VwGH vom 25.07.2013, 2013/15/0156
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde des Finanzamtes St. Johann Tamsweg Zell am See in 5600 St. Johann im Pongau, Hans Kappacher-Straße 14, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom , Zl. RV/0185-S/12, betreffend Sicherstellungsauftrag gemäß § 232 BAO (mitbeteiligte Partei: Ing. R in N), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Mit Bescheid vom ordnete das Finanzamt die Sicherstellung gemäß § 232 BAO von Abgabenansprüchen in Höhe von insgesamt 1,494.087,03 EUR in das Vermögen des Mitbeteiligten an. Der Bescheid erging an den Mitbeteiligten und betraf im Einzelnen angeführte Abgaben der M GmbH einerseits sowie der A GmbH andererseits.
Begründend stützte sich das Finanzamt auf Feststellungen, die im Zuge einer laufenden Außenprüfung bei den genannten Gesellschaften getroffen worden waren. Der Mitbeteiligte sei bis Ende September 2010 handelsrechtlicher Geschäftsführer der M GmbH und bis Ende Jänner 2010 Geschäftsführer der A GmbH gewesen, habe aber auch nach der Zurücklegung der Geschäftsführerfunktion tatsächlich die Geschäfte weiter geführt. Er sei die de facto bestimmende Person bei Entscheidungen in allen geschäftlichen Belangen gewesen. Gegen den Mitbeteiligten werde von der Staatsanwaltschaft S ein Finanzstrafverfahren wegen gewerbsmäßiger Abgabenhinterziehung geführt, hinsichtlich der Gesellschaften sei ein Finanzstrafverfahren nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz anhängig.
Die Einbringung der Abgaben erscheine gefährdet, weil der Mitbeteiligte kurz vor der Übertragung der Gesellschaften an andere Personen näher dargestellte Handlungen gesetzt habe.
Der Mitbeteiligte sei - wie näher dargestellt - nicht in der Lage, aus seinen laufenden Einkünften allfällige Haftungen aus den Ergebnissen der Betriebsprüfungen zu bedecken. Schließlich stellten die wiederholten Firmensitz- und Wohnsitzwechsel ein Indiz für eine wesentliche Erschwerung der Abgabeneinbringung dar. Bei den angegebenen Adressen in H handle es sich nach den Erhebungen des Finanzamtes um reine Bürogebäude, die vom Mitbeteiligten als Briefkastenadresse benutzt würden.
Der dagegen vom Mitbeteiligten erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid Folge.
Der Sicherstellungsauftrag sei vom Finanzamt St. Johann Tamsweg Zell am See erlassen und von der Vorständin dieses Finanzamtes approbiert worden. Als bescheiderlassende Behörde sei das FA St. Johann Tamsweg Zell am See angeführt, am Bescheid finde sich aber nicht die diesem Finanzamt zugeordnete FA-Nr. "90", sondern die FA-Nr. "93" und die Steuernummer "nnn/nnnn". Die FA-Nr. "93" stehe für das FA Salzburg-Land. Bei der angeführten Steuernummer handle es sich um eine Steuernummer des FA Salzburg-Land.
Grundsätzlich stelle die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages eine Maßnahme der Abgabeneinhebung dar. Die Zuständigkeit für dessen Erlassung liege dementsprechend bei dem für die Einhebung der Abgaben zuständigen Finanzamt. Im Beschwerdefall seien die M GmbH und die A GmbH im Bereich des Finanzamtes St. Johann Tamsweg Zell am See ansässig, sodass dieses Finanzamt gemäß § 21 AVOG 2010 für die Erhebung der Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer und der Abzugssteuern zuständig sei. Gemäß § 49 Abs. 2 BAO seien unter Erhebung alle der Durchführung der Abgabenvorschriften dienenden abgabenbehördlichen Maßnahmen zu verstehen. Zu diesen Maßnahmen gehörten alle der Durchsetzung von Abgabenansprüchen dienenden Maßnahmen, die die Ermittlung, Festsetzung, Einhebung und zwangsweise Einbringung zum Ziel hätten. Diese Zuständigkeit gelte auch für den Fall, dass der Geschäftsführer einer GmbH als Haftender gemäß §§ 9, 80 BAO in Anspruch genommen werde.
