VwGH vom 24.01.2013, 2011/06/0098
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und den Hofrat Dr. Waldstätten, die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Merl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde des E J in V, vertreten durch Dr. Ulrich Suppan und Mag. Robert Suppan, Rechtsanwälte in 9300 St. Veit/Glan, Grabenstraße 1a, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , Zl. 7-B-BRM-1281/5/2011, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde V), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Grundstücks 268/17 der KG V. Anlässlich einer baupolizeilichen Überprüfung am wurde durch die Baubehörde festgestellt, dass auf diesem Grundstück ein Autounterstellplatz mit einer Länge von 8,50 m und einer Tiefe von 3,40 m errichtet worden war. Der Dachvorsprung des Autounterstellplatzes in Richtung Westen beträgt ca. 70 cm, sodass die gesamte Tiefe ca. 4,10 m aufweist. Die Höhe des Autounterstellplatzes beträgt 2,70 m. Er wurde unmittelbar an der östlichen Grundgrenze ausgeführt. Laut Verwaltungsakten handelt es sich dabei um eine offene Holzkonstruktion, die nordseitig unmittelbar an das bestehende Wohnhaus und südseitig an das auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an der Grundstücksgrenze befindliche Nebengebäude angebaut ist. Das Grundstück ist als "Bauland-Kurgebiet" ausgewiesen.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, innerhalb einer Frist von zwei Monaten den rechtmäßigen Zustand durch Abbruch des Autounterstellplatzes herzustellen. Begründend wurde unter Hinweis auf § 36 Abs. 1 Kärntner Bauordnung 1996 (Kärntner BO) ausgeführt, die Möglichkeit, nachträglich die Baubewilligung zu beantragen, dürfe nicht eingeräumt werden, wenn der Flächenwidmungsplan oder die Bestimmungen des Bebauungsplanes der Erteilung der Baubewilligung entgegenstünden. Das gegenständliche Grundstück sei im Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Marktgemeinde als "Bauland-Kurgebiet" ausgewiesen. Außerdem sei das Grundstück von den Bestimmungen des Teilbebauungsplanes V. Zentrum III (in der Folge: Bebauungsplan) erfasst. In diesem seien unter anderem die Baulinien geregelt. Das seien jene Grenzlinien eines Baugrundstückes, innerhalb welcher Gebäude errichtet werden dürften. In § 9 Abs. 4 des Bebauungsplanes werde darauf hingewiesen, dass die seitlichen Abstände gemäß den §§ 5 ff der Kärntner Bauvorschriften (K-BV) geregelt würden. Gemäß § 5 Abs. 1 K-BV sei für jede Außenwand eines oberirdischen Gebäudes die Abstandsfläche zu ermitteln; dafür sei gemäß § 5 Abs. 2 K-BV ein Mindestmaß von 3 m anzunehmen. Die vorgenommene Situierung stehe daher im Widerspruch zu § 5 Abs. 2 K-BV und § 9 des Bebauungsplanes, sodass die Möglichkeit, nachträglich die Baubewilligung zu beantragen, nicht habe eingeräumt werden können.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung vom und brachte darin vor, der überdachte Abstellplatz sei - in Absprache mit der örtlichen Baubehörde - bereits vor zehn Jahren errichtet worden. Ihm sei unverständlich, weshalb ihn damals niemand auf eine Baubewilligungspflicht aufmerksam gemacht habe. Die Baubehörde hätte gemäß § 36 Abs. 1 K-VO einen Alternativauftrag erlassen müssen. Im Bescheid werde einerseits auf den Bebauungsplan und andererseits auf die Abstandsregelung des § 5 Abs. 1 K-BV verwiesen. Es könnten nicht die Abstandsregelung der K-BV sowie die Bestimmungen des Bebauungsplanes angewendet werden, zumal die Mindestabstände bereits durch bestehende Objekte unterschritten würden. Das Wohnprojekt des Beschwerdeführers und das Nebengebäude seines Nachbarn seien vor Erlassung des Bebauungsplanes errichtet worden. Bestimmungen über eine bestehende Grenzbebauung fehlten. In § 3 des Bebauungsplanes sei jedoch eindeutig geregelt, wie die Behörde bei bereits bebauten Grundstücken, bei denen die Geschoßflächenzahl bereits überschritten sei, vorzugehen habe.
