VwGH vom 08.06.2011, 2011/06/0048

VwGH vom 08.06.2011, 2011/06/0048

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde des A P in Graz, vertreten durch Dr. Christian Schoberl, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Alberstraße 9/HP/2, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom , Zl. 006889/2009/0022, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung; mitbeteiligte Partei: J GmbH in Wien, vertreten durch Dr. Gerhard Halbreiner, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 23/II), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Graz hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit der am eingebrachten Eingabe (vom ) kam die mitbeteiligte Partei (kurz: Bauwerberin), soweit im Beschwerdefall noch erheblich, um die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für den Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses mit (zuletzt) 10 Wohnungen und die Errichtung eines Schutzdaches für zwei Kraftfahrzeuge samt Müllabstellplatz auf einem Grundstück in Graz ein. Das geplante Gebäude weist drei Vollgeschoße und ein zurückspringendes Penthouse-Geschoß auf (zur Errichtung des Neubaues soll eine bestehende Bebauung abgebrochen werden). Der Beschwerdeführer ist Eigentümer eines unmittelbar östlich angrenzenden Grundstückes. Das Baugrundstück und das umgebende Gebiet sind im 3.0 Flächenwidmungsplan der Landeshauptstadt Graz 2002 als allgemeines Wohngebiet gewidmet.

Der Beschwerdeführer erhob in der Bauverhandlung vom Einwendungen gegen das Vorhaben; soweit für das Beschwerdeverfahren noch erheblich, machte er geltend, er betreibe auf seinem Grundstück einen Gastronomiebetrieb und wende sich gegen die projektierte heranrückende Bebauung. Dazu legte er einen Betriebsanlagen-Bewilligungsbescheid vom vor, dann einen Bescheid vom , mit dem nach dem Steiermärkischen Veranstaltungsgesetz die Genehmigung für die Veranstaltung von Vernissagen und Lesungen im Erdgeschoß sowie von Vernissagen, Lesungen, Tanzvorführungen, Karabetts und Varietes, Puppen- und Marionettentheatern, Bällen, Konzerten sowie Schauvorführungen von Waren und Mustern im Keller des Gebäudes erteilt worden war, schließlich auch Bescheinigungen der Bundespolizeidirektion Graz, wonach eine an diesem Standort (zuletzt) mit Eingabe vom angezeigte Veranstaltung, nämlich Livemusik und Tanzshow für den Zeitraum vom bis mit Beginn um 21.00 Uhr, Einlass um 17.00 Uhr und Ende um 01.00 Uhr, zur Kenntnis genommen worden war.

Im Zuge des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens wurde vom Umweltamt der Stadt Graz ein schalltechnisches Gutachten vom erstattet, wobei die bestehenden Immissionen durch den Gastronomiebetrieb auf das zu bebauende Grundstück beurteilt wurden. An maßgeblichen Immissionsquellen wurden eine Lüftungsanlage berücksichtigt, dann die Veranstaltungen im Innenraum sowie der Gastgarten. Für eine Veranstaltung mit Livemusik im Innenraum wurde ein Innenpegel von 95 dB berücksichtigt, als abstrahlende Flächen wurden die Fenster und Türen Richtung Westen, im geschlossenen Zustand, mit einem Schalldämmwert von 20 dB berücksichtigt (jeweils energieäquivalenter Dauerschallpegel).

Der Gastgarten wurde mit einer maximalen Besucherzahl von 40 Personen und einem Schallleistungspegel von 68 dB je Besucher (inklusive 5 dB Zuschlag für Informationshaltigkeit) und 75 % der Besucher als schalltechnisch aktiv in Rechnung gestellt. Der Gastgarten sei laut dem Bescheid vom , Auflagenpunkt 38, nur bis 22.00 Uhr in Betrieb. Die örtliche Umgebungslärmsituation sei durch den Verkehrslärm (vor allem) auf der A-Straße geprägt.

Der Planungsrichtwert (Immissionsgrenzwerte) für zulässige Immissionen im allgemeinen Wohngebiet betrage (energieäquivalenter Dauerschallpegel) 55 dB tags und 45 dB nachts (es folgt auch eine Darstellung der oberen Grenzwerte für Schallpegelspitzen).

