufweisen. Die maßgebliche Rechtslage habe sich seither nicht verändert. § 3 Abs. 1 lit. c der nunmehrigen Bebauungsrichtlinien entspreche dem § 3 Abs. 1 lit. c der früheren Bebauungsrichtlinien. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom ausgeführt, dass im gegenständlichen Baubereich, von drei Ausnahmen abgesehen, die eingeschossige Bebauung (und die sich daraus ergebende Höhenentwicklung) vorherrschend sei. Dies sei der rechtserhebliche Maßstab für die vorzunehmende Beurteilung. Dass das Vorhaben diesem Maßstab nicht entspreche, sei evident.

Da der nunmehrige Fall sowohl hinsichtlich der Gebäudehöhe als auch hinsichtlich der dazu zu beantwortenden Rechtsfragen dem früheren Fall gleiche, sei erwiesen, dass der bekämpfte Berufungsbescheid mit der Rechtslage nicht im Einklang stehe.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet; angesprochen wird die Zuerkennung des Aufwandersatzes. Die mitbeteiligten Nachbarn haben in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt weiterhin auch für den Nachbarn, der i.S. des § 42 AVG idF seit der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 die Parteistellung behalten hat.

Im Beschwerdefall ist das Burgenländische Baugesetz 1997, LGBl. Nr. 10/1998 (Bgld. BauG), idF LGBl. Nr. 7/2010 anzuwenden.

§ 21 BauG lautet auszugsweise:

"§ 21.

Parteien

(1) Parteien im Bauverfahren sind

1.

der Bauwerber,

2.

der Grundeigentümer bzw. die Miteigentümer, wenn der Bauwerber nicht Alleineigentümer ist, sowie

3. die Eigentümer jener Grundstücke, die von den Fronten des Baues weniger als 15 m entfernt sind (Nachbarn).

(2) Ein Nachbar kann gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, dass er durch das Vorhaben in seinen Rechten verletzt wird.

(3) Ist das Recht, dessen Verletzung behauptet wird, im Privatrecht begründet (privatrechtliche Einwendung), so hat die Baubehörde einen gütlichen Ausgleich zu versuchen. Kommt eine Einigung zu Stande, ist sie in der Verhandlungsschrift festzuhalten und im Bescheid darauf hinzuweisen; kommt keine Einigung zu Stande, sind die streitenden Parteien hinsichtlich dieser Einwendung auf den Rechtsweg zu verweisen. Dies ist unter Anführung der Einwendung in der Verhandlungsschrift und im Bescheid ausdrücklich anzuführen.

(4) Wird die Verletzung von Vorschriften dieses Gesetzes oder von sonstigen bau- und raumplanungsrechtlichen Vorschriften (zB Bauverordnung, Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan, Bebauungsrichtlinien) behauptet, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse des Nachbarn dienen (öffentlichrechtliche Einwendung), hat die Baubehörde hierüber im Bescheid zu erkennen und gegebenenfalls die Baubewilligung zu versagen oder die Einwendung als unbegründet abzuweisen und die Baubewilligung zu erteilen.

(5) Andere Einwendungen sind als unzulässig zurückzuweisen.

(6) ... "

Für das betreffende Gebiet gibt es Bebauungsrichtlinien (Verordnung des Gemeinderates vom , kundgemacht durch Anschlag; angeschlagen am 16., abgenommen am ; nach den Übergangsbestimmungen traten mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung die früheren Bebauungsrichtlinien vom außer Kraft).

Nach § 2 Abs. 1 dieser Verordnung sind an Bebauungsweisen die geschlossene, die halboffene und die offene Bebauung zulässig. Abs. 2 dieses Paragraphen trifft nähere Bestimmungen zur Anzahl der Geschoße, Abs. 3 zur Bebauungsdichte. Nach Abs. 2 beträgt die zulässige Anzahl der Geschoße, soweit im Beschwerdefall relevant, drei.

§ 3 der Verordnung, überschrieben mit "Gebäudehöhe und äußere Gestaltung der Bauten", enthält in seinem Abs. 1 Bestimmungen zu den "Bauformen". Nach Abs. 1 lit. c leg. cit. sind im hier gegenständlichen Gebiet "einfache und klare Bauformen auszuführen. In den Gebieten mit festgelegter offener oder halboffener Bauweise sind sie in Form liegender Quader oder einer Kombination davon auszuführen und haben sich in ihrer Proportion der umgebenden Bebauung anzupassen".