Aufgrund seines Beschlusses vom wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde die Berufung mit Bescheid vom als unbegründet ab. Es sei nicht richtig, dass der überdachte Abstellplatz in Absprache mit der örtlichen Baubehörde errichtet worden sei. Die Abstandsfläche sei auf den gesetzlichen Mindestabstand von 3 m festzulegen. Dem Hinweis des Beschwerdeführers, das Wohnobjekt und das Nebengebäude des Nachbarn seien bereits vor Erlassung des Bebauungsplanes errichtet worden, weshalb Bestimmungen über eine bestehende Grenzbebauung fehlten, sei zu entgegnen, dass die bestehenden Objekte nicht Gegenstand des Bescheides seien. Der Autoabstellplatz des Beschwerdeführers sei konsenslos errichtet worden.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung an die Kärntner Landesregierung und brachte darin insbesondere vor, die Voraussetzungen des § 9 K-BV, wonach die Tiefe der Abstandsflächen zu verringern und dies baubehördlich dementsprechend zu berücksichtigen sei, seien gegeben. Die Fläche sei als Baufläche gewidmet, daher stünden der Erteilung einer Baubewilligung weder der Flächenwidmungs- noch der Bebauungsplan entgegen. Die Behörde wäre gemäß § 36 K-BO 1996 verpflichtet gewesen, einen Alternativauftrag in der Form zu erteilen, dass innerhalb einer angemessenen Frist um Erteilung einer Baubewilligung angesucht werden dürfe. Der überdachte Autoabstellplatz habe bereits seit sieben Jahren Bestand und sei im Konsens mit der Behörde errichtet worden.
Im Zuge des Vorstellungsverfahrens wurde ein bautechnisches Gutachten eingeholt, welches sämtlichen Parteien zur Kenntnis gebracht und diesen Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt wurde. In seiner Stellungnahme vom führte der Beschwerdeführer u.a. aus, der baubehördliche Amtssachverständige sei lediglich auf die §§ 5 und 9 des Bebauungsplanes sowie auf § 5 K-BV eingegangen. Dabei sei übersehen worden, dass gemäß § 3 Z 7 des Bebauungsplanes bezüglich der baulichen Ausnutzung eines Baugrundstückes bauliche Maßnahmen ohne Verringerung der Geschoßfläche zulässig seien, wenn ein Baugrundstück bereits bebaut sei und die bauliche Ausnutzung bereits überschritten worden sei. § 9 K-BV hebe § 5 K-BV auf.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab. Dies begründete sie im Wesentlichen damit, dass die Möglichkeit zur nachträglichen Antragstellung iSd § 36 Abs. 1 K-BO dann nicht einzuräumen sei, wenn u.a. der Bebauungsplan der Erteilung der Baubewilligung entgegenstehe. Die Bestimmung des § 9 Z. 4 des Bebauungsplanes verweise im konkreten Fall auf die Bestimmungen der K-BV. § 3 des Bebauungsplanes regle die bauliche Ausnutzung (ausgedrückt durch die Geschoßflächenzahl) eines Grundstückes; daraus seien keine Auswirkungen auf die Abstandsregelungen des gegenständlichen Bebauungsplanes und jene der K-BV abzuleiten.
Dem im Rahmen des Vorstellungsverfahrens eingeholten schlüssigen, nachvollziehbaren und vollständigen Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen vom sei bezüglich der durch § 9 K-BV eingeräumten Möglichkeit der Verringerung der Tiefe der Abstandsflächen zu entnehmen, dass das gegenständliche Vorhaben zur östlichen und südlichen Nachbargrundgrenze durch den direkten Anbau keine Abstände aufweise und der Autounterstellplatz nicht als Erweiterung des Bestandsgebäudes beurteilt werden könne. Dadurch lägen die Voraussetzungen zur Verkürzung der Abstände nicht vor bzw. würde eine Verringerung der Tiefe der Abstandsflächen auf Null, wodurch ein Anbau direkt an die Grundgrenze vorläge, eine andere Bebauungsweise bewirken, die im Widerspruch zu der gemäß § 5 des Bebauungsplanes der mitbeteiligten Marktgemeinde festgelegten offenen Bebauung stehe. Auch aus diesem Grund habe kein Alternativauftrag erteilt werden können.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie - ebenso wie die mitbeteiligte Marktgemeinde - die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist die Kärntner Bauordnung 1996, LGBl. Nr. 62 (Wiederverlautbarung - K-BO), idF LGBl. Nr. 16/2009 anzuwenden.
Gemäß § 6 K-BO bedarf u.a. die Errichtung und auch die Änderung von sonstigen baulichen Anlagen einer Baubewilligung, sofern es sich nicht um ein bewilligungsfreies Vorhaben nach § 7 handelt. Keiner Baubewilligung bedürfen gemäß § 7 lit. m K-BO in der hier maßgeblichen Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 80/2012 die Errichtung, die Änderung und der Abbruch eines überdachten Stellplatzes pro Wohngebäude bis zu 25 m2 Grundfläche und 3,50 m Höhe. Da der gegenständliche Stellplatz eine Grundfläche von mehr als 25 m2 aufweist, handelt es sich dabei um ein bewilligungspflichtiges Vorhaben iSd § 6 K-BO.