Die schalltechnische Beurteilung erfolgte für verschiedene Immissionspunkte, darunter beim Immissionspunkt 1 (IP 1) an der gemeinsamen Grundstücksgrenze in 1,5 m Höhe.

In der weiteren Beurteilung werden die Immissionen aus dem Betrieb auf dem Grundstück als Prognosemaß bezeichnet. Bezogen auf den IP 1 ergibt sich bei der Tagessituation (von 6.00 Uhr morgens bis 19.00 Uhr abends) für die ungünstigste Stunde ein Ist-Maß von 61,1 dB, ein Prognosemaß von 63,7 dB und ein Summenmaß von 65,4 dB, somit eine Erhöhung des Ist-Maßes um 4,5 dB, was bei einem Widmungsmaß von 55 dB eine Überschreitung durch das Ist-Maß von 6,1 dB, durch das Prognosemaß von 8,7 dB und durch das Summenmaß von 10,6 dB ergibt.

Für die Abendsituation (von 19.00 bis 22.00 Uhr, bezogen auf die ungünstigste Stunde) ergab das Gutachten beim IP 1 ein Ist-Maß von 57,7 dB und ein Prognosemaß von 63,7 dB und ein Summenmaß von 64,7 dB, daher eine Erhöhung um 7 dB. Das ergab eine Überschreitung des Widmungsmaßes für den Ist-Zustand um 2,7 dB, für das Prognosemaß um 8,7 dB und für das Summenmaß um 9,7 dB.

Die Beurteilung der Nachtsituation (22.00 Uhr bis 6.00 Uhr morgens) erfolgte für die ungünstigste Stunde. Beim IP 1 ergab sich ein Ist-Maß von 50,6 dB, ein Prognosemaß von 56,3 dB und ein Summenmaß von 57,4 dB, somit eine Erhöhung des Ist-Maßes um 6,8 dB. Bezogen auf das Widmungsmaß nachts von 45 dB ergab sich eine Überschreitung beim Ist-Maß von 5,6 dB, beim Prognosemaß um 11,3 dB und beim Summenmaß um 12,4 dB.

Für die Nachtsituation wurden noch "Schallereignisse und Schallpegelspitzen" durch Lachen und Sprechen im Gastgarten sowie Spitzen aus Veranstaltungen im Raum (jeweils "laufend") bewertet.

Zusammenfassend kam der Gutachter zum Ergebnis, dass durch den Gastronomiebetrieb, insbesondere durch den Gastgarten, eine wesentliche Erhöhung der örtlichen Situation sowohl im Tages- als auch im Abendzeitraum zu erwarten sei. Diese Geräuschkulisse sei saisonbedingt nur in der wärmeren Jahreszeit gegeben. Bei einem Veranstaltungsbetrieb mit Livemusik seien ebenfalls Erhöhungen der örtlichen Situation zu erwarten. Eine Überschreitung des Widmungsmaßes für ein allgemeines Wohngebiet sei bereits durch den Verkehrslärm (der Ist-Situation) gegeben. Der Erhöhung der Ist-Situation bzw. der Überschreitung des Widmungsmaßes könne durch die Errichtung einer Lärmschutzwand nicht entgegengewirkt werden. Dies sei vor allem mit der nicht gegebenen Abschirmung in den oberen Stockwerken zu begründen. Ein Schallschutz könne nur bauseitig durch entsprechende Schallschutzfenster im geplanten Objekt erreicht werden. Der ausreichende Schutz könne nur durch einen entsprechenden bauseitigen Nachweis erbracht werden. Ein ausreichender Schallschutz für den Freiraum, insbesondere hinsichtlich der "östlichen Balkone", erscheine nicht realisierbar.

