VwGH vom 28.11.2014, 2011/06/0096

VwGH vom 28.11.2014, 2011/06/0096

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch sowie die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag Merl und den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Beschwerde 1. des A, 2. der B, 3. des C,

4. der Mag. D, 5. des Dr. E, 6. des DI F, 7. des Ing. G, 8. des Ing. H, 9. der I, 10. der Dr. J, alle in G, 11. der K in H,

12. des Dr. L, 13. des Dr. M, 14. des Dr. N und 15. des Dr. O, alle in G, alle vertreten durch Dr. Uwe Niernberger und Dr. Angelika Kleewein, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Elisabethstraße 50c, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom , Zl. 033156/2007/0010, betreffend eine Bauangelegenheit (weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Graz hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit Bauansuchen vom beantragten die Beschwerdeführer - soweit verfahrensgegenständlich - die Errichtung einer Schrankenanlage auf dem in ihrem Miteigentum stehenden Grundstück Nr. 632, EZ. 821, KG W (im Folgenden: E-Weg).

Mit dem allein im Beschwerdeverfahren maßgeblichen Spruchpunkt II des Bescheides des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom wurde dieses Ansuchen gemäß § 29 Stmk BauG 1995 iVm § 24 ROG 1974 abgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen dargelegt, die gegenständliche Straße befinde sich zwar im Privatbesitz der Beschwerdeführer, sei jedoch im derzeit in Geltung stehenden 3.0 Flächenwidmungsplan 2002 der Landeshauptstadt Graz als öffentliche Verkehrsfläche ausgewiesen. Gemäß § 24 ROG 1974 seien als Verkehrsflächen solche Flächen festzulegen, die für die Abwicklung des fließenden und ruhenden Verkehrs sowie für die Aufschließung des Freilandes vorgesehen seien. Die geplante Errichtung einer Schrankenanlage laufe dieser gesetzlichen Vorgabe, welche mittels Verordnung in Form des genannten Flächenwidmungsplanes für das verfahrensgegenständliche Grundstück verbindlich erklärt worden sei, offenkundig zuwider, sei es doch gerade immanenter Sinn und Zweck einer Schrankenanlage, den Verkehr zu beschränken bzw. auf nur bestimmte Teilnehmer einzuschränken, weshalb die Errichtung der geplanten Schrankenanlage dem Flächenwidmungsplan in Zusammenschau mit dem Raumordnungsgesetz widerspreche.

Hinzu komme weiters, dass die verfahrensgegenständliche Straße iSd § 2 Abs. 1 des Steiermärkischen Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1964 - LStVG 1964 zweifelsfrei als öffentliche Straße zu qualifizieren sei. In langjähriger Übung sei diese Straße stets von der Öffentlichkeit benützt worden, was eine amtsbekannte Tatsache darstelle. Die erstinstanzliche Behörde selbst habe in zahlreichen Verfahren betreffend die Erteilung von Baubewilligungen die Öffentlichkeit der verfahrensgegenständlichen Straße festgestellt bzw. als unzweifelhaft gegeben erachtet. Auch aus diesem Grund sei daher das Ansuchen um Bewilligung zur Errichtung einer Schrankenanlage, mit welcher der öffentliche Verkehr auf dieser öffentlichen Straße iSd LStVG 1964 unzulässigerweise gegenüber der Allgemeinheit beschränkt bzw. eingeschränkt werden könnte, abzuweisen gewesen.

In Ihrer Berufung (vom ) machten die Beschwerdeführer zum einen geltend, § 24 ROG beinhalte lediglich einen Auftrag an den Verordnungsgeber zur Festlegung von Verkehrsflächen, könne aber nicht als Ablehnungsgrundlage in einem Bauverfahren dienen. Zum anderen sei die Behauptung, "dass die Straße in langjähriger Übung stets von der Allgemeinheit benützt worden ist", absolut unrichtig und könne auch nicht als "amtsbekannte Tatsache" dargestellt werden. Die rechtliche Qualifikation des E-Weges als öffentliche Straße könne keineswegs "als bekannt" vorausgesetzt werden (wird näher ausgeführt). Ganz im Gegenteil sei der E-Weg an beiden Einfahrten seit Jahrzehnten mit Fahrverbotstafeln versehen, welche auch bisher stets beachtet worden seien. Der E-Weg werde keineswegs stets von der Allgemeinheit benützt. Auch sei der Weg wegen seines desolaten Zustandes vor der Sanierung durch die Eigentümer praktisch nur von den Anrainern benützt worden. Als Beweis für die Richtigkeit dieser Ausführungen werde die Vernehmung der Eigentümer des E-Weges und noch weiterer im Berufungsverfahren zu nominierender Zeugen beantragt. Weiters sei darauf hinzuweisen, dass die Anlagenbehörde wegen der bestehenden Zweifel ein Verfahren gemäß § 3 LStVG 1964 eingeleitet habe. Der E-Weg sei demnach keinesfalls eine öffentliche Straße, und die Errichtung einer Schrankenanlage im Sinne des gestellten Antrages sei zu bewilligen.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom gab die belangte Behörde dieser Berufung keine Folge und bestätigte den Bescheid der Behörde erster Instanz.

Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, es werde nach § 24 ROG 1974 zwischen Bauland und Verkehrsflächen unterschieden, woraus sich einerseits ergebe, dass eine Grundfläche nicht gleichzeitig Bauland und Verkehrsfläche sein könne, und anderseits, dass Verkehrsflächen solche Flächen seien, die für die Abwicklung des fließenden und ruhenden Verkehrs sowie für die Aufschließung des Baulandes und Freilandes vorgesehen seien. Das gegenständliche Vorhaben sei nicht mit der vorliegenden Flächenwidmung vereinbar und die Baubewilligung sei bereits alleine aus diesem Grund zu versagen.

Zum Berufungsvorbringen, beim E-Weg handle es sich um keine öffentliche Straße und es sei ein Feststellungsverfahren nach § 3 LStVG 1964 eingeleitet worden, sei anzumerken, dass die Behörde von der Durchführung desselben mittlerweile Abstand genommen habe, zumal im vorliegenden Fall die ex lege geforderten Zweifel nicht bestünden. Im näher bezeichneten Aktenvermerk vom heiße es:

"Für die Durchführung eines Feststellungsverfahrens nach dem LStVG ist wie erwähnt jedoch ex lege erforderlich, dass gemäß § 3 LStVG Zweifel bestehen, ob eine Straße als öffentlich anzusehen ist oder in welchem Umfang sie der allgemeinen Benützung freisteht (Gemeingebrauch). Anhand der gegenständlichen Aktenlage steht aus der Sicht der Behörde fest, dass es sich bei der gegenständlichen Verkehrsfläche E...weg zweifelsfrei um eine öffentliche Straße iSd § 2 Abs 1 LStVG handelt (siehe insbesondere das sich im Akt befindliche Schreiben vom sowie Bescheidbegründung der Widmungsbewilligung vom , GZ.: A 17-K-7.522/1991). Im Ergebnis ist daher kein Verfahren iSd § 3 LStVG durchzuführen."

Zum Vorbringen, der E-Weg stehe im Privateigentum, sei zu betonen, dass Eigentumsverhältnisse für das Bestehen einer öffentlichen Straße iSd LStVG nicht maßgeblich seien und mit der Feststellung des Gemeingebrauches keine Änderung in den Eigentumsverhältnissen verbunden sei.

Wenn die Beschwerdeführer monierten, es seien ohnedies Verkehrstafeln aufgestellt worden, welche die Eigenschaft als "Privatweg" manifestierten, sei anzumerken, dass das Aufstellen von Verbotstafeln zum Zeitpunkt des Einleitens des straßenrechtlichen Verfahrens nicht die langjährige Übung im Sinne des Gesetzes hindere (Hinweis auf VwGH 2004/01/0101 (richtig: 2004/06/0101)). Im bereits zitierten straßenrechtlichen Verfahren werde überdies auf die Widmungsbewilligung vom verwiesen, worin bereits ausdrücklich die Frage der Öffentlichkeit der gegenständlichen Straße behandelt worden sei. Diesbezüglich heiße es auszugsweise (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

"(...) Die gegenständliche Straße ist geschottert (nach der Stellungnahme der A10/1 in Makadam ausgeführt) und wird dieser Schotter ab und zu von den Anrainern ergänzt. Nach den Angaben der Nachbarn wird die Straße regelmäßig von der Müllabfuhr der Landeshauptstadt Graz, den Senkgrubenentleerungsdiensten und der Post befahren, die Landeshauptstadt Graz räumt im Winter Schnee. Der E-Weg erstreckt sich zwischen der R-straße und dem E M -Weg und ist rechts und links von der Einmündung der R-Straße mit Wohnhäusern bebaut. (...) Durch die gegenständliche Straße werden somit ca. 14 Häuser am E-Weg erschlossen.