§ 36 Abs. 1 K-BO lautet:
"(1) Stellt die Behörde fest, dass Vorhaben nach § 6 ohne Baubewilligung oder abweichend von der Baubewilligung ausgeführt werden oder vollendet wurden, so hat sie - unbeschadet des § 35 - dem Inhaber der Baubewilligung, bei Bauführungen ohne Baubewilligung dem Grundeigentümer, mit Bescheid aufzutragen, entweder nachträglich innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist die Baubewilligung zu beantragen oder innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist den rechtmäßigen Zustand herzustellen. Die Möglichkeit, nachträglich die Baubewilligung zu beantragen, darf nicht eingeräumt werden, wenn der Flächenwidmungsplan - ausgenommen in den Fällen des § 14 - oder der Bebauungsplan der Erteilung einer Baubewilligung entgegensteht."
Die §§ 3, 5 und 9 der Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom , mit der für das Gebiet V Zentrum III ein Bebauungsplan erlassen wurde (Bebauungsplan), lauten (auszugsweise):
"§ 3
Bauliche Ausnutzung eines Baugrundstückes
1. Die bauliche Ausnutzung eines Baugrundstückes wird durch die Geschoßflächenzahl (GFZ), das ist das Verhältnis der Summe der Geschoßflächen zu Baugrundstücksgröße (§ 2) ausgedrückt.
…
7. In Fällen, in denen die bauliche Ausnutzung von bereits bebauten Baugrundstücken, die bereits bebaut sind, gemäß den Bestimmungen dieser Verordnung schon überschritten ist, sind Baumaßnahmen zulässig, ohne dass eine Verringerung der Geschoßflächenzahl verlangt wird.
§ 5
Bebauungsweise
Für alle als Bauland gewidmeten Flächen wird die offene
Bebauungsweise festgelegt.
§ 9
Baulinien
1. Die Baulinien sind jene Grenzlinien eines Baugrundstückes, innerhalb welcher Gebäude errichtet werden können.
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2. | … |
4. | Die seitlichen Abstände werden gemäß §§ 5 ff der Bauvorschriften geregelt. Die Baulinien für Garagen, welche eine direkte Zufahrt zu einer öffentlichen Verkehrsfläche aufweisen, werden mit einem Abstand von mind. 5,00 m vom Fahrbahnrand festgelegt. |
…" | |
"§ 5 Abstandsflächen |
(1) Die Abstandsfläche ist für jede Außenwand eines oberirdischen Gebäudes zu ermitteln. Die Abstandsfläche muss so tief sein wie sechs Zehntel des Abstandes zwischen der Außenwand und den durch eine Linie verbundenen Schattenpunkten, die sich auf einer in Höhe des jeweiligen Fußpunktes der Außenwand gelegten Waagrechten ergeben, wenn über das Gebäude Licht in einem Winkel von 45 Grad einfällt. Zur Ermittlung der Abstandsfläche sind so viele Schattenpunkte heranzuziehen, dass durch ihre Verbindung eine entsprechende Darstellung der Abstandsfläche ermöglicht ist. Bei der Ermittlung der Schattenpunkte sind untergeordnete Vorbauten und Bauteile (§ 6 Abs. 2 lit. a bis d) nicht zu berücksichtigen. ….
(2) Ergibt sich aus Abs. 1 eine Tiefe der Abstandsfläche von weniger als 3,00 m, so ist als Tiefe der Abstandsfläche 3,00 m anzunehmen.
§ 9
Verringerung der Tiefe der Abstandsflächen
(1) Die sich aus §§ 4 bis 7 ergebende Tiefe von Abstandsflächen ist zu verringern, wenn in einem vorhandenen Baubestand bereits Abstände verwirklicht sind, die von den Bestimmungen der §§ 4 bis 7 abweichen, Interessen der Sicherheit nicht entgegenstehen und insgesamt ein den öffentlichen Interessen zumindest in gleicher Weise wie bisher entsprechender Zustand beibehalten wird.
