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VwGH vom 28.10.2008, 2006/15/0106

VwGH vom 28.10.2008, 2006/15/0106

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der AS in K, vertreten durch Dr. Rudolf Hartmann, Rechtsanwalt in 6713 Ludesch, Raiffeisenstraße 58, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom , GZ. RV/0110-F/05, miterledigt RV/0111-F/05, betreffend u.a. Einkommensteuer für das Jahr 2000, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin zur Einkommensteuer 2000 veranlagt. Sie habe im Streitjahr neben Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bezogen. Im Jahr 1997 habe sie eine bebaute Liegenschaft erworben. Ihr Ehemann habe im Jahr 1995 vom Voreigentümer das Gebäude gemietet. In den Jahren 1997 und 1998 habe er Mieterinvestitionen getätigt. Das Mietverhältnis sei bis einschließlich Juli 2000 weitergeführt worden. Schriftliche Vereinbarungen über allfällige Ablösen udgl. seien nicht abgeschlossen worden. Bei Beendigung des Mietverhältnisses seien die Mieterinvestitionen ohne Kostenersatz der Beschwerdeführerin überlassen worden. Diese Mieterinvestitionen stellten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dar. Der Wert dieser Investitionen sei den Einnahmen der Beschwerdeführerin aus Vermietung und Verpachtung hinzuzurechnen.

Ab November 2000 sei das Gebäude an Dritte vermietet worden.

In der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid habe die Beschwerdeführerin ausgeführt, ihr Ehemann habe die Investitionen getätigt, hiefür aber keine Miete bezahlt, sondern nur Miete für den Altbau entrichtet. Es liege kein einkommensteuerpflichtiger Zufluss, sondern "eher" eine Übertragung im Sinne des § 6 Z. 9a EStG 1988 vor. Die Beschwerdeführerin erziele nunmehr aus der Vermietung eine erheblich höhere Miete als früher. Infolge Schulden aus dem früheren Unternehmen des Ehemannes der Beschwerdeführerin sei diese gezwungen, von den Mieteinnahmen nach Maßgabe der verbleibenden Mittel Bankschulden zu tilgen. In wirtschaftlicher Betrachtungsweise sei daher eine entgeltliche Übertragung anzunehmen.

Im Vorlageantrag - nach Erlassung einer abweisenden Berufungsvorentscheidung - habe die Beschwerdeführerin ausgeführt, mit "Übertragung im Sinne des § 6 Z. 9a EStG 1988" habe sie gemeint, dass bei einer unentgeltlichen Übertragung es üblicherweise so sei, dass Vermögen und Schulden eines Betriebes übernommen würden, d.h. die Übertragung sei im Regelfall doch entgeltlich. Weiters sei zu beachten, dass solche Übertragungen praktisch ausschließlich zwischen Familienangehörigen vorkämen. Die Ausführungen in der Berufung bedeuteten, dass hier ein ähnlicher Sachverhalt vorliege. In wirtschaftlicher Betrachtungsweise sei ein Veranlassungszusammenhang zwischen den übernommenen Mieterinvestitionen und den Darlehensrückzahlungen anzunehmen. Hiezu werde mitgeteilt, dass die Beschwerdeführerin einen derzeit mit EUR 140.000,-- aushaftenden Kredit zur Bedienung übernommen habe. Der Abschluss eines formellen Vertrages zwischen Ehegatten sei in solchen Fällen nicht üblich.

Im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung seien auch Investitionen des Mieters zu erfassen, die dem Vermieter als Eigentümer unentgeltlich zukämen. Derartige Vorteile aus dem Mietverhältnis flössen dem Vermieter erst mit der Beendigung des Mietverhältnisses zu. In diesem Zeitpunkt erlange der Vermieter die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Investition und werde auch wirtschaftlicher Eigentümer derselben. Im Beschwerdefall bestünde kein Zweifel an einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang der gegenständlichen Mieterinvestition mit dem Mietverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann und damit der Zuordnung der Mieterinvestitionen zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Gegenteiliges sei auch nicht behauptet worden. Der Ehemann der Beschwerdeführerin sei als Mieter berechtigt gewesen, bauliche Veränderungen am Mietobjekt vorzunehmen. Er habe den Zubau im Betrieb seines Einzelhandelsgeschäftes selbst genutzt. Er sei während des Mietverhältnisses wirtschaftlicher Eigentümer der Investition gewesen. Die Investitionen hätten beim Mieter hinsichtlich Absetzung für Abnutzung, Investitionsfreibetrag sowie Abschreibung des Restbuchwertes Berücksichtigung gefunden.

Die Beschwerdeführerin behaupte einen inneren Zusammenhang zwischen der Übernahme der Bankschulden ihres Ehemannes und der Überlassung der Mieterinvestitionen. Dem sei zu entgegnen, dass trotz Vorhaltes niemals behauptet worden sei, dass der Ehemann für seine Investitionen eine Entschädigung erhalten habe. Es liege weder eine schriftliche Vereinbarung im Hinblick auf einen Anspruch auf Ersatz der im Mietobjekt verbliebenen Investitionen noch eine entsprechend im Vorhinein getroffene Vereinbarung über eine etwaige Schuldübernahme vor. Der Ehemann der Beschwerdeführerin habe bei Beendigung seines Einzelhandelsbetriebes weder einen entsprechenden Ertrag noch eine entsprechende Forderung eingebucht.

