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VwGH vom 13.06.2012, 2011/06/0051

VwGH vom 13.06.2012, 2011/06/0051

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail, den Hofrat Dr. Waldstätten und die Hofrätin Mag. Merl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde des M K in T, vertreten durch Mag. Alois Pirkner, Rechtsanwalt in 5580 Tamsweg, Kuenburgstraße 6, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 20704-07/379/3-2011, betreffend Zurückweisung einer Vorstellung wegen Verspätung in einer baupolizeilichen Angelegenheit (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde T), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen vom beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung einer baupolizeilichen Bewilligung zur Anbringung einer Markise für den Gastgarten eines näher bezeichneten Objektes in der mitbeteiligten Gemeinde. Dieses Ansuchen wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom im Wesentlichen aus Gründen des Ortsbildschutzes versagt. Mit Bescheid vom erließ der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde sodann gemäß § 16 Baupolizeigesetz (BauPolG) einen Auftrag zur Beseitigung der widerrechtlich angebrachten Markise bis spätestens . Die dagegen eingebrachte Berufung des Beschwerdeführers vom wies die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom ab. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer - obwohl er bereits im Berufungsverfahren rechtsfreundlich vertreten war - am persönlich zugestellt. Mit Schreiben vom brachte der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter eine Vorstellung ein, die einen Eingangsstempel des Gemeindeamtes vom trägt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung des Beschwerdeführers als unzulässig zurück und begründete dies im Wesentlichen damit, dass "die Zweiwochenfrist iSd § 63 AVG nicht eingehalten worden ist. Es war daher in Anwendung von § 66 Abs. 4 AVG die Berufung als verspätet zurückzuweisen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Laut Stellungnahme der mitbeteiligten Gemeinde vom ist für diese "kein Verschulden des hiesigen Amtes erkennbar".

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 2 Z 1 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 80 Abs. 3 Salzburger Gemeindeordnung 1994 (GdO 1994), LGBl. Nr. 107/1994 in der Fassung LGBl. Nr. 12/2004, ist eine Vorstellung an die Landesregierung längstens innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des anzufechtenden Bescheides an gerechnet zu erheben. Unzulässige oder verspätete Vorstellungen sind von der Aufsichtsbehörde zurückzuweisen.

Gemäß § 33 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 50/1991, in der Fassung BGBl. I Nr. 5/2008, werden für die Berechnung von Fristen die Tage des Postlaufes nicht eingerechnet. Gemäß § 45 Abs. 3 AVG ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen.

Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde habe die Frist gemäß § 80 Abs. 3 GdO 1994 falsch berechnet, weil sie nicht berücksichtigt habe, dass die Tage des Postenlaufes nicht in die Frist einzurechnen seien. Darüber hinaus wäre sie verpflichtet gewesen, zur Frage der Rechtzeitigkeit oder Verspätung der Vorstellung ein Ermittlungsverfahren durchzuführen und dem Beschwerdeführer dazu Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Da sie dies unterlassen habe, unterliege die vom Beschwerdeführer gemeinsam mit der Beschwerde vorgelegte Bescheinigung des Postaufgabescheins in Kopie, woraus sich ergebe, dass die eingeschriebene Sendung am zur Post gegeben worden sei, nicht dem Neuerungsverbot. Darüber hinaus liege ein Zustellmangel vor, weil der Beschwerdeführer bereits die Berufung durch einen zustellungsbevollmächtigten Rechtsvertreter eingebracht habe, eine wirksame Zustellung des Berufungsbescheides daher nur an diesen hätte erfolgen dürfen. Die belangte Behörde hätte prüfen müssen, wann die Berufungsentscheidung tatsächlich an den Vertreter zugestellt worden sei. Die Zustellung an den Beschwerdeführer selbst am sei nicht geeignet, die Frist für die Vorstellung in Gang zu setzen.

Damit ist die Beschwerde im Recht.

Die belangte Behörde räumte in ihrer Gegenschrift selbst ein, ihr sei entgangen, dass bereits die Berufung durch einen Rechtsanwalt eingebracht worden sei und daher die Zustellung des Berufungsbescheides an diesen hätte erfolgen müssen. Dies bedeute, dass der der bekämpften Vorstellungsentscheidung zugrunde liegende Fristenverlauf nicht maßgeblich und die Zurückweisung der Vorstellung als verspätet nicht gerechtfertigt sei. Weiters wird eingeräumt, dass ein Parteiengehör oder ein Vorhalt zur Fristversäumnis nicht erfolgt sei.

Diese Ausführungen der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift stehen mit den vorgelegten Verwaltungsakten im Einklang.

Die Behörde ist aus dem Grunde des § 45 Abs 3 AVG verpflichtet, dem Rechtsmittelwerber eine nach dem Akteninhalt offenkundige Verspätung seines Rechtsmittels vorzuhalten. Unterlässt sie dies, so unterliegt ein zur Frage der Rechtzeitigkeit erstattetes Beschwerdevorbringen nicht dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herrschenden Neuerungsverbot (vgl. die bei Hengstschläger/Leeb , AVG § 45 Rz 27, zitierte Judikatur). Diesbezüglich legte der Beschwerdeführer gemeinsam mit der Beschwerde einen Nachweis vor, wonach die Vorstellung am der Post zur Beförderung übergeben wurde. Selbst unter der Annahme einer Zustellung des Berufungsbescheides an den Beschwerdeführervertreter am war die am zur Post gegebene Vorstellung somit fristgerecht. Schon indem die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage die Tage des Postenlaufes bei der Berechnung der Fristen mit einrechnete, belastete sie den angefochtenen Bescheid - unabhängig davon, wann der Berufungsbescheid dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers tatsächlich zukam - mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit. Dieser war daher aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
QAAAE-84877