(2) …"
Gemäß § 25 Abs. 1 Gemeindeplanungsgesetz (GemeindeplanungsG), LGBl. Nr. 23/1995, sind im textlichen Bebauungsplan die Mindestgröße der Baugrundstücke, die bauliche Ausnutzung der Baugrundstücke, die Bebauungsweise, die Geschoßanzahl oder die Bauhöhe sowie das Ausmaß der Verkehrsflächen festzulegen. Die bauliche Ausnutzung der Baugrundstücke ist gemäß Abs. 4 dieser Bestimmung durch die Geschoßflächenzahl oder die Baumassenzahl auszudrücken. In einem Teilbebauungsplan können unter anderem Baulinien, das sind die Grenzlinien auf einem Baugrundstück, innerhalb derer Gebäude errichtet werden dürfen, festgelegt werden (§ 25 Abs. 2 lit c GemeindeplanungsG). Werden Baulinien nicht zugleich mit Bebauungsbedingungen festgelegt, so ersetzen sie nicht die Festlegung des Abstandes oberirdischer Gebäude zur Grundstücksgrenze in einem Bauverfahren nach der K-BO.
Gemäß § 5 iVm § 9 Z 4 des hier anzuwendenden Bebauungsplanes wäre der gegenständliche Autostellplatz in offener Bauweise unter Einhaltung der seitlichen Abstände zu den Grundgrenzen der Nachbarn gemäß § 5 ff der K-BV zu errichten gewesen. § 9 Z 4 des Bebauungsplanes ist wohl dahin gehend auszulegen, dass trotz der Verordnung einer Baulinie betreffend Garagen, die eine direkte Zufahrt zu einer öffentlichen Verkehrsfläche aufweisen, hinsichtlich der übrigen Abstände weiterhin die Bestimmungen der K-BV - somit auch § 9 K-BV - anzuwenden sein sollen (vgl. zu dem Ganzen das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/05/0155, mwN).
Die belangte Behörde vertritt die Rechtsansicht, dass der Bebauungsplan der mitbeteiligten Marktgemeinde der Erteilung einer (nachträglichen) Baubewilligung für den Stellplatz des Beschwerdeführers entgegensteht und diesem daher gemäß § 36 Abs. 1 K-BO letzter Satz unmittelbar die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes - ohne vorher eine Frist zur nachträglichen Antragstellung um Erteilung einer Baubewilligung einzuräumen - aufzutragen war.
Der Beschwerdeführer meint hingegen, die Behörde wäre gemäß § 36 Abs. 1 K-BO verpflichtet gewesen, ihm aufzutragen, nachträglich eine Baubewilligung für den gegenständlichen Stellplatz zu beantragen, weil eine Verringerung der Abstandsflächen gemäß § 9 K-BV zulässig sei, wenn in einem vorhandenen Baubestand bereits Abstände verwirklicht seien, die von den Bestimmungen der §§ 4 - 7 K-BV abwichen. Die Anordnung in § 5 K-BV über Abstandsflächen könne sich nur auf Gebäude beziehen, die nach dem Inkrafttreten der K-BV 1980, somit nach dem bewilligt worden seien. Gebäude, die davor bewilligt worden seien, hätten keine Abstandsflächen zu berücksichtigen. Sein Wohnhaus und das Nachbarhaus bestünden bereits seit mehr als 30 Jahren und seien daher vor dem Inkrafttreten der K-BV 1980 bewilligt worden. § 5 des Bebauungsplanes lege zwar für alle als Bauland gewidmeten Flächen eine offene Bebauungsweise fest; in § 3 Z 7 des Bebauungsplanes werde jedoch angeordnet, dass in Fällen, in denen die bauliche Ausnutzung von bereits bebauten Grundstücken gemäß den Bestimmungen dieser Verordnung bereits überschritten seien, Baumaßnahmen zulässig seien, ohne dass eine Verringerung der Geschoßflächenanzahl verlangt werde. Der Bebauungsplan sei am - somit zu einem Zeitpunkt, in dem die Wohnhäuser bereits bestanden - in Kraft getreten, weshalb dessen § 3 anzuwenden sei und das verfahrensgegenständliche Bauprojekt daher nicht den Bestimmungen des Bebauungsplanes widerspreche. Da die §§ 4 ff der K-BV aufgrund des vorhandenen Baubestandes und gemäß § 3 Z 7 des Bebauungsplanes nicht zur Anwendung kämen, sei § 9 Abs. 1 der K-BV erfüllt und gemäß § 36 der K-BO ein Alternativauftrag zu erteilen.