Der Beschwerdeführer äußerte sich zustimmend und verwies darauf, dass auf Grund dessen das Vorhaben nicht bewilligungsfähig sei.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom wurde (nach einer im erstinstanzlichen Verfahren erfolgten Projektmodifikation) die angestrebte Baubewilligung mit verschiedenen Vorschreibungen erteilt, darunter, dass an der östlichen Fassadenseite sämtliche Fenster entsprechend der planlichen Darstellung und der Baubeschreibung als Schallschutzfenster auszuführen seien. In der Begründung des Bescheides erachtete die erstinstanzliche Behörde die Einwendungen unter anderem des Beschwerdeführers als unbegründet. Das Gutachten des Amtssachverständigen sei schlüssig und nachvollziehbar, wobei es dem Amtssachverständigen zwar offensichtlich entgangen sei, dass sich an der östlichen Gebäudefront keine Balkone befänden, sondern lediglich Fenster sowie ein verblendetes Schrägdach, das bei Betrachtung der Pläne als Balkone missgedeutet worden sei. Folglich sei seiner Anmerkung, dass ein ausreichender Schallschutz für die östlichen Balkone nicht realisierbar erscheine, keine Bedeutung zuzumessen (Anmerkung: an der südlichen Gebäudefront sind Balkone vorgesehen). Der Beschwerdeführer sei dem Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Da durch die Vorschreibung von Schallschutzfenstern keine den Wohncharakter des Gebietes widersprechenden Belästigungen der zukünftigen Bewohnerschaft durch den Gewerbebetrieb des einschreitenden Nachbarn verursacht würden, sei seine diesbezügliche Einwendung als unbegründet abzuweisen.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Der Einholung eines Gegengutachtens habe es nicht bedurft, weil der Amtssachverständige selbst die Bewilligungsfähigkeit des Objektes in Frage gestellt habe. Die Flächenwidmung allgemeines Wohngebiet sehe einen Immissionsschutz vor, für den sich daraus ergebenden Schallschutz sei grundsätzlich das Widmungsmaß zulässig. In dem Fall, in dem die Ist-Situation bereits das Widmungsmaß überschreite, sei jede Überschreitung des Ist-Maßes durch eine weitere bauliche Anlage nicht mehr zulässig.

Die Rechtmäßigkeit der Emissionen sei (zutreffend) im Hinblick auf die bestehende gewerbebehördliche Bewilligung vom und die Betriebsstättengenehmigung nach dem Steiermärkischen Veranstaltungsgesetz vom festgestellt worden.

Der Gutachter sei in seiner schalltechnischen Beurteilung zum Ergebnis gekommen, dass durch den Gastgarten eine wesentliche Erhöhung der örtlichen Situation sowohl im Tages- als auch im Abendzeitraum zu erwarten sei, wobei die Geräuschkulisse saisonbedingt in der wärmeren Jahreszeit verstärkt gegeben sei. Bei einem Veranstaltungsbetrieb mit Live-Musik seien ebenfalls Erhöhungen der örtlichen Situation zu erwarten. Er habe den Einbau von Schallschutzfenstern empfohlen, aber auch darauf verwiesen, dass ein Schallschutz im Freiraum nicht verwirklichbar sei. Die erstinstanzliche Behörde sei dieser gutachtlichen Ausführung teilweise gefolgt und habe den Einbau von Schallschutzfenstern vorgeschrieben. Allerdings könne angesichts der tatsächlichen Wohnverhältnisse mit Schallschutzfenstern das Auslangen nicht gefunden werden. Es sei nämlich realistisch, dass insbesondere in der wärmeren Jahreszeit, in welcher gerade der erhöhte Geräuschpegel durch die Benützung des Gastgartens bzw. durch Live-Musik gegeben sei, die Fenster geöffnet seien, sodass deshalb kein Immissionsschutz erreicht werden könne (wurde näher ausgeführt).

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung keine Folge gegeben und den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt.

Zur Begründung heißt es zusammengefasst, der Inhalt des Flächenwidmungsplanes, hier die Widmung allgemeines Wohngebiet, ergebe sich nach dem Inhalt jener gesetzlichen Bestimmung, die im Zeitpunkt seiner Erlassung gegolten habe, soweit Übergangsbestimmungen nichts anderes vorsähen. Die Übergangsbestimmungen des mit in Kraft getretenen Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 2010 sähen diesbezüglich nichts vor, sodass zur Auslegung der Bedeutung der Widmung allgemeines Wohngebiet die Bestimmung des § 23 Abs. 5 lit. b des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974 heranzuziehen sei (wurde näher ausgeführt).

