VwGH 12.07.2012, 2011/06/0041
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | BauG Stmk 1995 §19 Z1; BauG Stmk 1995 §21 Abs2 Z1; BauG Stmk 1995 §21 Abs3; BauG Stmk 1995 §4 Z56; BauG Stmk 1995 §41 Abs3; BauRallg; |
RS 1 | Im vorliegenden Fall wurde im Erdgeschoss ohne Bewilligung die bestehenden Fenster (ca. 1,20 m x 1,60 m) durch größere Kunststofffenster (ca. 1,30 m x 2,50 m) ersetzt und eine Doppelflügeltüre (ca. 2,00 m x 3,00 m) eingebaut. Der Ansicht, es handle sich vorliegend um bewilligungsfreie Maßnahmen gemäß § 21 Abs. 2 Stmk BauG 1995, und es lägen die Voraussetzungen des § 21 Abs. 3 leg. cit. vor, ist nicht zuzustimmen. Unbestritten wurden mit den gegenständlichen baulichen Maßnahmen drei deutlich größere Fenster eingebaut und eine Doppelflügeltüre im Ausmaß von ca. 200/300 cm neu errichtet. Die Fensteröffnungen unterscheiden sich von ihrer Größe her erheblich von den zuvor bestehenden; gemeinsam mit der neu errichteten Türe stellen diese Umbaumaßnahmen zweifellos eine Änderung der äußeren Gestaltung der Fassade im Sinn des § 21 Abs. 2 Z. 1 Stmk BauG 1995 dar. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, den Hofrat Dr. Waldstätten sowie die Hofrätin Mag. Merl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde der F B GmbH in G, vertreten durch Dr. Günther Schmied und Mag. Markus Passer, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Sackstraße 6/III, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom , Zl. 035063/2010/0005, betreffend Beseitigungsauftrag gemäß § 43 Abs. 3 Stmk BauG (weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am fand eine Erhebung durch die Baupolizei statt, bei der festgestellt wurde, dass an der Ostfassade eines Gebäudes auf einem näher bezeichneten Grundstück in Graz, in dem die Beschwerdeführerin ein Unternehmen betreibt, im Erdgeschoss ohne Bewilligung die bestehenden Fenster (ca. 1,20 m x 1,60 m) entfernt und durch größere Kunststofffenster (ca. 1,30 m x 2,50 m) ersetzt wurden. Darüber hinaus wurde seitlich ohne Bewilligung eine Doppelflügeltüre (Alu, ca. 2,00 m x 3,00 m) eingebaut. Diesem Erhebungsbericht lagen unter anderem Fotos sowie Kopien von Fotos bei.
Mit Bescheid des Stadtsenates der Stadt Graz vom wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 41 Abs. 3 Steiermärkisches Baugesetz (Stmk BauG) der Auftrag erteilt, die vorgenommenen Umbauten, nämlich die im Erdgeschoss in der östlichen Außenwand in vorhandene ausgebrochene und vergrößerte Fensteröffnungen (Bestand ca. 120/160 cm) eingebauten (drei) Stück Kunststofffenster im Ausmaß von ca. 130/250 cm sowie die im Erdgeschoss im Gebäuderücksprung der Ostfassade in der südlichen Außenwand eingebaute Doppelflügeltüre - Alukonstruktion - im Ausmaß von ca. 200/300 cm, binnen sechs Wochen ab Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen. Die angeführten baulichen Anlagen seien ohne baubehördliche Bewilligung ausgeführt worden. Der Einbau von abgeänderten Fensterelementen bzw. die Herstellung einer Türöffnung in der Fassade stellten gemäß § 19 Z. 1 Stmk BauG grundsätzlich einen bewilligungspflichtigen Umbau dar; auf Grund des Fehlens dieser Bewilligung sei er vorschriftswidrig ausgeführt worden. Unter einem Umbau sei gemäß § 4 Z. 56 Stmk BauG unter anderem auch die Veränderung des Äußeren zu verstehen, wenn dadurch öffentliche Interessen - z.B. das Erscheinungsbild - berührt würden. Daher sei ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 Stmk BauG ein Beseitigungsauftrag hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen zu erlassen.