Mit Bescheid vom , Zl. 7, des Gemeindetages H wurde Herrn FH die Widmungsbewilligung für 22 Baustellen mit je mindestens 1000 m2 und offener Bauweise samt Vorgärten erteilt, wobei festgesetzt wurde, dass der E-Weg 6,00 m breit sein solle, mit einer 5,00 m-Fahrbahn niveaugerecht bzw. mit gleichmäßig steigenden Höhen, für mittelschwere Lkw befahrbar und beiderseitig offenen Gräben auszubauen sei. Außerdem dient der E-Weg als Zufahrt für die Grundstücke zwischen den an den E-Weg und den an den Seitenweg des E M-Weges angrenzenden Grundstücke.

Aufgrund dieser Sachlage kann daher gemäß § 2 des Landesstraßenverwaltungsgesetzes 1964 idgF von einer öffentlichen Straße durch allgemeine, ohne Einschränkung und unabhängig vom Willen der Eigentümer für ein dringendes Wohnbedürfnis benützt, ausgegangen werden."

Anhand der Aktenlage stehe aus Sicht der Behörde fest, dass es sich bei der gegenständlichen Verkehrsfläche E-Weg zweifelsfrei um eine öffentliche Straße iSd § 2 LStVG handle.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

4. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

4.1. Im vorliegenden Beschwerdefall ist das Steiermärkische Baugesetz 1995 (Stmk BauG 1995), LGBl. Nr. 59/1995 idF LGBl. Nr. 88/2008, anzuwenden.

"§ 3

Ausnahmen vom Anwendungsbereich

Dieses Gesetz gilt insbesondere nicht für:

1. bauliche Anlagen, die nach straßenrechtlichen Vorschriften als Straßen oder Bestandteile einer Straße gelten, sowie die dazugehörigen Lärmschutzanlagen;

§ 5

Bauplatzeignung

(1) Eine Grundstücksfläche ist als Bauplatz für die vorgesehene Bebauung geeignet, wenn

1. eine Bebauung nach dem Steiermärkischen Raumordnungsgesetz zulässig ist,

...

§ 29

Entscheidung der Behörde

(1) Die Behörde hat einem Ansuchen mit schriftlichem Bescheid stattzugeben, wenn die nach diesem Gesetz für die Bewilligung geforderten Voraussetzungen erfüllt sind.

..."

4.2. Im vorliegenden Fall ist weiters das Steiermärkische Landes-Straßenverwaltungsgesetz 1964, LGBl. Nr. 154 (Wiederverlautbarung) idF LGBl. Nr. 60/2008, (in der Folge: LStVG 1964) anzuwenden.

"§ 2

Begriffsbestimmungen

(1) Öffentliche Straßen sind im Sinne dieses Gesetzes alle Straßen, die entweder von den zuständigen Stellen bestimmungsgemäß dem öffentlichen Verkehr gewidmet worden sind oder die in langjähriger Übung allgemein, ohne Einschränkung und unabhängig vom Willen des Grundeigentümers und dritter Personen für ein dringendes Verkehrsbedürfnis benützt werden.

(2) Als Bestandteile der öffentlichen Straßen im Sinne dieses Gesetzes gelten neben den unmittelbar dem Verkehr dienenden Flächen, wie Fahrbahnen, Gehsteige, Gehwege, Radwege, Radfahrstreifen, Geh- und Radwege, Parkflächen, Abstellflächen, Haltestellenbuchten, Bankette, der Grenzabfertigung dienende Flächen und Anlagen zum Schutze vor Beeinträchtigung durch den Verkehr, insbesondere gegen Lärmeinwirkung, sowie bauliche Anlagen im Zuge einer Straße, wie Tunnels, Brücken, Straßengräben, Böschungen und Anlagen zur Ableitung anfallender Wässer.

(3) Für die Auslegung der in diesem Gesetz enthaltenen spezifisch baurechtlichen Begriffe ist das Steiermärkische Baugesetz heranzuziehen.