Dem Nachbarn stehe gemäß § 26 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 1 Z 1 Stmk. BauG nur dann ein Mitspracherecht in Bezug auf die Einhaltung des Flächenwidmungsplanes zu, wenn damit ein Immissionsschutz verbunden sei. Dies treffe auf die gegebene Widmung zu.

Den erläuternden Bemerkungen zur Baugesetznovelle 2003 (mit welcher § 26 Abs. 4 leg. cit. eingefügt wurde) sei zu entnehmen, dass § 26 Abs. 4 zur Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes eingeführt werde, weil der Verfassungsgerichtshof dem Inhaber einer gewerbebehördlich genehmigten Betriebsanlage das Recht zur Erhebung von Einwendungen auf Grundlage der Flächenwidmung für den Fall zuerkannt habe, dass in seiner unmittelbaren Nähe ein Wohnhaus errichtet werden solle. Das rechtliche Interesse des Betriebsinhabers werde durch die Bewilligung einer Wohnbebauung auf dem Nachbargrundstück deshalb berührt, weil er beispielsweise mit Auflagen der Gewerbebehörde zum Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen rechnen müsse.

Auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers sei mit dem gewerbebehördlichen Bescheid vom ein Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart eines Kaffeehauses mit der Berechtigung zur Verabreichung von Speisen jeder Art und zum Verkauf von warmen und angerichteten kalten Speisen, zum Ausschank von alkoholischen und nichtalkoholischen Getränken und zum Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen mit verschiedener Vorschreibungen genehmigt worden. Unter anderem sei vorgeschrieben worden:

Der Gastgewerbebetrieb sei so auszustatten und mit solcher Sorgfalt zu führen, dass sich daraus für die Umgebung eine unzumutbare Belästigung nicht ergebe. Insbesondere seien Türen und Fenster zwischen 22.00 Uhr und 7.00 Uhr geschlossen zu halten. Musikalische Darbietungen seien nur in Zimmerlautstärke gestattet (…). Sämtliche Betriebsräume seien mit wirksamen und direkt ins Freie führenden Lüftungseinrichtungen auszustatten. In Wohnobjekten sei dabei auf die Vermeidung einer Belästigung von Wohnungsnachbarn besonders Bedacht zu nehmen. Der Betrieb im Gastgarten sei ab 22.00 Uhr einzustellen, das heiße, es dürften sich ab diesem Zeitpunkt hier keine Gäste mehr aufhalten. Musikalische Darbietungen und küchentechnische Manipulationen im Gastgarten hätten zu unterbleiben.

Aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen ergebe sich, dass innerhalb des Betriebsgebäudes Musikdarbietungen nur in Zimmerlautstärke zulässig seien und die Musikbox mit einem Lautstärkeregler zu versehen und so einzustellen sei, dass durch die Inbetriebnahme keine unzumutbare Belästigung von Wohnungsnachbarn hervorgerufen werde. Im Gastgarten selbst seien weder durch die Betriebsstättenbewilligung der Gewerbebehörde noch im Betriebsstättenbewilligungsbescheid der Veranstaltungsbehörde die Durchführung von Musikveranstaltungen genehmigt worden, was gemäß § 112 GewO 1994 ohnedies ausgeschlossen wäre. Die Vorschreibung von nachträglichen Auflagen durch die Gewerbebehörde zur Vermeidung einer Gesundheitsgefährdung sowie einer über die unmittelbare Nachbarschaft hinausreichenden beträchtlichen Lärmbelastung sei daher auf Grund der vorliegenden Berechtigungen ausgeschlossen.

Aus dem von der Behörde erster Instanz eingeholten schalltechnischen Gutachten ergebe sich, dass die örtliche Lärmsituation durch den Verkehrslärm geprägt sei und beim IP 1 eine Lärmbelästigung allenfalls durch den Gastgarten entstehen könne.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Bauwerberin, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Steiermärkische Baugesetz 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG), in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 88/2008 anzuwenden.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt weiterhin auch für den Nachbarn, der i.S. des § 27 Stmk. BauG die Parteistellung behalten hat.

Gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlich-rechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über

"1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;

2. …"

§ 26 Abs. 4 leg. cit. lautet:

"(4) Bei Neu- oder Zubauten, die dem Wohnen dienen, sind auch Einwendungen im Sinne § 26 Abs. 1 Z. 1 zu berücksichtigen, mit denen Immissionen geltend gemacht werden, die von einer genehmigten benachbarten gewerblichen oder landwirtschaftlichen oder forstwirtschaftlichen Betriebsanlage ausgehen und auf das geplante Bauvorhaben einwirken (heranrückende Wohnbebauung). Dies gilt jedoch nur in Bezug auf rechtmäßige Emissionen, deren Zulässigkeit vom Nachbarn zu belegen ist."

Nach § 29 Abs. 5 Stmk. BauG ist eine Bewilligung mit Auflagen zu erteilen, soweit dies erforderlich ist, damit den von der Behörde zu wahrenden öffentlichen Interessen sowie den subjektivöffentlichen Rechten der Nachbarn entsprochen wird.

Gemäß § 43 Abs. 2 Z. 5 Stmk. BauG muss das Bauwerk derart geplant und ausgeführt sein, dass der von den Benützern oder von den Nachbarn wahrgenommene Schall auf einem Pegel gehalten wird, der nicht gesundheitsgefährdend ist und bei dem zufrieden stellende Wohn- und Arbeitsbedingungen sichergestellt sind.

Das zu bebauende Grundstück ist gemäß dem 3.0 Flächenwidmungsplan 2002 der Landeshauptstadt Graz (beschlossen im Jahr 2002, in Kraft getreten am ) als allgemeines Wohngebiet gewidmet. Wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, ist der Inhalt dieser Widmung (mangels abweichender späterer gegenteiliger Anordnungen) nach § 23 Abs. 5 lit. b des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, LGBl. Nr. 127 (ROG), in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 20/2003, zu beurteilen.

Diese Bestimmung lautet:

"b) allgemeine Wohngebiete, das sind Flächen, die vornehmlich für Wohnbauten bestimmt sind, wobei auch Gebäude, die den wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und kulturellen Bedürfnissen der Bewohner von Wohngebieten dienen (z.B. Verwaltungsgebäude, Schulgebäude, Kirchen, Krankenanstalten, Kindergärten, Garagen, Geschäfte, Gärtnereien, Gasthäuser und Betriebe aller Art, soweit sie keine dem Wohncharakter des Gebietes widersprechenden Belästigungen der Bewohnerschaft verursachen), errichtet werden können;"

Die Berücksichtigung einer auf § 26 Abs. 4 Stmk. BauG gestützten Einwendung setzt zunächst voraus, dass Neu- oder Zubauten errichtet werden sollen, die dem Wohnen dienen (das ist hier der Fall), weiters aber auch, dass die Widmung des Baugrundstückes einen Immissionsschutz gewährt (siehe dazu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/06/0094, mwN). Die gegebene Flächenwidmung gewährt einen Immissionsschutz. Der Beschwerdeführer ist daher als Nachbar gemäß § 26 Abs. 4 iVm Abs. 1 Z 1 Stmk. BauG zum Einwand berechtigt, er führe auf dem benachbarten Grundstück eine genehmigte gewerbliche Betriebsanlage, von der auf das Baugrundstück derartige Immissionen einwirken, dass die Situation für das Bauvorhaben auf Grund der Flächenwidmung des Baugrundstückes mit dem gesetzlichen Immissionsschutz nicht vereinbar ist.

Nach § 26 Abs. 4 Stmk. BauG kommt es bei den hier ins Treffen geführten Immissionen darauf an, ob an der Grundgrenze des benachbarten Baugrundstückes Immissionen einwirken, die der Flächenwidmung widersprechen. Entgegen der im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck gebrachten Auffassung der belangten Behörde räumt der Wortlaut dieser Bestimmung (arg.: "Immissionen …, die … ausgehen und … einwirken") nicht die Möglichkeit ein, dabei auf eine allfällige Erteilung künftiger, zusätzlicher Auflagen im Sinne des § 79 Abs. 2 GewO 1994 abzustellen, wie der belangten Behörde bereits im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/06/0041, entgegnet wurde. Der Steiermärkische Landesgesetzgeber hat zwar die von der belangten Behörde angeführte Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zur "heranrückenden Wohnbebauung" zum Anlass genommen, mit der Novelle LGBl. Nr. 78/2003 § 26 Abs. 4 in das Baugesetz einzufügen, hat dabei aber nicht auf das Kriterium der möglichen künftigen Vorschreibung von Auflagen an den Inhaber einer gewerblichen Betriebsanlage abgestellt, und darüber hinaus auch die Berücksichtigung von Immissionen aus landwirtschaftlichen oder forstwirtschaftlichen Betriebsanlagen angeordnet (bei denen die Vorschreibung von nachträglichen Auflagen durch die Gewerbebehörde nicht in Betracht kommt).