Nach § 4 Abs. 1 der Verordnung sind Trauf-, Gesims- und Sockelhöhen den Höhen der Nachbargebäude anzupassen.

Das Bgld. BauG enthält weder eine taxative noch eine beispielhafte Aufzählung jener Vorschriften, auf die öffentlichrechtliche Einwendungen der Nachbarn gestützt werden können. Es ist daher jeweils zu prüfen, ob es sich bei den Einwendungen der Anrainer um solche im Sinne des § 21 Abs. 4 leg. cit. handelt (siehe dazu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/05/0063, Slg. 15637/A, oder aus jüngerer Zeit das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/06/0074, mwN.).

Die Mitbeteiligten wenden in ihrer Gegenschrift ein, die Beschwerde eigne sich schon deshalb nicht zur Behandlung durch den Verwaltungsgerichtshof, weil ihr die Einwendung der entschiedenen Sache entgegenstehe. So habe die Beschwerdeführerin auf demselben Grundstück ein beinahe identisches Bauprojekt zur Errichtung von Reihenhäusern eingereicht, das vom Verwaltungsgerichtshof mit dem Vorerkenntnis vom aus dem Gesichtspunkt der vorherrschenden Bebauungsweise und der daraus resultierenden Höhenentwicklung als rechtswidrig erachtet worden sei. Allein die Tatsache, dass das nunmehrige Projekt auf die Hälfte reduziert worden sei (demnach nunmehr vier statt acht Reihenhäuser errichtet werden sollten, und die Giebelhöhe von 7,86 m auf 7,77 m reduziert worden sei, die Gesamtfirsthöhe allerdings erhöht worden sei) ändere nichts an der Unzulässigkeit des Bauvorhabens, das im Übrigen beinahe vollständig seinem Vorgängerprojekt entspreche.

Entgegen der Auffassung der Mitbeteiligten liegt das Prozesshindernis der entschiedenen Sache nicht vor. Dies könnte dann der Fall sein, wenn das frühere Baugesuch rechtskräftig abgewiesen worden wäre, wofür es aber keine Hinweise gibt, zumal die Beschwerdeführerin den Baubewilligungsantrag zurückgezogen hat. Vom Prozesshindernis der entschiedenen Sache ist aber die Frage zu unterscheiden, ob auf Grund der nunmehr gegebenen Sach- und Rechtslage für die Beschwerdeführerin eine günstigere Beurteilung (als im Fall des Vorerkenntnisses) zu erzielen ist.

Wie schon im Vorerkenntnis vom dargelegt, kommt dem Nachbarn ein Mitspracherecht bezüglich der Gebäudehöhe zu, und zwar soweit er davon betroffen ist, das heißt hinsichtlich der ihm zugewandten Gebäudefronten. Gibt es Bebauungsrichtlinien, kommt dem Nachbarn ein Recht auf Einhaltung der danach zulässigen Gebäudehöhe zu, sowohl was die darin normierten Maximalwerte anlangt als auch die Geschoßanzahl. Ein davon losgelöstes, gleichsam selbständiges Nachbarrecht auf Wahrung schönheitlicher Aspekte wie auch auf Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Ortsbild besteht aber nicht (siehe dazu das zuvor genannte hg. Erkenntnis).

Den Mitbeteiligten als Nachbarn kommt zwar, wie dargelegt, ein Mitspracherecht zur zulässigen Geschoßanzahl wie auch zur Gebäudehöhe zu, nicht aber auch zur Frage, ob nach den Bebauungsrichtlinien die Errichtung von Reihenhäusern in diesem Gebiet zulässig ist, weil es sich dabei um schönheitliche Aspekte bzw. allenfalls auch um solche der Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Ortsbild handelt.

Das Vorerkenntnis erging auf Grundlage der Bebauungsrichtlinien vom , wobei überdies die Bindungswirkung der tragenden Aufhebungsgründe der beiden früheren Vorstellungsentscheidungen vom und zu beachten war. Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat der Verwaltungsgerichtshof auf Grundlage der damals vorliegenden Gutachten das damalige Vorhaben auf Grund seiner Zweigeschossigkeit und der damit verbundenen Höhenentwicklung als rechtswidrig erachtet.

Anders als die früheren Bebauungsrichtlinien normieren die nunmehrigen Bebauungsrichtlinien vom eine zulässige Geschoßanzahl; im betreffenden Gebiet sind - grundsätzlich - drei Geschoße zulässig. Dass das nunmehrige Vorhaben diesen Vorgaben nicht entspräche, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht behauptet.

