Suchen Hilfe
VwGH vom 18.03.2010, 2008/22/0627

VwGH vom 18.03.2010, 2008/22/0627

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der I, vertreten durch Dr. Michael Drexler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hörlgasse 4/5, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 146.505/2-III/4/06, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin vom auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung (zwecks Familienzusammenführung mit ihrer Adoptivmutter) gemäß §§ 47 Abs. 3, 11 Abs. 2 Z 4 und Abs. 5 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Bei dieser Entscheidung ging sie davon aus, dass sich die Beschwerdeführerin seit ihrer Einreise mit einem Visum C am im Inland aufhalte. Sie habe einen Asylantrag gestellt, der nach Zurückziehung einer Berufung "rechtskräftig negativ abgeschlossen worden ist". Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom sei die Adoption der Beschwerdeführerin durch eine österreichische Staatsbürgerin genehmigt worden. Der Ehemann der Beschwerdeführerin sei seit in Österreich wohnhaft und verfüge über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz (1997). Die Kinder seien am und im Inland geboren worden und würden ebenfalls über eine vorläufige asylrechtliche Aufenthaltsberechtigung verfügen.

Die Beschwerdeführerin - so die belangte Behörde weiter - gehöre wegen ihrer bereits eingetretenen Volljährigkeit nicht mehr zur Kernfamilie, weshalb für sie nur der Aufenthaltstitel "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" in Betracht komme. Es lägen jedoch die in § 47 Abs. 3 NAG taxativ aufgezählten Voraussetzungen nicht vor, weshalb der Beschwerdeführerin kein Aufenthaltstitel erteilt werden könne. Auch habe die Adoptivmutter - die im Übrigen nicht über ausreichendes Einkommen verfüge - entgegen dieser Bestimmung keine Haftungserklärung abgegeben.

Den öffentlichen Interessen müsse gegenüber den privaten Interessen der Beschwerdeführerin im Sinne des Art. 8 EMRK an einem Aufenthalt in Österreich "absolute Priorität" eingeräumt werden, weil die Beschwerdeführerin keinen ausreichenden Nachweis über die Sicherung ihres Lebensunterhaltes erbracht habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage samt Gegenschrift seitens der belangten Behörde erwogen:

Die Beschwerdeführerin bringt vor, sie habe den Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nach dem Fremdengesetz 1997 eingebracht und die Behörde habe die Bearbeitung absichtlich so lange hinausgezögert, bis das neue Gesetz in Kraft getreten sei. Durch eine Falschinformation habe sie ihr Recht auf Asyl verloren und sie sei um ein Aufenthaltsrecht im Inland gebracht worden. Auf Grund der Gesetzesänderung sei es ihr nicht mehr möglich, eine Niederlassungsbewilligung "in dieser Form" zu erhalten. Ihr Recht, mit ihrer Adoptivmutter zusammenzuleben, sei "nach internationalem Recht stärker zu gewichten als etwaiges nationales Recht". Die auf Grund des NAG zuständige Behörde hätte "den Rechtsfall dahingehend berücksichtigen müssen, dass in jedem Fall mir eine Niederlassungsbewilligung ausgestellt hätte werden müssen". Durch die belangte Behörde werde eine völlig andere Begründung herangezogen, die auf Grund der beschriebenen Vorgeschichte rechtlich verfehlt sei.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Zunächst ist festzuhalten, dass das NAG (in verfassungskonformer Weise) kein Rückwirkungsverbot in dem Sinn enthält, dass Sachverhalte, die sich vor dem ereignet haben, in die Beurteilung von Tatbeständen des NAG nicht einbezogen werden dürften (vgl. für viele etwa das hg. Erkenntnis vom , 2008/22/0863). Im Blick auf den maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides ist hier das NAG idF BGBl. I Nr. 99/2006 anzuwenden. Das behauptete Zuwarten durch die Behörde hat vorliegend keinerlei Relevanz.

Die Beschwerdeführerin gesteht zu, dass sie als volljährige Adoptivtochter einer österreichischen Staatsbürgerin nur im Rahmen des § 47 Abs. 3 NAG eine Niederlassungsbewilligung als Angehörige erlangen könnte, die dort genannten Voraussetzungen jedoch nicht erfüllt sind.

Der Beschwerdehinweis auf Gemeinschaftsrecht geht schon deswegen ins Leere, weil in keiner Weise behauptet wird, dass die Adoptivmutter der Beschwerdeführerin ihr Freizügigkeitsrecht in Anspruch genommen habe.

Auch der Hinweis auf Art. 8 EMRK führt die Beschwerde nicht zum Erfolg. Gemäß § 11 Abs. 3 NAG kann zwar ein Aufenthaltstitel trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 6 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist. Im vorliegenden Fall fehlt es jedoch nicht an einer in § 11 Abs. 2 Z 1 bis 6 NAG genannten Voraussetzung, sondern an einer besonderen Erteilungsvoraussetzung des § 47 Abs. 3 leg. cit. Es ist weder gesetzlich gedeckt noch zur Durchsetzung eines aus Art. 8 EMRK resultierenden Anspruchs geboten, eine Prüfung im Sinn des § 11 Abs. 3 NAG auch dann vorzunehmen, wenn ein Aufenthaltstitel wegen des Fehlens besonderer Erteilungsvoraussetzungen versagt werden muss (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2009/22/0169).

Die belangte Behörde hat somit den Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung als Angehöriger zu Recht abgewiesen.

Ob im Blick auf die asylrechtlichen vorläufigen Aufenthaltsberechtigungen des Ehemannes und der Kinder der Beschwerdeführerin eine Ausweisung zulässig wäre, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu beurteilen.

Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
QAAAE-85045