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VwGH vom 07.04.2011, 2008/22/0510

VwGH vom 07.04.2011, 2008/22/0510

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder sowie die Hofrätinnen Mag. Merl und Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der V, vertreten durch Dr. Astrid Wagner, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Himmelpfortgasse 10, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 317.739/2-III/4/07, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin, einer serbischen Staatsangehörigen, vom auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittsta. - Ö, § 49 Abs. 1 FrG" gemäß § 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Antrag der Beschwerdeführerin sei nach Inkrafttreten des NAG am als solcher auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" zu werten gewesen, weil die Beschwerdeführerin die Familiengemeinschaft mit ihrem die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden Ehemann anstrebe. Sie sei mit einem vom 6. Juli bis gültigen Visum C nach Österreich eingereist, habe sich am während ihres Aufenthalts in Österreich, vertreten durch einen Bevollmächtigten, von ihrem damaligen Ehemann scheiden lassen und habe am , also nach Ablauf ihres Visums C, einen österreichischen Staatsbürger geheiratet. Diese Ehe sei am geschieden worden. Daher könne die Beschwerdeführerin keinen Aufenthaltstitel mehr von ihrem geschiedenen österreichischen Ehemann ableiten.

Seit sei die Beschwerdeführerin durchgehend bei einem näher genannten Unternehmen als Arbeiterin beschäftigt, obwohl sie über keinen Aufenthaltstitel für das österreichische Bundesgebiet verfüge. Die geschiedene Ehe mit einem österreichischen Staatsbürger allein stelle "noch kein Aufenthaltsrecht nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsrecht dar". Die Beschwerdeführerin habe sich sowohl zum Zeitpunkt der Antragstellung als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung über ihren Antrag nicht rechtmäßig im Inland aufgehalten, daher stehe § 21 Abs. 1 NAG einer Bewilligung des gegenständlichen Antrages entgegen. Ein längerer unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet rechtfertige in jedem Fall die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung. Der bloße Umstand, dass die Beschwerdeführerin seit Juli 2005 in Österreich lebe und voll integriert sei, stelle keinen besonders berücksichtigungswürdigen Fall im Sinn des § 72 NAG dar.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Die Beschwerdeführerin wendet sich nicht gegen die Annahme der belangten Behörde, dass sie von ihrem österreichischen Ehemann im Juni 2007 rechtskräftig geschieden wurde. Schon im Hinblick auf die mangelnde Angehörigeneigenschaft zu einem Österreicher gehen die Beschwerdeausführungen bezüglich einer "Gleichstellung von Angehörigen von Österreichern gegenüber Angehörigen von EWR-Bürgern" ins Leere. Im Übrigen ist der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , G 244/09 u.a., diesbezüglichen Bedenken auch nicht gefolgt.

Entgegen der Beschwerdeansicht war auch im Geltungsbereich des Fremdengesetzes 1997 zur Rechtmäßigkeit des Aufenthalts grundsätzlich eine konstitutiv wirkende Niederlassungsbewilligung erforderlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/22/0797, mwN). Eine solche wurde der Beschwerdeführerin nicht erteilt, daher hielt sie sich auch vor Inkrafttreten des NAG mit seit Ablauf der Gültigkeitsdauer des Visums unrechtmäßig im Inland auf. Da ihr seit ihrer Scheidung die in § 21 Abs. 2 Z. 1 NAG Familienangehörigen von Österreichern eröffnete Möglichkeit, die Entscheidung über den gegenständlichen Antrag im Inland abzuwarten, auch aus diesem Grund nicht mehr offenstand (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/22/0291), hätte sie gemäß § 21 Abs. 1 NAG diese im Ausland abwarten müssen.

Da die belangte Behörde ihre Entscheidung über den gegenständlichen Antrag ausschließlich auf das Gebot der Auslandsantragstellung gemäß § 21 Abs. 1 NAG gestützt hat, kann dahingestellt bleiben, ob der Antrag vom nach Inkrafttreten des NAG am im Hinblick auf die unstrittig erfolgte Scheidung der Beschwerdeführerin von ihrem österreichischen Ehemann weiterhin als solcher auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" zu werten war.

Liegen die Voraussetzungen des § 72 NAG vor, so ist die in § 74 NAG (jeweils in der Stammfassung) ausnahmsweise vorgesehene Antragstellung im Inland zuzulassen. § 72 NAG stellt auf mit besonderen Gefährdungen bzw. Notlagen verbundene Lebensumstände eines Fremden ab, die dazu Anlass geben, diesem aus humanitären Gründe einen Aufenthaltstitel zukommen zu lassen. Weiters liegen besonders berücksichtigungswürdige Fälle im Sinn dieser Bestimmung dann vor, wenn - ausnahmsweise - ein aus Art. 8 EMRK direkt abzuleitender Anspruch besteht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2008/22/0192, mwN).

Diesbezüglich bringt die Beschwerde vor, auch ein nicht rechtmäßiger Aufenthalt könne integrationsbegründend wirken. Die Beschwerdeführerin sei überdies seit November 2005 bei einem näher genannten Unternehmen beschäftigt.

Die Beschwerde kann jedoch nur auf einen Aufenthalt von weniger als drei Jahren und eine Erwerbstätigkeit verweisen; damit wurde ein besonders berücksichtigungswürdiger humanitärer Grund in dem dargestellten Sinn nicht dargetan. Soweit die Beschwerde diesbezüglich rügt, der Beschwerdeführerin sei kein Parteiengehör eingeräumt worden, legt sie die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dar.

Wenn die Beschwerdeführerin auf einen "Rechtsanspruch auf Familiennachzug zu ihrem österreichischen Ehemann" hinweist, lässt sie unberücksichtigt, dass sie bereits seit Juni 2007 geschieden ist, was in der Berufung bereits bestätigt wurde.

Auch das Beschwerdevorbringen, es sei ungeklärt, ob es sich beim Vorliegen der humanitären Gründe um eine Vorfrage im Sinn des § 38 AVG handle, führt die Beschwerdeführerin nicht zum Erfolg, zumal die belangte Behörde das allfällige Vorliegen solcher Gründe ohnedies geprüft hat. Dass ein Fall des § 73 Abs. 4 NAG (in der Stammfassung) vorliege, wird nicht behauptet; im Übrigen liegen die diesbezüglichen Voraussetzungen auch nicht vor.

Die Abweisung des gegenständlichen Antrages gemäß § 21 Abs. 1 NAG durch die belangte Behörde erweist sich somit als unbedenklich, weshalb die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Anspruch auf den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am

Fundstelle(n):
SAAAE-84898