Aus der Aktenlage ergebe sich, dass der Mitbeteiligte im November 2011 offiziell seinen Wohnsitz nach H verlegt habe. Sein Einkommensteuerakt sei gemäß § 50 BAO an das FA Salzburg-Land übertragen worden. Die Feststellungen, wonach es sich beim angeblichen Wohnsitz um ein zum Wohnen nicht geeignetes Bürogebäude gehandelt habe, seien erst am im Zuge finanzstrafrechtlicher Ermittlungen nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides getroffen worden.
Für die belangte Behörde stelle sich die Sachlage so dar, dass auf Grund der Prüfungsfeststellungen der begründete Verdacht bestünde, dass der Mitbeteiligte als handelsrechtlicher Geschäftsführer bzw. faktischer Machthaber der M GmbH und der A GmbH gewerbsmäßige Abgabenhinterziehungen gemäß § 33 Abs. 1 iVm § 38 Abs. 1 FinStrG begangen habe. Diesbezüglich sei ein gerichtliches Finanzstrafverfahren anhängig. Einstellungsanträge des Mitbeteiligten seien im Instanzenzug abgewiesen worden. Entgegen dem Berufungsvorbringen seien hinreichende Anhaltspunkte gegeben, die die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages stützen könnten.
Die belangte Behörde sehe den bekämpften Sicherstellungsauftrag allerdings mit formalen Mängeln behaftet. Aus der Bezeichnung der Behörde, der angeführten Finanzamtsnummer und der Steuernummer ergäben sich Widersprüche, die auch im Auslegungsweg nicht ausgeräumt werden könnten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestünden bei der Bezeichnung der Behörde strenge formelle Regeln, deren Verletzung einen Bescheid - ungeachtet seiner inhaltlichen Richtigkeit - unwirksam machten.
Der Berufung sei daher aus formalen Gründen Folge zu geben und der Sicherstellungsbescheid vom aufzuheben.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vom Finanzamt St. Johann Tamsweg Zell am See erhobene Beschwerde gemäß § 292 BAO, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 96 BAO müssen alle schriftlichen Ausfertigungen der Abgabenbehörden die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat.
Dem Erfordernis der Bezeichnung der Behörde ist Rechnung getragen, wenn - nach objektiven Gesichtspunkten für jedermann, also unabhängig von der subjektiven Kenntnis des Adressaten des Schriftstückes - erkennbar ist, von welcher Behörde die Erledigung erlassen wurde. Fehlt die Bezeichnung der Behörde und enthält die Ausfertigung keinerlei Anhaltspunkte dafür, von welcher Behörde die Erledigung ausgeht, so liegt keine wirksame amtliche Erledigung vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2002/16/0231, sowie mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung Ritz , BAO4, § 96 Tz 2).
Im Beschwerdefall scheint im Kopf des Sicherstellungsauftrages das Finanzamt im vollen Wortlaut gemäß § 4 Abs. 1 AVOG 2010 - DV samt Anschrift auf. Der Sicherstellungsauftrag ist von der Vorständin eben dieses Finanzamtes (unter Namensbeisetzung in Maschinenschrift) unterfertigt. Damit ist für jedermann erkennbar, welcher Behörde der Bescheid zuzurechnen ist.
Zweifel, welches Finanzamt den Sicherstellungsauftrag erlassen hatte, hegte auch der Mitbeteiligte nicht, wenn er in der Eingabe vom u.a. rügte, das FA St. Johann Tamsweg Zell am See habe eine Zuständigkeit beansprucht, die ausschließlich dem FA Salzburg-Land zugekommen wäre.
Dass auf dem Sicherstellungsauftrag auch die Finanzamtsnummer und die Steuernummer angeführt sind, unter der der Mitbeteiligte beim (tatsächlichen oder vermeintlichen) Wohnsitzfinanzamt Salzburg-Land steuerlich erfasst ist, stellt entgegen der Ansicht der belangten Behörde keine widersprüchliche Behördenbezeichnung dar. Indem die belangte Behörde diesen Vermerk zum Anlass einer ersatzlosen Behebung des erstinstanzlichen Sicherstellungsauftrages genommen hat, hat sie die Rechtslage verkannt.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Wien, am