Wie der Beschwerdeführer selbst ausführt, ist für das gegenständliche Grundstück im anzuwendenden Bebauungsplan eine offene Bauweise vorgesehen. Das Kärntner Baurecht kennt zwar keine Definition der "offenen Bauweise"; es setzt vielmehr die (verschiedenen) Bebauungsweisen (siehe § 23 Abs. 3 lit. b K-BO 1996, § 25 Abs. 1 lit. c K-GPlG) als bekannt voraus. Eine "offene Bauweise" liegt dann vor, wenn die Gebäude allseits freistehend angeordnet werden (siehe dazu beispielsweise schon Krzizek, System des Österreichischen Baurechts, II, S 491). Dies ist unstrittig nach Verwirklichung des Bauvorhabens nicht gegeben. Entgegen der Beschwerdeansicht wird durch die in § 3 Z 7 des Bebauungsplanes enthaltene Ausnahmebestimmung, wonach auf bebauten Grundstücken, die die Geschoßflächenzahl bereits überschritten haben, Baumaßnahmen ohne Verringerung der Geschoßflächenzahl zulässig sind, weder § 5 dieser Verordnung über die Regelung der Bebauungsweise noch dessen § 9 betreffend Baulinien außer Kraft gesetzt; solches wird im Bebauungsplan nicht angeordnet und ergibt sich auch sonst nicht etwa aus der Systematik dieser Verordnung. Eine Begünstigung bebauter Grundstücke hinsichtlich der baulichen Ausnutzung eines Baugrundstückes bedeutet nicht gleichzeitig auch eine solche im Hinblick auf die Bebauungsweise oder die Baulinien.
Der Begriff "vorhandener Baubestand" in § 9 Abs. 1 K-BV ist dahin zu verstehen, dass damit der in dem Bereich, in welchem das Bauvorhaben realisiert werden soll, bestehende Baubestand gemeint ist. Dem Wortlaut der Bestimmung ist nicht zu entnehmen, dass sie nur für den Fall der Erneuerung eines Altbestandes bzw. für Zu- und Umbauten an einem Altbestand in Betracht käme (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/06/0020, mwN). Die Bestimmungen der §§ 5 ff K-BV hinsichtlich der Abstandsflächen und der einzuhaltenden Abstände dienen insbesondere auch, wie Abstandsbestimmungen im Baurecht ganz allgemein, der Sicherung einer ausreichenden Belichtung und Belüftung der Gebäude. Eine Verringerung von Abstandsflächen im Sinne des § 9 Abs. 1 K-BV wegen eines vorhandenen Baubestandes, der die erforderlichen Abstandsflächen nicht einhält, insbesondere für einen Neubau oder einen Zubau, also für die Erweiterung eines bestehenden Gebäudes (und nicht für die bloße Erneuerung eines Altbestandes), beeinträchtigt freilich diese Zielsetzung, was aber grundsätzlich vom Gesetz so vorgesehen ist, weil ansonsten die Norm des § 9 Abs. 1 K-BV ins Leere ginge (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/06/0020).
Aus dem Blickwinkel allerdings, dass die Bestimmungen über die Abstandsflächen nicht geradezu zur beliebigen Disposition stehen sollten, sind die Möglichkeiten von Ausnahmen im Sinne des § 9 Abs. 1 K-BV restriktiv zu interpretieren. Dem entspricht § 9 Abs. 1 letzter Halbsatz K-BV, wonach insgesamt ein den öffentlichen Interessen zumindest in gleicher Weise wie bisher entsprechender Zustand beizubehalten ist (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 2011/06/0020).
§ 9 Abs. 1 K-BV kann daher nicht dahingehend ausgelegt werden, bei einem vorhandenen Baubestand, der die erforderlichen Abstandsflächen nicht einhält, die bereits erfolgten Eingriffe in die Abstandsflächen ohne Berücksichtigung der Nachbarinteressen noch weiter - im Extremfall bis an alle Grundstücksgrenzen - auszudehnen und damit sämtliche Bestimmungen über Bauweise und die Baulinien außer Kraft zu setzen. Die restriktive Interpretation dieser Bestimmung gebietet daher eine Auslegung des § 9 Abs. 1 K-BV in der Form, dass darunter bei einem Zubau gegebenenfalls eine Verringerung der sich aus §§ 4 bis 7 leg. cit. ergebenden Tiefe im bereits verringerten Ausmaß nicht aber eine weitere Verringerung des Abstandes zum Nachbarn, der bereits vorher von den Bestimmungen der §§ 4 bis 7 K-BV abgewichen ist, zu verstehen ist.
Der Ansicht der belangten Behörde, dass das gegenständliche Vorhaben dem Bebauungsplan widerspricht und somit nicht hätte bewilligt werden können, begegnet somit keinen Bedenken. Zutreffend hat sie demnach dem Beschwerdeführer gemäß § 36 Abs. 1 K-BO letzter Satz unmittelbar die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes aufgetragen, ohne ihm vorher eine Frist zur nachträglichen Antragstellung um Erteilung einer Baubewilligung einzuräumen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am