VwGH vom 03.03.2011, 2008/22/0478
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder sowie die Hofrätinnen Mag. Merl und Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des A, vertreten durch Mag. Wilfried Embacher, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 147.416/2-III/4/06, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wies der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) einen vom Beschwerdeführer, einem Staatsangehörigen von Bangladesch, am gestellten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zum Zweck der Familiengemeinschaft mit seiner die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden Adoptivmutter gemäß § 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.
Dies begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer laut Verwaltungsakten am illegal in das Bundesgebiet eingereist sei und am einen Asylantrag gestellt habe. Mit Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt vom sei der Beschwerdeführer von einer österreichischen Staatsbürgerin an Kindes statt angenommen worden. Sein daraufhin eingebrachter Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zum Zweck der Familiengemeinschaft mit seiner Adoptivmutter sei abgewiesen worden, weil er zu diesem Zeitpunkt noch über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verfügt habe. Nach Zurückziehung der Berufung im Asylverfahren mit Schreiben vom sei der negative Bescheid der Behörde erster Instanz in Rechtskraft erwachsen.
Am habe der Beschwerdeführer durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels - nunmehr "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" - eingebracht.
Auf Grund der Angaben der Adoptivmutter bei der Vernehmung am , wonach sie den Beschwerdeführer 2001 in Wien kennengelernt habe, erfülle dieser nicht die gemäß § 47 Abs. 3 Z. 3 NAG geforderten Kriterien eines Angehörigen.
Für die belangte Behörde stehe jedoch fest, dass bereits der Versagungsgrund der unzulässigen Inlandsantragstellung vorliege. Ein nicht gemäß § 21 Abs. 1 NAG gestellter Antrag sei abzuweisen, wenn nicht besonders berücksichtigungswürdige Fälle aus humanitären Gründen vorlägen. Dazu habe der Beschwerdeführer in der Berufung lediglich angegeben, dass er Adoptivsohn einer österreichischen Staatsbürgerin sei. Damit sei "kein besonders berücksichtigungswürdiger humanitärer Aspekt" gegeben. Die gewählte Vorgangsweise des Beschwerdeführers sei vielmehr eine Umgehung der Einwanderungsbestimmungen. Ein weiteres Eingehen auf die persönlichen Verhältnisse sei, auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK, entbehrlich. Eine Inlandsantragstellung bzw. die daraus resultierende Entgegennahme des Aufenthaltstitels im Inland werde daher gemäß § 74 NAG von Amts wegen nicht zugelassen.
Auf die Richtlinie 2004/38/EG (Freizügigkeitsrichtlinie) könne sich der Beschwerdeführer ebenfalls nicht berufen, weil er die dort festgelegten Voraussetzungen nicht erfülle.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:
Der noch vor dem Außer-Kraft-Treten des Fremdengesetzes 1997 - FrG gestellte Antrag war - wie es der angestrebten Familienzusammenführung mit der österreichischen Adoptivmutter des Beschwerdeführers entspricht - auf die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittstaatsangehöriger - Ö, § 49 Abs. 1 FrG" gerichtet. Die Beschwerde wendet sich nicht dagegen, dass die belangte Behörde diesen Antrag nunmehr als auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" gemäß § 47 Abs. 3 NAG gerichtet beurteilt hat. Dagegen bestehen auch keine Bedenken des Gerichtshofs.
§ 47 Abs. 3 NAG (in der Stammfassung) lautet:
"(3) Angehörigen von Zusammenführenden im Sinne des Abs. 1 kann auf Antrag eine quotenfreie 'Niederlassungsbewilligung - Angehöriger' erteilt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und
1. Verwandte des Zusammenführenden oder seines Ehegatten in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen tatsächlich Unterhalt geleistet wird;
2. Lebenspartner sind, die das Bestehen einer dauerhaften Beziehung im Herkunftsstaat nachweisen und ihnen tatsächlich Unterhalt geleistet wird; oder
3. sonstige Angehörige des Zusammenführenden sind,
a) die vom Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat Unterhalt bezogen haben;
b) die mit dem Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben und Unterhalt bezogen haben oder
c) bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege durch den Zusammenführenden zwingend erforderlich machen.
Unbeschadet eigener Unterhaltsmittel hat der Zusammenführende jedenfalls auch eine Haftungserklärung abzugeben."
Für den (volljährigen) Beschwerdeführer als Sohn einer österreichischen (Adoptiv )Mutter kommen von vornherein nur die Voraussetzungen für sonstige "Angehörige des Zusammenführenden" nach § 47 Abs. 3 Z. 3 NAG in Betracht (vgl. § 47 Abs. 2 iVm § 2 Abs. 1 Z. 9 NAG).
Die Beschwerde bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, wonach die Wahlmutter den Beschwerdeführer erst in Österreich kennengelernt hat, sodass dieser von ihr weder bereits im Herkunftsstaat Unterhalt bezogen hat noch etwa mit ihr bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt und Unterhalt bezogen hat. Aus den Verwaltungsakten ergeben sich auch sonst keine Hinweise dafür, dass die in der angeführten Bestimmung umschriebenen Voraussetzungsvarianten erfüllt wären (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2008/22/0174, mwN). Wenn die Beschwerde rügt, die belangte Behörde habe diesbezüglich kein Ermittlungsverfahren durchgeführt, ist anzumerken, dass auch aus der Beschwerde nicht hervorgeht, auf Grund welcher Ermittlungsergebnisse oder welchen Vorbringens die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, weshalb dem behaupteten Verfahrensmangel die Relevanz fehlt.
Der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels war daher schon mangels Vorliegen der besonderen Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 47 Abs. 3 NAG abzuweisen.
Auf das Beschwerdevorbringen, das sich gegen die Heranziehung des Versagungsgrundes der unzulässigen Inlandsantragstellung (§ 21 Abs. 1 NAG) durch die belangte Behörde wendet, war somit nicht mehr einzugehen.
Da - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht - nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Fall des Fehlens einer besonderen Erteilungsvoraussetzung - wie jener nach § 47 Abs. 3 Z. 3 NAG - eine Abwägung nach Art. 8 EMRK nicht vorzunehmen ist (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom , mwN), ist auch den Ausführungen der Beschwerde in dieser Hinsicht der Boden entzogen.
Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am
Fundstelle(n):
JAAAE-84823