Mit Schreiben vom berief die Beschwerdeführerin und begründete dies im Wesentlichen damit, dass der Beseitigungsauftrag nicht ausreichend konkretisiert sei. Es sei nicht ersichtlich, welche Fenster und wie viele vom Auftrag erfasst seien und wo sich diese genau befänden. Es sei auch nicht ausreichend dargelegt, in welcher Art und Weise welche gesetzten Baumaßnahmen konkret zu beseitigen wären. Der Behörde erster Instanz sei zwar zuzustimmen, dass grundsätzlich für den Einbau von Tür- und Fensteröffnungen eine Bewilligung einzuholen sei, im gegenständlichen Fall werde das öffentliche Interesse jedoch nicht berührt, weil sich das Erscheinungsbild nicht ändere. Die Fensteröffnungen befänden sich nämlich großteils im Innenbereich des Hauses, sodass sie nicht bewilligungspflichtig seien. Darüber hinaus sei ein Bauansuchen gestellt worden. Die fehlenden Zustimmungen der anderen Miteigentümer würden gerade eingeholt bzw. ein Antrag auf Ersatz dieser Zustimmungen beim zuständigen Bezirksgericht vorbereitet. Darüber hinaus sei das rechtliche Gehör verletzt worden, weil der Beschwerdeführerin keine Möglichkeit gegeben worden sei, zu den Ermittlungsergebnissen Stellung zu nehmen. Ein Ortsaugenschein habe nicht stattgefunden und die Beschwerdeführerin sei nicht einvernommen worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben und der Bescheid der Behörde erster Instanz bestätigt. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Einbau von vergrößerten Fensteröffnungen und der Doppelflügeltür im Erdgeschoss ändere die äußere Gestalt des Gebäudes, weshalb ein Umbau im Sinn des § 4 Z. 56 Stmk BauG vorliege, der gemäß § 19 leg. cit. einer Bewilligung bedürfe. Auf Grund der Auswirkungen auf die äußere Gestaltung sei eine Subsumtion unter die baubewilligungsfreien Vorhaben des § 21 Stmk BauG ausgeschlossen.
Von einem Organ der Baubehörde sei am festgestellt worden, dass im Erdgeschoss des näher genannten Grundstückes in der östlichen Außenwand in ausgebrochene Fensteröffnungen (Bestand ca. 1,20 m x 1,60 m) drei größere Kunststofffenster (Ausmaß ca. 130 cm x 250 cm) eingebaut worden seien und im Erdgeschoss im Gebäuderücksprung der Ostfassade in der südlichen Außenwand eine Doppelflügeltüre - Alukonstruktion - im Ausmaß von ca. 2,00 m x 3,00 m errichtet worden sei, ohne dass dafür eine baubehördliche Bewilligung erteilt worden sei. Der in der Berufung geäußerte Vorwurf, der Beseitigungsauftrag sei nicht ausreichend konkretisiert, treffe nicht zu, weil in der Begründung dieses Bescheides sowohl die Anzahl als auch die Situierung der Fenster und der Türe beschrieben worden sei und damit zweifelsfrei auch für Laien feststellbar sei, welche Fenster und welche Türe vom Auftrag betroffen seien. Auch wenn nunmehr ein Bauansuchen gestellt worden sei, sei der Beseitigungsauftrag der Behörde erster Instanz zu Recht ergangen, weil die Bewilligung schon vor Errichtung der gegenständlichen Umbauten vorliegen hätte müssen. Zum Vorwurf der Verletzung des rechtlichen Gehörs werde ausgeführt, dass ein allfälliger Mangel des Parteiengehörs jedenfalls im Berufungsverfahren durch die mit der Berufung gegebenen Möglichkeit der Stellungnahme saniert erscheine. Da der maßgebliche Sachverhalt zweifelsfrei feststehe, erübrige sich ein Ortsaugenschein, auf den auch kein Rechtsanspruch bestehe. Das nachträglich gestellte Bauansuchen hindere die Erteilung eines Beseitigungsauftrages nicht, sondern mache die Vollstreckung so lange unzulässig, als das Ansuchen um Erteilung der nachträglichen Baubewilligung anhängig sei.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im Beschwerdefall sind folgende Regelungen der §§ 4 Z. 56, 19, § 21 Abs. 2 und 3 sowie § 41 Abs. 1 und 3 Steiermärkisches Baugesetz idF LGBl. Nr. 88/2008 maßgebend:
"§ 4
Begriffsbestimmungen
Die nachstehenden Begriffe haben in diesem Gesetz folgende
Bedeutung:
…
Umbau: die Umgestaltung des Inneren oder Äußeren einer bestehenden baulichen Anlage, die die äußeren Abmessungen nicht verändert, jedoch geeignet ist, die öffentlichen Interessen zu berühren (z.B. Brandschutz, Standsicherheit, äußeres Erscheinungsbild), bei überwiegender Erhaltung der Bausubstanz;
57. …
§ 19
Baubewilligungspflichtige Vorhaben Bewilligungspflichtig sind folgende Vorhaben, sofern sich aus
den §§ 20 und 21 nichts anderes ergibt:
1. Neu-, Zu- oder Umbauten von baulichen Anlagen sowie umfassende Sanierungen;
...
§ 21
Baubewilligungsfreie Vorhaben
(1) ...
(2) Bewilligungsfrei sind überdies:
1. der Umbau einer baulichen Anlage oder Wohnung, der keine Änderung der äußeren Gestaltung bewirkt;
...