§ 3

Feststellung der Öffentlichkeit von Straßen

Bestehen Zweifel, ob eine Straße als öffentlich anzusehen ist oder in welchem Umfang sie der allgemeinen Benützung freisteht (Gemeingebrauch), entscheidet die Gemeinde auf Antrag oder von Amts wegen."

4.3. Zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung ist im Beschwerdefall vom gültigen 3.0 Flächenwidmungsplan der Landeshauptstadt Graz auszugehen. Nach ständiger hg. Judikatur richtet sich der Inhalt der in einem Flächenwidmungsplan verwendeten Begriffe nach den Bestimmungen des Raumordnungsgesetzes im Zeitpunkt seines Wirksamwerdens (vgl. beispielweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/06/0089, mwN). Der gegenständliche Flächenwidmungsplan ist nach Kundmachung im Amtsblatt der Stadt Graz () am in Kraft getreten. Zu diesem Zeitpunkt war das Steiermärkische Raumordnungsgesetz (ROG) 1974, LGBl. Nr. 127 idF Nr. 97/2002, in Geltung. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

"§ 24

Verkehrsflächen

(1) Als Verkehrsflächen sind solche Flächen festzulegen, die für die Abwicklung des fließenden und ruhenden Verkehrs sowie für die Aufschließung des Baulandes und des Freilandes vorgesehen sind. Dazu gehören auch die für die Erhaltung, den Betrieb und den Schutz der Verkehrsanlagen und Versorgungsleitungen sowie die für Versorgung der Verkehrsteilnehmer erforderlichen Flächen.

..."

§ 5 des 3.0 Flächenwidmungsplanes 2002 der Landeshauptstadt Graz (Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom , und ) lautet (auszugsweise):

"Verkehrsflächen

...

(3) Privatstraßen und -wege, soferne sie der Erschließung mehrerer Bauplätze dienen, gelten als Verkehrsflächen auch dann, wenn sie in der graphischen Darstellung nicht als solche ausgewiesen sind.

(4) Auf öffentlichen Verkehrsflächen sind ortsfeste und bewegliche Einrichtungen für den Betrieb der Verkehrsanlagen zulässig; ..."

4.4. Die Beschwerdeführer beabsichtigen die Errichtung einer Schrankenanlage auf dem in ihrem Miteigentum befindlichen, im geltenden Flächenwidmungsplan als Verkehrsfläche ausgewiesenen E-Weg. Dem angefochtenen Bescheid liegt die Ansicht zu Grunde, dieses Bauvorhaben sei wegen Widerspruches zur Verkehrsflächenwidmung und auch deshalb aus baurechtlicher Sicht nicht zulässig, weil der E-Weg eine öffentliche Straße sei. Letzteres wurde von der belangten Behörde insbesondere mit dem Hinweis auf die Widmungsbewilligung vom bejaht.

Die Beschwerdeführer stellen die Widmung des Baugrundstückes als Verkehrsfläche nicht in Abrede; sie bringen jedoch vor, die Errichtung der Schrankenanlage stehe den Zwecken des § 24 ROG nicht entgegen, zumal die Abwicklung des fließenden und ruhenden Verkehrs sowie die Aufschließung des Baulandes und des Freilandes weiterhin gewährleistet sei. Sie wenden sich weiters - wie bereits in ihrer Berufung - gegen die Feststellung, der E-Weg sei in langjähriger Übung stets von der Öffentlichkeit benutzt worden. Bei Durchführung der von den Beschwerdeführern in der Berufung angebotenen Beweise hätte sich ergeben, dass der E-Weg lediglich von den Eigentümern (=Beschwerdeführer) und deren Besuchern benützt werde und dass schon auf Grund des desolaten Zustandes des E-Weges nicht von einem Befahren in "langjähriger Übung" durch die Allgemeinheit ausgegangen werden könne.

4.5. Ein Widerspruch zu den Bestimmungen des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes (im konkreten Fall: § 24) schließt nach § 5 Abs. 1 Z. 1 iVm § 29 Abs. 1 Stmk BauG die Erteilung einer Baubewilligung für ein baubewilligungspflichtiges Bauvorhaben aus. Die Widmung "Verkehrsfläche" stünde im Beschwerdefall der Baubewilligung für die Errichtung einer Schrankenanlage im Hinblick auf die in § 5 Abs. 4 des 3.0 Flächenwidmungsplanes der Landeshauptstadt Graz genannten, auf öffentlichen Verkehrsflächen zulässigen Einrichtungen nicht grundsätzlich entgegen.