Damit wird ein beidseitiger Schutz gewährleistet: Einerseits soll es gar nicht so weit kommen, dass künftige Bewohner von künftigen Gebäuden auf dem Baugrundstück einer solchen Immissionsbelastung ausgesetzt werden (objektiver Schutz unabhängig von subjektiven Wünschen und Vorstellungen). Andererseits wird dadurch auch der Eigentümer des Nachbargrundstückes, auf dem sich solche Betriebsanlagen befinden, gegen damit wie auch immer verbundene Einschränkungen seines Betriebes geschützt.

Die belangte Behörde hat somit dadurch, dass sie auf die Möglichkeit der Vorschreibung künftiger Auflagen durch die Gewerbehörde abgestellt hat, den Beurteilungsmaßstab verkannt. Vielmehr kommt es, wie bereits erwähnt, darauf an, welche - rechtmäßigen - Immissionen von der (hier) genehmigten gewerblichen Betriebsanlage auf die Grenze des Baugrundstückes einwirken. Sind diese Immissionen unter Bedachtnahme auf die Flächenwidmung zu hoch und kann dem nicht ausreichend durch Vorschreibung von wirksamen Auflagen (im Sinne des § 29 Abs. 5 Stmk. BauG) bei den zur Bewilligung beantragten Wohnbauten begegnet werden, hat dies, wie der Beschwerdeführer zutreffend erkannt hat, zur Abweisung des Baubewilligungsgesuches zu führen (in diesem Sinn auch Hauer/Trippl , Steiermärkisches Baurecht4, Anmerkung 12 zu § 26 Stmk. BauG).

Bei der Beurteilung der von der benachbarten Betriebsanlage ausgehenden, auf das Baugrundstück einwirkenden Immissionsbelastung sind zwei miteinander verknüpfte Fragen zu klären, nämlich einerseits das Ausmaß der Immissionsbelastung, und andererseits die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Immissionsbelastung, weil gemäß § 26 Abs. 4 letzter Satz Stmk. BauG nur auf rechtmäßige Immissionen (deren Zulässigkeit überdies vom Nachbarn zu belegen ist) Bedacht zu nehmen ist.

Bei der Zulässigkeit von Immissionen aus dem Blickwinkel der Flächenwidmung geht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass das sogenannte Widmungsmaß des zur Bebauung ausersehenen Bauplatzes insofern maßgeblich ist, als die Summe der vorhandenen Grundbelastung (des sogenannten Ist-Maßes) und der aus dem Projekt hervorgehenden Zusatzbelastung (des sogenannten Prognosemaßes) dieses Widmungsmaß nicht überschreiten dürfen. In dem Fall, dass die Ist-Situation an Lärmimmissionen in einem allgemeinen Wohngebiet bereits über dem Widmungsmaß liegt, ist der Wohncharakter des Gebietes in einem solchen zwar durch die das Widmungsmaß bereits übersteigenden Immissionen gekennzeichnet, jede weitere Überschreitung dieses das Widmungsmaß bereits überschreitenden Ist-Maßes durch eine weitere bauliche Anlage ist aber nicht mehr zulässig (siehe die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2002/06/0058, vom , Zl. 2002/06/0029, mwN oder auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/06/0010).