(3) Bewilligungsfreie Vorhaben sind vor ihrer Ausführung der Gemeinde schriftlich mitzuteilen. Die Mitteilung hat den Ort und eine kurze Beschreibung des Vorhabens zu enthalten.
(4) ...
§ 41
Baueinstellung und Beseitigungsauftrag
...
(3) Die Behörde hat hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Der Auftrag ist ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 zu erteilen.
(4) …"
Die Beschwerdeführerin bringt - wie schon im Verwaltungsverfahren - vor, der Beseitigungsauftrag sei nicht ausreichend konkretisiert, weil er keine Angaben enthalte, welche Baumaßnahmen auf welchem Grundstück konkret bewilligungslos durchgeführt worden seien; im Erhebungsbericht vom sei lapidar festgestellt worden, dass an der Ostfassade im Erdgeschoss die bestehenden Fenster entfernt und durch größere Kunststofffenster ersetzt worden seien sowie eine Doppelflügeltür ohne Bewilligung eingebaut worden sei. Darin befänden sich jedoch keine Hinweise, welche oder wie viele Fenster ersetzt worden seien; der Hinweis, dass "seitlich" eine Doppelflügeltüre eingebaut worden sei, sei nebulos und undeutlich. Der Erhebungsbericht sei somit ungeeignet, darauf basierend einen Beseitigungsauftrag zu erlassen, weil der entscheidungswesentliche Sachverhalt nur unzureichend festgestellt worden sei.
Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Der Erhebungsbericht vom verweist auf beiliegende Fotos und Kopien von Fotos, aus denen ersichtlich ist, dass sich im Erdgeschoss an der östlichen Außenwand des Gebäudes drei Fenster mit den im Beseitigungsauftrag genannten Maßen befinden, die alle ersetzt wurden. Auch die Lage der zusätzlich eingebauten Doppelflügeltüre ist aus den Fotos bzw. den Kopien eindeutig zu erkennen. Aus dem Zusammenspiel des Erhebungsberichtes und den diesem beiliegenden Fotos bzw. Kopien von Fotos konnten die Behörden des Verwaltungsverfahrens die zu beseitigenden Umbauten so bestimmt bezeichnen, dass nötigenfalls eine Durchsetzung im Wege der Zwangsvollstreckung möglich ist. Auf Grund der Spruchfassung wurde einerseits der Beauftragten die überprüfbare Möglichkeit gegeben, dem Leistungsauftrag zu entsprechen; andererseits ist dadurch auch der Umfang einer allfälligen Ersatzvornahme deutlich abgegrenzt. Einer ausdrücklichen Anführung von mit der fachgerechten Durchführung notwendigerweise verbundenen einzelnen Arbeiten bedarf es nicht (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/05/0348, mwN). Dass das Gebäude im Erdgeschoss an der Ostfassade weitere Fenster oder Türen mit den im Beseitigungsauftrag genannten Maßen aufweise, hinsichtlich derer unklar sei, ob sie vom gegenständlichen Beseitigungsauftrag umfasst seien, oder das von der belangten Behörde durch Angabe von Adresse, Grundstücksnummer, Einlagezahl und Katastralgemeinde genau bezeichnete Grundstück unrichtig sei, wurde nicht vorgebracht. Die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels wurde somit nicht dargetan.
Auch der Beschwerdeansicht, es handle sich vorliegend um bewilligungsfreie Maßnahmen gemäß § 21 Abs. 2 Stmk BauG, und es lägen die Voraussetzungen des § 21 Abs. 3 leg. cit. vor, ist nicht zuzustimmen. Unbestritten wurden mit den gegenständlichen baulichen Maßnahmen drei deutlich größere Fenster eingebaut und eine Doppelflügeltüre im Ausmaß von ca. 200/300 cm neu errichtet. Die Fensteröffnungen unterscheiden sich von ihrer Größe her erheblich von den zuvor bestehenden; gemeinsam mit der neu errichteten Türe stellen diese Umbaumaßnahmen zweifellos eine Änderung der äußeren Gestaltung der Ostfassade im Sinn des § 21 Abs. 2 Z. 1 Stmk BauG dar.
Auch hinsichtlich der Verfahrensrüge des fehlenden Parteiengehörs im Verfahren erster Instanz zeigt die Beschwerde die Relevanz nicht auf. Im Übrigen wurde eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs im Verfahren erster Instanz im Berufungsverfahren durch die mit der Berufung gegebene Möglichkeit der Stellungnahme saniert (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E 523 zu § 45 AVG wiedergegebene hg. Rechtsprechung, sowie das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/06/0255).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | BauG Stmk 1995 §19 Z1; BauG Stmk 1995 §21 Abs2 Z1; BauG Stmk 1995 §21 Abs3; BauG Stmk 1995 §4 Z56; BauG Stmk 1995 §41 Abs3; BauRallg; |
Schlagworte | Bewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4 Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2012:2011060041.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
ZAAAE-84848