Die belangte Behörde ging aber auch davon aus, dass der E-weg eine öffentliche Straße sei, was von den Beschwerdeführern - wie dargelegt - bestritten wurde:

Für das Vorliegen einer öffentlichen Straße sind allein die im § 2 Abs. 1 LStVG 1964 genannten Kriterien maßgeblich, nämlich dass die in Frage stehende Straße in langjähriger Übung allgemein, ohne Einschränkung und unabhängig vom Willen des Grundeigentümers und dritter Personen für ein dringendes Verkehrsbedürfnis benützt wurde. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat (vgl. dazu das auch von der belangten Behörde angeführte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/06/0101, mwN), ist unter einer langjährigen Übung im Sinne dieser Bestimmung ein mindestens zehnjähriger Gebrauch zu verstehen. Bei Wegen, die nur die Funktion einer Zufahrtsstraße erfüllen, wird der Kreis von Benützern dieses Weges eher klein sein. Die geringere Anzahl der Personen, die den "Gemeingebrauch" tatsächlich ausüben, steht aber der Öffentlicherklärung eines solchen Weges nicht entgegen, wenn die (weitere) Voraussetzung hiefür vorliegt, nämlich, dass diese Benützung zur Befriedigung eines dringenden Verkehrsbedürfnisses erfolgt (zur Möglichkeit, auch bloße Zufahrtsstraßen zu öffentlichen Straßen zu erklären, wird auf das hg. Erkenntnis vom , VwSlg. Nr. 11.923/A, verwiesen). Nach dem angeführten hg. Erkenntnis liegt aber allein in dem Umstand, dass ein Weg die einzige Zufahrtsmöglichkeit zu anrainenden, bebauten Grundstücken darstellt, ein dringendes Verkehrsbedürfnis.

Die belangte Behörde hat das Vorliegen aller Kriterien des § 2 LStVG 1964 mit dem Verweis auf die Widmungsbewilligung und vor dem Hintergrund bejaht, dass das Aufstellen von Verbotstafeln zum Zeitpunkt des Einleitens des straßenrechtlichen Verfahrens nicht die langjährige Übung im Sinne des LStVG 1964 hindere. Wie die belangte Behörde zu dieser Feststellung gelangte, ist jedoch nicht nachvollziehbar und wird auch nicht begründet: Weder dem angefochtenen Bescheid noch den vorgelegten Akten ist zu entnehmen, wann dieses Verfahren eingeleitet wurde. Die Beschwerdeführer wiesen in ihrer Berufung darauf hin, dass die Anlagenbehörde wegen der bestehenden Zweifel ein Verfahren gemäß § 3 LStVG 1964 eingeleitet habe, und die belangte Behörde bezieht sich auf einen Aktenvermerk vom , in dem festgehalten wurde, dass "im Ergebnis" kein Verfahren iSd § 3 LStVG 1964 durchzuführen sei. Demgegenüber haben die Beschwerdeführer auf die "seit Jahrzehnten" an beiden Einfahrten des E-Weges befindlichen Fahrverbotstafeln hingewiesen, die "auch bisher stets beachtet worden sind."

Ob das Kriterium der langjährigen Übung iSd § 2 Abs. 1 des im Beschwerdefall anzuwendenden LStVG 1964 von der belangten Behörde zutreffend bejaht wurde, kann demnach vom Verwaltungsgerichtshof nicht abschließend beurteilt werden. Bestehen aber wie im Beschwerdefall Zweifel, ob eine Straße als öffentlich anzusehen ist und in welchem Umfang sie der allgemeinen Benützung freisteht (Gemeingebrauch); hat die Behörde - sofern kein diesbezüglicher Antrag vorliegt - von Amts wegen ein Feststellungsverfahren iSd §§ 3 ff LStVG 1964 durchzuführen. Bei Zutreffen der Annahme der belangten Behörde, der E-Weg sei eine öffentliche Straße, stünde der Erteilung einer baurechtlichen Bewilligung allerdings § 3 Stmk BauG entgegen.

5. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

6. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG weiter anzuwendenden §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008 (siehe § 3 Z. 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 idF BGBl II Nr. 8/2014).

Wien, am