Die nachträglich - nach Beendigung des Mietverhältnisses - erfolgte Schuldübernahme durch die Beschwerdeführerin und die Verwendung der seit dem Jahr 2001 von Dritten erzielten Mieteinnahmen für die Bedienung der Bankschulden ihres Ehemannes stellten eine Einkommensverwendung dar, die auf die Höhe der bei Beendigung des Mietverhältnisses ihr als Mieteinnahmen zugeflossenen Mieterinvestitionen keinen Einfluss habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde über die Beschwerde erwogen:

Die Beschwerdeführerin macht geltend, bei den Parteien des Mietvertrages handle es sich um Ehegatten. Bei den Mieterinvestitionen sei daher kein steuerlicher Zufluss, sondern eine Übertragung aus privaten Motiven anzunehmen, welche einkommensteuerrechtlich keine Folge nach sich zöge, höchstens im Bereich der Schenkungssteuer. Auch im betrieblichen Bereich sei der Erlass einer Schuld aus privaten Motiven als Einlage und nicht als steuerpflichtiger Ertrag zu behandeln. Es könne daher dem von ihr angestellten Vergleich mit dem § 6 Z. 9 EStG nicht entgegengetreten werden. Die belangte Behörde habe sich infolge Fehlens schriftlicher Vereinbarungen mit ihren Argumenten nicht auseinander gesetzt. Ein Sachverhalt könne jedoch auch dann als erwiesen angenommen werden, wenn er nicht durch schriftliche Verträge untermauert werde. Dies betreffe den inneren Zusammenhang zwischen der Übernahme der Mieterinvestitionen und ihrer Übernahme der Bankschuld des Ehemannes zur Tilgung. Vor Beendigung des Mietverhältnisses mit ihrem Ehemann sei eine Schuldübernahme gar nicht opportun gewesen. Das Gebäude sei von ihrem Ehemann benutzt worden, der seine Kredite selbst bedient habe. Zug um Zug mit der Neuvermietung und der Erzielung höherer Mieten habe die Beschwerdeführerin die Bedienung eines Kredites übernommen.

Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung werden gemäß § 2 Abs. 4 Z. 2 EStG 1988 als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelt. Unter den Begriff "Einnahmen" fallen alle Entgelte für die Vermietung oder Verpachtung im Sinn des § 28 Abs. 1 leg. cit. Bei der Frage, ob neben dem Entgelt für die Nutzungsüberlassung ein bestimmtes Entgelt den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen ist, kommt es entscheidend darauf an, ob das betreffende Entgelt eine Gegenleistung für die im Einzelfall dem Mieter eingeräumten Rechte darstellt, die mit dem Mietverhältnis in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen; hiebei muss maßgebendes Kriterium sein, ob die betreffenden Leistungen unabhängig von ihrer zivilrechtlichen Beurteilung in wirtschaftlicher Betrachtungsweise als im Rahmen des mit dem Bestandvertrag begründeten Austauschverhältnisses erbracht anzusehen oder ob diese Leistungen wirtschaftlich selbstständig in dem Sinn sind, dass sie neben dem Bestandverhältnis bestehen.

Im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind auch Investitionen des Mieters zu erfassen, die dem Vermieter als Eigentümer unentgeltlich zukommen. Derartige Vorteile fließen dem Vermieter erst mit der Beendigung des Mietverhältnisses zu, wenn der Mieter zur Vornahme der Investitionen berechtigt, aber nicht verpflichtet ist, und sohin die Investition regelmäßig bis zur Räumung des Mietobjektes zurücknehmen kann (vgl. Hofstätter/Reichel, § 28 EStG 1988, Tz 16.2, und das hg. Erkenntnis vom , 96/15/0086).

Die belangte Behörde ist sachverhaltsmäßig davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführerin im Jahr 1997 eine bebaute Liegenschaft erworben hat. Ihr Ehemann, der vom Voreigentümer im Jahr 1995 das Gebäude gemietet hatte, hat in den Jahren 1997 und 1998 Mieterinvestitionen getätigt und genutzt. Diese Investitionen haben im Unternehmen des Ehemannes der Beschwerdeführerin auch als Absetzung für Abnutzung, Investitionsfreibetrag sowie Abschreibung des Restbuchwertes Berücksichtigung gefunden. Mit Beendigung des Mietverhältnisses sind nach Auffassung der belangten Behörde die Investitionen unentgeltlich der Beschwerdeführerin als Vermieterin überlassen worden.

Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass das Mietverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann den steuerrechtlichen Anforderungen entsprochen hat und als solches auch anerkannt worden ist. Sie ist weiters davon ausgegangen, dass keinerlei Vereinbarungen über das Schicksal der Mieterinvestitionen getroffen worden sind. Sie hat angenommen, mit Beendigung des Mietverhältnisses seien die Investitionen unentgeltlich der Beschwerdeführerin als Vermieterin überlassen worden. Dabei hat sie es aber unterlassen zu prüfen, ob ein dem Vermieter fremd gegenüber stehender Mieter bei Ende des Mietvertrages eine Ablöse für derartige den Wert der Immobilie steigernden Investitionen verlangt hätte. Würde üblicherweise vom Mieter gegenüber dem fremden Vermieter eine Abgeltung für solche Investitionen mit Aussicht auf Erfolg verlangt werden können, dann entspräche das Verhalten der Beschwerdeführerin und das ihres Ehemanns nicht einem Fremdvergleich und könnten die der Beschwerdeführerin als Eigentümerin zugekommenen Investitionen des Mieters nicht im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erfasst werden.

Da sohin der Sachverhalt ergänzungsbedürftig geblieben ist, war der Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am