Um allerdings drei oder auch zwei Geschoße realisieren zu können, bedarf es einer gewissen Höhenentwicklung des Gebäudes. Dies ist im Beschwerdefall nach § 3 Abs. 1 lit. c und § 4 Abs. 1 der nunmehrigen Bebauungsrichtlinien zu beurteilen, wobei sich § 3 Abs. 1 lit. c der nunmehrigen Richtlinien ("Gebäudehöhe und äußere Gestaltung der Bauten") inhaltlich nicht von § 3 Abs. 1 lit. c der früheren Richtlinien unterscheidet.

Die Zulässigkeit der projektierten Gebäudehöhe (zum Begriff "Gebäudehöhe" vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2010/06/0030, und vom , Zl. 2010/06/0074) ist im Beschwerdefall nach den Kriterien des § 3 Abs. 1 lit. c der nunmehrigen Bebauungsrichtlinien zu beurteilen. Kein Kriterium im Sinne dieser Bestimmung ist allerdings die von den Mitbeteiligten in ihrer Gegenschrift ins Spiel gebrachte "Kuppenlage" des Vorhabens (gemeint ist sichtlich, dass die projektierten vier Reihenhäuser dadurch höher wirken).

Ob die projektierten Gebäudehöhen im Einklang mit der umgebenden Bebauung stehen ("Anpassen" im Sinne des § 3 Abs. 1 lit. c der Bebauungsrichtlinien) ist (naturgemäß) unter Bedachtnahme auf die "umgebende Bebauung" zu beurteilen. Es kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie eine Erweiterung des von der Beschwerdeführerin vorgelegten (Privat-)Gutachtens auch um weitere Gebäude in der Nähe verlangt, das vorgelegte Gutachten als unzureichend erachtet (wobei die Mitbeteiligten hiezu vortragen, das Gutachten erfasse speziell besonders hohe Gebäude) und eine Klarstellung des Umfanges des Untersuchungsgebietes vermisst hat.

Unzutreffend hingegen sind die weiteren Ausführungen der belangten Behörde, soweit sie (abschließend) die Auffassung vertrat, der nunmehrige Fall gleiche jenem des Vorerkenntnisses, sodass erwiesen sei, dass der Berufungsbescheid mit der Rechtslage nicht im Einklang stehe. Die Begründung des angefochtenen Bescheides ist in diesem Zusammenhang insofern unstimmig, als die belangte Behörde einerseits die Verfahrensergebnisse in Bezug auf die Ermittlung der Gebäudehöhe als unzureichend, andererseits sichtlich als ausreichend erachtet hat, um zur Beurteilung zu gelangen, es sei erwiesen, dass das Vorhaben mit der Rechtslage nicht im Einklang stehe. Auch hat sie in diesem Zusammenhang wesentlich auf die Anzahl der projektierten Geschoße abgestellt. Sie hat dabei aber verkannt, dass die projektierte Anzahl der Geschoße nunmehr grundsätzlich zulässig ist, wenngleich es, wie dargelegt, unabhängig davon auf die zulässige Gebäudehöhe ankommt. Da es sich dabei um einen tragenden Aufhebungsgrund handelt und tragenden Aufhebungsgründen für das fortgesetzte Verfahren Bindungswirkung zukommt, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Für das fortgesetzte Verfahren wird im Übrigen bemerkt:

Werden nicht nach Maßgabe des § 52 AVG Amtssachverständige oder von der Behörde bestellte sonstige Sachverständige herangezogen, sondern Gutachten anderer Sachverständiger ("Privatgutachten") von einer Partei vorgelegt, so sind diese einer Überprüfung durch Sachverständige im Sinne des § 52 AVG zu unterziehen, wobei gegebenenfalls dann aber nicht noch ein (zusätzliches) Gutachten eines Sachverständigen im Sinne des § 52 AVG notwendig ist (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/06/0237, unter Hinweis auf Vorjudikatur). Eine solche Überprüfung ist im Beschwerdefall aber nicht erfolgt.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

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Normen
AVG §8;
BauG Bgld 1997 §21 Abs4;
BauG Bgld 1997 §21;
BauRallg;
Schlagworte
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche
Rechte, Gebäudehöhe BauRallg5/1/5
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche
Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte
begründen BauRallg5/1/9
Baurecht Nachbar
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche
Rechte BauRallg5/1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2011:2011060113.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
AAAAE-85046