VwGH vom 05.05.2011, 2008/22/0499
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder sowie die Hofrätinnen Mag. Merl und Dr. Julcher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde der S D, vertreten durch Dr. Zoe Van der Let-Vangelatou, Rechtsanwältin in 1040 Wien, Schleifmühlgasse 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 150.663/2- III/4/07, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin, einer indischen Staatsangehörigen, vom auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" gemäß § 47 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.
Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin stütze ihren Antrag auf die Familienzusammenführung mit ihrem Adoptivvater, der österreichischer Staatsbürger sei. Es sei daher "von ihm eine tragfähige Haftungserklärung sowie ein entsprechender Einkommensnachweis" zu erbringen gewesen. Die vom Zusammenführenden abgegebene Haftungserklärung vom sei jedoch nicht tragfähig, weil dieser laut Bestätigung seines Steuerberaters über monatliche Entnahmen aus seinem Unternehmen in der Höhe von EUR 1.498,40 verfüge und für zwei Kinder unterhaltspflichtig sei. Das pfändungsfreie Existenzminimum betrage somit EUR 1.272,50, daher verblieben lediglich EUR 225,90, die der Zusammenführende als Unterhaltsleistung an die Beschwerdeführerin leisten könnte. Diese müsste jedoch über einen Betrag von EUR 747,-- verfügen können. Das Sparguthaben (in der Höhe von EUR 10.000,--) könne zwar eine Zeit lang die Differenz zwischen den erforderlichen und tatsächlichen Unterhaltsmitteln ausgleichen, es sei jedoch nicht ausreichend, um einen langfristigen Aufenthalt in Österreich absichern zu können. Der Beschwerdeführerin dürfe daher gemäß § 47 Abs. 3 NAG kein Aufenthaltstitel erteilt werden, weil keine tragfähige Haftungserklärung vorliege und es somit an einer besonderen Erteilungsvoraussetzung mangle.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
Aus den Verwaltungsakten ergibt sich, dass der Zusammenführende mit seiner Ehefrau und zwei minderjährigen Kindern im gemeinsamen Haushalt lebt. Laut Antrag ist beabsichtigt, dass die Beschwerdeführerin bei diesen Unterkunft nimmt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bezugnehmend auf derartige Konstellationen im Erkenntnis vom , 2008/22/0470, mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, dargelegt, dass die Existenz des Zusammenführenden auch dann gesichert ist, wenn einem im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehepaar der "Haushaltsrichtsatz" nach § 293 Abs. 1 ASVG zur Verfügung steht und das restliche Haushaltseinkommen zur Unterhaltsleistung an den Nachziehenden verwendet wird.
Im vorliegenden Fall ergibt sich, dass die Adoptivmutter der Beschwerdeführerin - was im Verwaltungsverfahren mehrfach vorgebracht und auch durch Lohnbestätigungen nachgewiesen wurde - ein monatliches Nettoeinkommen in der Höhe von etwa EUR 800,-- (14 x pro Jahr) bezieht und der Adoptivvater über ein solches von EUR 1.498,40 verfügt. Dies wäre ausreichend, um sowohl den notwendigen Unterhalt der Adoptiveltern und der zwei Kinder, für die der Zusammenführende unterhaltspflichtig ist, sicherzustellen, als auch der Beschwerdeführerin die erforderlichen EUR 747,-- zu verschaffen. Dabei konnte dahingestellt bleiben, ob die ältere Tochter des Zusammenführenden bereits ein Nettoeinkommen in der Höhe des Richtsatzes des § 293 Abs. 1 lit. c sublit. aa erreicht.
Im Übrigen hat die belangte Behörde - worauf die Beschwerde zutreffend hinweist - auch verkannt, dass der Nachweis ausreichender Unterhaltsmittel im Sinn des § 11 Abs. 2 Z. 4 und Abs. 5 NAG (in der Fassung BGBl. I Nr. 157/2005) auch durch Spareinlagen in Betracht kommt (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom , mwN).
Da somit ausreichende Unterhaltsmittel nachgewiesen wurden, hätte die belangte Behörde den gegenständlichen Antrag nicht gemäß § 47 Abs. 3 NAG mangels Vorliegen einer tragfähigen Haftungserklärung abweisen dürfen.
Der angefochtene Bescheid war daher, ohne dass eine Bedachtnahme auf die im hg. Beschluss vom heutigen Tag, 2011/22/0023, aufgeworfenen Fragen erforderlich war, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am
Fundstelle(n):
IAAAE-84858