Ginge es nun um die Beurteilung der Zulässigkeit (im zuvor umschriebenen Sinn) der von der benachbarten Betriebsanlage ausgehenden Lärmimmissionen - der lärmtechnische Amtssachverständige hat diese in seinem Gutachten wie in einem Bauverfahren betreffend diese Betriebsanlage mit Ist-Maß, Prognosemaß (betreffend eben diese Immissionen) und Summenmaß beurteilt -, ergibt sich, dass das Ist-Maß schon auf Grund des Verkehrslärmes deutlich über dem Widmungsmaß liegt und die zusätzliche Lärmbelastung durch die Betriebsanlage (im Gutachten als Prognosemaß bezeichnet), die ebenfalls über dem Widmungsmaß liegt, eine weitere Erhöhung bewirkt. Ein solcher Betrieb wäre daher nach dem zuvor Gesagten nicht zulässig.

Ginge man daher davon aus, dass es sich bei den vom Sachverständigen angenommenen Immissionen aus der Betriebsanlage um rechtmäßige Immissionen im Sinne des § 26 Abs. 4 Stmk. BauG handelt, und dass diese Immissionen durch geeignete Lärmschutzmaßnahmen an der Grenze des Baugrundstückes (die Einwirkung bereits an der Grenze ist der Beurteilungsmaßstab) nicht soweit gemindert werden können, dass die ohne diese von der Betriebsanlage ausgehenden Immissionen gegebene Grundbelastung (das vom Sachverständigen angenommene Ist-Maß) nicht überschritten wird (in einem solchen Fall wäre zwar das Widmungsmaß weiterhin überschritten, es würde sich aber eine Belastung durch Immissionen aus der Betriebsanlage gar nicht auswirken, sodass sie im Sinne des § 26 Abs. 4 Stmk. BauG außer Betracht bleiben könnten), müsste dies zur Abweisung des Baugesuches führen.

Allerdings wurde nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes das Ausmaß der rechtmäßigen Immissionen im Sinne des § 26 Abs. 4 Stmk. BauG, das vom Nachbarn (hier vom Beschwerdeführer) zu beweisen ist, noch nicht ausreichend dargetan:

Der Beschwerdeführer hat zwar eine gewerbebehördliche Betriebsstättengenehmigung wie auch eine Genehmigung nach dem Veranstaltungsgesetz vorgelegt. Offen und unerörtert blieb, ob diese Emissionen auch aus baurechtlicher Sicht rechtmäßig sind (ob für den Gastronomiebetrieb und für Räume für Veranstaltungen ein entsprechender baubehördlicher Konsens erteilt wurde oder ob die Verwendung sonstwie als rechtmäßig zu gelten hat). Sind nämlich die tatsächlich gegebenen Immissionen aus baurechtlicher Sicht nicht rechtmäßig, können sie auch nicht als rechtmäßig im Sinne des § 26 Abs. 4 Stmk. BauG angesehen werden. Diese Frage blieb aber unerörtert und ungeprüft (zumal die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid entscheidend, aber unzutreffend auf die Möglichkeit der Vorschreibung nachträglicher gewerbebehördlicher Auflagen abgestellt hat).

Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass es bei der Beurteilung der Immissionen auf Grundlage der bereits vorgelegten Bewilligungen nicht auf den tatsächlichen Istzustand, sondern auf die rechtmäßigen Emissionen ankommt. Der konsentierte Umfang des Gastgartens ist aber unklar, weil die der Bewilligung zugrunde liegenden Planunterlagen nicht vorgelegt wurden, sodass nicht beurteilt werden kann, ob der tatsächliche Umfang, der der Beurteilung des lärmtechnischen Sachverständigen zugrunde gelegt wurde, auch dem konsentierten entspricht. Auch ist beim Gutachten des lärmtechnischen Amtssachverständigen unklar, weshalb er ungeachtet der Betriebsstättenbewilligung, wonach im Innenraum Musik nur in Zimmerlautstärke gespielt werden dürfe und sich die Veranstaltungsbewilligung hinsichtlich Konzerte und dergleichen nur auf die Kellerräume erstreckt, von einem Lärmpegel im Innenraum von 95 dB (durch die Türen und Fenster gemindert um 20 dB, im Freien damit wirksam mit 75 dB) ausging; dies erscheint dem Verwaltungsgerichtshof aufklärungsbedürftig, auch dahingehend, ob dies allenfalls Auswirkungen auf die Lärmbelastung in den Abendstunden (wohl nicht sonst tagsüber) haben kann.

Da die belangte Behörde, wie gesagt, die Beurteilungskriterien verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 455/2008.

Wien, am